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VwGH vom 25.03.1999, 98/15/0114

VwGH vom 25.03.1999, 98/15/0114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des N und der AE in H, vertreten durch Dr. Franz Havlicek, Rechtsanwalt in Hollabrunn, Amtsgasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/020-05/02/97, betreffend Feststellung des Einheitswertes auf den , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist strittig, ob im zivilrechtlichen Eigentum der Beschwerdeführer stehende Liegenschaften jeweils für sich einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des Bewertungsgesetzes bilden, oder ob unter Anwendung des § 24 BewG die Annahme eines einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zulässig ist. Nach einer Wiedergabe der Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und den (ausführlichen) Feststellungen eines Ortsaugenscheines vom führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, aus den Vorschriften der §§ 2 Abs. 2 i.V.m. § 24 BewG ergebe sich, daß mehrere Wirtschaftsgüter, die zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehörten, einer wirtschaftlichen Einheit zuzurechnen seien, wenn diese Wirtschaftsgüter tatsächlich eine wirtschaftliche Einheit im Sinn des § 2 Abs. 1 BewG bildeten und die Ehegatten in dauernder Haushaltsgemeinschaft lebten. Das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft verbiete nicht das Führen eigener Betriebe, es bilde nur ein Tatbestandsmerkmal für die bewertungsrechtliche Zusammenfassung der Betriebe als eine wirtschaftliche Einheit. Es sei unbestritten, daß die Ehegatten in dauernder Haushaltsgemeinschaft lebten. Der Gesetzgeber knüpfe nicht nur im § 24 BewG, sondern auch in anderen Rechtsbereichen, z. B. des bürgerlichen Rechts, an das Bestehen einer Ehe besondere Rechtsfolgen, sodaß die von den Beschwerdeführern vorgetragene Kritik an der Bestimmung des § 24 BewG nicht überzeuge. Außerdem sei die Abgabenbehörde in der Vollziehung der Gesetze an die geltende Rechtslage gebunden. Es sei daher für die Entscheidung allein maßgebend, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Zusammenfassung der im Eigentum der Ehegatten stehenden Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinn des § 2 Abs. 1 BewG bestünden. Auf die privatrechtlichen Beziehungen der Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit komme es nicht an. Was als wirtschaftliche Einheit nach § 2 Abs. 1 BewG gelte, sei nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Nach der Verkehrsanschauung gehörten grundsätzlich zu einem (einheitlichen) Betrieb der Land- und Forstwirtschaft alle Flächen, die nach Lage der Verhältnisse von einem Mittelpunkt (in der Regel der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden könnten und demselben Eigentümer (bzw. unter den Voraussetzungen des § 24 BewG: Ehegatten) gehörten. Unter Bedachtnahme auf diese Eigentumsverhältnisse bildeten selbst mehrere Betriebe eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zusammen bewirtschaftet würden. Diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn zwischen den Betrieben ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe.

Im Beschwerdefall - so die weiteren Ausführungen im angefochtenen Bescheid - seien die Wirtschaftsgüter jahrelang im Alleineigentum des Erstbeschwerdeführers gestanden, der den Gutshof von seiner Familie erworben habe. Da sich an den örtlichen Gegebenheiten auch zum maßgebenden Bewertungsstichtag keine Änderungen ergeben hätten, stehe "wohl außer Streit", daß die Bewirtschaftung aller Flächen von einer Stelle aus möglich sei. Es handle sich um ein unverändert zusammenhängendes Areal, das wohl von einem unbeeinflußten Betrachter nach wie vor als ein Gutshof beurteilt werden würde (lediglich die Eigentumsverhältnisse hätten sich geändert). Im Beschwerdefall nutze die Zweitbeschwerdeführerin, wie niederschriftlich festgehalten, nicht nur die ihr gehörigen Grundstücke, sondern auch Teilflächen des Hofareals, die im Eigentum des Erstbeschwerdeführers stünden, wodurch ein Zusammenhang zwischen den "Betrieben" als erwiesen gelten müsse. Die für die Beurteilung der wirtschaftlichen Einheit wesentliche Verkehrsanschauung gehe auch von der Erfahrung aus, daß (orts-)üblicherweise Bauer und Bäuerin, soweit sie in aufrechter Ehe und häuslicher Gemeinschaft lebten, nicht unabhängig und unbeeinflußt voneinander nur mit den jeweils ihnen zivilrechtlich gehörigen Wirtschaftsgütern einen gesonderten Wirtschaftserfolg anstrebten. Vielmehr würden sie ihre wirtschaftliche Planung mit Rücksicht auf die auch im - zivilrechtlichen - Eigentum des anderen Ehegatten stehenden Wirtschaftsgüter treffen und auch bei der Bewirtschaftung ihre Arbeitskraft im Sinne einer Arbeitsteilung gegenseitig ergänzend einsetzen.

