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VwGH vom 17.12.1998, 98/16/0143

VwGH vom 17.12.1998, 98/16/0143

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des R in R, vertreten durch Dr. Georg Karasek, Rechtsanwalt in Wien I, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW 3-BE-322-9-97, betreffend Getränkesteuer vom bis (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Rabensburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom , Zl. 1000/2/1996, setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde u.a. gegen den Beschwerdeführer Getränkesteuer für den Zeitraum vom bis im Ausmaß von S 369.607,-- fest und verhängte einen Verspätungszuschlag von 10 % (S 36.961,--) sowie einen Säumniszuschlag von 2 % (S 7.392,--).

Dagegen stellte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom einerseits einen Ablehnungsantrag gegen den Bürgermeister sowie andererseits einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist (mit der Behauptung, seine Unterlagen seien beschlagnahmt worden und habe er noch keine Gelegenheit gehabt, in die Erhebungsergebnisse Einsicht zu nehmen). In eventu (für den Fall, daß seinen beiden Anträgen nicht entsprochen werden sollte) erhob der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid auch Berufung, und zwar mit der Begründung, die Bemessungsgrundlage sei unrichtig ermittelt worden.

Mit Bescheid vom , Zl. 1000/7/1996, wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist vom ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom Berufung.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom , Zl. 1000/2a/1996 wurden unter Bezugnahme auf die Eingabe vom der Antrag, die Vertretung des Bürgermeisters zu veranlassen, zurückgewiesen und der Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist sowie die Berufung abgewiesen.

Mit einem nicht datierten, zur Zl. 1000/7a/96, erlassenen weiteren Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde wurde unter Bezugnahme auf eine Sitzung vom die Berufung des Beschwerdeführers "gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom , Zl. 1000/7/1996" als unbegründet abgewiesen und der "Bescheid der 1. Instanz, Zl. 1000/7/1996" bestätigt. Dieser Berufungsbescheid ist offensichtlich insoweit mit einem Schreibfehler belastet, als er das Datum des erstinstanzlichen Bescheides Zl. 1000/7/1996 (welches richtig lauten sollte) auf Grund einer Verwechslung mit dem Datum der gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid (vom ) erhobenen Berufung vom bezeichnet.

Gegen den Berufungsbescheid Zl. 1000/7a/1996 (dessen Datum dabei mit angegeben wird und der nach den Behauptungen des Beschwerdeführers am zugestellt wurde) erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom Vorstellung.

Mit Eingabe vom gleichen Tag erhob der Beschwerdeführer aber auch eine Vorstellung gegen den Berufungsbescheid vom , Zl. 1000/2a/1996, worin er u.a. behauptete, es sei am ein Betrag von S 450.000,-- geleistet worden. Es fehle an einer Feststellung der mitbeteiligten Partei, ob und in welcher Höhe diese Zahlung auf allfällige Rückstände angerechnet worden sei.

In weiterer Folge ergingen seitens der belangten Behörde zwei Vorstellungsentscheidungen, und zwar:

a) Die belangte Behörde gab der gegen den Berufungsbescheid vom (offenbar Zl. 1000/2a/1996) erhobenen Vorstellung mit Bescheid vom , Zl. IVW3-BE-322-4-97, Folge, behob den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurück.

b) Andererseits gab die belangte Behörde mit Vorstellungsentscheidung "abgefertigt am ", Zl. IVW 3-BE-322-4-97, der Vorstellung vom gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Rabensburg vom "betreffend Verlängerung der Berufungsfrist" Folge, behob den angefochtenen Berufungsbescheid und verwies auch diese Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung wieder an die mitbeteiligte Marktgemeinde.

Mit Bescheid vom , Zl. 1000/2a/1997 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag, zufolge Befangenheit des Bürgermeisters seine Vertretung zu veranlassen, neuerlich zurück (Spruchteil I), weiters den Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist ab (Spruchteil II) und auch die Berufung neuerlich ab (Spruchteil III), wobei die Begründung zu den Spruchteilen II und III lautet wie folgt:

"...

II. Der Gemeinderat sieht keinen berücksichtigungswürdigen Grund zur Verlängerung der Berufungsfrist nach § 191 Abs. 3 NÖ Abgabenordnung 1977, LGBl. 3400-3.

III. Der Gemeinderat hat sich davon überzeugt, daß der Bürgermeister den Bescheid auf Grund des Berichtes über die vorgenommene Kommunal- und Getränkesteuerprüfung 1991-1995, den die beauftragte Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft 'Österr. Revisions- und Treuhandgesellschaft m.b.H.' aus 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 8 vorlegte, erstellt hat. Deshalb wurde die Berufung abgewiesen und der Bescheid der 1. Instanz vollinhaltlich bestätigt."

