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VwGH vom 22.02.1995, 93/15/0040

VwGH vom 22.02.1995, 93/15/0040

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der X Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. 82-2/92, betreffend Haftung für Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin im Instanzenzug für die auf die als Sachbezüge im Rahmen eines Dienstverhältnisses gewerteten "Mieteinkünfte" ihres Dienstnehmers Dr. W im Zeitraum vom bis entfallenden lohnabhängigen Abgaben haftbar gemacht. Dr. W., der seit als künstlerischer Direktor der Beschwerdeführerin fungiert, war im Bühnendienstvertrag vom neben einem Bruttolohn und Spesenvergütungen für Dienstreisen (ausgenommen Nächtigungsgelder bei Aufenthalten in Wien) auch eine (bis zu einem wertgesicherten Mietzins von S 8.000,--) freie Wohnung am Dienstort zugesichert worden. Dr. W. benützte eine von ihm im Jahr 1980 im Rahmen eines besonderen Rechtsverhältnisses von der Stadt Wien gemietete Wohnung ursprünglich als Hauptwohnsitz, seit Begründung eines solchen in L, Vorarlberg, (Ende 1983) aber nur mehr als Zweitwohnsitz, und zwar zwischen 60- und 70-mal im Jahr für im Zusammenhang mit seinen beruflichen Aufgaben stehende Nächtigungen.

Dr. W. bemühte sich nach der Aktenlage, seine mit der Führung von zwei Haushalten verbundenen Belastungen zu mildern. Diese Bestrebungen führten zum Abschluß eines Mietvertrages mit Datum , womit die Beschwerdeführerin die schon erwähnte Wohnung des Dr. W. in Wien zu 80 % in Bestand nahm. Sowohl in diesem Mietvertrag als auch in einer Ergänzung und Änderung des Bühnendienstvertrages mit Dr. W. wurde festgehalten, daß letzterer bei Nutzung der Wohnung in Wien keinerlei Nächtigungsgebühren und Tagesdiäten der Beschwerdeführerin verrechnen darf.

Die belangte Behörde beurteilte diesen von ihr festgestellten Sachverhalt in wirtschaftlicher Betrachtungsweise dahingehend, daß ein ernstgemeintes Mietverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. W. nicht zustande gekommen sei. Vielmehr stellten die Mietzinszahlungen der Beschwerdeführerin an Dr. W. auch ihrer Höhe nach einen weitgehenden Ersatz für die mit der neuen Vereinbarung fortgefallene Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur unentgeltlichen Zurverfügungstellung einer Wohnung am Dienstort des Dr. W. dar. Der wahre wirtschaftliche Gehalt der gewählten Konstruktion sei nicht die Anmietung der Wiener Wohnung des Dr. W., sondern die Erfüllung der bei der Begründung des Dienstverhältnisses getroffenen Vereinbarung, Dr. W. hinsichtlich Mietkosten für eine Wohnung am Dienstort (weitgehend) kostenfrei zu halten. Der Wert der einem Dienstnehmer von einem Dienstgeber zur Verfügung gestellten Wohnung stelle aber kraft Gesetzes einen steuerpflichtigen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht in Streit, ob die als Mietzinsleistungen bezeichneten Zahlungen der Beschwerdeführerin an Dr. W. in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vorteile aus dem Dienstverhältnis darstellen. Unstrittig ist dagegen, daß zutreffendenfalls die Beschwerdeführerin zu Recht für die darauf entfallenden Abgaben zur Haftung herangezogen wurde.

Die Beschwerde bringt gegen den angefochtenen Bescheid sinngemäß vor, hinsichtlich der Wiener Wohnung des Dr. W. sei ein "normales Mietverhältnis" begründet worden, "weil ein echter wirtschaftlicher Bedarf für diese Lösung" bestanden habe. Dr. W. hätte nämlich den für die künstlerische Gestaltung der Bregenzer Festspiele unabdingbaren Kontakt zur Bühnen- und Künstlerwelt in Wien ohne das Mietverhältnis nicht aufrecht halten können, weil es vielfach unmöglich sei, "ein Hotelzimmer kürzestfristig zu bekommen". Durch die Begründung des Mietverhältnisses seien auch Reisespesen des Dr. W. eingespart worden. Das Mietverhältnis mit Dr. W. sei auch nicht anders abgeschlossen worden, als dies mit jeder anderen Person der Fall gewesen wäre. Die belangte Behörde habe auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, weil Dr. W. schon die in einem Bescheid zum Ausdruck gekommene Rechtsansicht des Finanzamtes akzeptiert habe, daß die Vermietung seiner Wiener Wohnung keine Einkunftsquelle darstelle. Auch fehle es im Beschwerdefall an einem Wiederaufnahmsgrund.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Der von der Beschwerde angenommene wirtschaftliche Bedarf für die Anmietung einer Wohnung in Wien bestand offenkundig nicht, war doch Dr. W. selbst Mieter der der Beschwerdeführerin in Unterbestand gegebenen und zur Pflege seines Kontaktes zur Bühnen- und Künstlerwelt in Wien auch unbestrittenermaßen geeigneten Wohnung. Die Beschwerde bringt auch nichts vor, dessentwegen sich annehmen ließe, daß die in Rede stehende Wohnung ohne das Mietverhältnis für die genannten Zwecke nicht mehr zur Verfügung gestanden wäre. Weiters ist nicht ersichtlich, inwiefern die Beschwerdeführerin durch den Abschluß des Mietvertrages bei den Reisespesen des Dr. W. nennenswert hätte einsparen können, heißt es doch schon im Dienstvertrag vom , daß Dr. W. bei Aufenthalten in Wien keinen Anspruch auf Nächtigungsgelder hat. Fahrtspesenvergütungen konnten durch das Mietverhältnis naturgemäß nicht berührt sein.

Die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung von Treu und Glauben liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beschwerdeführerin nicht dargelegt hat, daß die Behörde ihr gegenüber einen entsprechenden Vertrauenstatbestand geschaffen hat.

Mit dem Argument, im Beschwerdefall fehle es an einem Wiederaufnahmsgrund, weil keine neuen Tatsachen hervorgekommen seien und eine res iudicata vorliege, übersieht die Beschwerde, daß die Haftungsinanspruchnahme der Beschwerdeführerin nicht in einem wiederaufgenommenen Verfahren erfolgte.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid weder mit einer in der Beschwerde geltend gemachten noch mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit belastet hat. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.