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VwGH vom 21.01.1998, 96/09/0012

VwGH vom 21.01.1998, 96/09/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Bachler und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Mag. A in Steyr, vertreten durch Dr. Christian Slana und Dr. Günter Tews, Rechtsanwälte in Linz, Volksfeststraße 32, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Magistrat der Stadt Steyr vom , Zl. Pers-356/95, betreffend Disziplinarstrafe der Minderung der Bezüge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Obermagistratsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur (Statutar)Stadt Steyr.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurden die Berufungen einerseits des Beschwerdeführers als Beschuldigten und andererseits des Disziplinaranwaltes beim Magistrat der Stadt Steyr gegen das verurteilende Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Magistrat der Stadt Steyr, Senat für Beamte der Verwendungsgruppe "A" vom , gemäß § 97 StGBG, LGBl. 1956/37 idgF als unbegründet abgewiesen.

Der damit bestätigte Spruch des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses hatte folgenden Wortlaut:

"1) Herr OMR Mag. A ist schuldig, während eines seit wegen Rückenbeschwerden dauernden Krankenstandes in der Zeit vom bis einen nicht genehmigten privaten Auslandsurlaub konsumiert zu haben, dadurch gegen die allgemeinen Pflichten eines Beamten gemäß § 21 Abs. 1 Statutargemeinden-Beamtengesetzes (StGBG, LGBl. 1956/37 idgF) und gegen die Pflicht zur Wahrung des Standesansehens gemäß § 21 Abs. 3 StGBG sowie gegen die einen Beamten gemäß § 46 OÖ Landesbeamtengesetz 1993 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 StGBG treffende Treuepflicht verstoßen und somit eine Dienstpflichtverletzung in Form eines Dienstvergehens gemäß § 66 Abs. 1 StGBG begangen zu haben.

2) Herr OMR Mag. A ist weiters schuldig, im Zeitraum vom bis an jedem einzelnen Tage, ohne Genehmigung seines Dienstvorgesetzten und ohne die hiefür entsprechende Dienstabwesenheitsmeldung beim Dienstvorgesetzten zu erstatten oder seine Dienstabwesenheit in das hiefür vorgesehene Vormerkbuch einzutragen, seine Dienststelle verlassen zu haben, wobei die Abwesenheiten in der Regel jeweils vom späteren Vormittag bis zum Ende der Normalarbeitszeit andauerten, dadurch gegen § 15 Abs. 4 und 5 und § 16 lit. a der Dienstbetriebsordnung für den Magistrat der Stadt Steyr (DBO) verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung in Form einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 66 Abs. 1 StGBG begangen zu haben.

3) Wegen dieses Dienstvergehens (Pkt. 1) wird unter Berücksichtigung der Ordnungswidrigkeit (Pkt. 2), die nicht straferhöhend gewertet wird, gemäß § 70 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 68 Abs. 2 StGBG über Herrn OMR Mag. A die Disziplinarstrafe der Minderung der für den Ruhegenuß anrechenbaren Bezüge im Ausmaß von monatlich S 2.800,--, das entspricht knapp 10 % des ruhegenußfähigen Monatsnettobezuges, auf die Dauer von einem Jahr verhängt. Die Sonderzahlungen bleiben ungeschmälert.

4) Die Kosten des Verfahrens trägt die Stadt Steyr, ausgenommen jene Kosten, die dem Beschuldigten selbst, insbesondere durch Beiziehung seines Verteidigers, entstanden sind."

