VwGH vom 24.10.2005, 2002/13/0032

VwGH vom 24.10.2005, 2002/13/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde der V Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer (OEG) in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) vom , Zlen. RV/023- 11/15/2000 und RV/024-11/15/2001, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH ist Gesamtrechtsnachfolgerin der V. AG und betreibt ein Krankenhaus. Die V. AG war Tochtergesellschaft der B.-Bank und der KB. GmbH. Am erwarb die KB. GmbH den 55 %-igen Aktienanteil der B.-Bank an der V. AG um einen Kaufpreis von etwa 426,000.000 S, wodurch sie Alleingesellschafterin der V. AG wurde. In weiterer Folge aktivierte die KB. GmbH die Beteiligung an der V. AG mit dem Kaufpreis im Anlagevermögen.

Durch einen am selben Tage abgeschlossenen Verschmelzungsvertrag wurde die KB. GmbH als übertragende Gesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft V. AG rückwirkend zum nach Art I des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG) verschmolzen. Dabei ergab sich ein Verschmelzungsmehrwert in Höhe von 426,000.000 S, der gemäß § 202 Abs. 2 Z 3 HGB als Firmenwert aktiviert wurde. Nach einer außerplanmäßigen Abschreibung in Höhe von 55,000.000 S verblieb davon ein Restbetrag zum in Höhe von 371,000.000 S.

Die V. AG wurde schließlich in die beschwerdeführende GmbH umgewandelt.

In den Folgejahren, wie auch in den Streitjahren 1998 und 1999, machte die Beschwerdeführerin mit ihren Körperschaftsteuererklärungen eine jährliche (Fünfzehntel)- Abschreibung des Firmenwertes in Höhe von 24,733.333 S geltend.

Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer mit Bescheiden vom für das Jahr 1998 und vom für das Jahr 1999 fest und verweigerte die steuerliche Berücksichtigung dieser Abschreibungen.

Dagegen erhobene Berufungen wies die belangte Behörde im strittigen Punkt des angefochtenen Bescheides ab. Die Firmenwertabschreibung nach § 3 Abs. 2 Z 2 UmgrStG sei durch Art. 42 Z 2 Strukturanpassungsgesetz 1996 beseitigt worden, wobei dem 3. Teil des UmgrStG eine Z 4 lit. a angefügt worden sei, wonach solche Abschreibungen letztmalig im letzten vor dem endenden Jahr hätten geltend gemacht werden können. Der Verfassungsgerichtshof habe die lit. a der Ziffer 4 des 3. Teiles des UmgrStG als verfassungswidrig aufgehoben und so die durch Art 42 Z 9 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 eingeführte, abrupte und übergangslose Beseitigung der verschmelzungsbedingten Firmenwertabschreibung nach § 3 Abs. 2 Z 2 UmgrStG für Verschmelzungen zu einem Stichtag vor dem beseitigt. Die Aufhebung sei mit Ablauf des in Kraft getreten. Durch Art. 9 Z 3 des Budgetbegleitgesetzes 2001 habe der Gesetzgeber das UmgrStG geändert. Demnach trete der

3. Teil Z 4 lit. a mit außer Kraft. Der nach Abzug der auf die Jahre bis einschließlich 2000 entfallenden Fünfzehntel verbleibende Restbetrag eines Firmenwertes auf Grund einer Umgründung auf einen Stichtag vor dem könne vom anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen in den nach dem endenden Wirtschaftsjahren mit je einem Dreißigstel des Firmenwertes geltend gemacht werden. Daher sei die Abschreibung eines im Einzelfall zu ermittelnden Restfirmenwertes mit je einem Dreißigstel, jedoch erst ab dem Jahr 2001 wieder möglich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 202 Abs. 2 HGB gilt bei Verschmelzungen Folgendes:

Übersteigt der Gesamtbetrag der Gegenleistung die fortgeführten Buchwerte, so darf der Unterschiedsbetrag unter die Posten des Anlagevermögens aufgenommen werden; der Gesamtbetrag der Gegenleistung ergibt sich aus dem Gesamtausgabebetrag der neuen Anteile, dem Buchwert eigener oder untergehender Anteile und den baren Zuzahlungen. Jener Teil des Unterschiedsbetrages, der den Aktiven und Passiven des übertragenen Vermögens zugeordnet werden kann, ist als Umgründungsmehrwert gesondert auszuweisen; auf diesen Wert sind die für Vermögensgegenstände und Schulden geltenden Bestimmungen anzuwenden. Ein danach verbleibender Restbetrag darf als Firmenwert angesetzt werden.

