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VwGH vom 29.04.1992, 90/13/0031

VwGH vom 29.04.1992, 90/13/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der K-GmbH in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwältin in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom , GZ 6/2-2406/88-08, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Stammkapital der Z. GmbH betrug im Jahre 1985

S 40,000.000,--. Mit mehreren Abtretungsverträgen erwarb die Beschwerdeführerin im August 1985 Stammanteile an der Z. GmbH im Nennbetrag von S 39,600.000,--, während Stammanteile im Nennbetrag von S 400.000,-- an die B.I. AG abgetreten wurden.

Die Beschwerdeführerin wies den Wert der Beteiligung in ihrer Bilanz zum mit S 67,350.106,16 (Kaufpreis S 65,156.137,16, Rechts- und Beratungskosten S 552.393,-- sowie "Kapitalverkehrsteuer" und Börsenumsatzsteuer S 1,641.576,--) aus.

In der Bilanz zum wurde die Beteiligung an der Z. GmbH mit S 61,008.816,16 bewertet. In einer Erläuterung wurde ausgeführt, von der im Jahre 1985 erworbenen Beteiligung sei im Jahre 1986 eine Teilwertabschreibung in Höhe von S 6,341.290,-- vorgenommen worden. Dies entspreche jenem Teil des Kaufpreises, der auf die nunmehr ausgeschütteten Gewinne entfallen sei.

Das Finanzamt versagte dieser Teilwertabschreibung mit der Begründung die steuerliche Anerkennung, daß eine Gewinnausschüttung keinen Grund für die Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert darstelle.

In der gegen den Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuermeßbetrags- und Gewerbesteuerzerlegungsbescheid 1986 erhobenen Berufung wurde ausgeführt, es sei sehr wohl eine Verminderung der Substanz eingetreten, da neben dem laufenden Gewinn 1985 auch ein Teil des gekauften Gewinnvortrages ausgeschüttet worden sei. In der den Kaufverhandlungen zugrundegelegten Bilanz zum seien Gewinnvorträge in Höhe von S 11,503.711,-- enthalten gewesen, die im Substanzwert Berücksichtigung gefunden hätten. Von diesem Gewinnvortrag entfielen 99 %, das seien S 11,388.674,--, auf die Beschwerdeführerin. Im Jahre 1986 seien von der Z. GmbH an die Beschwerdeführerin S 7,329.960,-- ausgeschüttet worden; nach Abzug von 99 % des laufenden Gewinnes 1985, das sind S 988.670,--, verbliebe eine Ausschüttung aus gekauften Gewinnen in Höhe von S 6,341.290,--. Zum sei eine Berechnung des Unternehmenswertes der Z. GmbH durchgeführt worden, die einen Wert von S 52,6 Mio bzw. für den Anteil von 99 % S 52 Mio ergeben habe. Dem stehe ein Buchwert von rund S 61 Mio gegenüber. Die Abwertung sei daher nach Handelsrecht zwingend geboten gewesen und damit auch steuerlich anzuerkennen. Eventualiter wurde die Berücksichtigung einer Investitionsrücklage im Ausmaß von 25 % von S 6,341.290,--, das sind S 1,585.323,--, begehrt.

Auf einen entsprechenden Vorhalt der belangten Behörde wurde vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin mit einer Eingabe vom mitgeteilt, den Kaufpreisverhandlungen sei das Gutachten der AT GmbH zugrunde gelegt worden, das den Sachwert zum mit

S 65,600.000,-- ausgewiesen und den Ertragswert aus dem Durchschnitt der Gewinne der letzten fünf Jahre festgestellt habe. Da die Verzinsung des Sachwertes höher als der Ertragswert gewesen sei, sei der Unternehmenswert mit

S 62,300.000,-- festgestellt worden. Als oberstes Limit für den Kaufpreis sei von den Gesellschaftern der Beschwerdeführerin der Sachwert von S 65,6 Mio festgelegt worden. Die Ertragslage sei nach diesem Gutachten beurteilt worden; vom "Käufer" sei auf die sinkende Tendenz der Erträge hingewiesen worden. Im Endstadium der Verkaufsverhandlungen seien zwei Varianten zur Berechnung des Kaufpreises zur Diskussion gestanden:

a) Ausschüttung des Gewinnes samt Vorträgen in Höhe von

S 11,5 Mio an die Altgesellschafter und entsprechende Reduzierung des Kaufpreises,

b) Einbeziehung der Gewinne in die Kaufpreisberechnung.

Die Vertragspartner hätten sich auf die Variante b) geeinigt. Dadurch sei der Kaufpreis um den Gewinnvortrag höher gewesen und sei im Wege der späteren Gewinnausschüttungen an die Käufer zurückgeflossen.

Der Eingabe war das zitierte Gutachten betreffend den Unternehmenswert zum angeschlossen.

