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VwGH vom 22.04.1991, 90/12/0264

VwGH vom 22.04.1991, 90/12/0264

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde N gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , Zl. 19.023/1-I/A/6/90, betreffend Feststellung der Wirksamkeit einer Verzichtserklärung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am geborene Beschwerdeführer steht als Ordentlicher Hochschulprofessor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Hochschule für Musik und darstellende Kunst in X.

Vor Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses war der Beschwerdeführer seit Oktober 1979 ständig Lehrbeauftragter an der genannten Kunsthochschule und zeitweise an der Universität X.

Die Ausschreibung der Planstelle für die neugeschaffene Lehrkanzel für "Elektronische Musik unter Einschluß der Computermusik" erfolgte gemäß Beschluß des Abteilungskollegiums der Abteilung Komposition, Musiktheorie und Dirigentenausbildung vom im Monat Mai 1987. Gemäß Beschluß des erweiterten Gesamtkollegiums der genannten Kunsthochschule vom wurde der Beschwerdeführer zur Besetzung der Lehrkanzel vorgeschlagen.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Bezugnahme auf seine bevorstehende Berufung zum Ordentlichen Hochschulprofessor die beitragsfreie Anrechnung seiner Tätigkeit als freischaffender Komponist und seines Studiums als Ruhegenußvordienstzeiten.

Darauf antwortete die belangte Behörde mit Erledigung vom , seitens der Vertreter des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen sei bei den interministeriellen Verhandlungen vom mitgeteilt worden, daß der ständigen Verwaltungspraxis entsprechend der Ernennung des Beschwerdeführers zum Ordentlichen Hochschulprofessor nur dann zugestimmt werden könne, wenn er einen Verzicht auf Pensions- und Emeritierungsbezüge leiste. Anbei werde eine Verzichtserklärung übermittelt, die der Beschwerdeführer unterfertigen und der belangten Behörde retournieren wolle. Daraufhin übersandte der Beschwerdeführer der belangten Behörde folgende Verzichtserklärung:

"Ich erkläre hiemit unwiderruflich, im Falle meiner Ernennung zum Ordentlichen Hochschulprofessor auf die mir aus diesem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erwachsende Anwartschaft auf Pensionsversorgung nach den Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340/1965, gemäß § 32 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes sowie auf Emeritierungsbezüge gemäß § 4 Abs. 3 des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 236/1955, zu verzichten.

Gleichzeitig nehme ich zur Kenntnis, daß ich auf Grund dieses meines Verzichtes der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegen werde.

Der Verzicht hat demnach einen Ausschluß sämtlicher pensionsrechtlicher Anwartschaften aus dem oben erwähnten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis sowie des Anspruches auf Emeritierungsbezüge als Ordentlicher Hochschulprofessor gegenüber der Republik Österreich (Bund) zur Folge.

Meine mitunterzeichnete Ehegattin erklärt sich mit meinem Verzicht einverstanden und nimmt zur Kenntnis, daß sie Ansprüche auf Witwenversorgung nach dem Pensionsgesetz 1965 nicht geltend machen kann.

Allfällige Anwartschaftsrechte oder Ansprüche nach dem ASVG oder dem Bundestheaterpensionsgesetz werden durch diese Verzichtserklärung nicht berührt.

Salzburg, am "

Diese Verzichtserklärung ist vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau eigenhändig unterfertigt worden, ohne daß die Unterschriften notariell oder gerichtlich beglaubigt worden wären.

Mit Entschließung vom ernannte der Bundespräsident den Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom zum Ordentlichen Hochschulprofessor für Elektronische Musik unter Einschluß der Computermusik an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in X unter Zuerkennung des Gehaltes der Gehaltsstufe 4 eines Ordentlichen Hochschulprofessors. Die Entschließung des Bundespräsidenten schließt mit folgendem Absatz:

"Weiters gewähre ich dem Genannten die beitragsfreie Anrechnung seiner Ruhegenußvordienstzeiten, soweit gemäß § 56 des Pensionsgesetzes 1965 ein besonderer Pensionsbeitrag zu leisten wäre."

