zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 22.11.2001, 98/15/0198

VwGH vom 22.11.2001, 98/15/0198

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde des H in H, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII A) vom , GZ. 17-96/4092/04, betreffend Einkommensteuer 1991 bis 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielt als Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Er ermittelt den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG.

Im Zuge einer den Zeitraum 1991 bis 1993 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung traf der Prüfer folgende Feststellung:

Der Beschwerdeführer habe von April 1988 bis März 1991 den Pkw 1 (Leasingdauer 36 Monate, Bruttoleasingrate 11.375 S) und von April 1991 bis März 1994 den Pkw 2 (Leasingdauer 36 Monate, Bruttoleasingrate 13.510 S) im Wege des Vollamortisationsleasings geleast. Nach Ablauf des jeweiligen Leasingvertrages habe die Ehefrau des Beschwerdeführers sowohl den Pkw 1 (Kaufpreis 12.804 S) als auch den Pkw 2 (Kaufpreis 14.905 S) von der Leasinggesellschaft gekauft.

Der Prüfer ging davon aus, dass der Beschwerdeführer jeweils ein Wirtschaftsgut "Aufgriffsrecht" erworben habe. Der Wert dieses Rechts sei mit der Differenz zwischen dem Eurotaxwert des Pkw zum Zeitpunkt des Ablaufes des jeweiligen Leasingvertrages (März 1991 bzw. März 1994) und dem Kaufpreis für den Pkw 1 (12.804 S) bzw. den Pkw 2 (14.905 S) anzusetzen und auf den Zeitpunkt des Beginnes des Leasingvertrages (somit 36 Monate) abzuzinsen. 1/36 des abgezinsten Wertes des Aufgriffsrechts sei der Betrag, den der Beschwerdeführer monatlich (im Rahmen der Leasingrate) als Kaufpreis für das Aufgriffsrecht bezahle. Daher sei jede monatliche Leasingrate aufzuteilen: Ein Teil der Rate sei reines Mietentgelt und daher als Betriebsausgabe anzuerkennen, der andere Teil (3,458 S bzw. 3.208 S) zähle zu den Anschaffungskosten des Aufgriffsrechts und sei zu aktivieren.

Am Ende der Laufzeit des jeweiligen Leasingvertrages werde das Aufgriffsrecht vom Beschwerdeführer aus dem Betriebsvermögen entnommen und seiner Ehefrau überlassen. Diese erlange dadurch die Berechtigung, das jeweilige Leasingfahrzeug zum Preis von 12.804 S (Pkw 1) bzw. 14.905 S (Pkw 2) zu kaufen. Die Entnahme des Aufgriffsrechts führe zu keiner Gewinnauswirkung, weil der Teilwert dem Betrag entspreche, der für das Aufgriffsrecht aktiviert worden sei (Aktivierung eines Teils der Leasingraten).

Der Ansicht des Prüfers folgend erließ das Finanzamt - nach Wiederaufnahme der Verfahren - geänderte Einkommensteuerbescheide.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide als unbegründet ab. Strittig sei, ob die Leasinggesellschaft dem Beschwerdeführer das Recht eingeräumt habe, nach Ablauf des Leasingvertrages eine Person namhaft zu machen, die das Leasinggut zu einem verbindlichen Kaufpreis in Höhe der letzten Rate erwerben könne. Bestehe ein solches Recht, sei weiters dessen Bewertung strittig.

Der Beschwerdeführer habe die schriftlichen Fassungen der beiden Leasingverträge der Abgabenbehörde vorgelegt. In diesen Fassungen sei kein Hinweis auf eine Kaufoption enthalten. Die belangte Behörde verweise aber auf die Erhebungen des Betriebsprüfers, wonach es ein weiteres Schreiben der Leasinggesellschaft gebe. Der Betriebsprüfer habe das Bestehen eines Aufgriffsrechts des Beschwerdeführers aus einem Schreiben der Leasinggesellschaft vom und einem Schreiben des Beschwerdeführers an die Leasinggesellschaft vom entnommen (Blatt 60 und 64 des Arbeitsbogens).

