VwGH vom 25.01.2006, 2002/13/0042
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde des P G, des F G und des R G in W und des W G in M, alle vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner, Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Herrengasse 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom , Zl. RV/444-15/01/2001, betreffend Einkommensteuer 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 51,50 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die am verstorbene H.G. war kraft letztwilliger Verfügung ihres Anfang 1999 verstorbenen Ehemannes dessen Universalerbin und Fruchtgenussberechtigte hinsichtlich jener Liegenschaften, welche der Erblasser im Legatswege seinen Söhnen und seiner Schwester zugewendet hatte.
In der Einkommensteuererklärung für 1999 machte H.G. bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Liegenschaften - auf der Basis fiktiver Anschaffungskosten - Absetzungen für Abnutzung (AfA) geltend.
Mit Schreiben vom hielt das Finanzamt H.G. vor, Fruchtgenussberechtigten stünde grundsätzlich nur dann eine AfA zu, wenn sie als wirtschaftliche Eigentümer anzusehen seien, wofür die Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes erforderlich sei. Da aus den vorgelegten Amtsbestätigungen derartige Rechte der H.G. nicht ersichtlich seien, werde ersucht, deren Bestehen durch entsprechende Grundbuchsauszüge nachzuweisen.
In der Folge legte H.G. drei zwischen ihr und ihren Söhnen abgeschlossene "Übereinkommen" vom vor, welche nach einem einleitenden Hinweis auf das Testament des verstorbenen Ehemannes im Punkt I (übereinstimmend) lauten:
"Zur Bestärkung dieses Fruchtgenussrechtes verpflichtet sich
Herr ..... (der jeweilige Sohn) gegenüber seiner Mutter .....
diese Liegenschaft zu ihren Lebzeiten weder zu belasten noch zu veräußern und räumt deshalb seiner Mutter das Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB ein, womit sich seine Mutter ausdrücklich einverstanden erklärt."
Auch in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2000 machte H.G. bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Liegenschaften Absetzungen für Abnutzung (AfA) geltend.
Dessen ungeachtet versagte das Finanzamt bei der Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 1999 und 2000 der geltend gemachten AfA die steuerliche Anerkennung. Weder der Inhalt des aktenkundigen Testaments noch der der Vereinbarungen vom über die (nachträgliche) Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes, die offensichtlich als Reaktion auf die Nichtanerkennung der AfA durch das Finanzamt abgeschlossen worden seien, könnten etwas daran ändern, dass H.G. die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers nicht zukomme, führte das Finanzamt in der Begründung der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2000 aus.
H.G. berief u.a. gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 und brachte vor, dass ihr verstorbener Ehemann bestimmte Liegenschaften den Söhnen bzw. den Söhnen seiner Schwester unter Vorbehalt des uneingeschränkten Fruchtgenussrechtes für sie selbst unter Vorwegnahme der künftigen Erbschaft als Legate in Anrechnung auf den Pflichtteil übertragen habe. Sinn dieses Testamentes sei offensichtlich gewesen, die wirtschaftlichen Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau für ihren Lebensabend zu sichern. Dies sollte zur Folge haben, dass auch die wirtschaftliche Substanz erhalten bleiben müsste. Sowohl der Alleinerbin als auch den Legataren sei damit klar zum Ausdruck gebracht gewesen, dass weder eine Veräußerung noch eine Belastung der Liegenschaft im Sinne des Erblassers gewesen wären. Darüber sei auch, vorerst ohne nach außen hin in Erscheinung zu treten, Übereinstimmung erzielt worden. Dokumentiert worden sei dies durch entsprechende Parteienvereinbarungen vom mit Durchführung der Eintragung von Veräußerungs- und Belastungsverboten im Grundbuch. Dadurch sei dem Willen des Erblassers zur Gänze Rechnung getragen worden. Das wirtschaftliche Eigentum der H.G. sei daher zumindest für das Jahr 2000 und die Folgejahre auch nach außen hin vollständig nachgewiesen. Ob die Eintragung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes nachträglich erfolgt sei oder nicht, könne keine Bedeutung für die Frage haben, ob im Jahr 2000 wirtschaftliches Eigentum bestehe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der H.G. betreffend die Einkommensteuer für das Streitjahr 2000 als unbegründet ab. Einem Fruchtgenussberechtigten werde eine AfA nur dann zugebilligt, wenn ihm die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers zukomme, der über die Liegenschaft gleich einem zivilrechtlichen Eigentümer verfügen könne. Weder der Inhalt des Testaments noch das dazu im Verlauf der mündlichen Verhandlung betreffend den Einkommensteuerbescheid für 1999 erstattete Vorbringen (zum "grundsätzlichen Sinn" des Testaments, H.G. die Verfügungsberechtigung über die Liegenschaften zu verschaffen) noch die inhaltlich gleich lautenden Vereinbarungen vom über die (nachträgliche) Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes, die offensichtlich als Reaktion auf die Nichtanerkennung der AfA durch das Finanzamt abgeschlossen worden seien, könnten etwas daran ändern, dass H.G. die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers nicht zugekommen sei.