Das dem Beschwerdeführer über seine Ernennung ausgestellte Dekret enthält den zuletzt zitierten Absatz der Entschließung des Bundespräsidenten nicht, verweist hingegen auf die Verzichtserklärung des Beschwerdeführers vom . Daraus wird gefolgert, der Beschwerdeführer unterliege der Pflichtversicherung nach dem ASVG. Der Verzicht habe einen Ausschluß sämtlicher pensionsrechtlicher Anwartschaften aus dem erwähnten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis sowie des Anspruches auf Emeritierungsbezüge als Ordentlicher Hochschulprofessor gegenüber der Republik Österreich (Bund) zur Folge.

Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer an die belangte Behörde folgenden Antrag:

"a) festzustellen, daß ich im Falle der Emeritierung Anspruch auf Emeritierungsbezüge gemäß § 163 BDG 1979 habe;

b) festzustellen, daß ich im Besitze einer Anwartschaft auf Pensionsversorgung für mich und meine Angehörigen nach dem Pensionsgesetz 1965 stehe sowie

c) mir zwecks Vermeidung des Entstehens hoher Nachforderungsbeträge die Pensionsbeiträge nach § 22 GG 1965 ab Beginn meines Dienstverhältnisses vorzuschreiben."

Der Beschwerdeführer begründete diesen Antrag im wesentlichen damit, mit Ablauf des sei das Bundesgesetz über die Pensionsbehandlung von Hochschulprofessoren und über deren Emeritierung, BGBl. Nr. 236/1955, außer Kraft getreten und seit stehe das neue Hochschullehrer-Dienstrecht, BGBl. Nr. 148/1988, in Geltung. Auf Emeritierungsbezüge nach § 163 BDG 1979 habe der Beschwerdeführer nicht verzichtet. Ein Verzicht auf Emeritierungsbezüge sei in keinem der beiden genannten Bundesgesetze vorgesehen und deshalb rechtlich nicht wirksam. Die Verzichtserklärung habe auch nicht der Formvorschrift des § 32 Abs. 1 PG 1965 entsprochen.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß a) der Beschwerdeführer im Falle seiner Emeritierung keinen Anspruch auf Emeritierungsbezüge gemäß § 163 BDG, idF BGBl. Nr. 148/1988, besitzt, b) keine Anwartschaft auf Pensionsversorgung für den Beschwerdeführer und seine Angehörigen nach dem Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340, besteht und c) keine Pensionsbeiträge nach § 22 des Gehaltsgesetzes 1965 ab Beginn des Dienstverhältnisses einbehalten werden. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, die Ernennung zum Ordentlichen Hochschulprofessor, welche gemäß § 3 Abs. 1 BDG 1979 eine bescheidmäßige Verleihung einer Planstelle darstelle, erfolge gemäß Art. 65 Abs. 2 B-VG durch den Bundespräsidenten. Die Besetzungsvorschläge für Planstellen von Ordentlichen Hochschulprofessoren seien dem Bundespräsidenten auf Grund des Minsterratsbeschlusses vom von der Bundesregierung zu erstatten. Die herrschende Verwaltungspraxis verlange für die Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen zur Ernennung eines Berufungswerbers zum Ordentlichen Hochschulprofessor, der das 59. Lebensjahr bereits vollendet habe, die Abgabe der Verzichtserklärung durch den Berufungswerber, in der dieser auf Emeritierungsbezüge sowie die Anwartschaft auf Pensionsversorgung unwiderruflich verzichte. Leisteten der Berufungswerber und seine Gattin (Angehörigen) keinen Verzicht, so stimmten das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für Finanzen der Ernennung zum Ordentlichen Hochschulprofessor nicht zu. Daher könne eine Beschlußfassung und Antragstellung durch die Bundesregierung nicht erfolgen. Da auf die Verleihung einer Planstelle und somit auf Ernennung zur Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses kein subjektiver Rechtsanspruch bestehe, könne eine Ernennung nicht erfolgen. Ein Verzicht auf dem öffentlichen Recht zugehörige