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VwGH vom 13.09.2006, 2002/13/0115

VwGH vom 13.09.2006, 2002/13/0115

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen in Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat XI, vom , Zl. RV/252-11/02/97, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1992 bis 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei (im Folgenden: Beschwerdeführerin) ist der im § 24 Abs. 1 Z. 3 ASVG in seiner Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 145/2003 genannte Sozialversicherungsträger.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass aus den von der Beschwerdeführerin in den Jahren 1992 bis 1995 geleisteten Zuschüssen an ihre Versicherten zur Anschaffung und Adaptierung von Behindertenfahrzeugen der unter Berufung auf § 12 Abs. 8 UStG 1972 geltend gemachte Vorsteuerabzug auf Grund der Bestimmungen des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 und des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 nicht zustehe. Auch wenn diese Zuschüsse auf Grund des Leistungskataloges im ASVG als "Sachleistung" eingestuft seien, was im Grunde der Vorschrift des § 12 Abs. 8 UStG 1972 den Vorsteuerabzug ermöglichen würde, werde damit nicht das gesetzliche Vorsteuerabzugsverbot für Kraftfahrzeuge außer Kraft gesetzt.

Gegen die der Auffassung des Prüfers folgend - nach Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren für die Jahre 1992 bis 1994 - neu erlassenen Umsatzsteuerbescheide für diese Jahre und gegen den vorläufig erlassenen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995 erhob die Beschwerdeführerin gleich lautend gestaltete Berufungen, in welchen sie auf ihre gesetzliche Verpflichtung hinwies, neben der "medizinischen und beruflichen Wiederherstellung" auch für die soziale Rehabilitation zu sorgen. Im Rahmen der sozialen Rehabilitation seien Zuschüsse zum Ankauf oder zur Adaptierung von Kraftfahrzeugen in der Bestimmung des § 201 Abs. 2 ASVG gesetzlich verankert. Diese Zuschüsse seien als Sachleistung anzusehen; die sie regelnde Gesetzesbestimmung finde sich systemkonform auch bei den gesetzlichen Bestimmungen über Sachleistungen, während die Regelungen über Geldleistungen erst mit der Vorschrift des § 203 ASVG über die Versehrtenrente begännen. Bei der Kostenerstattung nach § 131 ASVG handle es sich ebenfalls um einen Sachleistungsanspruch, den der Versicherte sich im Wege der Rückvergütung "zurückhole". Das Vorsteuerabzugsverbot für Kraftfahrzeuge sei für die Beschwerdeführerin außer Kraft gesetzt, was sich aus den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z. 7 UStG 1994 und des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 ergebe. Die für "Fahrschulkraftfahrzeuge etc." geschaffene Ausnahme lasse darauf schließen, dass Betriebe Vorsteuer geltend machen könnten, wenn "es der Betriebszweck ist". Betriebszweck eines Sozialversicherungsträgers sei es, im Rahmen der sozialen Rehabilitation die zweckgebundenen Zuschüsse für die Anschaffung oder Adaptierung eines Kraftfahrzeuges zu vergeben.

Der Prüfer trat den Berufungsausführungen in einer Stellungnahme entgegen, in welcher er ausführte, dass die in Rede stehenden Zuschüsse ungeachtet ihrer Bezeichnung als Sachleistung im ASVG in der Praxis Geldleistungscharakter aufwiesen. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass für sie das Verbot des Abzugs von Vorsteuern für Kraftfahrzeuge nicht gelten solle, könne sich der Prüfer nicht anschließen, weil jene Fahrzeuge, die hinsichtlich eines Vorsteuerabzuges begünstigt seien, im Gesetz erschöpfend aufgezählt worden seien. Eine Beseitigung des allgemein geltenden Vorsteuerabzugsverbotes für Kraftfahrzeuge könne aus den gesetzlichen Sonderbestimmungen für Sozialversicherungsträger nicht abgeleitet werden.

Die Beschwerdeführerin trat dem in einer ergänzenden Eingabe mit dem Vorbringen entgegen, dass sich die Definition dessen, was als Sachleistung zu gelten habe, nach dem ASVG zu richten habe, weshalb nach dem Schrifttum auch Zuschüsse zu Behindertenfahrzeugen als Sachleistungen zu gelten hätten. Solche Zuschüsse seien zweckgebunden und das Bestehen einer betragsmäßigen Beschränkung lasse sich nicht gegen den Charakter der Zuschüsse als Sachleistung ins Treffen führen.

