VwGH vom 17.12.1996, 93/14/0221

VwGH vom 17.12.1996, 93/14/0221

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Berufungssenat I, vom , 219-3/90, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Vater des Beschwerdeführers (in der Folge nur: Vater) betrieb als Einzelunternehmer einen Großhandel mit Sonnenbrillen. Am erwarb der Vater zwei Betriebe zur Erzeugung von Brillen.

Mit Gesellschaftsvertrag vom beteiligte sich der Beschwerdeführer als stiller Gesellschafter an den beiden Betrieben des Vaters. Im Gesellschaftsvertrag war vereinbart, der Beschwerdeführer werde die Leitung der beiden Betriebe alleinverantwortlich übernehmen. Die Einlage des Beschwerdeführers bestehe in der Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft. Das Gesellschaftsverhältnis beginne am und werde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Beschwerdeführer werde für die Leitung der beiden Betriebe einen Gewinnvoraus von 30.000 S 14 x jährlich erhalten. Soweit nach Abzug des Gewinnvoraus noch ein Restgewinn verbleibe, sei dieser im Verhältnis von 50 : 50 zu teilen. An einem eventuellen Verlust nehme der Beschwerdeführer nicht teil. Im Auseinandersetzungsfall habe der Beschwerdeführer Anspruch auf den Nominalbetrag bisher noch nicht behobener Gewinnanteile und erhalte darüber hinaus 50 % der in den beiden Betrieben entstandenen stillen Reserven, wobei jedoch der Geschäftswert des gesamten Unternehmens des Vaters bei der Auseinandersetzung nicht in Ansatz zu bringen sei.

Mit Vertrag vom verkaufte der Vater die beiden Betriebe per an eine GmbH, an der der Beschwerdeführer, der Vater und zwei weitere Personen zu je einem Viertel beteiligt waren. Alleiniger Geschäftsführer dieser GmbH war der Beschwerdeführer.

Für das Streitjahr erklärte der Beschwerdeführer neben anderen Einkünften solche aus Kapitalvermögen aus der stillen Beteiligung an den beiden Betrieben von 1,902.276 S, wobei er 525.133 S als laufenden "Gewinn" und 1,377.143 S als "Veräußerungsgewinn" ansah. Er stellte den Antrag, den "Veräußerungsgewinn" iSd § 37 Abs 2 EStG 1972 mit dem Hälftesteuersatz zu besteuern.

Das Finanzamt wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Besteuerung des "Veräußerungsgewinnes" mit dem Hälftesteuersatz mit der Begründung ab, ein derartiger Gewinn sei in der taxativen Aufzählung der außerordentlichen Einkünfte iSd § 37 Abs 2 EStG 1972 nicht genannt.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, es handle sich bei dem "Veräußerungsgewinn" um eine Entschädigung gemäß § 32 Z 1 lit b EStG 1972, die nach § 37 Abs 2 Z 4 leg cit mit dem Hälftesteuersatz zu besteuern sei. Darüber hinaus ersuchte der Beschwerdeführer die Abgabenbehörde zu prüfen, ob überhaupt eine Einkunftsart vorliege. Die stille Beteiligung befinde sich im Privatvermögen und sei nicht nach dem angeschafft worden. Somit löse die Veräußerung dieser stillen Beteiligung keine Steuerpflicht aus.

Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit, sie erblicke in der Veräußerung der stillen Beteiligung ein Spekulationsgeschäft, weswegen sie beabsichtige, den "Veräußerungsgewinn" als steuerpflichtig zu behandeln.