Ansprüche und Anwartschaften sei nach Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes zulässig. Voraussetzung für die Rechtserheblichkeit des Verzichtes sei, daß diesem keine öffentlichen Interessen entgegenstünden, daß eine gesetzliche Bestimmung nicht ausdrücklich etwas anderes anordne und daß die Verzichtserklärung von der Behörde angenommen werde. Die Formvorschriften des § 32 Abs. 1 PG besäßen keine Geltung, da diese lediglich auf Beamte anzuwenden seien, der Beschwerdeführer jedoch zum Zeitpunkt der Abgabe der Verzichtserklärung noch in keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und somit nicht im Besitze einer Anwartschaft gewesen sei. Für den Verzicht vor Anwartschaft auf Pensionsversorgung sehe das Gesetz in § 2 PG keinerlei Formvorschriften vor, sondern nur bei Verzicht nach erworbener Anwartschaft. Da die Anwartschaft erst mit Dienstantritt erworben werde, seien die vorliegenden Verzichtserklärungen wirksam. Gemäß § 6 Abs. 2 BDG beginne das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis im Falle der Ernennung einer Person, die nicht bereits in einem Dienstverhältnis zum Bund stehe, frühestens mit dem Tag des Dienstantrittes, im Falle des Beschwerdeführers somit am . Die fehlende gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschriften auf der Verzichtserklärung vermöge deren Gültigkeit nicht zu beeinträchtigen, zumal weder der Beschwerdeführer noch dessen Gattin die Echtheit der Unterschriften bestritten hätten, weshalb eine voll rechtsgültige Privaturkunde vorliege. Zum Zeitpunkt des Verzichtes sei das Bundesgesetz über die Pensionsbehandlung von Hochschulprofessoren und über deren Emeritierung, BGBl. Nr. 236/1955, in Geltung gestanden. Ein gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes abgegebener unwiderruflicher Verzicht binde den Erklärenden für die Zukunft, auch wenn ein neues Gesetz in Kraft trete. Durch die Neufassung des Hochschullehrer-Dienstrechtes, BGBl. Nr. 148/1988, sei weder die Art noch die Rechtsnatur des Emeritierungsbezuges geändert worden. Da ein rechtserheblicher Verzicht vorliege, sei die Vorschreibung von Pensionsbeiträgen nach den Bestimmungen des ASVG gerechtfertigt, zumal nach § 5 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG Beamte nur dann von der Pensionsversicherung nach dem ASVG ausgenommen seien, wenn ihnen aus dem Dienstverhältnis eine Anwartschaft auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse zustehe. Eine Vorschreibung von Pensionsbeiträgen nach § 22 GG 1956 ab Beginn des Dienstverhältnisses könne daher nicht erfolgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wurde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen Anwartschaftsrechten auf Emeritierungsbezüge und Pensionsversorgung sowie im Recht auf Einbehaltung von Pensionsbeiträgen verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei der Beurteilung der Frage, ob die vom Beschwerdeführer abgegebenen Verzichtserklärungen rechtswirksam sind oder nicht, ist davon auszugehen, daß nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes grundsätzlich die Rechtserheblichkeit eines Verzichtes auf subjektive öffentlich-rechtliche Ansprüche zu bejahen ist. Die Voraussetzungen, unter welchen ein Verzicht auf solche Ansprüche rechtswirksam wird, richten sich nach der für den bestimmten Anspruch getroffenen gesetzlichen Regelung (vgl. dazu Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 887/54, Slg. N.F. Nr. 3758/A, vom , Zl. 2861/52, Slg. N.F. Nr. 4047/A, vom , Zl. 1268/74, Slg. N.F. Nr. 8860/A, vom , Zlen. 807, 808/77, Slg. N.F. Nr. 9367/A, vom , Zl. 83/12/0059, und vom , Zl. 83/09/0138, sowie Slg. Nr. 17268/A).