Nach der Begründung dieses Bescheides - soweit dies im Beschwerdefall noch von Relevanz ist - habe der Beschwerdeführer 1.) während eines seit wegen Rückenbeschwerden dauernden Krankenstandes in der Zeit vom bis einen nicht genehmigten privaten Auslandsurlaub konsumiert sowie 2.) vom 7. März bis an jedem einzelnen Tag, ohne Genehmigung seines Dienstvorgesetzten und ohne die hiefür entsprechende Dienstabwesenheitsmeldung beim Dienstvorgesetzten zu erstatten oder seine Dienstabwesenheit in das hiefür vorgesehene Vormerkbuch einzutragen, seine Dienststelle verlassen. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer insbesondere die Unterlassung der Bestellung eines medizinischen Amtssachverständigen, die Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung bekämpft. Er habe im Berufungsverfahren insbesondere die zeugenschaftliche Einvernahme des Oberarztes Dr. H zum Beweis dafür beantragt, daß dieser die Reise in die Türkei befürwortet, und der Beschwerdeführer keinerlei Grund gehabt habe, an den ärztlichen Empfehlungen zu zweifeln. In einem von der belangten Behörde durchgeführten Zwischenverfahren wurde Oberarzt Dr. H schriftlich dahingehend befragt, ob er in Kenntnis der beabsichtigten Reise in die Türkei gewesen sei und diese befürwortet habe, ob er Kenntnis davon gehabt habe, daß der Beschwerdeführer zwar mit seinem sechsjährigen Sohn und entsprechendem Gepäck, aber ohne weitere Betreuungsperson die Reise beabsichtigt habe, ob, falls die Begleitumstände für die Reise nicht bekannt gewesen seien, er bei deren Kenntnis die Reise in die Türkei auch befürwortet hätte, ob es medizinisch begründbar gewesen sei, daß die Reisestrapazen durch einen eventuell positiven Gehalt eines Aufenthaltes in der Türkei mehr als wettgemacht würden, und wie allgemein eine Reise in die Türkei oder eine vergleichbare Destination zwei Monate nach einer Bandscheibenoperation medizinisch zu beurteilen sei. Darüber hinaus sei Dr. H auch telefonisch befragt worden und das Ergebnis in zwei Aktenvermerken festgehalten worden. Dabei ging die belangte Behörde davon aus, daß eine Ladung des Zeugen zur mündlichen Berufungsverhandlung undurchführbar gewesen sei, da die Behörde gemäß § 19 AVG zur Vorladung nur jener Personen berechtigt sei, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) hätten, diese Voraussetzung aber bei Oberarzt Dr. H nicht zutreffe. Überdies habe die Vorgangsweise auch Zweckmäßigkeits- und Sparsamkeitsgründe gehabt, da bei persönlicher Anwesenheit des Zeugen massiv in die chirurgische Einsatzplanung des Wagner-Jauregg-Krankenhauses, wo Oberarzt Dr. H Dienst versehe, eingegriffen hätte werden müssen. Die belangte Behörde habe den Parteien die Vernehmung des Zeugen über Telefon sowie über Lautsprecher, die das Ergebnis des Telefonates im Verhandlungssaal allen vernehmbar akustisch übertragen hätten, ermöglicht.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf persönliche Vernehmung des Zeugen in der Berufungsverhandlung sei daher abzuweisen gewesen. Hinsichtlich des in der Berufung des Beschwerdeführers enthaltenen Vorwurfs der rechtswidrigen Bestellung Dris. N zum medizinischen Amtssachverständigen sei auf § 52 AVG zu verweisen, wonach für die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen seien, und erst, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stünden oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten sei, die Behörde ausnahmsweise andere geeignete Personen als (nichtamtliche) Sachverständige heranziehen könne. Da Dr. N medizinischer