§ 3 Abs 2 Z 2 UmgrStG in seiner Stammfassung (BG BGBl Nr. 699/1991) lautete:

"2. Ein Firmenwert, der bei der Anschaffung von Gesellschaftsanteilen an der übertragenden oder übernehmenden Körperschaft abgegolten wurde, kann, soweit er im Buchverlust Deckung findet, ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr angesetzt und gemäß § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 abgeschrieben werden. Voraussetzung ist, dass


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
die Anschaffung längstens zwei Jahre vor dem Verschmelzungsstichtag erfolgt ist, das Vorliegen und das Ausmaß des Firmenwertes nachgewiesen wird und
-
die Körperschaft, deren Anteile erworben worden sind, bis zum Verschmelzungsstichtag einen Betrieb führt.
Der Firmenwert darf insoweit nicht angesetzt werden, als für die erworbenen Anteile der niedrigere Teilwert angesetzt worden ist."
Gemäß § 8 Abs 3 EStG 1988 sind die Anschaffungskosten eines Firmenwertes bei Gewerbebetrieben gleichmäßig verteilt auf fünfzehn Jahre abzusetzen.
Durch Art. 42 Z 2 des insoweit mit in Kraft getretenen Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl Nr. 201, wurde § 3 Abs 2 UmgrStG geändert und lautet:

"(2) Buchgewinne und Buchverluste bleiben bei der Gewinnermittlung außer Ansatz."

Im 3. Teil des UmgrStG wurde durch Art. 42 Z 9 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 folgende Z 4 angefügt:

"4. a) Die Abschreibung eines nach § 3 Abs. 2 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 699/1991 ermittelten Firmenwertes gemäß § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 kann letztmalig im letzten vor dem endenden Wirtschaftsjahr geltend gemacht werden.

b) ....."

Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , G 172/99, VfSlg 15.739, die Z 4 lit. a des 3. Teiles des UmgrStG als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt. In seinen Entscheidungsgründen führte er dazu aus, dass der Gesetzgeber keineswegs gehindert sei, im Hinblick auf das Ziel einer Konsolidierung des Bundeshaushaltes die mit dem Umgründungssteuergesetz geschaffene Möglichkeit der Absetzbarkeit des Firmenwertes beim vorbereitenden Anteilserwerb pro futuro wieder zu beseitigen. Der Gesetzgeber müsse aber jenen Steuerpflichtigen, die im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbes auf die gegebene Rechtslage vertrauen durften, durch geeignete Maßnahmen (zB durch eine Übergangsbestimmung) eine bei Durchschnittsbetrachtung realistische Chance einräumen, die Auswirkung der Änderung abzufangen. Die Setzung der Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Vorschrift solle die allfällige Schaffung einer Übergangsbestimmung ermöglichen. Verzichte der Gesetzgeber auf eine legistische Maßnahme dieser Art, so müsse es nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes für die "Altfälle" ab dem Jahr 2001 wieder möglich sein, die Abschreibung eines nach § 3 Abs 2 Z 2 UmgrStG idF des Bundesgesetzes BGBl Nr. 699/1991 ermittelten Firmenwertes gemäß § 8 Abs. 3 des EStG 1988 für den jeweils im Einzelfall verbleibenden Abschreibungszeitraum vorzunehmen.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I Nr. 142/2000, trug

der Gesetzgeber dem Rechnung und legte fest:

"Artikel 9

Änderung des Umgründungssteuergesetzes

.....

3. Der 3. Teil Z 4 lit. a tritt mit außer Kraft. Der nach Abzug der auf die Jahre bis einschließlich 2000 entfallenden Fünfzehntel verbleibende Restbetrag eines Firmenwertes auf Grund einer Umgründung auf einen Stichtag vor dem kann vom anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen in den nach dem endenden Wirtschaftsjahren mit je einem Dreißigstel des Firmenwertes geltend gemacht werden."