Im Schreiben der Leasinggesellschaft vom werde (betreffend den Leasingvertrag zu Pkw 1) ausgeführt:

"Die Grundleasingzeit für Ihren oben angeführten Leasingvertrag läuft am ab. Beiliegend überreichen wir Ihnen ein Formblatt, aus dem Sie die Möglichkeiten nach Vertragsende ersehen können. Sollten Sie sich für die Kaufvariante entscheiden, werden wir das Leasingobjekt zum Preis von S 9.700 zuzügl 32% MwSt an einen durch Sie genannten Käufer veräußern. Bitte leiten Sie uns das beigelegte Schreiben unterfertigt bis spätestens 14 Tage vor Vertragsende zu."

Das Schreiben vom sei jener vom Beschwerdeführer an die Leasinggesellschaft zu retournierende Formbrief, der dem Beschwerdeführer offensichtlich im Zusammenhang mit dem Leasingvertrag über den Pkw 2 übermittelt worden sei. Es lautet:

"Ich/Wir entscheide(n) mich(uns) nach Vertragsende für die nachstehend angekreuzte Variante:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.)
Vertrags-Verlängerung auf Monate
2.)
Kauf zum Preis von ÖS 11.291,45 zuzügl. 32% MwSt
3.)
Rückgabe des Objektes
...
Das Objekt soll verkauft werden an "

Auf diesem Formbrief habe der Beschwerdeführer die Variante 1 durchgestrichen. Als Käufer sei die Ehefrau des Beschwerdeführers eingesetzt worden.

Die belangte Behörde ziehe aus den beiden Schriftstücken folgende Schlussfolgerung: Es sei dem Beschwerdeführer von der Leasinggesellschaft das Recht eingeräumt worden, am Ende der Leasingdauer eine Person namhaft zu machen, die das Leasinggut um den Preis einer Leasingrate kaufen könne. Dieses Recht sei zwar nicht im Leasingvertrag festgeschrieben, die vorliegende Korrespondenz lasse aber den Schluss auf Nebenabreden eindeutig zu. Die Behauptung des Beschwerdeführers, das Aufgriffsrecht bestehe nicht, stehe somit im Widerspruch zu den festgestellten Tatsachen. Obwohl zwischen dem Ende des ersten und jenem des zweiten Leasingvertrages drei Jahre vergangen seien, seien die Verträge augenscheinlich vollkommen gleichartig abgewickelt worden. Die belangte Behörde verweise in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es aus Kosten-Nutzen-Überlegungen völlig unverständlich wäre, hätte der Beschwerdeführer einen Leasingvertrag abgeschlossen, bei dem innerhalb kurzer Zeit der gesamte Kaufpreis zuzüglich einer Verzinsung zu bezahlen sei, wenn er am Ende der Vertragsdauer für das Leasinggut noch einen Kaufpreis in Höhe des tatsächlichen Verkehrswertes bezahlen müsste. Dies stelle sich im Beschwerdefall folgendermaßen dar:

Pkw 1

Pkw 2

Neukaufpreis

350.000

420.000

Leasingrate monatlich

Gesamte Leasingzahlung

11.375

409.500

13.510

486.360

Verkehrswert bei Vertrags-ende Restwert-Kaufpreis

179.000

12.804

169.000

14.905

Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Neukaufpreis und dem Betrag der gesamten Leasingzahlung sei das Kaufanbot zum Restwert die einzige logische und wirtschaftlich rationale Art der Geschäftsabwicklung.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer ein Aufgriffsrecht erworben habe, das zwar nicht für die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums am Leasinggut an ihn ausreiche, wohl aber zu einem im wirtschaftlichen Verkehr selbständig bewertbaren Gut führe.

Das Recht, einen Pkw, der noch einen Wert von ca 170.000 S aufweise, um ca 13.000 S zu kaufen, habe die Leasinggesellschaft dem Beschwerdeführer mit Sicherheit nicht unentgeltlich eingeräumt. Dieser Vermögensvorteil sei vielmehr bereits in den über 36 Monate zu leistenden Leasingraten enthalten. Daraus ergebe sich eine Bewertungsgrundlage für die Aktivierung des Aufgriffsrechts. Dabei gehe es um die Aktivierung eines Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens, die auch ein Einnahmen-Ausgaben-Rechner vorzunehmen habe. Die Schätzung des Verkehrswertes der Pkw im Zeitpunkt des Ablaufes der Leasingverträge sei mittels der "eurotax" Listen erfolgt; es könne daher nicht von einer unqualifizierten Schätzung gesprochen werden.