Nach Vorlage eines Auszugs der Leistungsrichtlinien der Beschwerdeführerin und Einholung einer telefonischen Rechtsauskunft vom Vorstand des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung in der hier interessierenden Hinsicht keine Folge und erklärte den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995 für endgültig. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen und den Inhalt der von der Beschwerdeführerin auszugsweise vorgelegten Leistungsrichtlinien wieder und referierte sodann nach dem Zitat der maßgebenden Gesetzesvorschriften des Umsatzsteuer- und des Sozialversicherungsrechtes die zur Bestimmung des § 12 Abs. 8 UStG 1972 ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 89/15/0041 und 89/15/0073, vom , 94/13/0244, und vom , 94/15/0104. Die belangte Behörde brachte ihre Auffassung zum Ausdruck, dass der Vorsteuerabzug im vorliegenden Fall wesentlich davon abhängig sei, ob die von einem anderen Unternehmer auf den Versicherten lautende Rechnung für eine Leistung ausgestellt worden sei, die auf Grund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Vorschrift als Sachleistung des Versicherungsträgers gewährt werden könnte. Dies sei auf Basis der referierten Judikatur zu verneinen, weil eine Beurteilung als Sachleistung nämlich voraussetzte, dass diese Leistung regelmäßig entweder vom Versicherungsträger selbst oder von einem Vertragspartner, dessen Leistung dem Versicherungsträger zugerechnet werden könne, als Sachleistung erbracht werde. Dies sei bei den Zuschüssen für den Ankauf oder die Adaptierung von Behindertenfahrzeugen nicht der Fall. Die Erbringung einer diesbezüglichen Sachleistung, welche etwa in der Beistellung eines behindertengerechten Kraftfahrzeuges oder in der Durchführung von Adaptierungsarbeiten durch die Beschwerdeführerin selbst oder einen Vertragspartner bestünde, sei nicht vorgesehen. Damit sei die Geldzahlung als Ausnahmefall der Sachleistung nicht gleichzusetzen. Die Geldzahlung sei für den vorliegenden Fall nämlich die einzige gesetzlich und in den Richtlinien vorgesehene Art der Leistungserbringung durch die Beschwerdeführerin. Die strittigen Vorsteuern seien nach § 12 Abs. 8 UStG 1972 nicht abziehbar, weil die Beschwerdeführerin mit Kraftfahrzeugwerkstätten oder Kraftfahrzeughändlern nicht in Kontakt trete, um eine Leistung zu erbringen, sodass ein Vorsteuerabzug aus Rechnungen an die Beschwerdeführerin nicht einmal in Betracht komme, was damit auch den Vorsteuerabzug aus an Versicherungsnehmer ausgestellten Rechnungen ausschließe. Im Übrigen wären die Vorsteuern auch nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 und nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 nicht abziehbar, weil die Anschaffung von Kraftfahrzeugen nicht als für das Unternehmen ausgeführte Lieferung gelte.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 UStG 1972 galt als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auch die Tätigkeit der Träger der Sozialversicherung und ihrer Verbände, deren Umsätze aber durch § 6 Z. 6 UStG 1972 steuerfrei gestellt wurden.

Nach § 12 Abs. 3 letzter Satz UStG 1972 trat der in dieser Bestimmung normierte Ausschluss der Berechtigung zum Vorsteuerabzug für die u.a. nach § 6 Z. 6 UStG 1972 steuerfreien Umsätze nicht ein, woraus für die Träger der Sozialversicherung nach den Regeln des Umsatzsteuergesetzes 1972 eine so genannte "echte" Umsatzsteuerbefreiung resultiert hatte.

Nach § 12 Abs. 8 UStG 1972 waren die Träger der Sozialversicherung und ihre Verbände zum Vorsteuerabzug auch dann berechtigt, wenn die Rechnung für eine von einem anderen Unternehmer erbrachte Leistung, die dem Versicherten oder Hilfeempfänger auf Grund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Vorschriften als Sachleistung gewährt werden könnte, auf den Namen des Versicherten oder des Hilfeempfängers lautete. Die in einer solchen Rechnung ausgewiesene Vorsteuer war insoweit abziehbar, als sie auf den dem Rechnungsempfänger gewährten Kostenersatz entfiel.

Auch nach § 2 Abs. 4 Z. 1 UStG 1994 gilt die Tätigkeit der Träger der Sozialversicherung und ihrer Verbände als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, wobei ihre Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z. 7 UStG 1994 steuerfrei gestellt sind, während ihnen die nach dem Umsatzsteuergesetz 1972 noch eingeräumte Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach dem Umsatzsteuergesetz 1994 allerdings nicht mehr offen steht, sodass sie nunmehr "unecht" umsatzsteuerbefreit sind.

Die Übergangsbestimmung des § 29 Abs. 2 Z. 3 UStG 1994 ordnet die Anwendung der Vorschrift des § 12 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972 bis einschließlich dem Veranlagungsjahr 1996 an, während die Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 3 UStG 1994 bestimmt, dass der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 3 UStG 1994 nicht eintritt, wenn Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z. 7 UStG 1994 vor dem ausgeführt werden.