Auf weiteren Vorhalt der belangten Behörde legte der steuerliche Vertreter mit einer Eingabe vom verschiedene Berechnungen des Unternehmenswertes der Z. GmbH zum vor, die zwischen S 50,592.000,-- und S 59,104.000,-- variierten, was einen Durchschnittswert von S 54,848.000,-- ergebe. Der in der Bilanz ausgewiesene Wert von S 61,009.000,-- liege also weit über dem berechneten Unternehmenswert. In diesem Wert seien auch noch die Kapitalverkehrsteuer und die Börsenumsatzsteuer enthalten. Auch für diese zu den Anschaffungskosten zählenden Steuern sei eine Teilwertabschreibung gerechtfertigt. Aus der Eingabe geht hervor, daß von dem für 1986 ausgewiesenen Gewinn der Z. GmbH in Höhe von S 15,779.000,-- ein Teilbetrag von S 14,882.000,-- ausgeschüttet worden ist.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Die Behörde hielt der Argumentation der Beschwerdeführerin entgegen, daß gerade im Jahre 1986, also in dem Jahr, in dem sie erstmals ganzjährig zu 99 % Eigentümerin der Z. GmbH gewesen sei, ein gegenüber dem Vorjahr um ein Mehrfaches höherer Gewinn erwirtschaftet werden konnte. Dieser Gewinn liege damit auch beträchtlich über dem Durchschnitt der vorangegangenen Jahre und lasse auf eine erhebliche Einflußnahme der Beschwerdeführerin an der Beteiligungsgesellschaft schließen. Diese geänderten Verhältnisse hätten bei den von der Beschwerdeführerin durchgeführten Unternehmenswertberechnungen keine Berücksichtigung gefunden. Die Beschwerdeführerin hätte vielmehr gerade jene beiden Jahre, in welchen einerseits die Beteiligung erworben wurde (1985) und andererseits eine Einflußmöglichkeit erstmals bestanden habe (1986), völlig außer Ansatz gelassen. Der durch die Ausschüttung eingetretene Substanzwertverlust sei durch die gestiegenen Ertragserwartungen weitaus ausgeglichen worden. Eine dauernde und wesentliche Minderung des Unternehmenswertes der Z. GmbH und damit der Beteiligung sei somit jedenfalls nicht eingetreten.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid der belangten Behörde werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 6 Z. 2 EStG 1972 sind unter anderem Beteiligungen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Nach dem dritten Satz der Z. 1 des § 6 EStG 1972 ist der Teilwert der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt.

Die von der Beschwerdeführerin angestrebte Abschreibung der Anschaffungskosten der Beteiligung an der Z. GmbH auf den niedrigeren Teilwert wird mit der im Streitjahr erfolgten teilweisen Ausschüttung des Gewinnvortrages durch die Z. GmbH begründet. Es ist richtig, daß Gewinnausschüttungen den Wert der Beteiligung mindern können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/14/0064, das Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes vom , I R 70/70, BStBl. 1973 II 449; Stoll, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Bilanzsteuerrecht, GesRZ 1982, 3 ff, Gassner, Die Beteiligung an Kapitalgesellschaften im Steuerrecht, ÖStZ 1986, 119). Erfolgen Ausschüttungen in einem die Gewinne übersteigendem Ausmaß, so gehen diese zu Lasten der Substanz der Gesellschaft, gleichermaßen wird aber dadurch der Substanzwert der Beteiligung berührt, was zu einer entsprechenden Teilwertabschreibung führen kann, es sei denn, daß diese rechnerische Wertminderung durch die Bedeutung der Beteiligung für den Betrieb ausgeglichen wird (vgl. Stoll, a. a.O.).

Die in Rede stehende Teilwertabschreibung wird von der Beschwerdeführerin mit der Ausschüttung der beim Erwerb der Beteiligung "eingekauften" Rücklagen bzw. Gewinnvorträge begründet. Im Beschwerdefall liegt es zwar auf der Hand, daß die Höhe des in der Bilanz zum ausgewiesenen Gewinnvortrages den Kaufpreis für die Beteiligung entscheidend beeinflußt hat. Es ist jedoch der Gewinnvortrag nach dem Erwerb der Beteiligung gegenüber dem Stichtag jeweils angestiegen ( S 12,502.368,41 und S 15,779.402,29).

Wenn die Beschwerdeführerin auf die in der Eingabe vom nach verschiedenen Methoden vorgenommenen Unternehmenswertermittlungen, nach denen der Wert der Z. GmbH einen Durchschnittsbetrag von S 54,848.000,-- ausmachte, hinweist, so ist ihr entgegenzuhalten, daß bei diesen Berechnungen eine zum erst geplante, noch nicht realisierte weitere Ausschüttung in Höhe von

S 14,882.000,-- als den Substanzwert mindernd berücksichtigt worden ist. Eine solche erst ein späteres Jahr betreffende Ausschüttung hat aber für die im Beschwerdefall zu beurteilende Frage nach dem Wert der Beteiligung zum keine Bedeutung.

