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VwGH vom 06.04.1995, 93/15/0071

VwGH vom 06.04.1995, 93/15/0071

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Dr. W, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , Zl. B 5-6/92, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurde gegen den Beschwerdeführer ein Strafverfahren gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, daß der Beschwerdeführer vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung an Einkommensteuer (für 1987 in Höhe von S 48.000,--, für 1988 in Höhe von S 75.400,-- und für 1989 in Höhe von S 65.000,--) bewirkt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 leg. cit. begangen habe. Im Abgabenverfahren - auf den Betriebsprüfungsbericht vom und auf eine Berufungsvorentscheidung vom wird Bezug genommen - sei nämlich zutage getreten, daß das Monatsgehalt der Ehegattin des Beschwerdeführers von 1982 bis Juni 1987 für ihre Halbtagstätigkeit in der Rechtsanwaltskanzlei des Beschwerdeführers S 9.000,-- betragen habe, dann aber mit der zeitlichen, nicht aber sachlichen Ausweitung auf eine Ganztagstätigkeit verdreifacht worden sei. Sie verdiene seither mehr als die Kanzleileiterin des Beschwerdeführers. Es sei offensichtlich, daß die exorbitante Gehaltserhöhung der Ehegattin des Beschwerdeführers auf rein privaten Motiven des Beschwerdeführers beruhe. Infolge der langjährigen Unternehmertätigkeit des rechtskundigen Beschwerdeführers bestehe der Verdacht einer Abgabenhinterziehung (im Ausmaß des privat veranlaßten Teiles des Lohnaufwandes).

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Administrativbeschwerde vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, daß er keine Abgabenverkürzung begangen habe, weil die Entlohnung seiner Ehegattin jedem Fremdvergleich standhalte. Er habe auch keinerlei abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt. Die regelmäßig durchgeführten Lohnsteuerprüfungen und eine Betriebsprüfung für frühere Zeiträume hätten in dieser Hinsicht keinen Anlaß zur Beanstandung geboten. Auch seien sowohl die Lohnsteuer als auch die Sozialversicherungsbeiträge laufend von den seiner Ehegattin tatsächlich ausbezahlten Gehältern abgeführt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde ab. Begründend heißt es darin, der Hinweis des Beschwerdeführers "auf den Fremdvergleich mit anderen Anwaltskanzleien" sowie auf die besondere Qualifikation der Ehegattin des Beschwerdeführers vermöge die im internen Betriebsvergleich ermittelte Diskrepanz zwischen den Gehältern der Ehegattin des Beschwerdeführers und der bereits länger beschäftigten Kanzleileiterin nicht zu erklären. Der Beschwerdeführer habe auch den für die Abgabenpflicht bedeutsamen Umstand der exorbitanten Erhöhung des Gehaltes seiner Ehegattin nicht in einer der rechtlichen Beurteilung durch die Behörde zugänglichen Art offengelegt und dadurch die abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt. Durch die Geltendmachung von überhöhten Teilen der Gehaltszahlungen an seine Ehegattin als Betriebsausgaben für den Zeitraum vom bis Ende 1989 erscheine eine Abgabenverkürzung und damit in objektiver Hinsicht der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FinStrG erfüllt. Im Hinblick auf die langjährige Tätigkeit des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt, welcher seine Abgabenerklärungen stets selbst verfaßt habe und daher mit den Vorschriften des Einkommensteuerrechtes vertraut sein müsse, bestehe der Verdacht, der Beschwerdeführer habe die durch die Geltendmachung überhöhter Betriebsausgaben eingetretene Abgabenverkürzung "zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 82 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 leg cit zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt sich, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung des Strafverfahrens hat sie unter anderem dann abzusehen, wenn die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann oder der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat.

Für die auf der Grundlage des § 82 Abs 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. bspw. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 92/15/0173, 93/15/0132, mwN) folgendes von Bedeutung:

Im Spruch eines Einleitungsbescheides muß das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", somit nicht in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung des Einleitungsbescheides ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muß sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt.

Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung. Er ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 Abs 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, geht es nicht darum - wie es dem Beschwerdeführer offenbar vorschwebt - schon die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorweg zu nehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Vorerhebungen für einen Verdacht ausreichen. Ob der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 114 f FinStrG vorbehalten (vgl. neben dem schon zitierten Erkenntnis auch das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 93/14/0020, 0060, 0061, und die dort zitierten Vorerkenntnisse).

Soweit die Beschwerde vorbringt, von einer Abgabenverkürzung und dementsprechend auch von einer Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht könne im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil der Beschwerdeführer seine Ehegattin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum angemessen entlohnt habe, wird auf das denselben Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 93/15/0064, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof die gegen die betreffenden Abgabenbescheide erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat. Insbesondere wurde darin auch der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe in den Abgabenbescheiden einen Teil der seiner Ehegattin gezahlten Gehälter zu Unrecht als das fremdübliche Ausmaß übersteigend beurteilt, als nicht begründet angesehen.

Die Beschwerde bringt für den somit vorliegenden Fall, daß ihre Verantwortung in bezug auf die objektive Tatseite der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt würde, vor, die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers sei jedenfalls vertretbar gewesen und liege daher ein Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 9 leg. cit. bzw. des § 9 StGB vor.

Diesem Beschwerdevorbringen wird im Finanzstrafverfahren nachzugehen sein. Daraus ergibt sich aber nicht, daß die belangte Behörde die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens nicht dem Gesetz entsprechend beantwortet hat.

Aus diesen Erwägungen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.