VwGH vom 18.01.1996, 93/15/0142

VwGH vom 18.01.1996, 93/15/0142

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

93/15/0143

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerden 1. der MK und 2. des Ing. AK, beide in R, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in D, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom , 1. Zl. 493-2/89, und 2., Zl. 825-2/89, beide betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht in Streit, ob der von der "H Gesellschaft mbH" mit dem Sitz in R (in der Folge: übertragende GmbH) laut Generalversammlungsbeschluß vom für den Zeitraum vom bis am auszuschüttende Gewinn von S 10,157.000,-- den damaligen Gesellschaftern dieser Gesellschaft bzw. ihren Rechtsnachfolgern oder entsprechend dem weiteren Generalversammlungsbeschluß vom den Gesellschaftern jener Gesellschaft, in die das gesamte Betriebsvermögen der übertragenden Gesellschaft gemäß dem ebenfalls am abgeschlossenen, auf

Art. I StruktVG bezugnehmenden Sacheinlagevertrag rückwirkend zum gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht wurde (in der Folge: aufnehmende GmbH), als Einkünfte (aus Kapitalvermögen) zuzurechnen ist. Während die belangte Behörde auf dem Boden der erstangeführten Variante steht, folgen die Beschwerden der zweitangeführten Variante.

Der die Gewinnverteilung betreffende Teil des Generalversammlungsbeschlusses vom lautet wie folgt:

"Die Gesellschafter beschließen, den Reingewinn aus dem Zeitraum vom bis mit einem Teilbetrag von S 10,157.000,-- (zehn Millionen hundertsiebenunfünfzigtausend Schilling) am auszuschütten und den Überhang von S 433,16 (vierhundertdreiunddreißig 16/100 Schilling) auf neue Rechnung vorzutragen."

Der weitere Generalversammlungsbeschluß dieser Gesellschaft vom knüpft an diesen Beschluß an, gelangt jedoch dadurch, daß er auf die Beteiligungsverhältnisse an der AUFNEHMENDEN Gesellschaft abstellt - an dieser sind die an der übertragenden GmbH zu 100 % beteiligten natürlichen Personen nur im Ausmaß von insgesamt 1,6611 Prozent beteiligt - zu einer gänzlich anderen Verteilung des auszuschüttenden Betrages. Der für den Beschwerdefall bedeutsame Satz aus diesem Beschluß lautet wie folgt:

"Die eingangs angeführten Gesellschafter vollziehen nunmehr am diesen Beschluß und erteilen ihr Einverständnis, daß der ausgeschüttete Betrag von S 10,157.000,-- im Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen aufgeteilt wird und bei den natürlichen Personen, bei denen die Voraussetzungen des § 10 des Körperschaftssteuergesetzes nicht vorliegen, die 20 % Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abgeführt wird."

In den gegen die angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheide erhobenen Beschwerden wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden; er hat sodann erwogen:

Die Beschwerden stellen das Verhältnis der beiden genannten Generalversammlungsbeschlüsse vom 14. Jänner und dergestalt dar, daß der spätere den früheren Beschluß nur "deutlich und zahlenmäßig" dargestellt habe, was rechtlich nur einer Erläuterung gleichkomme. Den Gesellschaftern einer GmbH stehe es jederzeit frei, einstimmig vom Gesellschaftsvertrag im Einzelfall abzuweichen. Daran sei die Abgabenbehörde gebunden, zumal sie auch frühere (den Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf das Fehlen von Bestimmungen über die Gewinnverteilung durchbrechende) Beschlüsse, mit denen Gewinne ausgeschüttet bzw. vorgetragen worden seien, stets anerkannt habe. Auch habe die "klare Absicht bestanden", "die Gewinne als Gesellschafterzuschuß wieder der tätigen (neuen) Gesellschaft für Investitionen zur Verfügung zu stellen". Ein solcher Gesellschafterzuschuß könne nur von den Gesellschaftern selbst und nicht von den Gesellschaftern eines Gesellschafters (also von der übertragenden GmbH als umgewandelter BeteiligungsGmbH und nicht von deren Gesellschaftern) kommen. Sollte der erste Generalversammlungsbeschluß einen Irrtum aufweisen, so sei es nicht ein Rechtsfolgenirrtum, sondern ein Irrtum in der Bezeichnung der Ausschüttungsempfänger. Dafür spreche auch "der Niederschlag der Ausschüttung in den Bilanzen der übertragenden und übernehmenden Gesellschaft, die Art der Abführung der Kapitalertragsteuer und der Gesellschaftsteuer für den Gesellschafterzuschuß und die Tatsache, daß die Gewinnausschüttung von keiner der (nach Meinung der belangten Behörde berechtigten) natürlichen Personen angefochten wurde". Da die Beschwerdeführer "die Ausschüttung nie empfangen wollten", zu jeder Zeit den von der belangten Behörde nicht geteilten Rechtsstandpunkt vertreten hätten, "über die Ausschüttung nicht verfügen zu können" bzw. daß sie keinen Anspruch auf diese Beträge hätten, dürfe nicht angenommen werden, daß ihnen höhere als die mit Generalversammlungsbeschluß vom zuerkannten Gewinnanteile zugeflossen seien.

Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf.

Gemäß § 82 GmbHG erfolgt die Verteilung des Bilanzgewinnes in Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nach Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen.

Die Gesellschafter haben über die Verteilung des Reingewinnes nur zu beschließen, wenn dies der Gesellschaftsvertrag vorsieht. Mangels einer solchen Bestimmung ist der festgestellte Reingewinn an die Gesellschafter auszuschütten. Der Gewinnanspruch des Gesellschafters entsteht als Gläubigerrecht (erst), sobald der Rechnungsabschluß durch Gesellschafterbeschluß festgestellt ist und entweder die Ausschüttung des Gewinns keiner weiteren Beschlußfassung bedarf oder die Gewinnverteilung von den Gesellschaftern beschlossen wurde (vgl. hiezu Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des Österreichischen Gesellschaftsrechts5, 432f). Mit dem Genehmigungsbeschluß ist der Bilanzgewinn fixiert. Ohne Bestimmungen im Statut über Reingewinn und Beschlußfassung entsteht der Anspruch auf die Dividende mit der Genehmigung des Jahresabschlusses. Wenn im Gesellschaftsvertrag über Beschlußfassung betreffend Gewinnverteilung und über die Widmung des Gewinnes nichts gesagt wird, entsteht mit dem Beschluß über die Bilanzgenehmigung ein unentziehbares Mitgliedsrecht, mit dem Verteilungsbeschluß ein Gläubigerrecht. Bis zum Verteilungsbeschluß ist der Anspruch aufschiebend bedingt, nachher ist er unbedingt (vgl. hiezu Gellis, Kommentar zum GmbH-Gesetz3, 302f).

Auf dem Boden dieser Rechtslage hat die belangte Behörde mit Recht angenommen, den beiden Beschwerdeführern sei durch die Genehmigung der maßgebenden Bilanz am , jedenfalls aber durch den am selben Tag gefaßten Gewinnverteilungsbeschluß ein einklagbares Gewinnbezugsrecht erwachsen. Dieses Recht vermittelte den Beschwerdeführern den Anspruch, über den am fälligen Ausschüttungsbetrag wirtschaftlich zu verfügen, was mit der Beschlußfassung vom geschehen ist und womit die Beträge als iS des § 19 EStG 1972 zugeflossen anzusehen sind.

Der zuletzt erwähnte Generalversammlungsbeschluß erschöpft sich nämlich nicht in einer Berichtigung eines bloßen Protokollfehlers, zumal die Beschwerdefüher selbst nichts ausführen, woraus geschlossen werden müßte, daß die die Gewinnverteilung betreffende Formulierung im Generalversammlungsbeschluß vom damals nicht dem Willen der Generalversammlung der übertragenden GmbH entsprochen hat.

Da die belangte Behörde auch bei Vermeidung des von den Beschwerdeführern gerügten "falschen Zitates" zu keinen anderen Bescheiden hätte gelangen können, der solchermaßen behauptete Verfahrensmangel also nicht wesentlich ist, mußten die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich jeweils auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.