Amtssachverständiger des Magistrats der Stadt Steyr sei und das gegenständliche Disziplinarverfahren keine Besonderheiten zeige, wonach ausnahmsweise nichtamtliche Sachverständige heranzuziehen gewesen wären, sei dieser Arzt als medizinischer Amtssachverständiger dem Verfahren zwingend beizuziehen gewesen. Durch diese Beiziehung werde auch nicht in unzulässiger Art und Weise in eine Geschäftsordnung oder gemeinderätlich beschlossene Aufgabenverteilung für die Mitglieder des Disziplinarsenates bzw. der Berufungskommission eingegriffen, da eine solche Geschäftsordnung bzw. Aufgabenverteilung nicht bestehe, zumal die Mitglieder der Disziplinarbehörden ihre Aufgaben und Zuständigkeiten aus dem StGBG ableiteten und der Gemeinderat somit lediglich die personelle Besetzung bestimme. Da Dr. N medizinischer Amtssachverständiger des Magistrats der Stadt Steyr sei und zulässigerweise dem Disziplinarverfahren erster Instanz als Amtssachverständiger beigezogen worden sei, sei seine Befangenheitserklärung (als Mitglied der Disziplinaroberkommission) folgerichtig und gesetzeskonform. Auch könne die Objektivität eines Amtssachverständigen nicht alleine deswegen in Zweifel gezogen werden, weil er auch eine schwebende Funktion in der Disziplinaroberkommission habe. Aus dem Umstand, daß der medizinische Amtssachverständige einer bestimmten Behörde zugehöre, ergebe sich allein kein Befangenheitsgrund, da er an der Erlassung des bekämpften Bescheides nicht mitgewirkt habe. Auch der Vorwurf, es sei zu Unrecht die Beiziehung eines unabhängigen Sachverständigen unterblieben, gehe fehl, da sich aus dem Umstand allein, daß Amtssachverständige weisungsgebunden seien, sich keine Befangenheit ergäbe. Da die fachliche Kompetenz des medizinischen Amtssachverständigen überdies vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen worden sei, und auch keine weiteren Anträge gestellt worden seien, habe es für die Behörde erster Instanz keine Veranlassung gegeben, dem Verfahren zusätzliche nichtamtliche Sachverständige beizuziehen. Bezüglich des Vorwurfs der unrichtigen Tatsachenfeststellung bzw. unrichtigen Beweiswürdigung wurde dem Beschwerdeführer entgegengehalten, zwei Zeugen hätten gesehen, daß er zwei Gepäckstücke mit einem Gesamtgewicht von über 40 kg bei sich gehabt habe, wobei ein namentlich genannter Zeuge direkt vor der Wiegevorrichtung bei der Gepäckaufgabe das Gesamtgewicht des Gepäcks des Beschwerdeführers mit 42,7 kg habe ablesen können, was ihm insbesondere deswegen aufgefallen sei, weil er damals gewußt habe, daß der Beschwerdeführer auf Grund seines Rückenleidens maximal 5 kg tragen hätte dürfen. Hinsichtlich der vermißten Feststellungen betreffend die ärztlichen Empfehlungen von Primar Dr. H sowie der Feststellung, daß die Reise in die Türkei den Heilungssverlauf nicht negativ beeinflußt habe, sei auf die Verhandlungsschrift in erster Instanz zu verweisen, wonach zwar Primar Dr. H die Reise ans Mittelmeer befürwortet habe, jedoch nicht gewußt habe, daß der Beschwerdeführer sein sechsjähriges Kind und insgesamt über 40 kg Gepäck habe mitnehmen wollen. Ob er bei Kenntnis dieses Umstandes die Reise auch empfohlen hätte bzw. ob die Kenntnis die Empfehlung für die Reise beeinflußt hätte, habe der Zeuge trotz zweimaligem Nachfragen nicht beantworten wollen. Nach dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen habe die Reise in die Türkei infolge der damit verbunden gewesenen zumindest mittleren körperlichen Belastung den Krankheitsverlauf negativ beeinflußt und die