zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 23.11.2000, 98/15/0119

VwGH vom 23.11.2000, 98/15/0119

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerden 1.) der ES und 2.) der GS, beide in S, beide vertreten durch Dr. Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, Imbergstraße 22, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat I) jeweils vom , Zlen. 1.) RV 30/1-7/98 und 2.) RV 29/1-7/98, jeweils betreffend Einkommensteuer 1995 und 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen jeweils Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beiden Beschwerdeführerinnen (geboren am bzw. am ) übergaben mit Vertrag vom jeweils einen Viertelanteil einer in ihrem Privatvermögen stehenden Liegenschaft. Der Übernehmer hatte auf Grund des Übergabsvertrages an die Beschwerdeführerinnen (u.a.) eine Leibrente von jeweils monatlich 45.000 S, beginnend mit dem Monat Juli 1995, zu leisten.

Nach dem von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Standpunkt handelte es sich bei diesen Renten um so genannte Versorgungsrenten, die bereits ab der ersten Rentenzahlung im Jahr 1995 als sonstige Einkünfte nach § 29 Z. 1 EStG 1988 steuerlich zu erfassen seien. Demgegenüber vertreten die Beschwerdeführerinnen die Ansicht, die Renten seien als Kaufpreisrenten zu qualifizieren, mit der Folge, dass die Steuerpflicht erst mit dem Überschreiten des kapitalisierten Rentenwertes nach § 16 Abs. 2 und 4 BewG, sohin erst ab Mitte 1996, gegeben sei.

In den beiden gleich lautenden Beschwerden erachten sich die Beschwerdeführerinnen in ihrem "Recht auf steuerfreien Bezug der Leibrentenzahlungen bis zum Überschreiten des kapitalisierten Rentenwertes verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Im Erkenntnis vom , 98/14/0045, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass er sich nicht mehr veranlasst sieht, die zum EStG 1972 ergangene Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung der so genannten Versorgungsrente im Geltungsbereich des EStG 1988 aufrecht zu erhalten. Werde ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die als angemessene Gegenleistung angesehen werden könne, dann liege eine Gegenleistungsrente vor. Werde hingegen ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die nicht als angemessene Gegenleistung qualifiziert werden könne, müsse von einer freiwilligen Zuwendung bzw. einer Unterhaltsrente im Sinn des § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 ausgegangen werden. Im Bereich der Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Rente sei für eine weitere Rentenkategorie kein Raum.

Es kann in den Beschwerdefällen in Ansehung der geltend gemachten Rechtsverletzung dahingestellt bleiben, ob die strittigen Renten als Gegenleistungsrenten oder - wegen des von der belangten Behörde verneinten Gegenleistungscharakters - als so genannte Versorgungsrenten zu werten sind. Bei mangelndem Gegenleistungscharakter der Renten (den von der belangten Behörde angenommenen "Versorgungsrenten") handelte es sich nämlich im Sinn des oben erwähnten Erkenntnisses um nach § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 nicht abzugsfähige freiwillige Zuwendungen, die bei den Empfängern nicht der Einkommensteuerpflicht unterliegen. Somit war jedenfalls die steuerliche Erfassung der Rentenzahlungen bis zum Überschreiten der kapitalisierten Rentenwerte rechtlich unzulässig.

Die angefochtenen Bescheide waren damit wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am