VwGH vom 19.06.2002, 98/15/0142
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde der S Aktiengesellschaft in S, vertreten durch Schönherr Barfuss Torggler & Partner, Rechtsanwälte in 1014 Wien, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. RV-549.95/1-9/95, betreffend u.a. Lohnsteuer für die Zeit vom bis zum , zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Betrieb der Beschwerdeführerin fand eine Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum 1990 bis 1992 statt. Auf der Grundlage des darüber ergangenen Prüfungsberichtes zog das Finanzamt mit Bescheid vom u.a. Versicherungsprämien betreffend so genannte Pensionsrückdeckungsversicherungen der beiden Vorstandsmitglieder der Beschwerdeführerin Dr. K. und Dipl. Ing. L. in die Lohnsteuerbemessungsgrundlage ein (die daraus resultierende Lohnsteuernachforderung ergab einen Betrag von 340.894 S für die geprüften Jahre). Nach den aktenkundigen Versicherungspolizzen handelte es sich betreffend Dr. K. um eine Lebensversicherung mit Gewinnbeteiligung auf das Erleben bzw. Ableben des versicherten Dr. K. Betreffend Dipl. Ing. L. lautet die Polizze auf eine Kapitalversicherung mit Gewinnbeteiligung, ebenfalls auf das Erleben bzw. Ableben des versicherten Dipl. Ing. L. Als versicherte Personen waren jeweils die beiden Vorstandsmitglieder, als Versicherungsnehmer und Begünstigter die Beschwerdeführerin ausgewiesen.
In der die Berufung gegen den Bescheid vom abweisenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes wurde ausgeführt, dass die Prämien zu den "Pensionsrückdeckungsversicherungen" von den Arbeitnehmern einzubezahlen gewesen seien. Die Versicherungssumme bzw. der Rückkaufswert der Versicherungen sowie alle Versicherungsleistungen seien zu Gunsten der Dienstnehmer vinkuliert gewesen. Von der Beschwerdeführerin seien die von den Dienstnehmern geleisteten Prämien bei der Ermittlung der Lohnsteuer als "Auslagenersatz" im Sinne des § 26 EStG behandelt worden. Eine derartige Vorgangsweise wäre nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Zahlungen im ausschließlichen Interesse der Beschwerdeführerin erfolgt wären. Auf Grund der dienstvertraglichen Regelungen (Vinkulierungen zu Gunsten der Dienstnehmer) sei zweifelsfrei ein erhebliches Arbeitnehmerinteresse an den Prämienzahlungen gegeben gewesen. Eine Behandlung als "Auslagenersätze" komme somit nicht in Betracht.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom werden die in den "maßgeblichen Anstellungsverträgen vom bzw. " der Vorstandsmitglieder enthaltenen Regelungen wiedergegeben. Nach diesen Bestimmungen wurde für die Dienstnehmer bei der entsprechenden Versicherungsanstalt jeweils ein Pensionsrückdeckungsversicherungsvertrag abgeschlossen, "wobei der Beitrag vom Monatsgehalt des Dienstnehmers zu bezahlen ist". Die Versicherungssumme bzw. der Rückkaufswert der Versicherung sowie alle Versicherungsleistungen wurden zu Gunsten der Dienstnehmer vinkuliert. Für den Fall der Auflösung der Beschwerdeführerin, "im Falle der Kündigung des Vertrages, im Falle des Vertragsendes sowie im Falle eines freiwilligen Ausscheidens ist der Dienstnehmer berechtigt, in den Pensionsrückdeckungsversicherungsvertrag als Versicherungsnehmer einzutreten".
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin stelle die Vinkulierung von Ansprüchen aus den Versicherungsverträgen kein "steuerschädliches Verhalten" dar. Die Vinkulierungsbestimmung begründe weder ein dingliches Recht auf die Versicherungsleistung noch ein Pfandrecht und somit auch keine Möglichkeit auf einen Zugriff auf die Versicherungssumme. Versicherungsnehmer und Begünstigter der gegenständlichen Pensionsrückdeckungsversicherungsverträge sei die Beschwerdeführerin. Auch sei darauf hinzuweisen, dass die Anstellungsverträge jeweils nur für die Zeit der Vorstandsmandate (somit in einem begrenzten Zeitraum) Rechte und Pflichten begründeten. Es sei nicht sicher, dass bei einer weiteren Verlängerung der Anstellungsverträge die in Rede stehende Vinkulierungsbestimmung neuerlich vereinbart würde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach § 26 Z 2 EStG 1988 gehörten Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhalte, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt würden (Auslagenersätze), nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Arbeitnehmer hätten im Beschwerdefall zweifelsfrei keine Beträge vom Dienstgeber (Beschwerdeführerin) erhalten, um sie im Auftrag und für Rechnung der Beschwerdeführerin für diese auszugeben. Durchlaufende Gelder stünden daher "nicht zur Debatte". Die Dienstnehmer hätten aber auch keine Auslagen für den Dienstgeber getätigt, die dieser dann ersetzt habe. Sie hätten vielmehr Monatsgehälter erhalten, von denen sie lt. Dienstvertrag die "Beiträge für ihre eigenen Lebensversicherungen, für deren Bezahlung der Dienstgeber zwar als Versicherungsnehmer verpflichtet gewesen wäre, zu bezahlen hatten". Tatsache sei zwar, dass der Dienstgeber Versicherungsnehmer und Begünstigter gewesen sei, aber die Dienstnehmer als versicherte Personen