Die Rechtserheblichkeit der Verzichtserklärungen des Beschwerdeführers ist demnach für jeden der Ansprüche gesondert zu beurteilen. Da allgemeine Regelungen über die Wertung von Willenserklärungen in den Verwaltungsvorschriften oder in den Verfahrensvorschriften nicht enthalten sind, sind zur Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Verzichtserklärungen die Vorschriften des ABGB heranzuziehen, sofern die konkreten Verwaltungsvorschriften keine besonderen Regelungen enthalten, so wie etwa § 32 PG (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1268/74, Slg. N.F. Nr. 8860/A).

Zur Auslegung des Inhaltes der Verzichtserklärung ist demnach auch § 915 ABGB heranzuziehen. Danach wird bei einseitig verbindlichen Verträgen (Geschäften) im Zweifel angenommen, daß sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bei zweiseitig verbindlichen wird eine undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen erklärt, der sich derselben bedient hat (§ 869 ABGB).

Betrachtet man auf dem Boden dieser Rechtslage die vorliegenden Verzichtserklärungen im Beschwerdefall, so ist zunächst davon auszugehen, daß der Erklärungsinhalt von der belangten Behörde ausgegangen ist, die dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau die Formulare für die abzugebenden Verzichtserklärungen vorgeschrieben hat. Die Verzichtserklärungen wurden vor Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses für den Fall des Zustandekommens dieses Rechtsverhältnisses abgegeben. Sie wurden von der belangten Behörde gleichzeitig mit der Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses durch die im Ernennungsdekret enthaltene Bezugnahme auf die Verzichtserklärung und die daraus gezogene Schlußfolgerung, der Verzicht habe einen Ausschluß sämtlicher pensionsrechtlicher Anwartschaften aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis sowie des Anspruches auf Emeritierungsbezüge als Ordentlicher Hochschulprofessor gegenüber der Republik Österreich (Bund) zur Folge, ausdrücklich angenommen.

Demnach ist der Inhalt der vorliegenden Verzichtserklärungen zum Nachteil des Bundes insoweit auszulegen, als Zweifel infolge einer undeutlichen Formulierung des Urkundeninhaltes auftreten.

Zunächst ist die Rechtslage hinsichtlich des Verzichtes auf Pensionsansprüche zu beurteilen.

Gemäß § 2 Abs. 1 PG erwirbt der Beamte mit dem Tag des Dienstantrittes Anwartschaft auf Pensionsversorgung für sich und seine Angehörigen, es sei denn, daß er vorher auf die Pensionsversorgung verzichtet hat.

Daraus folgt bereits, daß dieses Gesetz den Verzicht auf die Anwartschaft vor Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in seinem Abschnitt I (Allgemeine Bestimmungen) vorsieht. Am Abschnitt IV (Gemeinsame Bestimmungen für Beamte des Ruhestandes und Hinterbliebene) findet sich § 32, dessen Abs. 1 folgenden Wortlaut hat:

"Der Verzicht auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung oder auf den Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuß ist nur wirksam, wenn er schriftlich erklärt worden ist. Sind Personen vorhanden, für die der Beamte Anwartschaft auf Pensionsversorgung erworben hat, so ist zur Wirksamkeit des Verzichtes ferner erforderlich, daß diese Personen über die Rechtsfolgen des Verzichtes schriftlich belehrt worden sind und nach der Belehrung schriftlich erklärt haben, daß sie mit dem Verzicht einverstanden sind. Die Echtheit der Unterschrift auf der Erklärung muß gerichtlich oder notariell beglaubigt sein. Die Wirksamkeit des Verzichtes ist in jedem Fall von der Annahme durch die Dienstbehörde abhängig."

Nach den Erläuternden Bemerkungen zu der zitierten Gesetzesstelle (GP X. 878 S. 28) sollten durch die Bestimmungen über die Wirksamkeit des Verzichtes auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung und auf den Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuß der Beamte und seine Hinterbliebenen davor bewahrt werden, unüberlegt auf die im Pensionsrecht geregelten Anwartschaften und Ansprüche zu verzichten. Diesem Zweck dienen vor allem die strengen Formvorschriften für die Verzichtserklärung.

Obwohl nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes auch auf dem öffentlichen Recht zugehörige Ansprüche und Anwartschaften Verzicht geleistet werden kann, muß dies doch in einer nach jeder Richtung hin unbedenklichen Weise erfolgen, um einer Überprüfung standzuhalten (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 83/12/0059).

Im Beschwerdefall führt zur Forderung nach Erfüllung der Formvorschriften nach § 32 PG für die Verzichtserklärung des Beschwerdeführers die Überlegung, daß die belangte Behörde bei Abforderung der Verzichtserklärung ausdrücklich auf diesen Paragraphen verwiesen hat. Auf Grund dieses Verweises ist bei der im Zweifel nach den Vorschriften bürgerlichen Rechtes jedenfalls zum Nachteil desjenigen, der sich der Erklärung bedient hat (vgl. § 915 ABGB), gebotenen Auslegung der Verzichtserklärung, davon auszugehen, daß für die Rechtswirksamkeit des Verzichtes die Formerfordernisse des in der Erklärung selbst genannten § 32 PG gelten. Die Behörde hätte, nachdem sie in der von ihr dem Beschwerdeführer vorgelegten Urkunde den Hinweis auf § 32 PG aufgenommen hatte, die Verpflichtung getroffen, um Zweifel an der Gültigkeit des Verzichtes auszuschließen, vom Beschwerdeführer die Beglaubigung der Unterschrift zu verlangen.

Bei dieser Auslegung des Verzichts kommt der Rechtsfrage, ob in der von der belangten Behörde im Ernennungsdekret des Beschwerdeführers eingefügten Bezugnahme auf die Verzichtserklärung - abweichend von der intimierten Entschließung des Bundespräsidenten - die Wirkung der Annahme der Verzichtserklärung zuzumessen ist, keine rechtliche Bedeutung mehr zu, da mangels Erfüllung der bedungenen Form, die Verzichtserklärung selbst unwirksam ist.

Was hingegen den Verzicht auf Emeritierungsbezüge gemäß § 4 Abs. 3 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 236/1955, anlangt, so nimmt die Verzichtserklärung ausdrücklich auf diese Bestimmung Bezug, die folgenden Wortlaut hat:

"Emeritierte Hochschulprofessoren gelten, sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes vorgesehen ist, nicht als Beamte des Dienststandes. Sie erhalten für die Dauer der Emeritierung jenen Gehalt und jene für die Ruhegenußbemessung anrechenbaren Personalzulagen, die der im Zeitpunkt der Emeritierung erreichten dienstrechtlichen Stellung entsprechen."

Inhaltlich sah das Bundesgesetz, womit Bestimmungen über die Pensionsbehandlung von Hochschulprofessoren und über deren Emeritierung getroffen wurden, BGBl. Nr. 236/1955, die Versetzung in den dauernden Ruhestand bei Hochschulprofessoren im Falle der dauernden Dienstunfähigkeit und der Überschreitung des 65. Lebensjahres vor (§ 1). In beiden Fällen hatte er Anspruch auf Ruhegenuß in Höhe der vollen Ruhegenußbemessungsgrundlage (§ 3).