Wiederherstellung der Genesung verzögert. Gegenbeweise bzw. widersprechende Sachverständigengutachten seien nicht vorgebracht worden. Dem vom Beschwerdeführer beigebrachten Zeitungsartikel (über die heilende Wirkung des Meeres) komme keine maßgebliche Beweiskraft zu, weil es sich dabei um pseudowissenschaftliche Redaktionsbeiträge handle, die "ein redaktionelles Umfeld" schafften, "um entsprechende Inserate plazieren zu können". Die von der belangten Behörde eingeholte schriftliche bzw. telefonische Befragung des Oberarztes Dr. H habe ergeben, daß damals aus medizinischer Sicht gegen die Reise in die Türkei nichts einzuwenden gewesen sei. Er habe zwar nicht konkret die Türkeireise an sich empfohlen, sondern nur entsprechende Wärmebehandlung. Diese Wärme wäre allerdings auch "in der Badewanne" zu erzielen gewesen. Die näheren Begleitumstände der Reise (Mitnahme eines sechsjährigen Kindes, Gepäck mit erheblichem Gewicht, keine weitere Begleitperson) seien nicht Gesprächsinhalt gewesen. Bei Kenntnis dieser Begleitumstände wäre er vermutlich mit der Empfehlung, daß gegen die Reise nichts einzuwenden sei, "vorsichtiger" gewesen, vor allem wegen der eventuell zu erwartenden Belastung. Wie eine Reise in die Türkei oder eine vergleichbare Destination zwei Monate nach einer Bandscheibenoperation allgemein medizinisch zu beurteilen sei, sei vom Zeugen nicht beantwortet worden. Insgesamt bedeutsam sei auch gewesen, daß der Krankenstand auch über den Türkeiaufenthalt hinaus bis zum 25. Juni angedauert habe, was zeige, daß der Türkeiaufenthalt nicht positiv gewesen sei, sondern vielmehr den Krankheitsverlauf negativ beeinflußt und die Wiederherstellung der Genesung verzögert habe.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, das Fernbleiben des Beschwerdeführers infolge Krankheit sei unbestrittenermaßen ein "gerechtfertigtes" gewesen. Es gehe aber nicht um die Frage des gerechtfertigten oder ungerechtfertigten Fernbleibens, sondern darum, was im Krankenstand zulässig sei. Die Tatsache des rechtmäßigen Krankenstandes rechtfertige nicht jegliches - eventuell auch dem Heilungsverlauf abträgliches - Verhalten. Im übrigen bezog sie sich auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/09/0285, wonach eine "Urlaubsreise" eines Beamten während eines Krankenstandes keinen nur geringen Schuldgehalt erkennen lasse. Es sei auch der Meinung des Beschwerdeführers zu widersprechen, wonach § 16 DBO lediglich eine nähere Ausführungsbestimmung des § 26 StGBG darstelle. Ein Vergleich der genannten Normen zeige, daß § 16 lit. a DBO die Dienstverhinderung infolge Erkrankung oder aus anderen stichhaltigen Gründen und die damit verbundenen Meldepflichten regle und insofern auch inhaltlich mit § 26 StGBG korrespondiere. § 16 lit. b DBO jedoch inhaltlich mit § 36 StGBG, und § 16 lit. c DBO korrespondiere inhaltlich mit dem § 37 f StGBG. Schon dieser Vergleich zeige, daß § 16 DBO keine Ausführungsbestimmung zu § 26 StGBG darstelle. Dies ergebe sich auch daraus, daß gemäß § 1 StGBG dieses Gesetz das Dienstverhältnis der Beamten der Städte mit eigenem Statut regle, somit lediglich das Dienstverhältnis eines Teiles der im Magistrat beschäftigten Bediensteten. Es finde folglich die BDO ihre rechtliche Grundlage in § 38 Abs. 3 des Statuts für die Stadt Steyr 1992, wonach der innere Dienstbetrieb durch eine Dienstbetriebsordnung geregelt werde und insofern Gültigkeit für alle Bediensteten des Magistrats der Stadt Steyr habe. Die Normadressaten beider Rechtsnormen seien somit nicht deckungsgleich.

