VwGH vom 24.04.2002, 2002/12/0097
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des Ing. U in W, vertreten durch Hopmeier, Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom , Zl. 113067-HS/01, betreffend Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides betreffend einen Karenzurlaub nach dem Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am geborene Beschwerdeführer stand bis als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 2 in Verbindung mit § 9 des Bundesgesetzes über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, BGBl. I Nr. 138/1997, für die Zeit vom bis Urlaub (unter Entfall seiner Bezüge) gewährt.
Mit Bescheid vom sprach das beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichtete Personalamt aus, dass auf Grund des § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes, BGBl. I Nr. 6/2001, in Verbindung mit § 236b und § 236c des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 an die Stelle des in der Erklärung des Beschwerdeführers festgelegten Monatsletzten (mit dem der Beschwerdeführer aus dem Dienststand ausscheiden wollte) der trete, weshalb sich der ihm mit Bescheid vom gewährte Karenzurlaub bis verlängere. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes in Verbindung mit §§ 236b und 236c BDG 1979 an die Stelle des vom Beamten in seiner Erklärung festgelegten Monatsletzten derjenige Monatsletzte trete, zu dem der Beamte frühestmöglich seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung bewirken könne. Da er zum ursprünglichen Ende des Karenzurlaubes eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit in der Dauer von 39 Jahren, 7 Monaten und 17 Tagen aufweise, verlängere sich sein Karenzurlaub nach den genannten gesetzlichen Bestimmungen bis zum .
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.
Wie den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, wurde im Bereich der belangten Behörde in weiterer Folge bemerkt, dass der Beschwerdeführer zum nicht die im vorgenannten Bescheid vom zu Grunde gelegte beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit, sondern nur eine solche von 35 Jahren, 9 Monaten und 25 Tagen aufwies.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde daraufhin aus, dass auf Grund des § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes, BGBl. I Nr. 6/2001, in Verbindung mit § 236b und § 236c BDG 1979 an die Stelle des in der Erklärung des Beschwerdeführers festgelegten Monatsletzten der trete, weshalb sich der ihm mit Bescheid vom gewährte Karenzurlaub bis zum verlängere. Begründend führte die belangte Behörde nunmehr aus, dass sich, da der Beschwerdeführer zum ursprünglichen Ende des Karenzurlaubes eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit in der Dauer von 35 Jahren, 9 Monaten und 25 Tagen aufweise, sein Karenzurlaub nach den angeführten gesetzlichen Bestimmungen bis zum verlängere. Mit Bescheid vom sei sein Karenzurlaub ursprünglich nur bis zum verlängert worden. Dem habe die unrichtige Annahme zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer zum eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 39 Jahren, 7 Monaten und 17 Tagen aufweise. Bei einer neuerlichen Überprüfung habe sich jedoch herausgestellt, dass bei diesen Zeiten versehentlich HTL-Schulzeiten berücksichtigt worden seien, sodass er zum tatsächlich nur die geringere beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit aufweise. Auf Grund seines Geburtsdatums ergebe sich daher die Verlängerung seines Karenzurlaubes bis zum . Der Beschwerdeführer sei von diesem Umstand am fernmündlich in Kenntnis gesetzt worden. Es sei daher ein neuer Bescheid zu erlassen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben einer neuerlichen Entscheidung in derselben - erledigten - Sache bei unverändertem Bestand des rechtskräftigen Bescheides vom verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt er vor, die belangte Behörde verkenne, dass der rechtskräftige Bescheid vom , mit dem eine Verlängerung des Karenzurlaubes bis ausgesprochen worden sei, der mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen (weiteren) Verlängerung bis entgegenstehe. Bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage sei eine neuerliche Entscheidung in derselben Sache ausgeschlossen. Dem angefochtenen Bescheid sei aber zu entnehmen, dass weder hinsichtlich des zu beurteilenden Sachverhaltes noch hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Änderung gegenüber dem Bescheid vom eingetreten sei. Die neuerliche Entscheidung in derselben, bereits mit Bescheid vom erledigten Sache belaste den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Da der belangten Behörde im Hinblick auf den Bescheid vom eine Kompetenz zur nochmaligen Entscheidung in derselben Sache nicht zukomme, erscheine der angefochtene Bescheid - "in eventu" - auch infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde als rechtswidrig.
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.
Nach § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes "über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte und eine Änderung des Poststrukturgesetzes" (= Art. 14 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGB. I Nr. 138), konnten einer ausgegliederten Einrichtung zur dauernden Dienstleistung zugewiesene Beamte frühestens mit dem Monatsersten, der der Vollendung ihres 55. Lebensjahres folgt, von Amts wegen unter Entfall der Bezüge beurlaubt (karenziert) werden, wenn keine wichtigen dienstlichen Gründe entgegenstehen und der Beamte (Z. 1) der Karenzierung vor Antritt des Karenzurlaubes schriftlich zustimmt, (Z. 2) abweichend von § 15 BDG 1979 gleichzeitig die schriftliche Erklärung abgibt, spätestens mit dem 30. Juni oder 31. Dezember, der jeweils auf die Vollendung seines 60. Lebensjahres folgt, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen und (Z. 3) sich vor Antritt des Karenzurlaubes schriftlich verpflichtet, während des Karenzurlaubes keine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung auszuüben, aus der er ein die jeweilige Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 ASVG übersteigendes Entgelt bezieht.
Nach § 9 Abs. 1 leg. cit. hat der Beamte gegenüber der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft oder einem Unternehmen, an dem diese Gesellschaft zumindest mehrheitlich beteiligt ist, für die Dauer des Karenzurlaubes nach § 2 Anspruch auf monatlich wiederkehrende Geldleistungen in der Höhe von 80 % des Monatsbezuges gemäß § 3 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, der seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Karenzierung entspricht, und der Sonderzahlungen.