Soweit im Beschwerdefall Bestimmungen des Umsatzsteuerrechtes anzuwenden waren, die spezielle Regelungen für Sozialversicherungsträger enthalten, kam nach der dargestellten Rechtslage somit nur die Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1972 in Betracht. Soweit die Berechtigung der Beschwerdeführerin zum Vorsteuerabzug aus den ihren Versicherten gewährten Zuschüssen für Ankauf oder Adaptierung behindertengerechter Fahrzeuge von der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Abs. 8 UStG 1972 abhängen konnte, wäre es, worin die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übereinstimmen, entscheidend darauf angekommen, ob diese Zuschüsse als Sachleistung oder als Geldleistung anzusehen wären (siehe die im angefochtenen Bescheid referierten hg Erkenntnisse vom , 89/15/0041 und 89/15/0073, vom , 94/13/0244, und vom , 94/15/0104). Dass der Begriff der "Sachleistung" allein nach Maßgabe der Inhalte sozialversicherungsrechtlicher Normen zu verstehen wäre, ist eine von der Beschwerdeführerin vorgetragene Rechtsauffassung, der beizupflichten ist, weil bei Anknüpfung des Abgabenrechtes an Vorschriften anderer Regelungskreise für eine von dem Recht, an das angeknüpft wird, abweichende Begriffsinhaltsdeutung kein Raum ist (siehe das hg. Erkenntnis vom , 93/13/0009, Slg. N.F. Nr. 6.948/F).

Für den Standpunkt der Beschwerdeführerin ist daraus aber nichts gewonnen, weil die Frage der rechtlichen Qualität der in Rede stehenden Zuschüsse als Sachleistungen oder Geldleistungen nach sozialversicherungsrechtlichem Verständnis im Beschwerdefall keiner Beantwortung bedarf. Die belangte Behörde hat die Ablehnung des von der Beschwerdeführerin reklamierten Vorsteuerabzuges hilfsweise nämlich auch auf jenes Argument gestützt, aus dem der Prüfer zur Ablehnung des Vorsteuerabzuges gelangt war, nämlich dem Argument des generellen Verbotes eines Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung und dem Betrieb von Personenkraftwagen.

Nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c des in dieser Hinsicht für die Jahre 1992 bis 1994 anzuwendenden Umsatzsteuergesetzes 1972 in der durch BGBl. Nr. 410/1988 gestalteten Fassung galten Lieferungen oder sonstige Leistungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt, die in Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.

Den gleichen Wortlaut hat die für das Jahr 1995 geltende Vorschrift des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994.

Gegen die von der belangten Behörde (anders als vom Prüfer nur noch hilfsweise) unternommene Stützung der Verweigerung des Vorsteuerabzuges auf diese Vorschriften weiß die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof nichts einzuwenden. Ihre in den Berufungen gebrauchte Argumentation, das in den genannten Vorschriften statuierte Verbot des Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit Anschaffung, Herstellung und Betrieb von Personenkraftfahrzeugen sei für sie durch die im Zusammenhang mit Fahrschulkraftfahrzeugen normierten Ausnahmeregelungen außer Kraft gesetzt worden, hat die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr aufrecht erhalten. Es traf diese Argumentation auch nicht zu. Entkräftet wurde sie schon durch die Stellungnahme des Prüfers, in welcher dieser auf die taxative Aufzählung der begünstigten Fahrzeuge in den genannten Gesetzesbestimmungen hingewiesen hatte, der sich die Fallkonstellation der Beschwerdeführerin nicht einordnen ließ.

Die Bestimmungen des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 und des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 normieren im Zusammenhang mit Personenkraftwagen einen Vorsteuerausschluss, von welchem u.a. nur abgegangen werden kann, wenn auch die mit den Personenkraftwagen im Zusammenhang stehende Betätigung - isoliert betrachtet - eine in diesen Bestimmungen konkret angesprochene gewerbliche und insofern nachhaltige Betätigung darstellt (siehe die hg. Erkenntnisse vom , 2003/13/0066, und vom , 95/13/0178). Der in den Berufungen unternommene Versuch, die Finanzierung der Bereitstellung behindertengerechter Kraftfahrzeuge an ihre Versicherten durch die Beschwerdeführerin als eine von den Ausnahmetatbeständen der Abzugsverbote erfasste gewerbliche Betätigung der Beschwerdeführerin darzustellen, war rechtlich nicht zielführend, weil im Beschwerdefall keiner der Ausnahmetatbestände der Bestimmungen des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 und des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 in Betracht kam. Auf die ins Zentrum der Bescheidbegründung und der Beschwerdeausführungen geratene Frage, ob die in Rede stehenden Zuschüsse sozialversicherungsrechtlich als Geld- oder als Sachleistungen anzusehen waren, kam es deshalb nicht mehr an.

Die Beschwerde erwies sich im Ergebnis damit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am