Die Vereinbarung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes bezüglich der betroffenen Liegenschaften stelle nach Auffassung der belangten Behörde eine Vereinbarung unter nahen Angehörigen dar, die einem Fremdvergleich nicht standhalten könne. Eine derartige Verschlechterung der Rechtsstellung, wie sie durch die nachträgliche Intabulierung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes erfolgt sei, wäre unter Fremden jedenfalls ausgeschlossen gewesen und sei im Beschwerdefall nur unter dem Gesichtspunkt der Angehörigeneigenschaft (Mutter-Kinder) und des Fehlens eines Interessengegensatzes erklärbar. Die erst als Reaktion auf die Nichtanerkennung der AfA erfolgten Vereinbarungen vom würden daher einen Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts darstellen, durch den die Abgabepflicht weder umgangen noch gemindert werden könne.
Mit Einantwortungsurkunde vom wurde der Nachlass der am verstorbenen H.G. den Beschwerdeführern als Erben eingeantwortet.
Mit dem Erkenntnis vom , 2001/13/0257, wies der Verwaltungsgerichtshof eine noch von H.G. eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 1999 als unbegründet ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die AfA für Wirtschaftsgüter, die mit einem Fruchtgenuss belastet sind, nicht dem Fruchtgenussberechtigten, sondern dem zivilrechtlichen Eigentümer zusteht, es sei denn, dass dem Fruchtnießer die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0257, mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom , 88/13/0006, VwSlg 6.724/F).
Dass H.G. bis zur Einräumung der Veräußerungs- und Belastungsverbote an den drei im zivilrechtlichen Eigentum ihrer Söhne stehenden Liegenschaften nicht wirtschaftliche Eigentümerin dieser Liegenschaften gewesen ist, ergibt sich bereits aus den im erwähnten hg. Erkenntnis vom angeführten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird.
Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss von der Einwirkung auf die Sachen, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, das heißt auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom , mwN, und etwa das hg. Erkenntnis vom , 99/14/0286, VwSlg 7.695/F). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 82/14/0054, VwSlg 5.697/F).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar (auch) im Fehlen eines dem Fruchtgenussberechtigten eingeräumten Belastungs- und Veräußerungsverbotes ein Hindernis gesehen, dem Fruchtgenussberechtigten die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers einzuräumen (vgl. etwa das erwähnte hg. Erkenntnis vom ), und auch Stoll, BAO I, 296, sieht ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten des Fruchtgenussberechtigten als ein mögliches Indiz dafür an, diesem wirtschaftliches Eigentum zuzuerkennen. Das bedeutet aber noch nicht, dass die Einräumung der Veräußerungs- und Belastungsverbote allein der Fruchtnießerin H.G. die Stellung einer wirtschaftlichen Eigentümerin hätte verschaffen können (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 85/13/0015). Weitere für ein wirtschaftliches Eigentum sprechende und nicht bereits im erwähnten hg. Erkenntnis vom für nicht stichhältig befundene Umstände, die zu einem Gesamtbild geführt hätten, dass der H.G. weit mehr als ein Fruchtgenussrecht zugekommen wäre (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 1814/69, VwSlg 3.903/F, vom , 54/72, VwSlg 4.426/F, und vom , 2004/16/0250), werden in der Beschwerde nicht vorgetragen.
Ob die in Rede stehenden Belastungs- und Veräußerungsverbote auf Grund der Vereinbarungen vom überhaupt noch im Streitjahr 2000 im Grundbuch eingetragen worden sind, brauchte daher nicht mehr geprüft werden.
Die Ausführungen der belangten Behörde zur Fremdüblichkeit der Einräumung der Veräußerungs- und Belastungsverbote und zu einem Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts können bei diesem Ergebnis auf sich beruhen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Der als Gegenschrift der belangten Behörde erstattete Schriftsatz enthält lediglich Verweisungen auf den angefochtenen Bescheid, auf die Gegenschrift zu der die Einkommensteuer des Jahres 1999 betreffenden Beschwerde (im hg. Verfahren zur Zl. 2001/13/0257) und auf die Beschwerdeschrift sowie den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und kein sonstiges, auf die Beschwerdeschrift oder auf die Sache Bezug habendes Vorbringen. Dieser Aufwand, der üblicherweise mit einem Begleitschreiben zur Aktenvorlage verbunden ist, ist aber mit dem Pauschbetrag für den Vorlageaufwand (§ 48 Abs. 2 Z 1 VwGG) abgegolten, sodass daneben kein Schriftsatzaufwand im Sinne des § 48 Abs. 2 Z 2 leg. cit. gebührt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0186).
Wien, am