Bei der Ermittlung des Ertragswertes ist die Beschwerdeführerin in den am vorgelegten Unternehmensbewertungen von den durchschnittlichen Jahreserträgen der Jahre 1982, 1983 und 1984 ausgegangen. Die Methode, bei der Ermittlung des Ertragswertes von den Erträgen der letzten fünf Jahre unter Außerachtlassung des besten und des schlechtesten Ergebnisses auszugehen, führt aber im Falle der Beschwerdeführerin nicht zu einem brauchbaren Wert, weil dabei die Ertragsaussichten gerade nach dem Erwerb der Beteiligung völlig ausscheiden würden. Es hat jedoch die belangte Behörde zu Recht darauf hingewiesen, daß auf die durch den Erwerb der Beteiligung geänderten Verhältnisse Bedacht zu nehmen ist. Dabei war zu berücksichtigen, daß der Wert einer Beteiligung - im Beschwerdefall im Ausmaß von 99 % - zufolge seiner Funktionalität wesentlich höher sein kann, als dies die Summe der Anteile für sich auszudrücken vermag. Der zum Wert der Vermögenssubstanz und des Anspruches auf die Rendite hinzutretende Wert ergibt sich bei Beteiligungen aus der Möglichkeit der gegenseitigen Förderung der Betriebe, aus ihrer Einflußmöglichkeit, die im Wettbewerb, auf dem Markt, durch Herstellung technischer und wirtschaftlicher Kooperation usw. für das beteiligte Unternehmen zu Vorteilen führen kann, die den Wert der Beteiligung letztlich ausmachen (vgl. Stoll, a. a.O., S 12). Daß gerade für die Beschwerdeführerin, die hinsichtlich Produktion und Vertrieb denselben Markt wie die Z. GmbH bedient, der Wert der gegenständlichen Beteiligung in solchen Einflußmöglichkeiten bestand, liegt auf der Hand. Dieser Umstand kommt auch in der von der belangten Behörde zutreffend hervorgehobenen überdurchschnittlichen Steigerung des Gewinnes des Jahres 1986 zum Ausdruck.

Daraus folgt, daß die im Beschwerdefall (allein) maßgebliche Ausschüttung des Jahres 1986 (anteilsmäßig auf die Beschwerdeführerin entfallend S 6,341.290,--) keine eine Teilwertabschreibung begründende Tatsache darstellt, wie sie von der Beschwerdeführerin aufzuzeigen gewesen wäre (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, 90/13/0228).

Entgegen den Beschwerdeausführungen hat die belangte Behörde dabei aus den Ausführungen Stolls, a.a.O, nicht den Schluß gezogen, daß eine Teilwertabschreibung innerhalb der ersten drei Jahre ab dem Erwerb der Beteiligung ausgeschlossen ist.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin darüber, daß im Konzern, dem die Beschwerdeführerin und die Z. GmbH angehören, sämtliche Gewinne zur Ausschüttung gelangen und daß in den Folgejahren 1987 bis 1990 der Sachwert durch Ausschüttungen kontinuierlich vermindert werde, stellt ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliches neues Vorbringen dar und betrifft überdies eben die Folgejahre.

Die Auffassung, es wäre jedenfalls eine Teilwertabschreibung im Ausmaß der entrichteten Börsenumsatzsteuer und "Kapitalverkehrsteuer" (gemeint: Rechtsgebühren) anzuerkennen gewesen, ist gleichfalls, unzutreffend. Der Teilwert ist ein fiktiver Erwerbswert. Gerade weil der gedachte Erwerber neuerlich Rechtsgebühren und Börsenumsatzsteuer zu entrichten hätte, sind diese beim Teilwert zu berücksichtigen.

Soweit sich der Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften auf die von der belangten Behörde versagte Bewertung der Beteiligung an der Z. GmbH mit einem unter den Anschaffungskosten liegenden Teilwert bezieht, hat die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der monierten Verfahrensschritte hätte gelangen können. Soweit sich die Beschwerdeführerin insbesondere auf die Bewertung des Unternehmens bezieht, übersieht sie, daß im angefochtenen Bescheid vorerst zu untersuchen gewesen ist, ob die Gewinnausschüttung eine die angestrebte Teilwertabschreibung nach sich ziehende Tatsache ist.

Die belangte Behörde hat sich zwar, wie von der Beschwerdeführerin zutreffend gerügt wird, mit dem Vorbringen, wonach jedenfalls eine Teilwertabschreibung in Höhe der Rechtsgebühren und der Börsenumsatzsteuer vorzunehmen sei, in keiner Weise auseinandergesetzt. Wie oben ausgeführt, hätte die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Begründungsmangels jedoch zu keinem anderslautenden Bescheid gelangen können.

Berechtigt ist jedoch die Beschwerde insoweit, als sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit dem Eventualantrag, eine Investitionsrücklage im Ausmaß von 25 % von S 6,341.290,-- zu berücksichtigen, nicht auseinandergesetzt hat. Die Behörde hat damit den Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Als Ersatz von Stempelgebühren waren die Gebühren für drei Ausfertigungen der Beschwerde und die Vollmacht sowie die Beilagengebühr für den angefochtenen Bescheid zuzusprechen.