VwGH vom 16.02.1999, 96/08/0376

VwGH vom 16.02.1999, 96/08/0376

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in Linz, vertreten durch Mag. Gerda Ferch, Rechtsanwältin in Linz, Goethestraße 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 120.155/2-7/96, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: D GmbH in W, vertreten durch Dr. Georg Maxwald, Dr. Georg Bauer, Rechtsanwälte in Linz, Schmidtorstraße 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte GmbH ist Komplementär einer GmbH und Co KG. Mit Bescheid der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom wurde sie verpflichtet, als Dienstgeber ihrer handelsrechtlichen Geschäftsführer K. und N. Beiträge in der Höhe von S 738.119,80 nachzuentrichten. Nach einem Aktenvermerk der belangten Behörde über den Inhalt der dem erstinstanzlichen Bescheid angeschlossenen, nicht vorliegenden Nachverrechnungsanzeige erfaßte diese den Zeitraum vom bis zum . Begründend wurde im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt, an der Mitbeteiligten seien K., N. und zwei weitere Gesellschafter jeweils mit Stammeinlagen im Ausmaß von 25 % des Stammkapitals beteiligt. K. und N. seien mit monatlichen Beitragsgrundlagen von S 10.000,-- (ab : S 10.425,--) zur Pflichtversicherung gemeldet. Von der GmbH und Co KG hätte jeder von ihnen pro Geschäftsjahr "Gewinnausschüttung bzw. Vorwegbezüge" in näher genannter, jeweils Größenordnungen zwischen 1,6 und 3,0 Millionen Schilling erreichender Höhe erhalten. Die der Nachverrechnung - unter Bedachtnahme auf die Höchstbeitragsgrundlagen - zugrunde gelegte Beitragspflicht hinsichtlich dieser Beträge ergebe sich aus folgenden rechtlichen Erwägungen:

"Die Formulierung 'darüber hinaus' des § 49 Abs. 1 ASVG stellt einen Zusammenhang der Bezüge aus der KG mit den Dienstverhältnissen zur GesmbH her. Zwischen der Komplementär-GesmbH und der KG besteht ein Kausalzusammenhang, denn die GesmbH hat ein Leistungsinteresse an der KG. Dies dokumentiert sich augenscheinlich durch die Geschäftsführung der beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer (als solche als Dienstnehmer zur Pflichtversicherung gemeldet) als Rechtsvertreter der GesmbH in der KG. Die Vorwegbezüge und Gewinnausschüttungen gelten als Entgelt Dritter und unterliegen somit unter Berücksichtigung der Höchstbeitragsgrundlagen für allgemeine Beiträge und Sonderbeiträge der Beitragspflicht."

Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Einspruch.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die (aufgrund eines Devolutionsantrages zuständig gewordene) belangte Behörde diesem Einspruch Folge. Sie stellte in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides fest, die Mitbeteiligte habe für K. und N. - abgesehen von den abgeführten Beiträgen für die gemeldeten Beitragsgrundlagen - keine Beiträge und keine Verzugszinsen zu entrichten gehabt.

Diese Entscheidung stützte die belangte Behörde im wesentlichen darauf, daß die Gesellschafter der Mitbeteiligten auch zu gleichen Teilen Kommanditisten der GmbH und Co KG seien und es sich bei den von der Nachverrechnung betroffenen Zahlungen um die Gewinnausschüttungen der GmbH und Co KG an K. und N. handle, die in ähnlicher Höhe auch an die beiden anderen - in keinem Beschäftigungsverhältnis zur Mitbeteiligten stehenden - Gesellschafter gezahlt worden seien. Diese Gewinnausschüttungen seien nicht als Gegenwert für die von K. und N. als Dienstnehmer erbrachten Leistungen zu verstehen und daher nicht Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG. Sie gebührten K. und N. - ebenso wie den beiden anderen Kommanditisten der GmbH und Co KG - aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung. Ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liege nicht vor. Da die Dienstverhältnisse keinem Kollektivvertrag unterlägen, ergebe sich auch aus der Judikatur zum Anspruchslohn keine höhere als die gemeldete Beitragsgrundlage.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Partei in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge für Pflichtversicherte der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Ihre Ansicht, dies führe zur Beitragspflicht für die im vorliegenden Fall strittigen Zahlungen der GmbH und Co KG an K. und N., stützt die Beschwerdeführerin auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, wann ein nicht vom Dienstgeber, sondern von einem Dritten geleistetes Entgelt beitragspflichtig sei. Da eine derartige Beitragspflicht für den Fall eines Interesses des Dienstgebers an der vom Dritten vergüteten Leistung bejaht worden sei und die Mitbeteiligte durch die "gesellschaftsvertragliche Verstrickung" ein "Leistungsinteresse an der KG" habe, hätten K. und N. die Zahlungen der GmbH und Co KG im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG "auf Grund des Dienstverhältnisses" erhalten.

Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof gerade in dem von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0004, Slg. Nr. 13.471/A, besonders hervorgehoben, als "Entgelt" im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG seien nur Geld- und Sachbezüge zu werten, die dem Dienstnehmer "als Gegenleistung für die in dem unselbständigen Beschäftigungsverhältnis erbrachten Arbeitsleistungen" zukämen. Der fallbezogenen Auseinandersetzung mit der Frage eines "Leistungsinteresses" des Dienstgebers an der nicht von ihm, sondern von einem Dritten vergüteten Leistung stellte der Verwaltungsgerichtshof voran, der Charakter der zu beurteilenden Provisionen als "Gegenleistung für die Tätigkeit" der Dienstnehmer bei der Vermittlung von Verträgen sei nicht strittig. Schon Schrammel hatte in einer vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang erwähnten Untersuchung (Zuwendungen Dritter als beitragspflichtiges Entgelt, in Schrammel (Hrsg.), Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung, 79 (84 ff)) der Auseinandersetzung mit der Frage, ob die vergütete Leistung "nicht nur ein Interesse des Dritten, sondern auch eine Interesse des Dienstgebers befriedigt" habe, die Prüfung der Frage vorangestellt, ob der Zahlung überhaupt "die Qualität einer Geldzuwendung - sei es vom Dienstgeber, sei es von einem Dritten - als Gegenwert für geleistete Dienste" beizumessen sei (a.a.O. 87). Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung mit Recht darauf gestützt, daß Letzteres bei einer Gewinnausschüttung an Kommanditisten nicht der Fall sei.

Wenn die Beschwerdeführerin dem nun mit einem Hinweis auf ein "gravierendes Mißverhältnis von Beitragsgrundlage und tatsächlichem Einkommen unter Berücksichtigung der persönlichen Verflechtung" begegnet, so ist dem entgegenzuhalten, daß der Gesetzgeber die Frage, was als Beitragsgrundlage heranzuziehen sei, in den §§ 44 ff ASVG geregelt und dabei die Höhe des "tatsächlichen Einkommens" (ohne Rücksicht auf die Einkommensart) nicht als Maßstab vorgesehen hat. Das weitere Beschwerdeargument, die von der Mitbeteiligten an K. und N. gezahlte Entlohnung stehe "in einem krassen Mißverhältnis zu den erzielten wirtschaftlichen Erfolgen in der KG" und würde "einem Fremdvergleich keinesfalls standhalten", geht schon deshalb fehl, weil ein objektiv "angemessenes Entgelt" weder die Grundlage der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Beitragsnachrechnung war noch - angesichts der unstrittigen Entgeltsvereinbarung - hiefür in Betracht kam (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom , Zl. 90/08/0190, und vom , Zl. 92/08/0198). Sollte die Beschwerdeführerin aber meinen, es habe sich bei den strittigen Ausschüttungen in Wahrheit um verschleierte Gehaltszahlungen an die Geschäftsführer gehandelt, so wäre dem entgegenzuhalten, daß die Beschwerdeführerin den von der Mitbeteiligten stets hervorgehobenen Gesichtspunkt, die Ausschüttungen an K. und N. hätten sich an denselben Maßstäben orientiert wie diejenigen an die anderen beiden Gesellschafter, im Verwaltungsverfahren in tatsächlicher Hinsicht nicht zu erschüttern vermochte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am