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VwGH vom 20.02.1992, 90/13/0014

VwGH vom 20.02.1992, 90/13/0014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Dkfm. A in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 8 - 1975/5 - 1989, betreffend Aufhebung des Bescheides über die Vermögensteuer ab dem gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am geborene Beschwerdeführerin schloß am mit der U. Versicherungs-AG sieben gleichlautende "Privatpensionsversicherungen mit Gewinnbeteiligung" ab. Der Versicherer verpflichtete sich darin, an die Beschwerdeführerin ab dem jeweils eine Rente in Höhe von (je) S 81.990,-- monatlich auszuzahlen. Die Einmalprämie für diese Versicherungen betrug je S 5,000.000,--. Für den Fall, daß die Beschwerdeführerin vor der Fälligkeit der Rente sterben sollte, sollte ein Betrag in Höhe der geleisteten Einmalprämie ausschließlich der Versicherungssteuer an die im Ablebensfall begünstigte Person zur Auszahlung gelangen. Nach jeweiligen Anhängen mit der Bezeichnung "UA 01" zu den Polizzen ist der Versicherungsnehmer berechtigt, an Stelle der Rentenzahlungen ein zum Zeitpunkt des Rentenanfalles, das ist am , fälliges einmaliges Ablösekapital in Höhe von (je) S 7,738.120,-- zu verlangen. Nach weiteren Anhängen mit der Bezeichnung "UA 02" wird die Rente im Hinblick auf die bis zum Anfall angesammelten Gewinnanteile bei Fälligkeit rund S 158.650,-- monatlich und der Ablösebetrag (je) S 14,973.000,-- betragen.

Im Bescheid über die Vermögensteuer ab dem (Hauptveranlagung gemäß § 12 VermStG) blieben die Ansprüche aus den dargestellten Versicherungsverträgen bei der Ermittlung des sonstigen Vermögens unberücksichtigt.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Vermögensteuerbescheid ab dem von der belangten Behörde gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. In der Begründung vertrat die belangte Behörde unter Berufung auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Abgabenänderungsgesetzes 1982 die Auffassung, daß unter Rentenversicherungen im Sinne des § 69 Z. 5 BewG 1955 nur ausschließliche Rentenversicherungen verstanden werden können. Da die gegenständlichen Versicherungen ein Wahlrecht zwischen Renten oder Kapitalzahlung enthielten, lägen keine ausschließlichen Rentenversicherungen vor.

In der gegen den Aufhebungsbescheid erhobenen Beschwerde wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 69 Abs. 1 Z. 5 BewG 1955 in der für den gegenständlichen Veranlagungszeitpunkt maßgebenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1982, BGBl. Nr. 570, kommen als sonstiges Vermögen insbesondere noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens-, Kapital- und Rentenversicherungen in Betracht. Nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle gehören jedoch nicht zum sonstigen Vermögen

a) Rentenversicherungen, die mit Rücksicht auf ein Arbeits- oder Dienstverhältnis abgeschlossen worden sind und

b) Rentenversicherungen, bei denen die Ansprüche erst fällig werden, wenn der Berechtigte das 60. Lebensjahr vollendet hat oder erwerbsunfähig geworden ist.

Nach § 70 Z. 4 BewG 1955 gehören nicht zum sonstigen Vermögen Ansprüche auf Renten aus Rentenversicherungen, wenn der Versicherungsnehmer das 60. Lebensjahr vollendet hat oder voraussichtlich für mindestens drei Jahre erwerbsunfähig ist. Nach Z. 8 dieser Gesetzesstelle zählen auch Ansprüche auf eine Kapitalabfindung, die dem Berechtigten unter anderem an Stelle einer in Z. 4 bezeichneten Rente zusteht, nicht zum sonstigen Vermögen.

Eine Lebensversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden (§ 159 Versicherungsvertragsgesetz 1958, BGBl. Nr. 2/1959). Die Lebensversicherung kann eine Kapital- oder eine Rentenleistung zusagen. Danach wird zwischen Kapital- und Rentenversicherungen unterschieden (vgl. Ehrenzweig, Deutsches (Österreichisches) Versicherungsvertragsrecht, Wien 1952, S. 391).

In den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen wurden unbestrittenermaßen Rentenleistungen zugesagt. Damit stellen sich die Versicherungen als Rentenversicherungen dar. Dem steht nicht entgegen, daß - bei Ausübung der der Beschwerdeführerin eingeräumten diesbezüglichen Option - im Zeitpunkt der Fälligkeit der ersten Rentenleistung eine Kapitalabfindung möglich ist. Der Gesetzgeber des Bewertungsgesetzes 1955 geht in der Z. 8 des § 70 BewG 1955 selbst davon aus, daß bei den in Z. 4 des § 70 BewG 1955 genannten Rentenversicherungen eine Kapitalabfindung möglich ist. Im § 70 Z. 8 BewG 1955 ist eine Gleichstellung der Ansprüche auf Renten aus Rentenversicherungen und der Ansprüche auf eine Kapitalabfindung einer solchen Rente ausdrücklich vorgesehen. Der Begriff der Rentenversicherung kann dabei, wie von der Beschwerdeführerin zutreffend hervorgehoben worden ist, im § 69 BewG 1955 nicht anders verstanden werden als im § 70 BewG 1955. Demzufolge ändert der Umstand, daß die Beschwerdeführerin berechtigt ist, die Rentenleistung mit einem Kapitalbetrag ablösen zu lassen, nichts an der Rechtsnatur der Rentenversicherung.

Dem Ergebnis, daß die von der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Versicherungen als Rentenversicherungen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 5 lit. b BewG 1955 anzusehen sind, stehen auch nicht die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Abgabenänderungsgesetzes 1982 (1213 Blg. Nr. 15. GP) entgegen. Danach sollten Ansprüche aus "ausschließlichen" Rentenversicherungen weiterhin steuerfrei bleiben, da bei diesen die Alters- oder Invaliditätsvorsorge und nicht die Kapitalbildung im Vordergrund stehe. Demgegenüber kann eine Beschränkung auf "ausschließliche" Rentenversicherungen dem Gesetz nicht entnommen werden; desgleichen ist eine ausdrückliche Berücksichtigung einer beabsichtigten Altersvorsorge im Gesetz nicht vorgesehen. Da diesen Gesetzesmaterialien keine normative Kraft dazukommt (vgl. dazu z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. 5362/A, und vom , 89/13/0255), war vom Wortlaut des Gesetzes auszugehen.

Soweit sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid auf die "Vermögensteuerrichtlinien 1989" (Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom , Z 08 4004/1-IV/8/89, AÖFV 257/89) stützte, ist ihr entgegenzuhalten, daß mangels gehöriger Kundmachung und auch mangels eines normativen Gehaltes weder die Beschwerdeführerin noch der Verwaltungsgerichtshof (und auch nicht die Abgabenbehörde) an diesen Erlaß gebunden sind (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/15/0124, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Da somit die gegenständlichen Ansprüche aus Rentenversicherungen nicht zum sonstigen Vermögen zu zählen sind, war der Aufhebungsgrund im Sinne des § 299 Abs. 2 BAO nicht gegeben, sodaß es sich erübrigte, auf die weiteren Beschwerdeausführungen näher einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Dabei war die Beilagengebühr nur im Betrag von S 30,-- zu ersetzen, zumal zuviel entrichtete Stempelmarken nicht zum Ersatz angesprochen werden können.