Im Beschwerdefall würden die Rübenerntemaschine und der Mähdrescher von beiden Beschwerdeführern genutzt. Da keine Aufteilung der Kosten der Rübenerntemaschine nach der Nutzung erfolge, könne angenommen werden, daß keine fremdüblichen Verhältnisse, die auf das Vorliegen zweier unabhängiger Betriebe hindeuteten, vorlägen. Von den von den Beschwerdeführern ausgewählten und der Abgabenbehörde vorgelegten "Beweisen" seien der Anbau- und Liefervertrag der Zweitbeschwerdeführerin vom und die Auszahlung der Brennerei vom Dezember 1994 an die Zweitbeschwerdeführerin von dem Erstbeschwerdeführer im Auftrag unterzeichnet. Es werde zwar von der Abgabenbehörde eine weitgehende selbständige Betriebsführung der Ehegatten nicht in Abrede gestellt, der überbetriebliche innere wirtschaftliche Zusammenhang der Betriebe gelte aber ebenso als erwiesen. Aufgrund der "allgemeinen Lebenserfahrung ist es undenkbar, daß konkurrenzierende landwirtschaftlichen Betriebe


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die Kosten der gemeinsam benutzten Betriebsmittel nicht entsprechend zuordnen und aufteilen,
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gegenseitige Hilfestellung, wenn auch erwiesenermaßen nur bei der Rübenernte, ohne jegliche Aufzeichnung grob verrechnen,
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auch nicht im Rahmen der Nachbarschaftshilfe, Verträge und Auszahlungen von Konkurrenzbetrieben unterzeichnen,
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Grundstücke im grundbücherlichen Eigentum anderer, wenn auch angeblich unbeabsichtigt, nutzen.
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Im ggst. Falle hat der Bw. der Ehegattin im Übergabevertrag vom ein Belastungs- und Veräußerungsverbot auf sämtliche vertragsgegenständliche Liegenschaften und Grundstücken auferlegt. Dies bedeutet, daß die Verfügungsgewalt über ihren Betrieb in Wirklichkeit stark eingeschränkt ist, denn die Belastung bzw. Veräußerung eines Grundstückes ist ohne Zustimmung des vorherigen Eigentümers, dem Ehegatten nicht möglich."
Da die im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstücke und Betriebsmittel alle nach § 2 Abs. 1 BewG erforderlichen Voraussetzungen erfüllten, seien sie bewertungsrechtlich im Sinn des § 24 BewG als eine wirtschaftliche Einheit zu erfassen. Die Behauptung der Beschwerdeführer, beide Betriebe "seien in jeder Hinsicht völlig eigenständig administriert, finanziert und organisiert" müsse aufgrund der aufgezeigten Sachverhaltsmomente als unzutreffend zurückgewiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 30 Abs. 1 BewG gehören zum landwirtschaftlichen Vermögen alle Teile (insbesondere Grund und Boden, Gebäude, stehende und umlaufende Betriebsmittel, Nebenbetriebe und Sonderkulturen) einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 46 Abs. 1 leg.cit. für das forstwirtschaftliche Vermögen. Gemäß § 2 Abs. 1 BewG ist jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im Ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.
Nach § 2 Abs. 2 BewG kommen mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.
Eine Ausnahme von der zuletzt angeführten Vorschrift normiert § 24 BewG. Nach dieser im Beschwerdefall in der Fassung des BGBl. Nr. 818/1993 anzuwendenden Bestimmung wird die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehören, wenn die Ehegatten in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben.