§ 4 Abs. 1 des Gesetzes regelte die Emeritierung von Hochschulprofessoren, die das 70. Lebensjahr vollendet haben. Sie waren von Amts wegen von ihrer Lehrverpflichtung zu entheben. Nach Abs. 2 desselben Paragraphen konnte das Bundesministerium für Unterricht in außergewöhnlichen Fällen, wenn ein Hochschulprofessor zwar bleibend unfähig war, seiner Lehrverpflichtung nachzukommen, aber seine Forschungsaufgaben - bzw. bei Professoren der Kunstakademien seine künstlerischen Aufgaben - weiter erfüllte, auf Antrag des Professorenkollegiums die Emeritierung auch vor Vollendung des 70. Lebensjahres aussprechen. Nach Abs. 4 trat die Enthebung von der Lehrverpflichtung mit Ablauf des Studienjahres in Wirksamkeit, in dem der Hochschulprofessor das 70. Lebensjahr vollendete. Soweit es das Interesse des fortlaufenden Unterrichtes erforderte, blieb es dem Bundesminister vorbehalten, die Emeritierung eines Hochschulprofessors erst mit dem Amtsantritt seines Nachfolgers, spätestens jedoch am Schluß des auf die Vollendung des 70 Lebensjahres nächstfolgenden Studienjahres in Wirksamkeit zu setzen.

Das zitierte Gesetz enthält keine Bestimmung über den Verzicht auf Emeritierungsbezüge.

Mit Bundesgesetz vom BGBl. Nr. 148 wurde u. a. das Dienstrecht der Hochschullehrer neu geregelt. Nach Art. XII Abs. 1 Z. 3 trat mit Ablauf des , soweit sich aus Art. V nicht anderes ergibt, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 236/1955 außer Kraft. Damit ist der auf den Beschwerdefall keinesfalls noch die alte Rechtslage anwendbar.

Die Emeritierung der Ordentlichen Universitäts(Hochschul)professoren ist im § 163 BDG 1979 neu geregelt. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist das Alter der Emeritierung von Amts wegen auf das 68. Lebensjahr herabgesetzt worden. Neu ist auch die Möglichkeit der Emeritierung über Antrag des Ordentlichen Universitäts(Hochschul)professors gemäß Abs. 2 mit Ablauf des Studienjahres, in dem er sein 66. oder 67. Lebensjahr vollendet. Im Abs. 4 ist eine außerordentliche Verlängerung der Lehrtätigkeit für Ordentliche Universitäts(Hochschul)professoren im Interesse des fortlaufenden Unterrichtes bis zum Ablauf jenes Studienjahres vorgesehen, in dem der Ordentliche Universitäts(Hochschul)professor das 70. Lebensjahr vollendet, während nach der alten Regelung des § 4 Abs. 4 eine solche Verlängerung bis zum Schluß des auf die Vollendung des 70. Lebensjahres nächstfolgenden Studienjahres möglich war.

Nach Abs. 6 des § 163 BDG hat der emeritierte Ordentliche Universitäts(Hochschul)professor für die Dauer der Emeritierung Anspruch auf Emeritierungsbezug.

Einen Verzicht auf die Emeritierungsbezüge oder auf die Anwartschaft auf solche Bezüge sieht die Neuregelung ebensowenig vor, wie das alte Recht.