Durch die Entscheidung des Beschwerdeführers, die Pkw 1 und 2 nicht für den Betrieb zu erwerben, seien dem Betrieb jeweils beträchtliche Vermögenswerte (Unterschied zwischen Verkehrswert und Restwert) entgangen.

Das Finanzamt habe zu Recht das Aufgriffsrecht aktiviert und damit nur einen Teil der Leasingrate als Betriebsaugabe anerkannt.

Mit Beschluss vom , B 1433/98, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass dem Beschwerdeführer ein Aufgriffsrecht zum Erwerb der Leasingobjekte ausdrücklich eingeräumt worden sei. Eine entsprechende Vereinbarung sei zwar nicht in den schriftlichen Leasingverträgen enthalten. Es seien aber zwischen der Leasinggesellschaft und dem Beschwerdeführer Nebenabreden getroffen worden, mit denen das Aufgriffsrecht begründet worden sei.

Die Beweiswürdigung der Abgabenbehörde ist insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0257).

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Insbesondere im Hinblick auf die im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens der Abgabenbehörde bekannt gewordenen beiden Schriftstücke im Zusammenhang mit den im angefochtenen Bescheid angestellten Wirtschaftlichkeitsüberlegungen erweist sich die Sachverhaltsfeststellung der belangen Behörde als das Ergebnis schlüssiger Beweiswürdigung.

Wirtschaftgüter sind alle im wirtschaftlichen Verkehr nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbaren Güter jeder Art (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 82/13/0174).

Wenn die belangte Behörde das vertraglich eingeräumte Aufgriffsrecht als Wirtschaftsgut angesehen hat, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Da das Wirtschaftsgut im Zusammenhang mit einem synallagmatischen Vertrag erworben worden ist, hat die belangte Behörde zutreffend einen Teil der Leasingraten diesem Wirtschaftsgut als Kaufpreis zugeordnet. Dabei konnte sich die belangte Behörde darauf stützen, dass das Aufgriffsrecht einen Wert verkörpert und ein solcher Wert im Wirtschaftsleben nicht unentgeltlich eingeräumt wird.

Die Beschwerde befasst sich weitwendig mit der Frage, ob sich auch aus bloß branchenüblichem Verhalten der Leasinggesellschaft ein Aufgriffsrecht ergäbe, welches als Wirtschaftsgut zu aktivieren sei. Auf dieses Vorbringen war nicht einzugehen, weil es sich nach dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes (§ 41 Abs. 1 VwGG) im gegenständlichen Fall um ein vertraglich zugesichertes Aufgriffsrecht handelt.

Wenn der Beschwerdeführer die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben rügt, weil die Einkommensteuerrichtlinien beim Vollamortisationsvertrag im Falle einer Option zum Kauf des Leasinggegenstandes zu einem "wirtschaftlich unbedeutenden" Kaufpreis das wirtschaftliche Eigentum am Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zurechnen, genügt es darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes (Recht, die monatlichen Leasingraten sofort als Betriebsausgaben absetzen zu können) eine Verletzung in subjektiven Rechten nicht darin gelegen sein kann, dass die belangte Behörde ohnedies einen Teil jeder Leasingrate als Mietentgelt und damit als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe gehandelt hat.

Der Beschwerdeführer verweist auch darauf, dass die geänderten Einkommensteuerbescheide nach Wiederaufnahme der Verfahren ergangen sind. Gemäß § 307 Abs. 2 BAO dürfe daher eine seit Erlassung der früheren Bescheide eingetretene Änderung der Rechtsauslegung, die sich auf eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes oder auf eine allgemeine Weisung des Bundesministeriums für Finanzen stütze, nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers berücksichtigt werden.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass es weder allgemeine Weisungen des Bundesministeriums für Finanzen noch Judikatur gegeben hat, wonach ein vertraglich zugesichertes Aufgriffsrecht nicht als Wirtschaftsgut zu aktivieren sei, wenn nach den Umständen des Einzelfalles das wirtschaftliche Eigentum am aufzugreifenden Gut nicht auf den Aufgriffsberechtigten übergegangen ist. Solcherart kann aber auch von einer Änderung der Rechtsprechung oder allgemeiner Weisungen keine Rede sein.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am