VwGH vom 19.02.1998, 98/16/0026
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der T B.V. in E, Niederlande, vertreten durch Dr. Friedrich Schwank, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 34, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom , Zl. Jv 3226-33a/97, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und den ihr angeschlossenen Beilagen ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Die K. GmbH in S. hatte im Jahre 1996 von der Beschwerdeführerin 1000 t des Plastikrohstoffes PET geordert, wobei die Lieferungen im voraus zu bezahlen waren. Die K. GmbH konnte diese Vorauszahlungsverpflichtung nicht erfüllen, woraus der Beschwerdeführerin ein Schaden erwuchs. Der von der Beschwerdeführerin mit S 1,348.173,20 bezifferte Schaden wurde beim Landesgericht Wiener Neustadt gegen die K. GmbH (beklagte Partei) geltend gemacht. Bei der Tagsatzung am schlossen die Streitparteien einen Vergleich folgenden Inhalts:
"1. Die beklagte Partei verpflichtet sich, eine Gesamtmenge von 920 t PET-Rohmaterial der Qualität 1a, und zwar entwder erzeugt von der Firma Shinkong oder Hualon oder Tungkoog - wobei letzteres Produkt den Qualitätsanforderungen der zuerst genannten Firmen entsprechen muß, von der beklagten Partei vorerst einem Eignungstest zu unterziehen und danach freizugeben ist - zum Preis von DM 2,25 pro kg frei Haus, unverzollt nach Sollenau mittels Silowagen anzuliefern.
Die Lieferung hat in 4 gleichen Teilmengen a 230 t zu erfolgen, und zwar aufgeteilt auf die Monate Mai, Juni, Juli und August 1997.
Die jeweiligen Mengen von 230 t haben jeweils bis spätestens Monatsende Mai, Juni, Juli und August 1997 im Lager der klagenden Partei verfügbar zu sein, und sind über Abruf der beklagten Partei an diese zu liefern.
2. Die Bezahlung der einzelnen Teillieferungen hat durch die beklagte Partei im voraus, und zwar in Form von Barzahlung zu erfolgen, die Lieferverpflichtung der klagenden Partei setzt erst nach nachgewiesener Zahlung ein.
3. Der Fall des wechselseitigen Verzuges, und zwar des Abnahmeverzuges auf seiten der beklagten Partei sowie des Lieferverzuges auf seiten der klagenden Partei wird wie folgt geregelt:
Die beklagte Partei anerkennt den Bestand der klägerischen Forderung mit einer Höhe von S 1,504.883,90 samt 1,5 % Zinsen pro Monat aus dem Betrag von S 1,256.251,73 vom bis und aus S 1,504.883,90 ab . Des weiteren den Bestand der Verfahrenskosten der klagenden Partei im Betrage von S 251.240,80.
Soferne die beklagte Partei ihrer Abnahmeverpflichtung von 230 t pro Monat nicht oder nur zum Teil nachkommt - wobei als letzter Erfüllungszeitpunkt der 15. der Folgemonate, und zwar der 15. Juni, der 15. Juli, der 15. August und der vereinbart werden - verpflichtet sich die beklagte Partei, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters Dr. S, Rechtsanwalt in 1010 Wien, bis längstens zum letzten der Monate, die dem Liefermonat folgen, und zwar zum 30. Juni, 31. Juli, 31. August und jeweils jene Summe an Kapital und Kosten zu bezahlen, wie sie dem Verhältnis zwischen Gesamtmenge und nicht abgenommener Monatsmenge entspricht.
Der Verzug mit der Abnahme einer Teilmenge hindert die beklagte Partei nicht, die nächste monatliche bedungene Teilmenge fristgerecht abzuberufen.
4. Im Falle des Lieferverzuges durch die klagende Partei, und zwar auch dann, wenn nur ein Teil der monatlich bedungenen Menge geliefert wird, ist die beklagte Partei nicht verpflichtet, die aushaftende Monatsmenge abzunehmen, wobei als längster Liefertermin der 15. Juni, der 15. Juli, der 15. August und der vereinbart werden. Allfällige Überzahlungen sind mit der nächsten Lieferung zu verrechnen.
Sollte durch die Firma T keine wie immer geartete Lieferung während des bedungenen Lieferzeitraumes Mai bis August 1997 erfolgen, so ist die zuvor genannte Forderung der klagenden Partei an Kapital, Zinsen und Kosten erloschen (Punkt 3).
Bei Minderlieferung verringert sich der Anspruch der klagenden Partei laut Punkt 3. (Kapital, Zinsen und Kosten) in dem Verhältnis, wie er jenem zwischen Gesamtmenge und nicht gelieferter Monatsmenge entspricht.
