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VwGH vom 26.11.1998, 98/16/0174

VwGH vom 26.11.1998, 98/16/0174

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der A Bankaktiengesellschaft in L, vertreten durch Dr. Günther Klepp, Mag. Dr. Peter Nöbauer und Mag. Franz Hintringer, Rechtsanwälte in Linz, Graben 28, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. AO 720/9-9/98, betreffend Aufhebung eines Bescheides (in einer Gebührenangelegenheit) in Ausübung des Aufsichtsrechtes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist ein Gebührenschuldner, dem gemäß § 3 Abs. 4 GebG die Selbstberechnung der Gebühren für Darlehens- und Kreditverträge bewilligt wurde.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz (im folgenden kurz: Finanzamt) auf Basis der ihm vorgelegten Aufschreibungen der Beschwerdeführerin für das I. Halbjahr 1995 die Gebühr nach § 33 TP 19 GebG mit S 14,155.941,-- fest. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Anregung vom begehrte das Finanzamt von der Oberbehörde die Aufhebung seines Bescheides gemäß § 299 BAO mit dem Hinweis, in den das I. Halbjahr 1995 betreffenden Aufschreibungen der Beschwerdeführerin sei ein Schuldanerkenntnis vom (betreffend zwei Fremdwährungskredite an Constantin Dumba) nicht enthalten gewesen.

Daraufhin hob die belangte Behörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes den Bescheid des Finanzamtes gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO auf.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Bestand der rechtskräftigen Abgabenfestsetzung verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 Abs. 4 GebG lautet:

"(4) Einem Gebührenschuldner, der in seinem Betrieb laufend eine Vielzahl gleichartiger Rechtsgeschäfte abschließt und die Gewähr für die ordnugnsgemäße Einhaltung der Gebührenvorschriften bietet, hat das Finanzamt, in dessen Amtsbereich sich die Geschäftsleitung des Betriebes des Gebührenschuldners befindet, auf Antrag zu bewilligen, daß er die auf diese Rechtsgeschäfte entfallenden Hundertsatzgebühren an Stelle der sonst in diesem Bundesgesetz angeordneten Entrichtungsformen selbst berechnet und bis zum 10. des dem Entstehen der Gebührenschuld folgenden zweiten Monats an dieses Finanzamt entrichtet. Personen, die auf Grund der erteilten Bewilligung verpflichtet sind, die Hundertsatzgebühren auf diese Art zu entrichten, haben über diese gebührenpflichtigen Rechtsgeschäfte fortlaufende Aufschreibungen zu führen, welche die für die Gebührenbemessung erforderlichen Angaben enthalten. Innerhalb der Zahlungsfrist ist dem Finanzamt für den jeweiligen Berechnungs- und Zahlungszeitraum eine Abschrift dieser Aufschreibungen zu übersenden. Die Übersendung der Abschrift gilt als Gebührenanzeige gemäß § 31. Auf den Urkunden ist ein Vermerk anzubringen, der die Bezeichnung des Bewilligungsbescheides und die fortlaufende Nummer der Aufschreibungen enthält. Mit Erteilung einer Bewilligung, die Gebühren für bestimmte Rechtsgeschäfte selbst zu berechnen, wird das Finanzamt für die Erhebung dieser Gebühren örtlich zuständig. Es hat jeweils für den Zeitraum eines Kalenderhalbjahres die Hundertsatzgebühren für jedes gebührenpflichtige Rechtsgeschäft, das in den Aufschreibungen abgerechnet wurde, mit Bescheid festzusetzen."

§ 299 Abs. 1 lit. c BAO bestimmt (auszugsweise):

"(1) In Ausübung des Aufsichtsrechtes kann ein Bescheid von der Oberbehörde aufgehoben werden,

...

c) wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung ein anderslautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können."

Die seinerzeit bestandene Befreiungsbestimmung für Verträge über Kredite, die nur in ausländischer Währung in Anspruch genommen werden durften (§ 33 TP 19 Abs. 7 GebG) wurde mit Art. XIV Z. 7 des Steuererfassungsgesetzes, BGBl. 818/1993, mit Wirkung ab beseitigt.

