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VwGH vom 22.03.1995, 93/15/0067

VwGH vom 22.03.1995, 93/15/0067

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Dr. T, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. B 49-3/92, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1987 und 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage strittig, ob die in den Streitjahren vom Beschwerdeführer (einem Rechtsanwalt) erlittenen Forderungsverluste auf Grund von "kurzfristigen Akontierungen" an bzw. für Klienten als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Der Beschwerdeführer führte im Verwaltungsverfahren aus, die betriebliche Struktur seiner Kanzlei bringe es mit sich, daß wenigstens 50 % des Gesamtumsatzes auf dem Außerstreitsektor (Durchführung von Umschuldungen und damit verbunden die Übernahme von Treuhandhaftungen, Abfassung von Schuld- und Pfandbestellungsurkunden, von Kaufverträgen, Gewährung von Zwischenfinanzierungen im Zuge von Abverkäufen bzw. Umschuldungen) erzielt werde. Um diesen Geschäftsbereich wirtschaftlich führen zu können, seien Zwischenfinanzierungen und Akontierungen auf zu erwartende Einnahmen aus Abverkäufen bzw. aus zukünftigen Kreditzuzählungen unentbehrlich, um Exekutionsschritte andrängender Gläubiger abzuwehren oder Zwangsverwertungen hintanzuhalten. Andernfalls würden sich Interessenten ohne Einschaltung seiner Tätigkeit unmittelbar an Käufer oder kreditgewährende Institute wenden.

Seinen im Jahr 1987 erlittenen Forderungsausfall in Höhe von S 273.000,-- stellte der Beschwerdeführer im wesentlichen wie folgt dar:

Er sei von seiner Klientin Frau K. nach diversen für sie durchgeführten Kreditaufnahmen beauftragt worden, eine ihr gehörende Liegenschaft zu einem vereinbarten Kaufpreis zu verkaufen. Infolge der Geldknappheit der Klientin habe er Akontierungen in der Gesamthöhe von S 723.000,-- auf den zu erwartenden Verkaufserlös geleistet. Schließlich habe die Klientin im August 1985 erklärt, die Liegenschaft nicht mehr verkaufen zu wollen. Zur Einverleibung von Pfandrechten auf der Liegenschaft der Klientin für einen vom Beschwerdeführer als Treuhänder erwirkten Kredit eines Bankinstitutes und für eine eigene Forderung des Beschwerdeführers an die Klientin sei es im Hinblick darauf nicht mehr gekommen, daß für die Klientin (am vorläufig und am endgültig) ein Sachwalter bestellt worden sei. In einem zwischen dem Beschwerdeführer und dem Sachwalter am geschlossenen Vergleich habe sich letzterer verpflichtet, den beim Bankinstitut aufgenommenen Kredit zurückzubezahlen und an den Beschwerdeführer eine Zahlung in Höhe von S 450.000,-- zu leisten. Insgesamt habe der Beschwerdeführer hiedurch einen Forderungsausfall in Höhe von S 273.000,-- erlitten, wovon S 210.000,-- auf die vom Beschwerdeführer übernommene Treuhandverpflichtung gegenüber dem kreditierenden Bankinstitut entfielen.

Seinen im Streitjahr 1988 erlittenen Verlust in einer Umschuldungs- und Verkaufsangelegenheit in Höhe von S 182.994,-- stellte der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren im wesentlichen wie folgt dar:

