VwGH vom 28.11.2002, 2002/13/0079
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des FH in B, Volksrepublik China, vertreten durch Dr. Heinrich Koth, Rechtsanwalt in 2230 Gänserndorf, Rathausplatz 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/27-16/2001, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus den Beschwerdeschriften, der ihnen angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides und den dem Verwaltungsgerichtshof vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten ergibt sich, dass vom Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug die Familienbeihilfe für seine am geborene Tochter Barbara für den Zeitraum von November 1992 bis Mai 1997 (samt Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum von Jänner 1993 bis Mai 1997) und für seine am geborene Tochter Ursula für den Zeitraum von November 1992 bis Oktober 1997 (samt Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum von Jänner 1993 bis Oktober 1997) gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 8/1998 (FLAG) mit der Begründung zurückgefordert wurde, der Beschwerdeführer sei von seinem Dienstgeber, der E. GmbH nach China entsendet worden und lebe dort gemeinsam mit seiner Ehefrau und den beiden Töchtern seit Februar 1990. Die Töchter gingen auch in China zur Schule und hielten sich nur während der Ferien bei ihrer Großmutter in Österreich auf.
Über die gegen diesen Bescheid zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof und ihrer Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom , B 410/01) erwogen:
Nach § 5 Abs. 4 FLAG in seiner Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 bestand kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, es sei denn, dass die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge verbürgt ist.
Nach § 5 Abs. 4 FLAG in der durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 gestalteten, ab dem geltenden Fassung besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 8/1998 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist. Zurückzuzahlende Beträge können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
Gemäß § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes anzuwenden.
Der Beschwerdeführer trägt vor, für den Mittelpunkt der Lebensinteressen seien primär die zu einem bestimmten Staat bestehenden engeren persönlichen Beziehungen ausschlaggebend, weil sich die persönlichen Anknüpfungspunkte zu einem bestimmten Land aus in der Person gelegenen Gründen auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes sowie der Betätigung religiöser und kultureller Art zusammensetzten. All diese Umstände, die den eigentlichen Lebenssinn ausmachten und jemanden an ein bestimmtes Land bänden, wiesen im vorliegenden Fall vollkommen eindeutig auf Österreich hin. Der Aufenthalt im Inland sei keineswegs Voraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe, sondern im Rahmen einer Gesamtschau nur von untergeordneter Bedeutung. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon ausgesprochen habe, sei im Einzelfall stets eine Abwägung unter Berücksichtigung sämtlicher Sachverhaltselemente zu treffen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 89/14/0054) und führe etwa auch ein sieben- bis achtmonatiger Aufenthalt im Ausland noch nicht zu einem ständigen Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 4 FLAG (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 93/14/0118). Eine Gesamtabwägung der persönlichen Beziehungen des Beschwerdeführers und seiner Kinder zu Österreich habe die belangte Behörde zur Gänze unterlassen und damit auch ihre Ermittlungstätigkeit nicht erfüllt, bei deren Wahrnehmung hervorgekommen wäre, dass der Beschwerdeführer und seine Kinder in Österreich geboren und österreichische Staatsbürger seien, dass die weitere Verwandtschaft in Österreich lebe und sich auch der Beschwerdeführer und seine Kinder lange Zeitperioden in Österreich aufhielten, weshalb der Beschwerdeführer und seine Kinder in jeder Hinsicht dem österreichischen Kulturkreis zuzuordnen seien.
Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 4 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen und verlangt zunächst grundsätzlich körperliche Anwesenheit, die aber nicht ununterbrochen vorliegen muss, sodass Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, den Zustand des Verweilens und den gewöhnlichen Aufenthalt nicht unterbrechen (siehe hiezu das einen ähnlichen Fall betreffende hg. Erkenntnis vom , 98/15/0016, mit weiteren Hinweisen, unter anderem auch auf das vom Beschwerdeführer erwähnte hg. Erkenntnis vom , 93/14/0118, in welchem der Gerichtshof klar gestellt hat, dass mit einem bloß vorübergehenden Verweilen der in § 5 Abs. 4 FLAG als Tatbestandsmerkmal normierte ständige Aufenthalt nicht unterbrochen wird). Aus dem vom Beschwerdeführer erwähnten hg. Erkenntnis vom , 89/14/0054, ist für seinen Rechtsstandpunkt schon deswegen nichts zu gewinnen, weil der Gerichtshof in diesem Erkenntnis im Gegenteil gerade ausgesprochen hat, dass die stärkste persönliche Beziehung eines Menschen im Regelfall zu dem Ort besteht, an dem er in Regelmäßigkeit mit seiner Familie lebt.
Der schon in einer abweisenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes getroffenen Sachverhaltsfeststellung, dass die beiden Töchter des Beschwerdeführers ebenso wie seine Gattin seit Februar 1990 bei ihm in China leben und dass sich die Kinder nur während der Ferien in Österreich aufhalten, ist der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren nicht entgegen getreten; er greift diese Feststellung auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht an. Damit kann aber an der Verwirklichung des Anspruchshindernisses des § 5 Abs. 4 FLAG nicht ernstlich gezweifelt werden (siehe neben dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom , 98/15/0016, auch das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0175).
Des Weiteren trägt der Beschwerdeführer vor, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides erkennbar zum Ausdruck bringe, dass der Überbezug ausschließlich auf eine Fehlleistung der Abgabenbehörde selbst zurückzuführen sei. Es habe der Beschwerdeführer nämlich seinen Aufenthaltsort und den seiner Kinder immer ordnungsgemäß mitgeteilt, die Leistungen bezogen und sodann ohne Vorliegen eines Mitverschuldens gutgläubig verbraucht. Der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers und seiner Kinder sei dem Finanzamt vom Jahre 1992 an bekannt gewesen; erst im November 1997 seien die Beträge zurückgefordert worden. Schon im Hinblick auf näher angeführte Paragraphen des ASVG könne eine Rückforderung nicht mehr in Betracht gezogen werden; zumindest hätte die Erstattung der Rückzahlung in Teilbeträgen gestattet werden müssen.
Auch damit wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass bei der Geltendmachung der Rückforderung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Recht anzuwenden ist (siehe etwa die hg. Erkenntnisse vom , 97/15/0111, und vom , 2000/15/0183).
Wie der Verwaltungsgerichtshof im letztgenannten Erkenntnis klar gestellt hat, steht es nach der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 8/1998 gestalteten Rechtslage der Rückforderung nicht mehr entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist, weil seit der geänderten Rechtslage das Finanzamt nicht mehr als auszahlende Stelle im Sinne des § 26 FLAG angesehen werden kann. Dem Beschwerdeführer wäre damit für seinen Standpunkt auch in dem Fall nicht geholfen, dass seine Behauptung zuträfe, der unrechtmäßige Bezug der rückgeforderten Leistungen gehe ausschließlich auf einen Fehler des Finanzamtes zurück. Das Argument gutgläubigen Verbrauches der bezogenen Leistungen kann deswegen nicht verfangen, weil die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft ist (vgl. für viele etwa die hg. Erkenntnisse jeweils vom , 2000/15/0035 und 96/15/0001). Bestimmungen des ASVG hatte die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht anzuwenden und zur Gewährung von Zahlungserleichterungen kam ihr als Berufungsbehörde eine funktionale Zuständigkeit nicht zu.
Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen, was der Gerichtshof im Hinblick auf das Vorliegen beider Tatbestände des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG in einem nach dieser Gesetzesstelle gebildeten Senat beschlossen hat.
Wien, am