Was den Vorwurf der Ordnungswidrigkeit durch "Fehlbuchungen" anbelange, sei die belangte Behörde als Disziplinarbehörde - ungeachtet einer gewissen Sympathie für die Sichtweise des Beschwerdeführers - "dem Recht verpflichtet". Die mangelnde Schwere und die geringen negativen Folgen dieser Dienstpflichtverletzung seien jedoch von der Erstbehörde ausreichend dadurch berücksichtigt worden, daß sie dies bei der Strafbemessung nicht straferhöhend gewertet habe.

Im Rahmen der sodann anschließenden Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen zur Strafhöhe geht die belangte Behörde neuerlich auf die Ergebnisse der telefonischen und schriftlichen Befragung des Oberarztes Dr. H ein, um zur Schlußfolgerung zu gelangen, es sei als erwiesen anzusehen, daß die behandelnden Ärzte nicht explizit empfohlen hätten, die Türkeireise in der aktenkundigen Art und Weise durchzuführen. Nach weiteren Erwägungen zur Beweiswürdigung kommt die belangte Behörde zum Schluß, die Aussagen der behandelnden Ärzte ließen deutlich erkennen, daß sie die Türkeireise nicht empfohlen, sondern vielmehr lediglich aus medizinischer Sicht nichts dagegen einzuwenden gehabt hätten, und zwar in Unkenntnis der Tatsache, daß der Beschwerdeführer mit seinem sechsjährigen Kind und ohne weitere Begleitperson die Reise anzutreten beabsichtigt habe. Die Behörde gestehe dem Beschwerdeführer auch zu, daß es sich nicht um einen reinen Erholungsurlaub im Sinne des § 36 StGBG gehandelt habe, da ein solcher allein aus rechtlicher Erwägung im aufrechten und zulässigen Krankenstand unmöglich sei. Die belangte Behörde könne aber auch bei der Annahme, daß es sich um einen Genesungsaufenthalt im Sinne der Verteidigungsstrategie des Beschwerdeführers gehandelt haben könnte, ein rechtmäßiges oder schuldbefreiendes Verhalten nicht erkennen, weil der Beschwerdeführer weder einen solchen gemeldet noch bewilligt bekommen habe. Sie sei vielmehr zur Überzeugung gekommen, daß das persönliche Verhalten, welches im Umfeld der Türkeireise gesetzt worden sei, einer rein dem privaten Interesse dienenden Reise gleiche, womit den Überlegungen der Behörde erster Instanz gefolgt werde. Auch sei der medizinische Aspekt nicht die Kernfrage des Verfahrens, sondern vielmehr die Tatsache, daß es sich bei der Türkeireise um eine rein dem privaten Interesse dienende Reise gehandelt habe, die weder medizinisch indiziert und notwendig noch mit dem Dienstgeber in ihrer Art und Weise abgesprochen und so ein klarer Mißbrauch des rechtmäßigen und dem Dienstgeber bekannten Krankenstandes gewesen sei. Die belangte Behörde teilte auch "nicht den Standpunkt des Beschwerdeführers, es sei "egal", was er im Krankenstande tue bzw. wo er sich aufhalte und - angeblich - Linderung für sein Leiden suche. Handle es sich aber um eine nicht gerechtfertigte bzw. unzulässige Verhaltensweise im Krankenstand, konkret sogar um einen Mißbrauch zu privaten Zwecken, so lasse dies keinen nur geringen Schuldgehalt erkennen, und zöge dies auch nicht keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich, weil gegen diese Annahme sowohl die negative Beispielswirkung für den Dienstbetrieb als auch berechtigter Unmut der Öffentlichkeit sprächen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem "subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, daß bei der gegebenen Sach- und Rechtslage er nicht eines Disziplinarvergehens und/oder einer Ordnungwidrigkeit schuldig erkannt werde und gegen ihn auch keine Strafe verhängt werde".