Im Zuge umfangreicher Umschuldungsaktivitäten sei er von den beiden Hälfteeigentümern beauftragt worden, ihre Liegenschaft zur Bereinigung ihrer angespannten finanziellen Situation zu verkaufen. Im August 1985 habe plötzlich einer der beiden Eigentümer das Vollmachtsverhältnis aufgelöst und den geplanten Verkauf untersagt. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer im Vertrauen auf den beabsichtigten Verkauf zur Abdeckung dringender Verbindlichkeiten der beiden Klienten "Vorausakontierungen" in Höhe von S 182.994,-- geleistet. Durch Verzögerungen bei der Einverleibung der Pfandbestellungsurkunde hätten Ansprüche des Beschwerdeführers im späteren Zwangsversteigerungsverfahren der Liegenschaftseigentümer nicht mehr berücksichtigt werden können.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde die beiden näher dargestellten Verluste des Beschwerdeführers nicht als Betriebsausgaben. Die vom Beschwerdeführer im Vertrauen auf das erfolgreiche Zustandekommen der angestrebten Umschuldungsaktivitäten an dessen Klienten bzw. an deren Gläubiger geleisteten Vorauszahlungen stellten keine betrieblichen Forderungen dar, weil es nicht zu den Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes gehöre, im Zuge von Umschuldungsaktivitäten zwischenzeitig auch als Darlehensgeber mit den damit verbundene Risken zu fungieren. Der Aufgabenkreis eines Rechtsanwaltes umfasse lediglich die rechtliche Beratung der Klienten und deren Vertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Daran vermöge auch der Hinweis auf die besondere Umsatzstruktur des Betriebes des Beschwerdeführers nichts zu ändern, da für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung, ob das Vorstrecken eines Geldbetrages in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt geschehe oder ob die Berufsausübung dazu nur die Gelegenheit schaffe, die Verkehrsauffassung maßgebend sei. Dem das Jahr 1987 betreffenden Eventualantrag des Beschwerdeführers, zumindest den Betrag von S 210.000,-- als Betriebsausgabe anzuerkennen, habe schon deshalb nicht stattgegeben werden können, weil nach dem erwähnten Vergleich die Treuhandverbindlichkeiten des Beschwerdeführers ohnedies abgedeckt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/15/0051, und die dort zitierten Vorerkenntnisse) zu Sachverhalten, in denen ein Rechtsanwalt einem Klienten "Gelder vorstreckt", ausgeführt hat, kommt es für die Abzugsfähigkeit von daraus erwachsenen Aufwendungen als Betriebsausgaben entscheidend darauf an, ob das Vorstrecken eines Geldbetrages "in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt" geschieht oder ob die Berufsausübung dazu nur die Gelegenheit schafft. Das Vorstrecken von Gerichts-, Zeugen- und Sachverständigengebühren z. B. erfolgt nach der Vorjudikatur "in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt". Das Vorstrecken eines Geldbetrages mit dem Zweck, eine drohende Insolvenz des Klienten zu vermeiden und solcherart bereits bestehende Honorarforderungen zu erhalten, wurde hingegen vom Verwaltungsgerichtshof als nicht durch den Beruf des Rechtsanwaltes veranlaßt angesehen. Der Gerichtshof hat in seiner Vorjudikatur betont, es gehöre nicht zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes, notleidende Klienten durch die Gewährung von Krediten "oder in ähnlicher Weise finanziell zu unterstützen".

Wie in dem zitierten Erkenntnis ausgeführt wurde, befindet sich der Verwaltungsgerichtshof dabei im Einklang mit der dort näher bezeichneten einschlägigen Literatur, die z.B. betont, daß die Durchführung von Geldgeschäften nicht zur Berufstätigkeit eines Rechtsanwaltes gehört und daß die Unterstützung bei der Beschaffung eines Kredites durch einen Rechtsanwalt für seinen Klienten nicht mehr seiner freiberuflichen Tätigkeit zuzuzählen ist.

Dies muß auch für den Beschwerdefall gelten.

Soweit die Beschwerde vorbringt, die gewinnträchtigen Akontierungen seien beim Beschwerdeführer sehr wohl unter den Einkünften aus selbständiger Arbeit erfaßt worden, übersieht sie, daß sich diese Gewinne schon mangels Verzinsung der kurzfristig vorgestreckten Gelder nicht auf die Akontierungen des Beschwerdeführers, sondern auf die im Rahmen seines Berufes als Rechtsanwalt ausgeübten Leistungen zurückführen lassen.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung konnte im Hinblick darauf, daß die zu lösende Rechtsfrage durch die bisherigen Rechtsprechung bereits klargestellt ist, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gefällt werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.