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VwGH vom 22.03.2006, 2002/13/0004

VwGH vom 22.03.2006, 2002/13/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel, LL.M., über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zl. RV/819-16/02/2001, betreffend Einkommensteuer 2000 (mitbeteiligte Partei: KH in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte steht als Polizeibeamter in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war nach seinen Angaben in der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2000 vom 1. Jänner bis 31. Dezember bei der Bundespolizeidirektion Wien beschäftigt.

Zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung gab der Mitbeteiligte bekannt, dass auf Grund einer Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein seit Mai 2000 Beamte der Bundespolizeidirektion Wien, Wirtschaftspolizei, in Liechtenstein im Einsatz seien. Er selbst sei vom 9. bis 15. Mai, vom 10. bis 19. Juli, vom 28. August bis 5. September, vom 18. bis 25. September sowie vom

20. bis in Liechtenstein im Einsatz gewesen. An die in Liechtenstein tätigen Beamten werde durch den österreichischen Dienstgeber der laufende Bezug weiter gezahlt. Mehrdienstleistungen würden durch das Fürstentum Liechtenstein abgegolten und auch dort versteuert. Auf Art. 19 des Doppelbesteuerungsabkommens mit Liechtenstein werde hingewiesen.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer (nach Abzug anrechenbarer Lohnsteuer) mit 10.988 S fest, wobei es bei der Berechnung des Steuersatzes ausländische Einkünfte in Höhe von 122.022 S berücksichtigte und solcherart einen Prozentsatz von 28,60 auf das Einkommen von 356.684 S, das aus dem übermittelten Lohnzettel (Bundesdienst) resultierte, zur Anwendung brachte.

In der Berufung brachte der Mitbeteiligte vor, er habe im Zuge seiner Arbeitnehmerveranlagung bekannt gegeben, dass er im Jahr 2000 als österreichischer Polizeibeamter mit Dienstort in Vaduz, Liechtenstein, im Einsatz gewesen sei. Dazu sei anzuführen, dass alle von Österreich eingesetzten Polizeibeamten den Status eines liechtensteinischen Polizeibeamten mit allen "Hoheitsrechten (Durchführung von Hausdurchsuchungen, Festnahmen etc) hatten und diesen gleichgestellt gewesen waren". Im Zuge dieser Tätigkeiten sei das Gehalt als österreichischer Beamter weiterbezogen worden. Für die erbrachte Mehrdienstleistung sei die Bezahlung durch das Fürstentum Liechtenstein erfolgt. Der Mitbeteiligte ersuche daher um Überprüfung, ob diese Tätigkeit als "Auslandsbeamter" angesehen werden könne und demnach Steuerfreiheit nach § 3 EStG vorliege, sodass dieses ausländische Einkommen auch nicht für Zwecke eines Progressionsvorbehaltes herangezogen werden dürfe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung keine Folge. Die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 gelte nur für Auslandsbeamte. Auslandsbeamte im Sinne dieser Bestimmung seien Beamte, die ihren Dienstort und ihren Wohnsitz nicht im Inland hätten. Da der Wohnsitz des Mitbeteiligten im Inland gelegen sei, komme diese Befreiung nicht in Betracht. Die Einkünfte seien gemäß Art. 23 iVm Art. 19 des Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Fürstentum Liechtenstein in Österreich zwar befreit, aber zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen.

Der Mitbeteiligte stellte einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, auf Grund einer Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein seien seit Mai 2000 Beamte der Bundespolizeidirektion Wien in Liechtenstein im Einsatz. Den in Liechtenstein tätigen Beamten werde durch den österreichischen Dienstgeber der laufende Bezug weiter bezahlt.

Mehrdienstleistungen würden durch das Fürstentum Liechtenstein abgegolten und auch dort versteuert. Im Rahmen dieser Vereinbarung sei der Mitbeteiligte vom 9. bis ,

10. bis , 28. August bis , 18. bis und 20. bis in Liechtenstein im Einsatz gewesen. Seine durch das Fürstentum Liechtenstein ausbezahlten Einkünfte hätten im Jahr 2000 insgesamt 122.022 S betragen. Nach einer Wiedergabe der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 und des § 26 Abs. 3 BAO wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, § 3 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 bestimme materiellrechtlich für Auslandsbeamte, dass die ausländischen Einkünfte, die im Staat des Dienstortes der Besteuerung unterlägen, im Inland einkommensteuerfrei seien. Mit der Steuerbefreiung entfalle auch die Heranziehung dieser Einkünfte zum Progressionsvorbehalt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion gemäß § 292 BAO (idF vor dem AbgRmRefG BGBl. I Nr. 97/2002) erhobene Beschwerde. Im angefochtenen Bescheid seien die im Fürstentum Liechtenstein erzielten Einkünfte des Mitbeteiligten zu Unrecht unter die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 subsumiert worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In § 3 Abs. 1 Z 8 und 9 sieht das EStG 1988 Steuerbefreiungen für Auslandsbeamte vor.