Nach ständiger hg. Judikatur löst die Gebührenpflicht jede auch bloß rechtsbezeugende Urkunde aus, die Kraft ihres Inhaltes geeignet ist, einem der Vertragspartner zum Beweis über ein gültig zustandegekommenes Rechtsgeschäft zu dienen (vgl. z.B. die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, zweiter Teil, Stempel- und Rechtsgebühren 12/2 D Abs. 2 und 3 referierte hg. Judikatur).

Kern des Beschwerdevorbringens ist das Argument, das Finanzamt habe bei Erlassung seines Bescheides vom das Schuldanerkenntnis vom (welches ihm am angezeigt worden sei) gekannt, was sich aus einem Aktenvermerk über ein mit einem Organwalter des Finanzamtes am geführtes Telefonat ergebe. Das Finanzamt habe die Meinung vertreten, das Schuldanerkenntnis sei gebührenfrei und habe die belangte Behörde nicht begründet, worin die dem Finanzamt vorgeworfene Verletzung von Verfahrensvorschriften gelegen gewesen sei.

Die Beschwerde bringt damit in erster Linie zum Ausdruck, daß ihrer Ansicht nach eine Korrektur der mit einem Bescheid gemäß § 3 Abs. 4 letzter Satz GebG rechtskräftig vorgenommenen Abgabenfestsetzung nur im Wege einer Wiederaufnahme unter den dafür erforderlichen Voraussetzungen zulässig wäre. Dabei übersieht die Beschwerde aber, daß eine vom Abgabenpflichtigen selbst durch Unterlassung der Anführung eines gebührenpflichtigen Geschäftes in den Halbjahresaufschreibungen verursachte Unrichtigkeit hinsichtlich ihrer Korrektur vom Gesetz keinen Einschränkungen unterworfen wurde, sodaß abgesehen vom Instrument der Wiederaufnahme selbstverständlich auch das der Aufhebung eines Bescheides durch die Oberbehörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes gemäß § 299 BAO angewendet werden kann. Da die Anwendung des Aufhebungstatbestandes gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft ist als an das Vorliegen einer Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein anderslautender Bescheid erlassen hätte werden können (bzw. eine Bescheiderlassung hätte unterbleiben können), kommt es im vorliegenden Fall betreffend die Berechtigung der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht darauf an, welchen Wissensstand das Finanzamt bei der Erlassung des aufgehobenen Bescheides hatte.

Insoweit die Beschwerde rügt, die belangte Behörde hätte ihren Bescheid unzureichend begründet, ist sie darauf zu verweisen, daß den zwar knappen Ausführungen der belangten Behörde immerhin zu entnehmen ist, daß die Aufhebung deshalb erfolgte, weil der erstinstanzliche Bescheid nur auf Grund der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Halbjahresaufschreibungen erlassen wurde. Damit kommt aber hinlänglich zum Ausdruck, daß die belangte Behörde der Auffassung war, durch die Nichteinbeziehung des dem Finanzamt angezeigten Schuldanerkenntnisses betreffend die zwei Fremdwährungskredite seien Verfahrensvorschriften verletzt worden, bei deren Einhaltung das Finanzamt zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Von einer den angefochtenen Bescheid mit einem relevanten Begründungsmangel belastetenden Rechtswidrigkeit kann daher nicht gesprochen werden.

Da schließlich seit der Aufhebung des Ausnahmetatbestandes des § 33 TP 19 Abs. 7 GebG auch eine nachträgliche rechtsbezeugende Beurkundung eines Fremdwährungskredites die Gebührenpflicht auslöst, lagen alle Voraussetzungen dafür vor, daß die belangte Behörde in pflichtgemäßer Ausübung ihres Ermessens zum Zwecke der Verwirklichung des Grundsatzes der Rechtsrichtigkeit den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Weiterer amtswegiger Ermittlungen, die die Beschwerde dazu vermißt, bedurfte es nicht.

Somit erweist sich der angefochtene Bescheid in jeder Richtung als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war (§ 42 Abs. 1 VwGG). Mit Rücksicht auf die einfache Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Wien, am