5. Im Falle höherer Gewalt, wobei unter dieser Kriegswirren, Streik, Natur- und Brandkatastrophen, Schiffsuntergang, Beraubung, insbesondere zu verstehen sind, so auch weitere unabwendbare Ereignisse, vereinbaren die Streitteile, daß die für das jeweilige Monat aushaftende Liefermenge bis längstens zum 22. des Folgemonates geliefert werden kann, sohin bis längstens 22. Juni, 22. Juli, 22. August und .
Sollte die Lieferung bis zu diesen vorgenannten Terminen nicht mögich sein, so ist die Lieferung für den jeweiligen Monat als erloschen anzusehen, es sind lediglich allfällig gelieferte Teilmengen zu verrechnen.
6. Mit diesem Vergleich sind die klagsgegenständlichen Ansprüche zwischen den Streitteilen wechselseitiger Art bereinigt und erledigt."
Mit einem Zahlungsauftrag vom wurde auf Grund dieses Vergleiches eine restliche Gerichtsgebühr nach dem Wert der in Punkt 1 des Vergleichs bezeichneten Warenmenge, das waren S 14,626.620,--, bemessen.
Im Berichtigungsantrag gegen diesen Zahlungsauftrag brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei ein reiner Transithändler. Der Wert der Leistung habe daher nicht S 14,626.620,--, sondern nur die Gewinnspanne, die ungefähr den Betrag der klägerischen Forderung ausgemacht habe, betragen. Die im Vergleich gefundene Lösung habe vorgesehen, daß die gesamte Klagsforderung von ca. S 1,900.000,-- von der beklagten Partei anerkannt werde, sie diese aber unter der Bedingung nicht zu zahlen brauche, wenn sie eine neue Menge der Ware abnehme.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, daß aus Anlaß des in Rede stehenden Vergleiches eine restliche Gerichtsgebühr vorgeschrieben worden ist. Der Beschwerde war ein Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom angeschlossen, wonach das Protokoll über die Streitverhandlung vom derart berichtigt werde, daß es Punkt 1 des Vergleichs zu lauten habe:
"Die klagende Partei verpflichtet sich ..."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Ist der Gegenstand eines gerichtlichen Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall GGG die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen. Dabei ist als Bemessungsgrundlage der Gebühr der Wert der Leistungen zu verstehen, zu denen sich die Parteien im Vergleich verpflichtet haben (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0273 m.w.H.).
Mit dem beschwerdegegenständlichen Vergleich - der seiner Natur nach nicht allein als Prozeßhandlung, sondern auch als zivilrechtliches Rechtsgeschäft zu verstehen ist - haben die beiden Streitteile einen Kaufvertrag (Liefervertrag) über die dort näher bezeichnete Ware abgeschlossen. (Der im Punkt 1 enthaltene, berichtigungsfähige und allerdings erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides berichtigte Ausfertigungsfehler erschwert zwar das Verständnis des Vergleichs; aus dem übrigen Inhalt der Vereinbarung war jedoch Art und Umfang des Kaufes deutlich erkennbar, sodaß der Ausfertigungsfehler auf sich beruhen kann.) Bei einem solchen synallagmatischen Verhältnis ist die Leistung - nicht aber ihre Gegenleistung - in die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühr einzubeziehen (vgl. Tschugguel/Pötscher, Die Gerichtsgebühren5, § 18 GGG, E 19, 20). Die Vorschreibung der Gerichtsgebühren, die nach dem Wert der zwischen den Streitparteien vereinbarten Liefermenge bemessen wurde - gegen die Bewertung wurden keine Einwendungen erhoben -, entsprach damit dem Gesetz.
Wenn die Beschwerdeführerin demgegenüber (unter Bezugnahme auf den angeführten Ausfertigungsfehler) vorbringt, die beklagte Partei habe sich nicht zu einer Lieferung, sondern zu einer Abnahme der Ware verpflichtet, so kommt dem für die Gerichtsbebühr keine Bedeutung zu, weil diese wie ausgeführt nach dem Wert der unbestrittenermaßen zwischen den Streitparteien vereinbarten Warenlieferung zu bemessen war.
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin konnte bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage auch auf sich beruhen, daß im angefochtenen Bescheid Rechtssätze aus der Judikatur wiedergegeben wurden, die tatsächlich für die Lösung der Frage nach der Bemessung der Gerichtsgebühr im Beschwerdefall ohne jede Bedeutung sind.
Schließlich kommt auch der Beschwerdebehauptung, daß die Beschwerdeführerin als Transithändlerin an der Ware und ihrem Preis nicht interessiert sei, keinerlei Bedeutung zu. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei insbesondere, daß die Gerichtsgebührenpflicht an formale äußere Tatbestände anknüpft. Demzufolge war für die Bemessung der Gerichtsgebühr im Beschwerdefall ausschließlich der Inhalt des Vergleiches maßgeblich, nicht aber die Absicht der Beschwerdeführerin, durch eine Gewinnerwartung aus dem im Vergleich abgeschlossenen Liefervertrag den ihr vordem durch die beklagte Partei entstandenen Schaden zu kompensieren.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.