Die Beschwerdeführer greifen - wie schon im Verwaltungsverfahren - die Verfassungskonformität der Bestimmung des § 24 BewG an. Insbesondere scheine die diskriminierende Behandlung der Institution Ehe gegenüber einer außerehelichen Lebensgemeinschaft dem Art. 2 StGG (Gleichheitsgrundsatz) sowie dem Art. 18 StGG (Berufsfreiheit) zu widersprechen. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom , B 915-918/96-10, in einer vergleichbaren Beschwerdesache mit dem Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit des Ausgehens von einer Durchschnittsbetrachtung und des Abstellens auf den Regelfall (vgl. etwa VfSlg. 8871/1980) und im Hinblick darauf, daß es sich nicht um Regelungen handelt, die den Antritt eines Gewerbes beschränken oder die Ausübung eines Gewerbes betreffen, die Behandlung der Beschwerde mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt. Unter Berücksichtigung dieser auch auf den Beschwerdefall übertragbaren Ausführungen teilt der Verwaltungsgerichtshof die in der Beschwerde vorgetragenen Bedenken nicht.
Das Vorliegen einer dauernden Haushaltsgemeinschaft im Sinn des § 24 BewG ist im Beschwerdefall nicht strittig. Die Entscheidung hängt somit davon ab, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Zusammenfassung der Wirtschaftsgüter der Ehegatten zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG vorliegen. Dafür ist in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 85/15/0356, und die dort zitierte Vorjudikatur) die gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung maßgebend. Diese ist nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen; auf den Willen des Eigentümers (im Fall des § 24 BewG: der Eigentümer), Grundstücke als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln, kommt es nicht an, wenn diese Absicht in der Verkehrsanschauung keine Deckung findet. Nach der Verkehrsanschauung gehören grundsätzlich zu einem einheitlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft alle Flächen, die nach Lage der Verhältnisse von einem Mittelpunkt (in der Regel: der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können und demselben Eigentümer (unter den Voraussetzungen des § 24 BewG: Ehegatten) gehören. Die privatrechtlichen Beziehungen des einzelnen Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit bleiben außer Betracht; es kommt somit nicht darauf an, wer von den beiden Ehegatten Eigentümer der wirtschaftlich zusammengehörenden Wirtschaftsgüter ist. Auch mehrere Betriebe bilden eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn zwischen den Betrieben ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0088, m.w.N.). Maßgebend ist insbesondere, ob die in Rede stehenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen der Ehegatten von einem Mittelpunkt (in der Regel der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 6.584/F), wobei auch die Verkehrsanschauung für die Vermutung spricht, landwirtschaftliche Betriebe würden von den Ehegatten gemeinsam geführt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0054 bis 0057).
In der Beschwerde bleiben die Feststellungen im angefochtenen Bescheid unwidersprochen, wonach die land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen der Beschwerdeführer, die bis zum Übergabevertrag im Jahr 1993 auch einen im Alleineigentum des Erstbeschwerdeführers stehenden Gutshof bildeten, von einer Hofstelle aus bewirtschaftet werden können (und ein zusammenhängendes Areal bilden). Die Beschwerde bringt im wesentlichen nur die bestehenden Eigentumsverhältnisse am Maschinenpark ins Spiel. Diesen Ausführungen kommt allerdings bereits deshalb keine wesentliche Bedeutung zu, weil - wie erwähnt - für die Frage der gemeinsamen Bewirtschaftung die privatrechtlichen Beziehungen der einzelnen Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit nicht maßgebend sind. Es mag zwar den Beschwerdeführern zuzugestehen sein, daß das Miteigentum an größeren Maschinen (im Beschwerdefall am Mähdrescher und der Rübenmaschine) und das Ausnutzen von Synergieeffekten für sich allein noch nicht für eine gemeinsame Bewirtschaftung spricht, diese Tatsache spricht aber auch nicht gegen diese Annahme (vgl. nochmals das Erkenntnis vom ). Zu einer Verrechnung der anfallenden Reparaturkosten "wie bei anderen Miteigentumsgemeinschaften" weist im übrigen die belangte Behörde in der Gegenschrift nicht zu Unrecht darauf hin, daß diesen Behauptungen die niederschriftlich festgehaltenen Erklärungen der Beschwerdeführer gegenüberstehen, wonach bei der Rübenernte keine Verrechnung erfolge ("Die Arbeiten werden grob ausgeglichen, Aufzeichnungen diesbezüglich existieren nicht."). Da sogar mehrere an sich selbständige landwirtschaftliche Betriebe von Ehegatten eine wirtschaftliche Einheit bilden können (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom , 96/15/0088), und auch die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die gegen eine Konkurrenzsituation der Betriebe sprechen, unbekämpft blieben, kann die Ansicht der belangten Behörde, es liege eine wirtschaftliche Einheit vor, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am