Mit einem Bescheid "abgefertigt am ", Zl. IVW 3-BE-322-9a-97, wies die belangte Behörde betreffend "Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist" die gegen einen (nicht in den vorgelegten Akten befindlichen) Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom , Zl. 1000/7a/1997, erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Diese Vorstellungsentscheidung blieb - soweit es aus den vorgelegten Akten ersichtlich ist - unbekämpft.

Gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom , Zl. 1000/2a/97, erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, wobei er neuerlich behauptete, es sei ihm nicht möglich gewesen, die Abgabenvorschreibungen im einzelnen zu überprüfen und auch die Behauptung aufrecht erhielt, am S 450.000,-- bezahlt zu haben.

Die belangte Behörde wies diese Vorstellung mit der im Kopf dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Vorstellungsentscheidung betreffend die Spruchpunkte I und III des Berufungsbescheides als unbegründet ab, wohingegen sie betreffend den Spruchteil II des Berufungsbescheides (also betreffend die Abweisung des Antrages auf Verlängerung der Berufungsfrist) den angefochtenen Bescheid behob und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde verwies.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtvorschreibung einer bereits bezahlten Abgabe verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte nur die Akten des Vorstellungsverfahrens nicht jedoch die Akten der Gemeindeinstanzen vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger hg. Judikatur belastet eine Berufungsbehörde, die über eine (noch) nicht wirksam erhobene Berufung in der Sache eine Berufungsentscheidung fällt, ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl. z.B. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch5 unter E6 zu § 66 AVG referierte Judikatur).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer betreffend den erstinstanzlichen Abgabenfestsetzungsbescheid vom 28. Juni 1996abgesehen von der Ablehnung des Bürgermeisters primär einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist gestellt und die Berufung gegen den Abgabenbescheid ausdrücklich "lediglich in eventu" für den Fall erhoben, daß beiden Anträgen nicht entsprochen werden sollte.

Die Erhebung eines Rechtsmittels eventualiter ist zulässig (vgl. dazu Ritz, BAO-Kommentar, Rz 3 zu § 85 BAO mwN).

Mit Rücksicht darauf, daß die belangte Behörde mit dem jetzt angefochtenen Bescheid den Spruchteil II des Berufungsbescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom aufgehoben und das Verfahren in diesem Umfang - also zur Entscheidung über den damit in den Augen der belangten Behörde noch immer unerledigten Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist - an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurückverwiesen hat, ist unter Bedachtnahme darauf, daß mit dem Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom , Zl. IVW 3-BE 322-9a-97 (der ebenfalls betreffend die Verlängerung der Berufungsfrist ergangen ist) die gegen den Bescheid des Gemeinderates vom , Zl. 1000/7a/1997, erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen wurde, die entscheidende Frage, ob jene aufschiebende Bedingung, unter der die Berufung erhoben wurde, schon eingetreten ist oder noch nicht, auf Grund der nur teilweise vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens nicht verläßlich zu beurteilen.

Indem die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ganz offensichtlich vor allem auf ihren eigenen Bescheid vom , Zl. IVW 3-BE-322-9a-97, nicht Bedacht genommen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu seiner Aufhebung führen muß.

Für das fortgesetzte Verfahren sei bemerkt, daß es dann, wenn die formalen Voraussetzungen für eine meritorische Behandlung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid vorliegen werden, Aufgabe der Berufungsinstanz sein wird, insbesondere den Einwand des Beschwerdeführers, es sei bereits eine Zahlung im Umfang von S 450.000,-- geleistet worden, substantiell zu prüfen und das Ergebnis dieser Prüfung im Rahmen einer gesetzmäßigen Bescheidbegründung so darzulegen, daß dies einer nachprüfenden Kontrolle (sei es durch die Vorstellungsbehörde, sei es durch den Verwaltungsgerichtshof) zugänglich ist. Dem Hinweis in der Gegenschrift, es liege nur eine Bemessung vor, ist zu erwidern, daß der erstinstanzliche Bescheid auch eine ziffernmäßig bestimmte Zahlungsaufforderung enthält.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den gesondert angesprochenen Umsatzsteuerbetrag, der im Rahmen des pauschal zuzuerkennenden Schriftsatzaufwandes nicht berücksichtigt werden kann.

Wien, am