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VwGH vom 21.11.1991, 90/13/0101

VwGH vom 21.11.1991, 90/13/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 5 - 2014/88, betreffend Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten für das Kalenderjahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Lehrer mit dem Wohnsitz in Wien. Im Rahmen seines Dienstverhältnisses war er im Jahre 1987 hauptsächlich an der Bundesfachschule T. tätig. Im Schuljahr 1986/1987 erteilte er überdies an zwei Tagen pro Woche (Mittwoch und Freitag je von 13.10 bis 16.40 Uhr) an der Höheren Technischen Bundeslehranstalt St. und im Schuljahr 1987/1988 an drei Tagen (Dienstag 14.15

bis 16.00 Uhr, Donnerstag 12.40 bis 16.10 Uhr und Freitag 15.30 bis 17.15 Uhr) am Bundesrealgymnasium L. Unterricht. Alle drei Schulen sind rund 50 km oder noch weiter von Wien entfernt.

In einem Lohnsteuerfreibetragsantrag für das Jahr 1987 begehrte der Beschwerdeführer unter anderem, Fahrtkosten sowie "Tagessätze" für 189 Tage im Gesamtbetrag von S 75.600,-- und "Nächtigungssätze" für 188 Nächte in Höhe von zusammen S 37.600,-- als erhöhte Werbungskosten anzuerkennen. In einer ergänzenden Eingabe vom gab der Beschwerdeführer an, er habe im Schuljahr 1986/1987 für ein Untermietzimmer in T. für zehn Monate S 8.000,-- bezahlt. Voraussichtlich werde der Preis im kommenden Schuljahr unverändert bleiben. Im weiteren Verfahren wurde eine entsprechende Bestätigung der Vermieterin vorgelegt.

Mit Bescheid vom wurde dem Antrag nur teilweise entsprochen. Der Verpflegungsmehraufwand wurde vom Finanzamt nicht als Werbungskosten anerkannt; hingegen wurden der Aufwand für das Untermietzimmer und die Fahrtkosten für die Fahrten zwischen W., St., L. und T. zum Abzug gelassen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, die Tätigkeit des Beschwerdeführers stelle zwar keine Reise "im Sinne eines Firmenrepräsentanten" dar, es entstünden ihm aber die gleichen Kosten wie jenem Personenkreis, der entweder beruflich "reise" oder über Auftrag seines Dienstgebers "seinen Dienstort verlege." Weiters verwies der Beschwerdeführer auf die Auffassung, daß sogenannte Saisonarbeiter sich auf einer "Dienstreise" im Sinne des § 26 Z. 7 EStG 1972 befinden.

Auf einen entsprechenden Vorhalt des Finanzamtes beantragte der Beschwerdeführer in einer Eingabe vom die Anerkennung der Kosten für Verpflegung und Unterkunft nach den Sätzen des § 26 Z. 7 lit. b EStG 1972.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Auffassung der belangten Behörde war jeder der Orte, an denen der Beschwerdeführer im Kalenderjahr 1987 regelmäßig beruflich tätig war, als Mittelpunkt der Tätigkeit des Beschwerdeführers zu qualifizieren; der Aufenthalt an diesen Orten sei somit keine Reise (im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972).

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972 zählen zu den Werbungskosten Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlaßten Reisen. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die im § 26 Z. 7 EStG 1972 angeführten Sätze nicht übersteigen.

Eine Reise im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt, ohne daß dadurch der bisherige Mittelpunkt aufgegeben wird. Erstreckt sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen auf mehrere Orte in der Weise, daß jeder Ort - für sich betrachtet - Mittelpunkt der Tätigkeit sein könnte, dann ist jeder dieser Orte als Mittelpunkt der Tätigkeit zu qualifizieren und der Aufenthalt an ihm keine Reise (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/14/0125, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Zu einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit wird ein Ort auf Grund längeren Aufenthaltes des Steuerpflichtigen (Arbeitnehmers). Der längere Aufenthalt ermöglicht es ihm, sich dort über die Verpflegungsmöglichkeiten zu informieren und so jenen Verpflegungsmehraufwand zu vermeiden, der allein die Annahme von Werbungskosten statt nicht abzugsfähiger (üblicher) Verpflegungsaufwendungen der privaten Lebensführung rechtfertigt (vgl. insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/14/0197, und vom , Zl. 90/13/0199).

Infolge des zumindest zwei Schuljahre hindurch andauernden kontinuierlichen Aufenthaltes in T. ist dieser Ort zweifellos als Mittelpunkt der Tätigkeit des Beschwerdeführers anzusehen. Die Aufenthalte in St. (während des Schuljahres 1986/1987 an jeweils zwei Wochentagen) und in L. (im Schuljahr 1987/1988 an jeweils drei Wochentagen) betrafen zwar nur einzelne Tage. Da diese zeitliche Abwicklung der Berufstätigkeit aber jeweils ein Schuljahr lang andauerte, ist im Sinne der angeführten Rechtsprechung die belangte Behörde im Recht, wenn sie jeden dieser Orte als (weitere) Mittelpunkte der Tätigkeit angesehen hat; der jeweilige Aufenthalt durch ein ganzes Schuljahr hindurch hat es nämlich dem Beschwerdeführer ermöglicht, sich über die entsprechenden Verpflegungsmöglichkeiten zu informieren. Auch in einem solchen Fall kann nicht mehr vom Vorliegen einer Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972 gesprochen werden.

Der vom Beschwerdeführer angestellte Vergleich mit sogenannten "Saisonarbeitern", bei denen vom Dienstgeber bezahlte Tages- und Nächtigungsgelder gemäß § 26 Z. 7 EStG 1972 nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören, geht ins Leere, weil der Reisebegriff des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972 mit dem - im Gesetz selbst umschriebenen - Begriff der Dienstreise in § 26 Z. 7 EStG 1972 nicht übereinstimmt. Gegen diesen unterschiedlichen Reisebegriff in § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972 einerseits und in § 26 Z. 7 EStG 1972 andererseits bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/14/0074, und die dort zitierten Literaturhinweise).

Soweit dem Beschwerdeführer, der nach seinem Lohnsteuerfreibetragsantrag geschieden ist und zu dessen Haushalt keine weiteren Personen gehören, durch die Tätigkeiten in T., St. und L. weitere Aufwendungen erwachsen sind, sind sie von der Abgabenbehörde als Werbungskosten anerkannt worden (Kosten des Untermietzimmers). Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde sei auf die Frage solcher Mehraufwendungen nicht eingegangen, ist daher unzutreffend. Auch ansonsten konnte eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht festgestellt werden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VWGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.