Zutreffend weist die belangte Behörde auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (311 BlgNR 21. GP, 176) hin, wonach der Verfassungsgerichtshof die Übergangsvorschrift des 3. Teiles Z 4 lit. a UmgrStG mit Wirkung ab als verfassungswidrig aufgehoben, gleichzeitig aber die Möglichkeit einer Ersatzregelung offen gelassen hat. Die "formelle Aufhebung" der genannten Norm solle nunmehr mit einer Ersatzregelung für sämtliche Umgründungsfälle auf Stichtage vor dem dahingehend verbunden werden, dass die steuerliche Berücksichtigung des Restbetrages der Firmenwertabschreibung nach Abzug der auf die Zeiträume bis 2000 entfallenden Fünfzehntelbeträge ab 2001 mit jeweils einem Dreißigstel der Bemessungsgrundlage durch einen außerbilanzmäßigen Abzug erfolgen solle. Die Materialien führen als Bespiel an, dass im Falle einer Verschmelzung zum und dem Vorliegen eines abschreibbaren Firmenwertes von 1,5 Millionen im Jahr 1996 das erste Fünfzehntel von 100.000 habe geltend gemacht werden können, die weiteren Fünfzehntelbeträge bis zum Jahr 2000 iHv insgesamt 400.000 nicht haben abgesetzt werden können und der offene Rest von einer Million ab dem Jahr 2001 mit jährlich 50.000 geltend gemacht werden könne.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, der Gesetzgeber habe unabhängig vom Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom die verfassungswidrige Bestimmung des 3. Teiles Z 4 lit a UmgrStG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996 mit außer Kraft gesetzt, "und zwar ohne jede Einschränkung und insbesondere nicht etwa mit der Maßgabe, dass diese Bestimmung noch auf die vor dem endenden Wirtschaftsjahre anzuwenden wäre." Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass eine außer Kraft getretene Bestimmung weiterhin anwendbar bleibe, dann hätte er dies im betreffenden Gesetz ausdrücklich angeordnet. Es sei etwas anderes, eine Norm außer Kraft zu setzen, als ihre Anwendbarkeit auf bestimmte Zeiträume zu beschränken. Durch das Außerkrafttreten der Bestimmung des 3. Teiles Z 4 lit. a UmgrStG sei die Bestimmung des § 3 Abs 2 Z 2 UmgrStG idF BGBl Nr. 699/1991 für die bis zum endenden Wirtschaftsjahre uneingeschränkt anwendbar.

Damit verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage. Der Gesetzgeber setzte den 3. Teil Z 4 lit. a UmgrStG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl Nr. 201, ausdrücklich erst mit Wirkung vom - und nicht etwa rückwirkend - außer Kraft. Damit erfasst der Bedingungsbereich der Bestimmung (vgl. etwa Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9, Rz 489, und Thienel, Was ist ein außer Kraft getretenes Gesetz? in JBl 1994, 26 und91) noch die Streitjahre 1998 und 1999.

Das gleiche gilt auch für die Aufhebung der Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof. Da der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom nichts anderes aussprach, war das aufgehobene Gesetz gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG auf die vor der Wirksamkeit der Aufhebung (hier: vor dem ) verwirklichten Sachverhalte mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anzuwenden.

Die Abgabenbehörde hat bei Erlassung eines Abgabenbescheides jenes Gesetz anzuwenden, innerhalb dessen zeitlichen Bedingungsbereiches der Sachverhalt gesetzt worden ist, der den Abgabentatbestand verwirklicht (vgl das hg. Erkenntnis vom , 96/14/0017, VwSlg 7.135/F).

Eine Firmenwertabschreibung gemäß § 3 Abs 2 Z 3 UmgrStG in der Stammfassung konnte nach der in den Streitjahren (noch) geltenden Bestimmung des 3. Teiles Z 4 lit. a UmgrStG letztmalig im letzten vor dem endenden Wirtschaftsjahr, und somit in den Streitjahren 1998 und 1999 nicht (mehr) geltend gemacht werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am