§ 3 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 normiert, dass "bei Auslandsbeamten (§ 92) die Zulagen und Zuschüsse gemäß § 21 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 53. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 314/1992, sowie Kostenersätze und Entschädigungen für den Heimaturlaub oder dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Bezüge, Kostenersätze und Entschädigungen auf Grund von Dienst- (Besoldungs)ordnungen von Körperschaften des öffentlichen Rechts", von der Einkommensteuer befreit sind.

Die Bestimmung des in § 3 Abs. 1 Z 8 EStG angesprochenen § 21 des Gehaltsgesetzes 1956 sieht zur Besoldung der im Ausland verwendeten Beamten verschiedene Zulagen vor, solange der Beamte "seinen Dienstort im Ausland hat und dort wohnen muss".

Nach § 3 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit "jene Einkünfte von Auslandsbeamten (§ 92), die in dem Staat der Besteuerung unterliegen, in dessen Gebiet sie ihren Dienstort haben; dies gilt nicht für Einkünfte gemäß § 98".

§ 92 EStG 1988 trägt die Überschrift "Auslandsbeamte" und bestimmt im Abs. 1, dass für Auslandsbeamte im Sinne des § 26 Abs. 3 BAO die Lohnsteuer nach den §§ 33 und 66 bis 68 zu berechnen sei. Der Arbeitnehmer hat die für die Anwendung dieser Bestimmungen maßgebenden Verhältnisse durch eine amtliche Bescheinigung nachzuweisen.

§ 26 BAO ist mit "Wohnsitz, Aufenthalt, Sitz" überschrieben. Einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften hat nach § 26 Abs. 1 BAO jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften hat nach § 26 Abs. 2 BAO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt.

Nach § 26 Abs. 3 BAO werden in einem Dienstverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes stehende österreichische Staatsbürger, die ihren Dienstort im Ausland haben (Auslandsbeamte), wie Personen behandelt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am Ort der die Dienstbezüge anweisenden Stelle haben. Das gleiche gilt für deren Ehegatten, sofern die Eheleute in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben, und für deren minderjährige Kinder, die zu ihrem Haushalt gehören.

§ 26 Abs. 3 BAO enthält eine Fiktion in Bezug auf das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthaltes. Durch die Bestimmung des § 26 Abs. 3 BAO wird u.a. bewirkt, dass Auslandsbeamte und die in der genannten Bestimmung umschriebenen Familienangehörigen auch ohne Wohnsitz im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind (vgl. § 1 Abs. 2 EStG 1988). Aus der Verknüpfung der Worte "Dienstverhältnis", "Dienstort im Ausland" sowie "Ort der die Dienstbezüge anweisenden Stelle" im ersten Satz des § 26 Abs. 3 BAO ergibt sich, dass in Bezug auf das die Dienstbezüge auslösende Dienstverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes der Dienstort im Ausland gelegen sein muss, um von einem "Auslandsbeamten" im Sinne dieser Bestimmung sprechen zu können.

Im Beschwerdefall hat der Mitbeteiligte die Dienstbezüge von der inländischen anweisenden Stelle auf Grund eines Dienstverhältnisses als Polizeibeamter aus einer durchgehend während des Jahres 2000 bestehenden Beschäftigung bei der Bundespolizeidirektion Wien (seiner Dienststelle) erhalten. Dass in Bezug auf dieses öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis der Dienstort deshalb in das Ausland verlagert worden wäre, weil der Mitbeteiligte mehrmals kurzfristig (wochenweise) auch eine Tätigkeit im Fürstentum Liechtenstein ausgeübt hat, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.

Der Mitbeteiligte bringt in seiner Gegenschrift zum Dienstort vor, er sei in Liechtenstein in die liechtensteinische Landespolizei (im Folgenden: LAPO) integriert gewesen und habe ein eigenes Büro mit eigener Computerausstattung gehabt. Wie bereits in der Berufung ausgeführt, habe er den Status eines liechtensteinischen Landesbeamten gehabt. Daraus könne nur die Schlussfolgerung gezogen werden, dass er während seines Einsatzes auch den Dienstort in Liechtenstein gehabt habe. Der Mitbeteiligte sei auch im Gegensatz zu einer Dienstreise verpflichtet gewesen, die Weisungen seiner Vorgesetzten bei der LAPO auszuführen. Die Annahme, dass er als Angehöriger der LAPO weiterhin seinen Dienstort in Wien gehabt habe, scheine nicht nachvollziehbar.

Mit diesen Ausführungen zum Dienstort verkennt der Mitbeteiligte, dass - wie erwähnt - für die Fiktion des gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 3 BAO ein Dienstort im Ausland in Bezug auf das Dienstverhältnis zur (inländischen) Körperschaft des öffentlichen Rechtes bestehen muss. Dass der Mitbeteiligte als "Angehöriger der LAPO" seinen Dienstort in Liechtenstein gehabt habe, bedeutet noch nicht, dass auch sein Dienstort als Angehöriger der Bundespolizeidirektion Wien ins Ausland verlagert worden und er damit in Bezug auf dieses Dienstverhältnis als Auslandsbeamter mit den Rechtsfolgen des § 3 Abs. 1 Z 8 und 9 EStG 1988 anzusehen wäre.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am