Der Beschwerdeführer erstattete daraufhin einen als Berufungsergänzung bezeichneten Schriftsatz, in dem er darlegte, er sei vom bis zumindest als stiller Gesellschafter an den beiden Betrieben beteiligt gewesen. Die im § 30 Abs 1 Z 1 lit b EStG 1972 normierte Spekulationsfrist betrage ein Jahr, wobei der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung "von Tag zu Tag" zu berechnen sei. Er habe daher die stille Beteiligung zumindest ein Jahr und einen Tag gehalten, weswegen kein Spekulationsgeschäft vorliege. Werde das Datum des Verkaufes der beiden Betriebe, somit der , als maßgebend für das Verpflichtungsgeschäft angesehen, betrage die entscheidungswesentliche Frist sogar mehr als 15 Monate.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid legte die belangte Behörde zunächst dar, die stille Beteiligung sei nicht nach dem angeschafft worden, weshalb der "Veräußerungsgewinn" nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führe. Es liege jedoch ein Spekulationsgeschäft vor. Die stille Beteiligung sei vom Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes, somit am , angeschafft worden. Die Veräußerung der stillen Beteiligung sei jedoch nicht am , sondern bereits am erfolgt. Die beiden Betriebe seien mit Wirkung per an die GmbH verkauft und damit die Geschäftstätigkeit des Handelsherrn des stillen Gesellschafters beendet worden. Die stille Gesellschaft habe somit nur bis zum bestanden. Dafür spreche auch die Bestellung des Beschwerdeführers zum alleinigen Geschäftsführer der GmbH sowie die Aufnahme dieser Tätigkeit mit . Schließlich sei der "Veräußerungsgewinn" des Beschwerdeführers im Zug der Bilanzerstellung der beiden Betriebe zum ermittelt worden. Da somit zwischen der Anschaffung und der Veräußerung der stillen Beteiligung ein Zeitraum von nicht mehr als einem Jahr liege, sei der "Veräußerungsgewinn" unter den sonstigen Einkünften (§ 29 Z 2 iVm § 30 Abs 1 Z 1 lit b EStG 1972) zu erfassen. An der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ändere sich dadurch nichts.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtanwendung des § 30 Abs 1 Z 1 lit b EStG 1972 iVm § 19 leg cit verletzt, wobei er sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Es mag im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob ein Spekulationsgeschäft vorliegt. Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer seine stille Beteiligung nicht an einen Dritten veräußert, sondern für deren Aufgabe vom Vater einen "Veräußerungsgewinn" erhalten hat.

Nach § 27 Abs 2 Z 1 EStG 1972 gehören auch besondere

Entgelte .... , die neben den im Abs 1 bezeichneten Einkünften

oder an deren Stelle gewährt werden, .... zu den Einkünften aus

Kapitalvermögen. Unter Abs 1 leg cit fallen auch Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter.

Die Abschichtung eines stillen Gesellschafters durch den Handelsherrn als Inhaber eines Handelsgewerbes stellt die letztmalige Zuweisung eines Gewinnanteiles dar. Wird somit ein stiller Gesellschafter zu einem höheren Betrag abgefunden, als dies dem Stand seiner Einlage entspricht, stellt der Unterschiedsbetrag ein besonderes Entgelt dar, das neben den laufenden Einkünften aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter geleistet wird, weswegen der vom Beschwerdeführer erklärte "Veräußerungsgewinn" nach § 27 Abs 2 Z 1 EStG 1972 steuerpflichtig ist (vgl Schubert/Pokorny/Schuch/ Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, Tz 31 zu § 27, sowie Schögl/Wiesner/Nolz/Kohler, Einkommensteuergesetz 19729, Tz 5a zu § 27). Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer die stille Beteiligung nicht nach dem angeschafft hat.

Das erstmals in der Beschwerde Vorgebrachte, es habe ein Zufluß von 655.196 S bereits im Jahr 1986 stattgefunden, weswegen die belangte Behörde gegen die Bestimmungen des § 19 EStG 1972 über die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben verstoßen habe, erweist sich im Hinblick auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot als unbeachtlich. Denn der Beschwerdeführer hat in Kenntnis der beabsichtigten Qualifikation der Veräußerung der stillen Beteiligung als Spekulationsgeschäft in seiner Berufungsergänzung kein Vorbringen zum angeblichen Zufluß im Jahr 1986 erstattet.

Soweit der Beschwerdeführer behauptet, er sei erstmals im angefochtenen Bescheid mit der Qualifikation der Veräußerung der stillen Beteiligung als Spekulationsgeschäft konfrontiert worden, sowie, die belangte Behörde habe ihm keine Möglichkeit gegeben, zum Zeitpunkt des Zuflusses konkret Stellung zu nehmen und diesen zu belegen, erweist sich dieses Vorbringen im Hinblick auf den oben dargestellten Verfahrensgang als aktenwidrig. Da der Beschwerdeführer in seiner Berufungsergänzung einen Zufluß bereits im Jahr 1986 nicht behauptet hatte, ergab sich für die belangte Behörde kein Grund, die nunmehr in der Beschwerde geforderten diesbezüglichen amtswegigen Ermittlungen vorzunehmen.

Der "Veräußerungsgewinn" eines stillen Gesellschafters ist in der taxativen Aufzählung der außerordentlichen Einkünfte iSd § 37 Abs 2 EStG 1972 nicht genannt. Der angefochtene Bescheid steht somit mit der Rechtslage im Einklang und führt daher zu keiner Rechtsverletzung des Beschwerdeführers.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.