Auf dieser Rechtsgrundlage wurde der Beschwerdeführer in den sogenannten "Vorruhestand" versetzt.
§ 10 Abs. 1 und 3 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes (BB-SozPG) lautet in der bei Erlassung des Bescheides vom geltenden Fassung BGBl. I Nr. 6/2001:
"§ 10. (1) Auf Beamte, die am nach § 2 dieses Bundesgesetzes in der an diesem Tag geltenden Fassung karenziert waren, sind dieses Bundesgesetz in der am geltenden Fassung sowie die Betriebsvereinbarungen nach § 4 Abs. 1 und 2 in der am geltenden Fassung weiter anzuwenden.
...
(3) Für einen am in einen Karenzurlaub nach § 2 in der am geltenden Fassung befindlichen Beamten tritt an die Stelle des in seiner Erklärung nach § 2 Abs. 1 Z. 2 in der am geltenden Fassung festgelegten Monatsletzten derjenige Monatsletzte, zu dem der Beamte frühestmöglich seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung (§ 15 in Verbindung mit §§ 236b oder 236c BDG 1979) bewirken kann."
Am - sohin nach Erlassung des Bescheides vom - wurde das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 87, kundgemacht, durch das dem § 10 Abs. 3 BB-SozPG der folgende zweite Satz angefügt wurde:
"Dies gilt nicht, wenn sich dadurch ein früheres als das in der Erklärung bezeichnete Datum des Ausscheidens aus dem Dienststand ergeben würde. § 236c Abs. 4 BDG 1979 ist nur auf Beamte anzuwenden, die am bereits ihr 59. Lebensjahr vollendet haben.
..."
§ 10 Abs. 3 BB-SozPG in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001 trat (rückwirkend) mit in Kraft.
Nach § 236b Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2001 (BDG 1979), sind die §§ 15 und 15a (wonach eine Versetzung in den Ruhestand frühestens mit Ablauf des Monats möglich ist, in dem der Beamte seinen 738. Lebensmonat vollendet) auf vor dem geborene Beamte mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung oder von Amts wegen frühestens mit Ablauf des Monats erfolgen kann, in dem der Beamte sein
60. Lebensjahr vollendet, wenn er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in der Ruhestand eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 40 Jahren aufweist. Nach der weiteren Übergangsbestimmung des § 236c leg. cit. tritt für Beamte, die in den tabellarisch näher wiedergegebenen Zeiträumen geboren sind, an die Stelle des in § 15 Abs. 1 und 4 und in § 15a Abs. 1 Z. 1 angeführten 738. Lebensmonats der jeweils angeführte Lebensmonat, für den (im Beschwerdefall relevanten) Zeitraum vom bis der 728. Monat.
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer mit Ablauf des , dem Ende seines mit Bescheid vom gewährten Karenzurlaubes, weder die Voraussetzung nach §§ 15 oder 15a BDG 1979 (die Vollendung des 738. Lebensmonats) noch die Voraussetzungen nach § 236b Abs. 1 leg. cit. (die Vollendung des 60. Lebensjahres und eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 40 Jahren) aufwies. Allerdings konnte der Beschwerdeführer in den Genuss des § 236c Abs. 1 leg. cit. (der Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monates, in dem er seinen
728. Lebensmonat vollendet) kommen.
Mag auch die Änderung der Rechtslage, nämlich die Übergangsbestimmung des § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes idF BGBl. I Nr. 6/2001, die belangte Behörde zur Abänderung des (mit Bescheid vom gewährten) Karenzurlaubes mit Bescheid vom berechtigt haben, so konnten die im Spruch des angefochtenen Bescheides angegebenen Bestimmungen des § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes in Verbindung mit §§ 236b und 236c BDG 1979 jedoch nicht als Grundlage für die neuerliche Abänderung des rechtskräftigen Bescheides vom herangezogen werden, zumal diese Bestimmungen seit der Erlassung des Bescheides vom lediglich in einem hier nicht relevanten Punkt, nämlich durch die Einfügung eines hier bedeutungslosen zweiten Satzes in § 10 Abs. 3 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes durch die Novelle BGBl. I Nr. 87/2001 geändert wurden.
Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf einen ihr bei der Erlassung des Bescheides vom unterlaufenen Irrtum verweist und vorbringt, es sei ein neuer Feststellungsbescheid erlassen worden, um eine rechtswidrige Ruhestandsversetzung zu vermeiden und der angefochtene Bescheid derogiere jenem vom , sodass keine res iudicata vorliege, vermengt sie die Frage der Geltung (allenfalls rechtswidriger Bescheide) mit der Frage der Rechtmäßigkeit (Zulässigkeit) der Abänderung rechtskräftiger Bescheide. Mag auch einem rechtswidrigen Bescheid (über die Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides) Geltung zukommen, so beurteilt sich die Rechtmäßigkeit einer solchen Abänderung an Hand der § 13 DVG iVm § 68 AVG und nicht an Hand seiner Geltung. Im Übrigen entbehrt der angefochtene Bescheid jeglicher Begründung für eine Abänderung des Bescheides vom im Hinblick auf die Voraussetzungen nach § 13 DVG iVm § 68 AVG.
Da die belangte Behörde rechtsirrig eine Abänderung der rechtskräftigen Karenzierung nur auf die im angefochtenen Bescheid genannten Rechtsgrundlagen stützte und jegliches Verfahren im Hinblick auf § 13 DVG iVm § 68 AVG unterließ, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-50228