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VwGH vom 20.10.1993, 90/13/0046

VwGH vom 20.10.1993, 90/13/0046

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1755/1/89, betreffend die Festsetzung von Pfändungsgebühren inklusive Postgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom pfändete das Finanzamt eine dem Beschwerdeführer angeblich zustehende Forderung auf in Geld zahlbares Arbeitseinkommen. Für diese Amtshandlung wurden dem Beschwerdeführer Pfändungs- und Postgebühren in Höhe von insgesamt S 11.587,-- vorgeschrieben.

Der Drittschuldner berief gegen das Zahlungsverbot; der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung von Gebühren. Während der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel damit begründete, die betriebene Abgabenschuld sei noch nicht rechtskräftig festgesetzt, brachte der Drittschuldner vor, der Beschwerdeführer stünde zu ihm in keinem Dienst- oder sonstigen Vertragsverhältnis, aus dem sich ein Lohn-, Gehalts- oder sonstiger Anspruch ableiten ließe.

Das Finanzamt gab der Berufung des Drittschuldners mit Berufungsvorentscheidung vom statt und sprach aus, daß die mit Pfändungsverfügung vom angeordnete Vollstreckung gemäß § 16 AbgEO eingestellt werde.

Dem Rechtsmittel des Beschwerdeführers war hingegen in beiden Verwaltungsinstanzen kein Erfolg beschieden. Die belangte Behörde wies auf das Vorliegen eines rechtskräftigen Vollstreckungsbescheides und eines Rückstandsausweises über eine aushaftende Abgabenschuld von S 1,155.653,--, sowie auf die Bestimmung des § 26 Abs 2 AbgEO hin, wonach Pfändungsgebühren auch dann zu entrichten seien, "wenn die Amtshandlung - wie im gegenständlichen Fall - ergebnislos" verlaufe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, bei Einstellung des Exekutionsverfahrens nicht mit Kosten im Sinne des § 26 AbgEO belastet zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Anders als im verwaltungsbehördlichen Verfahren bestreitet der Beschwerdeführer vor dem Gerichtshof die eingetretene Vollstreckbarkeit der Abgabenschuld nicht mehr. Die Beschwerde stützt sich alleine auf den Umstand, daß das Finanzamt die Forderungsexekution aufgrund der Berufung des Drittschuldners eingestellt hat. Durch diese Einstellung gemäß § 16 AbgEO sei der ursprünglich bestandene Anspruch der Abgabenbehörde auf Gebühr und Auslagenersatz erloschen. Dieser Ansicht kann in der von der Beschwerde vorgenommenen Verallgemeinerung nicht zugestimmt werden. Vielmehr ist auf den Einstellungsgrund Bedacht zu nehmen.

Wurde die Einstellung deshalb verfügt, weil sich herausstellte, daß der den Gebührenanspruch auslösende Vollstreckungsakt unzulässig war, so entfällt auch die Kostenpflicht. Dies wird etwa dann zutreffen, wenn der Abgabenschuldner mit Einwendungen gegen den Anspruch (§ 12 AbgEO) oder die Vollsteckbarkeit (§ 13 AbgEO) durchdringt. Treten die Einstellungsgründe hingegen zeitlich erst nach den zulässigerweise gesetzten Vollstreckungshandlungen ein (z.B. nachträgliche Zahlung der in Vollstreckung gezogenen Abgabenschuld), so bleiben die bereits aufgelaufenen Kosten von der Einstellung unberührt (vgl. Reeger-Stoll, Abgabenexekutionsordnung, Seite 58). Eine spätere Einstellung des Vollstreckungsverfahrens führt daher nicht zwangsläufig, sondern nur nach Maßgabe des dafür bestimmenden Sachverhaltes, zum Entfall der Kostenpflicht.