die Prämien bezahlt hätten. Hätte der Dienstgeber die Prämien getragen, "hätte man von einer Rückdeckungsversicherung des Arbeitgebers im üblichen Sinne sprechen können und die von ihm geleisteten Prämien wären den Dienstnehmern nicht zuzurechnen gewesen". Wenn der Arbeitgeber Begünstigter sei und die Versicherungssumme zu Gunsten des Arbeitnehmers vinkuliert sei, sei der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet als Begünstigter anzusehen. Im vorliegenden Fall sei die (versicherungsvertragliche) Vinkulierung auch im Zusammenhang mit der arbeitsvertraglichen Regelung zu sehen, die so weit gehe, dass alle Versicherungsleistungen (Versicherungssumme bzw. Rückkaufswert) zu Gunsten der Arbeitnehmer vinkuliert worden seien und diese sogar das Recht hätten, als Versicherungsnehmer in den Vertrag einzutreten. Diese arbeitsrechtlich durchsetzbaren Ansprüche würden auch nicht dadurch geschmälert, dass die Verträge für einen begrenzten Zeitraum abgeschlossen worden seien, weil die vertraglichen Bestimmungen gerade für den Fall der Beendigung der Vertragsverhältnisse die Übernahme der Versicherungsverträge durch die Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer vorsähen. Dass hier nicht nur ein "erheblich abgeschwächter Grad einer vertraglichen Bindung" vorliege, dokumentiere u.a. die Tatsache, dass die für Dr. K. von den früheren Dienstgebern abgeschlossene Versicherung mit ihm zur neuen Dienstgeberin, nämlich der Beschwerdeführerin, "mitgegangen ist". Auf Grund dieses Sachverhaltes sei somit davon auszugehen, dass die Aufwendungen der beiden Dienstnehmer in ihrem eigenen (nicht nur ganz unerheblichen) Interesse gelegen seien. Die Bezahlung der Prämien stelle daher, obwohl der Dienstgeber als Versicherungsnehmer unbestritten zur Zahlung verpflichtet wäre, "in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Verwendung des zugeflossenen Einkommens der Dienstnehmer und zwar für ihre eigenen Lebensversicherungsprämien dar" (zugeflossen sei eine Einnahme auch dann, wenn sie über Auftrag des Steuerpflichtigen einer im Voraus bestimmten Verwendung zugeführt werde). Keinesfalls seien diese Aufwendungen unter § 26 Z 2 EStG 1988 zu subsumieren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird zum Sachverhalt vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe für ihre Vorstandsmitglieder Dr. K. und Dipl. Ing. L. bestimmte betriebliche Altersversorgungszusagen gemacht und im Zusammenhang mit diesen Zusagen als Versicherungsnehmer bei Versicherungsanstalten Pensionsrückdeckungsversicherungsverträge abgeschlossen. Es sei ihr dabei gelungen, "mit den beiden Vorstandsmitgliedern zu vereinbaren, dass die entsprechenden Versicherungsprämien von ihrem Gehalt abgezogen werden, dafür aber die Versicherungen zu ihren Gunsten vinkuliert werden".
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile aus nichtselbstständiger Arbeit zufließen. Nach § 19 EStG sind Einnahmen dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/15/0039).
Dass die in Rede stehenden Vorstandsmitglieder über ihre Gehälter rechtlich und wirtschaftlich verfügen konnten, bestreitet auch die Beschwerde nicht. Dass es der Beschwerdeführerin lt. Beschwerdevorbringen gelungen ist, zu erreichen, dass die entsprechenden Prämien aus den Gehältern der Vorstandsmitglieder bezahlt wurden (dies sei ein "gutes Verhandlungsergebnis" gewesen, welches allerdings die Notwendigkeit einer Vinkulierung zu Gunsten der beiden Vorstandsmitglieder mit sich gebracht habe), ändert nichts am Zufluss der Gehälter insgesamt an die Dienstnehmer. Aus welchen Gründen diese Gehälter (soweit davon die strittigen Versicherungsprämien bezahlt wurden) nicht in die Lohnsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen wären, zeigt die Beschwerde in keiner Weise auf. Sie bemängelt zwar, die belangte Behörde habe nicht ausreichend dargelegt, von "welchem konkreten Sachverhalt und von welchen konkreten Gegebenheiten sie ausgeht", unterlässt es aber, die Relevanz eines diesbezüglich allenfalls unterlaufenen Verfahrensmangels darzustellen. Der begründet dargelegten Beurteilung im angefochtenen Bescheid, wonach eine Subsumierung der strittigen Beträge als "durchlaufende Gelder" bzw. "Auslagenersätze" nach § 26 Z 2 EStG 1988 nicht in Betracht komme, tritt die Beschwerde nicht entgegen. Im Hinblick auf die durch die Vinkulierung gegebene Zahlungssperre zu Gunsten der Vorstandsmitglieder und die in deren Anstellungsverträgen näher geregelten Eintrittsrechte in die Versicherungsverträge kann auch nicht gesagt werden, die Prämienzahlungen wären im ausschließlichen Interesse der Beschwerdeführerin erfolgt. Ob - wie in der Beschwerde angemerkt wird - niemand ernstlich annehmen könne, dass die Beschwerdeführerin als eines der größten Unternehmungen in Salzburg im Falle des Altersversorgungsfalles nicht mehr in der Lage sein könnte, die den beiden Dienstnehmern zugesagten Geldleistungen tatsächlich zu erbringen, ist für die gegenständliche Beurteilung ohne erkennbare Relevanz.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am