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VwGH vom 14.09.1993, 93/15/0135

VwGH vom 14.09.1993, 93/15/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger,

Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 77-3/93, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (ein protokollierter Einzelkaufmann) betreibt eine Gastwirtschaft und einen Gemischtwarenhandel. Das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Gebäude wird zu 81 % zu betrieblichen und zu 19 % zu privaten Zwecken (letzteres als Wohnung) genutzt. Im Jahre 1991 ließ der Beschwerdeführer Um- und Ausbauten vornehmen. Bei der Ermittlung seiner Einkünfte nahm der Beschwerdeführer den Investitionsfreibetrag berechnet von den gesamten Herstellungskosten des Um- und Ausbaues in Anspruch.

Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob der Investitionsfreibetrag von den gesamten oder nur von den auf den betrieblich genutzten Teil des Gebäudes entfallenden Herstellungskosten zu berechnen ist. In der Beschwerde wird dazu die Auffassung vertreten, das Gesetz (§ 10 Abs. 3 EStG 1988) spreche nicht von einer Zerlegung in Gebäudeteile. Bei untergeordneter Bedeutung eines Gebäudeteiles im Verhältnis zum Gesamtgebäude sei in der Frage, ob das Gebäude zum notwendigen Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen zähle, eine einheitliche Betrachtung geboten. "Untergeordnete Bedeutung" liege vor, wenn der Anteil 20 % nicht übersteige. Im Beschwerdefall sei die Nutzung des Gebäudes für private Zwecke im Ausmaß von 19 % daher von untergeordneter Bedeutung. Dabei sei noch zu berücksichtigen, daß die Wohnungnahme des Unternehmers im Gebäude seines Beherbergungsbetriebes nicht (allein) auf private Überlegungen zurückzuführen sei. Das Gebäude sei daher als einheitliches Wirtschaftsgut in das Betriebsvermögen aufzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , Zlen. 82/14/0100, 0103 und 0104 die Auffassung vertreten, daß der volle Investitionsfreibetrag vom ganzen einheitlichen Wirtschaftsgut Gebäude, das zur Gänze Betriebsvermögen sei, zustehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 10 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 kann der Steuerpflichtige bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren Anlagegütern einen Investitionsfreibetrag von höchstens 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend machen. Für Gebäude darf der Investitionsfreibetrag nach Abs. 3 der zitierten Gesetzesstelle (erster Fall) nur insoweit geltend gemacht werden, als sie unmittelbar dem Betriebszweck dienen.

Schon aus dem Gesetzeswortlaut (arg. "nur insoweit") folgt, daß die Geltendmachung des Investitionsfreibetrages berechnet von den gesamten Herstellungskosten des Umbaues eines Gebäudes voraussetzt, daß dieses ZUR GÄNZE unmittelbar dem Betriebszweck dient; denn mit den Worten "nur insoweit" hat der Gesetzgeber nicht lediglich die unmittelbare Nutzung zu Betriebszwecken als Voraussetzung der Geltendmachung des Investitionsfreibetrages für Gebäude normiert, sondern sich deutlich auch auf das Ausmaß dieser Nutzung bezogen. Aus der ratio des Gesetzes, einen Anreiz für produktive Investitionen zu schaffen (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 82/14/0114, 0137) folgt, daß sich die Begünstigung nicht auch auf jene Herstellungskosten beziehen soll, die mit privat genutzten Gebäudeteilen im Zusammenhang stehen.

Diese Auffassung wird einhellig auch in der Literatur vertreten (vgl. Hofstätter-Reichel, EStG 1988, Kommentar § 10 Rz 3; Doralt, EStG, Kommentar2 § 10, Rz 46; zum EStG 1972 Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, § 10, Rz 7; Nolz, Betriebsgebäude, Auswirkungen der geringfügigen Privatnutzung, SWK 1983 A I 85).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im bereits erwähnten Erkenntnis vom , Zlen. 82/14/0100, 0103 und 0104, dargelegt, die im (damaligen) Beschwerdefall umstrittene Zurechnung eines privat genutzten Gebäudeteiles zum Betriebsvermögen habe zur Folge, daß Entnahme oder Veräußerung des Gebäudes zur Gänze als betrieblicher Vorgang zu erfassen seien. Andererseits stünden die an die Betriebsvermögenseigenschaft anknüpfenden einkommensteuerlichen "Investitionsbegünstigungen" für das ganze Gebäude (von den ganzen Anschaffungs- oder Herstellungskosten) zu; auch der Investitionsfreibetrag, der nach Maßgabe des § 10 EStG 1972 von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in Form des Anlagevermögens zum Betriebsvermögen gehörenden abnutzbaren Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden könne.

Das soeben erwähnte Erkenntnis erging zu § 10 EStG 1972 in der für das Veranlagungsjahr 1979 geltenden Fassung. Nach § 10 Abs. 2 Z. 10 leg. cit. darf ein Investitionsfreibetrag nicht in Anspruch genommen werden "... für Gebäude, soweit sie nicht unmittelbar dem Betriebszweck dienen ..."

Soweit in den oben wiedergegebenen Darlegungen des erwähnten Erkenntnisses zum Ausdruck kommen sollte, daß der Investitionsfreibetrag auch dann von den gesamten Herstellungskosten zu berechnen sei, wenn eine (untergeordnete) private Nutzung eines sonst unmittelbar betrieblichen Zwecken dienenden Gebäudes vorliege (gegenteilig für den zweiten Fall der zitierten Vorschrift das Erkenntnis vom , Zl. 88/13/0037; vgl. hiezu weiters Nolz, aaO) ist zu beachten, daß sich diese Darlegungen auf die - anders als die für den Beschwerdefall maßgebende Regelung des § 10 Abs. 3 EStG 1988 textierte - Vorschrift des § 10 Abs. 2 Z. 1 EStG 1972 beziehen. Der soeben wiedergegebenen Auslegung dieser Vorschrift liegt offenbar die Auffassung zugrunde, daß dem Wort "soweit" in § 10 Abs. 2 Z. 1 EStG 1972 lediglich die Bedeutung der Einleitung eines Konditionalsatzes (im Sinne von "wenn") zukäme; davon ausgehend bliebe eine Regelung für den Fall einer "gemischten" Nutzung eines zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Gebäudes offen. Die im Beschwerdefall anzuwendende Vorschrift des § 10 Abs. 3 EStG 1988 stellt jedoch, wie oben bereits dargelegt wurde, deutlich klar, daß die Investitionsbegünstigung NUR INSOWEIT (d.h. im vorliegenden Zusammenhang: in dem Ausmaß) zum Tragen kommt, als die Herstellungskosten auf den betrieblich genutzten Teil des Gebäudes entfallen. Auch aus dem erwähnten Erkenntnis ist somit für den Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.