Der Anspruch des Ordentlichen Universitäts(Hochschul)professors auf Emeritierungsbezüge ist ein öffentlich-rechtlicher Anspruch, der sowohl nach der alten Rechtslage als auch nach der Neuregelung dem Beamten kraft Gesetzes zusteht. Durch die Emeritierung wird der Ordentliche Universitäts(Hochschul)professor zwar von der Erfüllung der Dienstpflichten, insbesondere der Lehrverpflichtung, auf Dauer entbunden, doch bleibt ihm die Berechtigung zur Benützung der Universitäts(Hochschul)einrichtungen zur Fortsetzung der Forschungstätigkeit (Erschließung der Künste) sowie zur Ausübung der Lehrbefugnis nach den Organisationsvorschriften (§ 163 Abs. 1 letzter Satz BDG). Die in diesem Rahmen geleistete Tätigkeit soll dem emeritierten Ordentlichen Universitäts(Hochschul)professor durch die Emeritierungsbezüge abgegolten werden. Die Neuregelung des Rechtsinstitutes der Emeritierung im § 163 Abs. 1 BDG sollte nach den Erläuternden Bemerkungen (GP XVII RV 320 S. 30) klarstellen, daß die Emeritierung eine Entbindung von allen Dienstpflichten eines Beamten im aktiven Dienstverhältnis bewirkt. Der emeritierte Ordentliche Universitäts(Hochschul)professor soll aber nach Maßgabe des Organisations- und Studienrechtes auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienstverhältnis in einem besonderen Naheverhältnis zu seiner Universitäts(Hochschul)einrichtung bleiben und weiterhin in der Forschung (Erschließung der Künste) tätig sein. Dies ergibt sich auch aus der Bestimmung des § 163 Abs. 3 BDG, wonach diese Emeritierung nur ausgesprochen werden darf, wenn der Ordentliche Universitäts(Hochschul)professor im Zeitpunkt der Emeritierung gesundheitlich imstande ist, weiterhin in der Forschung (Erschließung der Künste) tätig zu sein. Der Sinn dieser Neuregelung des Institutes der Emeritierung ist somit nach dem klaren Willen des Gesetzgebers darin zu erblicken, den Universitäts(Hochschul)einrichtungen weiterhin eine Tätigkeit des Emeritus in der Forschung (Erschließung der Künste) zu erhalten. Diesem Ziel dient der dem Emeritus für die Dauer der Emeritierung gewährte Anspruch auf Emeritierungsbezug nach § 163 Abs. 6 BDG. Die Bestimmungen über die Emeritierung enthalten auch nach der neuen Rechtslage keine Regelung darüber, daß der Verzicht auf Emeritierungsbezüge rechtserheblich für den dem Ordentlichen Universitäts(Hochschul)professor zustehenden gesetzlichen Anspruch auf den Emeritierungsbezug wäre.

Die vom Beschwerdeführer über Verlangen der belangten Behörde abgegebene Verzichtserklärung auf Emeritierungsbezüge hat ausdrücklich auf die Bestimmungen des damals geltenden Rechtes Bezug genommen, die durch die Neuregelung nicht mehr anwendbar sind. Durch die Neuregelung wurden aber, wie sich aus der dargestellten Gegenüberstellung der Rechtslage ergibt, wesentliche Änderungen an dem nur grundsätzlich festgehaltenen Rechtsinstitut der Emeritierung vorgenommen. Von besonderer Bedeutung für den Anspruch auf Emeritierungsbezüge ist deren Beginn, der durch die Neuregelung grundsätzlich um zwei Jahre früher eintritt. Durch diese Verkürzung der Möglichkeit des Ordentlichen Universitäts(Hochschul)professors, seine Bezüge nach dem Gehaltsgesetz zu erhalten, ergibt sich eine wesentliche Verschlechterung seiner Rechtslage im Falle des Verzichtes auf Emeritierungsbezüge. Geht man davon aus, dann ist die Verzichtserklärung, wie sie von der belangten Behörde vom Beschwerdeführer abverlangt worden war, einschränkend nur dahin auszulegen, daß ausschließlich auf jene Emeritierungsbezüge Verzicht geleistet worden ist, die nach der damals bestehenden Rechtslage, auf die ausdrücklich Bezug genommen worden war, bestanden haben; nicht jedoch auf die mit der Wirksamkeit der Annahme dieses Verzichtes gleichzeitig in Kraft getretenen Emeritierungsbezüge neuen Rechtes.

Da somit die Verzichtserklärungen des Beschwerdeführers rechtlich nicht wirksam sind, ist auch die daraus folgende Feststellung über die Einhebung von Pensionsbeiträgen gemäß § 22 GG 1965, mit den anderen Ansprüchen des angefochtenen Bescheides untrennbar zusammenhängend aufzuheben.

Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III.