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, unterlassene Beweiswiederholung, Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter, Überschreitung des Verweisungsbeschlusses sowie unzureichende Begründung geltend, im übrigen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

§ 21 des Oberösterreichischen Landesgesetzes vom betreffend das Dienstrecht der Beamten der Städte mit eigenem Statut (Statutargemeinden-Beamtengesetz, StGBG) regelt die allgemeinen Pflichten der Beamten. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"(1) Der Beamte hat sein Dienstgelöbnis unverbrüchlich einzuhalten, seine volle Kraft dem Dienst zu widmen, den mit seiner Stellung verbundenen dienstlichen Verrichtungen in ihrem ganzen Inhalt und Umfang nach bestem Wissen und mit anhaltendem Fleiß sowie mit voller Unparteilichkeit zu obliegen. Hiebei ist er an die bestehenden Gesetze, Verordnungen und Dienstweisungen gebunden.

(2) Der Beamte hat die festgesetzten Arbeitszeiten einzuhalten. Nach Erfordernis sind die Dienstleistungen auch über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus auszudehnen.

(3) Der Beamte hat den Weisungen seiner Vorgesetzten Folge zu leisten, den Parteien, den Vorgesetzten und auch den Untergebenen sowie den übrigen Bediensteten mit Anstand und Achtung zu begegnen, und in und außer Dienst das Standesansehen zu wahren. Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn sie von einem unzuständigen Organ erteilt wurde oder wenn die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(4) Der Umfang der Dienstobliegenheiten ist nach den besonderen, für die einzelnen Beamtengruppen geltenden Vorschriften, oder, wenn diese nicht ausreichen, nach der Natur und dem Wesen des Dienstes zu beurteilen.

(5) Der Beamte ist zur raschen und wirksamen Durchführung seiner dienstlichen Obliegenheiten verpflichtet.

(6)......"

§ 26 Abs. 1 StGBG sieht vor, daß kein Beamter, außer im Fall einer Krankheit oder eines anderen Hindernisses ohne vorschriftsmäßig erteilte Bewilligung seines Dienststellenleiters vom Dienste fernbleiben darf. Der Beamte hat die Dienstverhinderung dem Dienststellenleiter unverzüglich anzuzeigen und auf Verlangen den Grund der Verhinderung nachzuweisen.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist ein wegen Krankheit vom Dienst abwesender Beamter verpflichtet, sich auf Anordnung des Magistrats einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

Die Ahndung von Pflichtverletzungen behandelt der

6. Abschnitt des StGBG beginnend mit § 66.

In § 89 Abs. 4 StGBG, der den Ablauf der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkommission zum Gegenstand hat, wird bestimmt, daß die Verhandlung mit der Verlesung des Verweisungsbeschlusses beginnt. Hierauf hat die Vernehmung des Beschuldigten, der Zeugen und Sachverständigen und, soweit erforderlich, die Verlesung der im Vorverfahren aufgenommenen Protokolle und der sonstigen Urkunden zu erfolgen.

§ 97 StGBG behandelt das Verfahren vor der Disziplinaroberkommission. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung entscheidet die Disziplinaroberkommission in mündlicher Verhandlung und - sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist - in der Sache selbst. Sie kann das angefochtene Erkenntnis in jeder Richtung abändern, doch darf ein nur zugunsten des Beschuldigten eingebrachtes Rechtsmittel zu keiner strengeren Bestrafung als der in erster Instanz verhängten führen. Nach Abs. 2 leg. cit. ist von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abzusehen,

a) wenn die Berufung unzulässig ist oder verspätet eingebracht oder von einer Person erhoben wurde, der das Berufungsrecht nicht zusteht;

b) wenn die Disziplinaroberkommission eine Ergänzung der Untersuchung für notwendig hält; in diesem Fall ist die Durchführung der Disziplinarkommission auftragen;

c) wenn wesentliche Mängel des Verfahrens seine Wiederholung in erster Instanz erforderlich machen; in diesem Fall ist das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und die Sache an die Disziplinarkommission zurückzuverweisen;

d) wenn eine Berufung nur die Entscheidung über den Kostenersatz betrifft.

Nach Abs. 3 des § 97 StGBG sind auf das Verfahren vor der Disziplinaroberkommission im übrigen die Vorschriften über das Verfahren vor der Disziplinarkommission sinngemäß anzuwenden.

Wie sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom ergibt, hat im vorliegenden Fall entgegen dem gemäß § 97 Abs. 3 StGBG anzuwendenden § 89 Abs. 4 StGBG die belangte Behörde Urkunden oder Protokolle, mit Ausnahme der im durch die belangte Behörde angeordneten ergänzten Verfahren aufgenommenen Aktenvermerke, nicht verlesen. Lediglich der Hinweis darauf, daß "allen Beteiligten der Verfahrensstand bekannt" sei, ersetzt die vom Gesetz angeordnete Verlesung schon aus dem Grunde nicht, weil damit nicht mit ausreichender Deutlichkeit klargelegt wird, was tatsächlich sachverhaltsmäßige Entscheidungsgrundlage für die belangte Behörde war oder hätte sein können. Damit aber entzieht sich die angefochtene Entscheidung einer entsprechenden nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof in Richtung mangelhafter Ermittlungen, mangelnder oder unrichtiger Feststellungen oder Aktenwidrigkeiten. Einer der Fälle des § 97 Abs. 2 StGBG, bei deren Vorliegen von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abzusehen ist, liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Nicht bereits aus diesem Grund allein erweist sich aber der von der belangten Behörde nicht beachtete Grundsatz der Unmittelbarkeit als entscheidungswesentlich. Gemäß § 112 StGBG sind, soweit im 6. Abschnitt dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt ist, im Disziplinarverfahren die für das Verwaltungsstrafverfahren geltenden Vorschriften also jedenfalls auch § 51i VStG, anzuwenden. Nach Konzeption und Sinngehalt der Einrichtung der Disziplinar(ober)kommissionen in Verfahren, die strafverfahrensähnlichen Charakter aufweisen, hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken, auch jene Bestimmungen des VStG im Bereich des (Sonder-)Disziplinarrechtes für subsidiär anwendbar anzusehen, die sich in Entsprechung des Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Wahrung des Interessenschutzes des Betroffenen auf ein Strafverfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten beziehen. Liegen die Voraussetzungen für die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht vor, so hat daher die Disziplinaroberkommission mündlich zu verhandeln und auf Grund der in dieser Verhandlung gewonnenen Beweisergebnisse in der Sache selbst zu entscheiden. Dies entspricht dem Grundsatz der Unmittelbarkeit, der u.a. auch gewährleisten soll, der Disziplinar(ober)kommission ein lebendiges Bild zu vermitteln und volles Gehör zu schaffen. Bei Wahrung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit können auch die Glaubwürdigkeit der Aussagen besser überprüft und etwaige Mißverständnisse aufgeklärt werden. In diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer zu Recht die Unterlassung der persönlichen Vernehmung des von ihm beantragten Zeugen Dr. H.

Die belangte Behörde begründete die Ablehnung des Antrages auf persönliche Ladung dieses Zeugen mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 19 Abs. 1 AVG. Gemäß § 19 Abs. 1 AVG 1991 ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten sind auch Ladungen von Personen, die ihren Aufenthalt (Sitz) außerhalb des Amtsbereiches des unabhängigen Verwaltungssenates haben, zulässig. Da die Verweisungsbestimmung des § 112 StGBG keine Einschränkung auf den allgemeinen Teil des VStG enthält, kann nicht davon ausgegangen werden, daß im Verfahren vor der Disziplinar(ober)kommission nach dem StGBG im Rahmen der Verweisung durch § 24 VStG auf § 19 AVG nur Satz 1 des ersten Absatzes dieser Bestimmung, nicht aber auch jene betreffend die mündlichen Verhandlungen vor den unabhängigen Verwaltungssenaten gilt. Daher teilt der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde vertretene Ansicht nicht, die Disziplinar(ober)kommission habe im Sinne des § 19 Abs. 1 erster Satz AVG 1991 hinsichtlich jener Personen, die nicht in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben, keinerlei Ladungsbefugnis. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, der belangten Behörde wäre - als einer den unabhängigen Verwaltungssenaten vergleichbaren Behörde - auch eine Ladung nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz AVG im Wege der Amtshilfe möglich gewesen. Es kann auch nicht wegen berufsbedingter Terminschwierigkeiten eines beantragten Zeugen von dessen persönlichen Erscheinen von vornherein abgesehen werden. In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht einmal den Versuch unternommen, den vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen Dr. H zur mündlichen Verhandlung zu laden, wodurch der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten beschnitten wurde. Daran ändert auch die von der belangten Behörde eingeräumte Möglichkeit nichts, den Zeugen auf telefonischem Weg unter Zuhilfenahme akustischer Hilfsmittel zu befragen, fehlt es dieser Art der Befragung doch gänzlich an dem persönlichem Eindruck, den sich bei einem persönlichen Erscheinen des Zeugen sowohl Behörde als auch Parteien hätten machen können. Letztlich wird in der Beschwerde zutreffend auch auf die Möglichkeit der Rechtshilfe im Sinne des § 55 AVG verwiesen, die von der belangten Behörde offenbar nicht in Erwägung gezogen wurde. Auch hiezu fehlt eine entsprechende Begründung.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher insbesondere die Bestimmung des § 89 Abs. 4 StGBG, welcher auf das Verfahren vor der Disziplinaroberkommission Anwendung zu finden hat, Bedacht zu nehmen haben. Danach müssen sämtliche der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalte Gegenstand der mündlichen Erörterung gewesen sein. Außer der Vernehmung des Beschwerdeführers hat in der vor der belangten Behörde stattgefundenen mündlichen Berufungsverhandlung kein Beweisverfahren stattgefunden.

