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VwGH vom 16.02.1994, 90/13/0048

VwGH vom 16.02.1994, 90/13/0048

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Büsser, über die Beschwerde 1. der K GmbH, 2. des P und 3. des F, alle in W, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld, Berufungssenat VI, vom , Zl. 6/3/-3237/89-04, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1981, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Gesellschaftsvertrag vom beteiligten sich Karl P und Friedrich S an der erstbeschwerdeführenden GmbH als "atypische stille Gesellschafter". Mit Berufungsentscheidung vom sprach die belangte Behörde den bezeichneten Gesellschaftern die Mitunternehmerstellung ab. Sie stützte ihre Entscheidung im wesentlichen auf den Umstand, daß anläßlich der Umwandlung der P-GmbH per die stille Gesellschaft nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages aufzulösen war, die stillen Gesellschafter aber tatsächlich keinen Abfindungsbetrag für die stillen Reserven erhalten hätten, sondern deren Konten unverändert fortgeführt worden seien.

Mit Vorerkenntnis vom , 85/13/0176, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil ihm nicht zu entnehmen war, für welchen Zeitraum (welche Zeiträume) das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft verneint wurde. Gleichzeitig hielt der Gerichtshof fest, die steuerliche Beurteilung der Beteiligungen hätte unabhängig davon zu erfolgen, ob die als atypische stille Gesellschafter aufgetretenen Personen infolge Umwandlung der P-GmbH mit aus der Gesellschaft ausgeschieden seien (Standpunkt der Behörde) oder nicht (Standpunkt der Beschwerde). Vielmehr müsse die strittige Frage, ob die stillen Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen seien, anhand der im Gesellschaftsvertrag über die Beteiligung an den stillen Reserven getroffenen Regelungen beantwortet werden.

Der nunmehr angefochtene Bescheid spricht über das Jahr 1981 ab und verneint erneut das Bestehen einer Mitunternehmerschaft, da die Gesellschafter im Sinne des Vorerkenntnisses nicht in allen "Regelfällen" der Beendigung der Gesellschaft an den stillen Reserven teilhaben könnten.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ein stiller Gesellschafter ist als Mitunternehmer anzusehen, wenn er bei Auflösung der Gesellschaft auch einen Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven einschließlich Firmenwert hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , 86/13/0092).

Im Beschwerdefall sieht der Gesellschaftsvertrag die grundsätzliche Teilnahme der Gesellschafter an den stillen Reserven vor. Diese Partizipation wird - nach unbestrittener Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde - jedoch nicht schlagend, falls die Gesellschaft infolge Kündigung seitens eines Gesellschafters oder durch Auflösung der GmbH (= Geschäftsinhaberin) endet.

Der Gerichtshof hat bereits im angeführten Vorerkenntnis unter Zitierung seines Erkenntnisses vom , 13/3122/79, darauf hingewiesen, daß die für die steuerliche Anerkennung einer atypischen stillen Gesellschaft erforderliche Beteiligung an den stillen Reserven auch dann als gegeben anzunehmen ist, wenn sie in bestimmten Fällen der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses ausgeschlossen wird. Solche Ausschlußbestimmungen müßten aber auf Fälle beschränkt bleiben, in denen der Gesellschafter zur Unzeit oder aus einem von ihm zu vertretenden Grund vorzeitig aus der Gesellschaft ausscheidet und damit ein für die Gesellschaft schädliches Verhalten an den Tag legt (Abfindung zu Buchwerten mit Pönalcharakter). Hingegen dürfe die grundsätzliche Beteiligung an den stillen Reserven durch vertraglich vereinbarte Ausnahmetatbestände nicht derart eingeschränkt werden, daß sie in den Regelfällen der Beendigung der Gesellschaft nicht zum Tragen kommt.

Die Beschwerde vertritt dazu die Auffassung, Kapitalgesellschaften würden nur äußerst selten aufgelöst, sodaß dies keinen Regelfall der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses darstellt. Mit diesen Ausführungen verkennt die Beschwerde die Aussage des Vorerkenntnisses.

Wenn der Gerichtshof darin auf die "Regelfälle der Beendigung der Gesellschaft" bezug nimmt, ist nicht die statistische Wahrscheinlichkeit des Eintritts bestimmter Auflösungsgründe angesprochen. Vielmehr geht aus dem Zusammenhang hervor, daß darunter jene Fälle der Beendigung der stillen Gesellschaft zu verstehen sind, welche nicht auf ein einseitiges, gesellschaftsschädliches ("unregelmäßiges") Verhalten des Gesellschafters (Kündigung zur Unzeit, von ihm zu vertretender wichtiger Auflösungsgrund) zurückgehen.

Enthält der Gesellschaftsvertrag - wie im Beschwerdefall - weitere Ausschlußbestimmungen, die keinen Pönalcharakter besitzen, sind diese auf ihre jeweilige Vereinbarkeit mit der Stellung des stillen Gesellschafters als Mitunternehmer zu untersuchen.

Die Beschwerde rückt die Auflösung der GmbH im Gefolge eines möglichen Insolvenzverfahrens in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Nach dem Beschwerdevorbringen sollte das Betriebsvermögen in diesem Fall vorrangig für die Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehen.

Würden die stillen Gesellschafter nur bei Konkurs der Geschäftsinhaberin von der Beteiligung an den stillen Reserven ausgeschlossen sein, wäre dies in der Tat unbedenklich. Der stille Gesellschafter ist im Insolvenzfall als Konkursgläubiger (vgl. § 341 Abs. 1 HGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung, nunmehr § 187 Abs. 1 HGB) nämlich besser gestellt als andere Mitunternehmer und trägt daher ein geringeres Unternehmerrisiko. Eine Verringerung des Auseinandersetzungsanspruches auf die Höhe der Buchwerte würde das Unternehmerwagnis des stillen Gesellschafters im Insolvenzfall zugunsten der übrigen Gläubiger erhöhen und damit ein für die Unternehmereigenschaft wesentliches Merkmal verstärken.

Dem Gesellschaftsvertrag ist eine solche Einschränkung auf die Beendigung der Gesellschaft wegen Konkurses des Beteiligungsunternehmens jedoch nicht zu entnehmen. Mag unter den Auflösungsgründen von Kapitalgesellschaften auch jener der Insolvenz am häufigsten anzutreffen sein, ändert dies nichts daran, daß die stillen Gesellschafter in JEDEM Fall der GmbH-Auflösung nicht an den stillen Reserven teilhaben. Eine derartige Ausschlußbestimmung widerspricht dem Wesen einer Mitunternehmerschaft. Kommt es im Anschluß an die Auflösung einer GmbH doch regelmäßig zur Liquidation (vgl. Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes, 5. Auflage, Seite 445) und damit zur Realisierung der stillen Reserven. Den stillen Gesellschafter gerade bei Aufdeckung des wahren Wertes des Beteiligungsunternehmens nur zu Buchwerten abzufinden, ist mit dem Charakter einer Mitunternehmerschaft aber unvereinbar.

Die von den Beschwerdeführern aus dem ersten Rechtsgang übernommenen Ausführungen zur unveränderten Fortsetzung der Gesellschaft trotz Umwandlung der P-GmbH in eine Kommanditgesellschaft sind bei dieser Sach- und Rechtslage nicht entscheidungswesentlich.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.