VwGH vom 10.05.2001, 98/15/0208
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der R GmbH in W, vertreten durch Binder, Grösswang & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom , RV/339-17/14/97, betreffend Gewerbesteuer 1994 zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist aufgrund Verschmelzung als übernehmende Gesellschaft Rechtsnachfolgerin der L-GesmbH (nachfolgend: aufgenommene Gesellschaft). Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die Gewerbesteuer für den Gewerbebetrieb der aufgenommenen Gesellschaft unter Einbeziehung von Kammerumlagen mit einem Hebesatz von 331% festgesetzt.
Die Beschwerdeführerin erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1052/98-3, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.
In der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wird gegen den angefochtenen Bescheid u.a. ausgeführt, es liege eine gesetzwidrige Zusammensetzung des erkennenden Berufungssenates VII vor, weil an der Berufungsentscheidung Herr K mitgewirkt habe. Dieser sei dem Senat nicht als Mitglied, sondern bloß als Stellvertreter zugewiesen. Eine Mitwirkung komme daher nur dann in Betracht, wenn alle entsendeten Mitglieder des Berufungssenates verhindert seien. Dafür finde sich aber in der Berufungsentscheidung und auch sonst kein Anhaltspunkt. Die Verhinderung aller Senatsmitglieder wäre auch höchst unwahrscheinlich, da dem Berufungssenat aus der Gruppe der entsendeten Mitglieder 30 Personen zugewiesen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 270 Abs. 3 BAO entscheidet über Berufungen gemäß § 260 Abs. 2 leg. cit. ein fünfgliedriger Berufungssenat, der sich aus dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion oder einem von ihm bestimmten Finanzbeamten als Vorsitzenden und vier Beisitzern zusammensetzt. Von den Beisitzern habe einer der Gruppe der ernannten und drei der Gruppe der entsendeten Mitglieder der Berufungskommissionen anzugehören. Ein Mitglied muss von einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe, ein weiteres von einer gesetzlichen Berufsvertretung unselbständiger Berufe entsendet sein, während das dritte Mitglied von der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers entsendet sein soll.
Nach § 263 Abs. 2 BAO besteht die Berufungskommission aus zwei Gruppen von Mitgliedern, welche in je einer Liste vereinigt sind. Die erste Gruppe setzt sich aus den von den gesetzlichen Berufsvertretungen entsendeten im jeweiligen Bundesland wohnhaften Mitgliedern zusammen, wobei das Bundesministerium für Finanzen die Zahl der von den einzelnen Berufsvertretungen zu entsendenden Mitglieder unter Berücksichtigung der Bedeutung der Berufsgruppen für die Steuerleistung im Bundesland bestimmt. Die Mitglieder der zweiten Gruppe werden in erforderlicher Zahl vom Bundesministerium für Finanzen ernannt. Abs. 3 des § 263 BAO bestimmt, dass neben den Mitgliedern der Berufungskommission nach den Grundsätzen des Abs. 2 leg. cit. die gleiche Anzahl von Stellvertretern zu bestellen und gleichfalls in je einer Liste zu vereinigen ist.
Stellvertreter sind erst dann zur Mitwirkung in Berufungssenaten heranzuziehen, wenn alle Mitglieder (der betreffenden Gruppe bzw des Bereiches der selbständigen oder unselbständigen Berufe) an der Mitwirkung verhindert sind. Die Verhinderung der Mitglieder ist von der belangten Behörde darzutun (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2000/14/0056).
Wie von der Beschwerdeführerin zutreffend aufgezeigt, scheint in der von der belangten Behörde vorgelegten Geschäftsverteilung Herr K lediglich als von einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe entsendetes stellvertretendes Mitglied des Senates VII auf. Weder im angefochtenen Bescheid noch in der Gegenschrift hat die belangte Behörde die Verhinderung aller von den gesetzlichen Berufsvertretungen selbständiger Berufe in die Berufungskommission entsendeten, dem Berufungssenat zugewiesenen Mitglieder dargetan. Die in der Beschwerde gerügte Mitwirkung des Herrn K in seiner Stellung als von einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe entsendeter Stellvertreter an der Entscheidung des Berufungssenates erweist sich daher als rechtswidrig.
Da der Berufungssenat, der den angefochtenen Bescheid beschlossen hat, nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt war, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben. Von der Behandlung der weiteren Beschwerdepunkte konnte daher abgesehen werden.
Die Entscheidung konnte in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gefällt werden.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 2 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Schriftsatzaufwand beinhaltet bereits die Umsatzsteuer.
Wien, am