Im Beschwerdefall stellte das Finanzamt die Lohnpfändung ein, weil der Drittschuldner den Bestand einer Forderung dem Grunde nach bestritt. Bei dieser Sachlage ist die Forderungspfändung aber von vornherein ins Leere gegangen. Sie entfaltete keine Wirkung; ein Pfandrecht wurde nicht begründet. Die vom Drittschuldner gegen das Zahlungsverbot ergriffene Berufung wäre daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Es erhebt sich somit die Frage, ob der Abgabenschuldner die Kosten unwirksam gebliebener Vollstreckungshandlungen zu tragen hat. § 26 Abs 2 AbgEO bestimmt, daß Gebühren nach Abs 1 leg. cit. auch dann zu entrichten sind, wenn die Amtshandlung erfolglos verlaufen ist. Nach Ansicht des Beschwerdeführers kann die gegenständliche Exekutionsführung nicht als "erfolglos" im Sinne dieser Gesetzesstelle angesehen werden, da anderenfalls den Abgabenbehörden "Tür und Tor geöffnet würde, gegen zahlreiche behauptete Drittschuldner" (, die in Wahrheit keine wären) mit einem Zahlungsverbot vorzugehen.

Daß der Versuch einer Lohnpfändung erfolglos blieb, liegt auf der Hand. Doch ist dem Beschwerdeführer insoweit zuzustimmen, als nicht jede, im Vollstreckungsverfahren gesetzte Amtshandlung, mag sie auch von Anfang an aussichtslos sein, den Abgabenschuldner zum Kostenersatz gemäß § 26 AbgEO verpflichtet. So hat der Gerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom , 87/13/0012, 0013 geprüft, ob eine von der Abgabenbehörde unternommene Vollstreckungshandlung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.

Handlungen, die sich von vornherein als objektiv ungeeignet darstellen, begründen keine Kostenpflicht. Blieb eine versuchte Fahrnisexekution etwa deshalb erfolglos, weil der Vollstreckungsbeamte in der Anschrift des Abgabenschuldners irrte, dürfen Kosten nicht zur Vorschreibung gelangen.

Gleiches gilt für die Pfändung einer Forderung, deren Bestehen die Vollstreckungsbehörde irrtümlich annimmt, es sei denn, der Abgabenschuldner hat den Irrtum selbst durch ausdrückliches oder auch nur konkludentes Handeln herbeigeführt. Nicht jedoch ist der Abgabenschuldner verhalten, die Vollstreckungsbehörde auf die Aussichtslosigkeit eines bereits begonnenen Vollstreckungsaktes aufmerksam zu machen. Eine derartige Verpflichtung läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr sieht § 70 Abs 1 Z 1 AbgEO vor, daß die Vollstreckungsbehörde allfällige Zweifel am Bestehen einer pfändbaren Forderung durch Anfrage beim vermuteten Drittschuldner klärt. Tut sie dies nicht, etwa weil sie Grund zu der Annahme hat, daß eine derartige Anfrage, die einer Ankündigung der beabsichtigten Amtshandlung gleichkommt, negative Auswirkungen auf deren Erfolgsaussichten haben könnte, und stellt sich in der Folge heraus, daß die vermutete Forderung gar nicht besteht, dann stellt die Amtshandlung von vornherein keine geeignete Vollstreckungshandlung dar.

Zu Unrecht beruft sich die belangte Behörde auf das Neuerungsverbot nach § 41 VwGG, wonach es dem Beschwerdeführer verwehrt sei, erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorzubringen, daß die von der Vollstreckungsbehörde vorgenommene Amtshandlung erfolglos sein mußte. Wie bereits gesagt, war es nicht Aufgabe des Beschwerdeführers schon im Verwaltungsverfahren auf diesen Umstand hinzuweisen. Wohl aber war es Aufgabe der belangten Behörde, die Gründe darzulegen, die sie zu der Annahme berechtigten, dem Beschwerdeführer stünde eine pfändbare Forderung gegenüber dem Drittschuldner zu.

Da sie dies nicht getan hat, läßt sich für den Gerichtshof nicht überprüfen, ob dem Beschwerdeführer zu Unrecht Gebühren und Auslagenersätze im Sinne des § 26 AbgEO vorgeschrieben wurden.

Infolge dieses Begründungsmangels erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben. Folglich konnte auch von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Der Ersatz von Stempelgebühren war nur in jener Höhe zuzusprechen, in der Stempelgebühren für Schriftsätze und Beilagen zu entrichten waren, die der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienten.