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VwGH vom 29.04.1998, 98/16/0102

VwGH vom 29.04.1998, 98/16/0102

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde der E & L GesmbH & Co KEG in S, vertreten durch Dr. Ingrid Herzog-Müller, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, Kirchengasse 7, gegen den Bescheid des Präsidenten des LG Korneuburg vom , Zl. Jv 282-33a/98, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich im Zusammenhalt mit der von der belangten Behörde (in Entsprechung eines hg. Auftrages zur Äußerung gemäß § 35 Abs. 2 VwGG) erstatteten Äußerung und den dazu gleich vorgelegten Akten des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens folgender unstrittige Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin hatte zu 1 C 705/95b des BG Schwechat gegen eine beklagte Partei eine Klage erhoben, mit der sie einerseits die Bezahlung von S 74.316,-- zuzüglich 4 % Zinsen seit Klagstag (= Punkt 1 des Klagebegehrens) und andererseits die Feststellung begehrte, daß die beklagte Partei ihr für künftige Schadenersatzansprüche aus den von der beklagten Partei durchgeführten Sanierungsarbeiten am Fußboden zu haften habe (= Punkt 2 des Klagebegehrens). Das Feststellungsinteresse wurde von der Beschwerdeführerin in der Klage ausdrücklich mit S 10.000,-- bewertet.

Am kam es zwischen den Streitparteien zu einem gerichtlichen Vergleich mit auszugsweise folgendem Wortlaut:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, an die klagende Partei zu Handen der Klagsvertreterin Dr. Ingrid Herzog-Müller auf deren Konto bei der Raiffeisenbank Bruck/L., BLZ 32073, Kto.Nr. 10.066, den Betrag von S 90.000,-- zzgl. 4 % Zinsen seit aus S 74.316,-- sowie die Prozeßkosten von

S 29.393,92 (darin enthalten an USt S 3.700,32 und an Barauslagen S 7.192,--) in monatlichen Raten a S 10.000,-- am Ersten eines jeden Kalendermonates, beginnend mit dem bei 3-tägigem Respiro zu bezahlen. Terminsverlust tritt ein bei Verzug mit nur einer Rate. Im Verzugsfall sind überdies Verzugszinsen von 11 % p.a. aus dem dann noch aushaftenden Kapitalbetrag zu leisten.

2. Die beklagte Partei anerkennt dem Grunde nach den Anspruch der klagenden Partei auf Verdienstentgang, soweit ein solcher während der Arbeiten zur Behebung des gegenständlichen Schadens am Fußboden der klagenden Partei entsteht.

3. ..."

Daraufhin schrieb der Kostenbeamte des BG Schwechat der Beschwerdeführerin mit Zahlungsauftrag vom restliche Pauschalgebühr in der Höhe von S 3.980,-- zuzüglich S 100,-- Einhebungsgebühr vor, wogegen die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Berichtigungsantrag stellte.

Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag keine Folge und vertrat zu dem allein strittigen Vergleichspunkt 2 die Auffassung, dieser sei gemäß § 56 Abs. 2 JN mit S 30.000,-- zu bewerten, woraus sich eine Erhöhung des Streitwertes auf insgesamt S 120.000,-- ergebe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, für den Vergleich keine weitere Gerichtsgebühr entrichten zu müssen.

Die belangte Behörde steht (auch in ihrer gemäß § 35 Abs. 2 VwGG erstatteten Äußerung) unverändert auf dem Standpunkt, der Vergleichspunkt 2 sei gemäß § 56 Abs. 2 JN gesondert zu bewerten, weil er keine Feststellung von Schadenersatzansprüchen sondern das Anerkenntnis eines Verdienstentganges und damit eine Verpflichtung zu einer konkreten Leistung enthalte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühr ist - soweit nicht etwas anderes bestimmt ist - gemäß § 14 GGG der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 56 Abs. 2 JN hat der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung von Feststellungsklagen. Unterläßt der Kläger eine Bewertung, so gilt der Betrag von 30.000 S als Streitwert.

Die Bemessungsgrundlage bleibt gemäß § 18 Abs. 1 GGG für das ganze Verfahren gleich. Wird allerdings ein Vergleich geschlossen und ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2, zweiter Fall, GGG unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes neu zu berechnen. Die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdeführerin gegen ihren Prozeßgegner gestützt auf die Behauptung mangelhaft erbrachter Werkleistungen bzw. schuldhaft unterlassener Verbesserung einerseits die Rückzahlung des Werklohnes und andererseits (unter Hinweis darauf, daß während der Behebung der Mängel der normale Geschäftsbetrieb nicht aufrecht erhalten werden könne und daraus ein Verdienstentgang entstehen werde, dessen Höhe derzeit nicht bezifferbar sei) die bereits oben wiedergegebene Feststellung der Haftung der beklagten Partei für den künftigen Schadenersatzanspruch aus den Sanierungsarbeiten am Fußboden begehrt. Gegenüber diesem Begehren stellt der Vergleichspunkt 2 - anders als dies die belangte Behörde sieht - keine Erweiterung des Streitgegenstandes dar, weil damit in der Fassung eines Anerkenntnisses nichts anderes vereinbart wurde, als die von Punkt 2 des Urteilsbegehrens verlangte Feststellung der Haftung der beklagten Partei dem Grunde nach für den der Beschwerdeführerin aus den Sanierungsarbeiten entstehenden Verdienstentgang. Da dieser Teil des Klagebegehrens von der Beschwerdeführerin gemäß § 56 Abs. 2 JN schon in der Klage mit S 10.000,-- bewertet worden war (woran die belangte Behörde gebunden war; vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, MGA Gerichtsgebühren5 EB 16 und 17 Abs. 2 zu § 14 GGG referierte hg. Judikatur), ist allein dieser Betrag für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühren maßgebend. Punkt 2 des in Rede stehenden Vergleiches enthält keinesfalls die Verpflichtung zu einer konkreten, von der ursprünglichen Klage noch nicht erfaßten Leistung.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 35 Abs. 2 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben. Mit Rücksicht auf die einfache Sach- und Rechtslage sowie die vorstehend angeführte hg. Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.