Die aufgezeigten und in der Beschwerde gerügten Verfahrensverletzungen erweisen sich jedenfalls für die Beurteilung der Straffrage als relevant.

Zutreffend hat die belangte Behörde aber bereits in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/09/0285, zitiert, wonach eine Urlaubsreise trotz aufrechten Krankenstandes grundsätzlich geeignet ist, einen Verstoß gegen die Treuepflicht eines Beamten darzustellen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des damaligen Beschwerdeführers nicht geteilt, wonach eine "Urlaubsreise" eines Beamten während eines (gerechtfertigten) Krankenstandes nur einen geringen Schuldgehalt erkennen lasse und keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich ziehe, weil gegen diese Annahme sowohl die negative Beispielswirkung für den Dienstbetrieb als auch der berechtigte Unmut der Öffentlichkeit sprechen.

Ein Dienstvergehen liegt vor, wenn ein Beamter durch eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung oder Unterlassung eine Dienstpflicht verletzt. Unter Schuld ist die Vorwerfbarkeit der Tat mit Rücksicht auf die darin liegende zu mißbilligende Gesinnung des Täters zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/09/0119, auch hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/09/0076). Die Feststellung der objektiven Pflichtenverletzung reicht nicht aus, vielmehr muß in jedem Einzelfall die Vorwerfbarkeit (subjektive Voraussetzung) geprüft werden. Der Beschwerdeführer hat sich im Verwaltungsverfahren im wesentlichen damit verantwortet, er sei (subjektiv) der Meinung gewesen, die von ihm gebuchte Türkeireise sei ihm von den behandelnden Ärzten "empfohlen" worden und zur Wiederherstellung seiner Gesundheit förderlich gewesen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß es dem Beschwerdeführer als Beamten gemäß seiner Treueverpflichtung der Dienstbehörde gegenüber oblegen wäre, dieser die rechtliche Wertung seiner allenfalls aufgrund medizinischer Indikation während seines (gerechtfertigten) Krankenstandes von ihm angestrebten Ortsabwesenheit im Ausland zu überlassen. Die Frage der Rechtfertigung der Abwesenheit vom Dienst oder - wie hier - vom Ort des Krankenstandes, ist eine von der Dienstbehörde zu beurteilende Frage, zu deren Beantwortung eine allenfalls zu bejahende medizinische Indikation lediglich die sachverhaltsmäßige Grundlage schafft. Aus diesem Grunde kann sich die die Schuldfrage betreffende Rechtfertigung des Beschwerdeführers nicht mit Erfolg ausschließlich auf ein allenfalls positives medizinisches Kalkül stützen; vielmehr hätte es von seiten des Beschwerdeführers vor Antritt der Reise einer Kontaktaufnahme mit der Dienstbehörde bedurft. Daher kam dem Anbringen des Beschwerdeführers zur Schuldfrage keine Bedeutung zu. Hingegen konnte sich - wie bereits oben ausgeführt - die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Fragen für die Behandlung allfälliger Strafmilderungsgründe auswirken.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Im übrigen jedoch war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.