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VwGH vom 12.08.1994, 93/14/0214

VwGH vom 12.08.1994, 93/14/0214

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom , 6/188/1-BK/M-1990, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1986,

Spruch

1) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Einkommensteuer für die Jahre 1982 und 1984 richtet, zurückgewiesen.

2) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war bis zum Jahr 1988 Gebrauchtwagenhändler, wobei er seinen Gewinn gemäß § 4 Abs 1 EStG 1972 ermittelte.

In der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1982 bis 1986 machte der Beschwerdeführer die aus den Jahren 1980 und 1982 stammenden Verluste gemäß § 18 Abs 1 Z 4 EStG 1972 geltend.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid verweigerte die belangte Behörde den Abzug der geltend gemachten Beträge mit der Begründung, die Verluste seien nicht auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt worden. Im einzelnen führte die belangte Behörde aus, für die Veranlagungszeiträume 1978 bis 1981 sowie 1982 bis 1986 sei jeweils eine abgabenbehördliche Prüfung vorgenommen worden. Sowohl für das Jahr 1980, als auch für das Jahr 1982 sei festgestellt worden, der jeweilige Verlust sei nicht vortragsfähig, weil in beiden Jahren die Buchhaltung nicht ordnungsmäßig im Sinn des § 131 BAO gewesen sei. Hinsichtlich des Jahres 1980 habe der Prüfer festgestellt, die Buchhaltung sei erst nachträglich erstellt worden. Die Inventur zum habe gefehlt. (Der Beschwerdeführer habe dazu ausgeführt, daß er ab dem Jahr 1981 oder 1982 die Inventur in groben Zügen aufgenommen habe, wobei ihm als Aufzeichnungsgrundlage ein Kalender gedient habe.) Die auf Grund von Belegen nachträglich festgestellten Geschäftsfälle seien nachgebucht worden, wodurch sich pro Jahr hohe Umsatzsteuernachzahlungen ergeben hätten. Die Kaufverträge hätten zum Teil in den Durchschriften Originalkugelschreibereintragungen beim Kaufpreis aufgewiesen. Laufende Kassadifferenzen seien über das Kapitalkonto ausgebucht worden. Über Einlagen und Darlehensrückzahlungen seien die Belege nicht vollständig bzw nicht ordnungsgemäß ausgefüllt gewesen. Das Kassabuch habe laufend Streichungen sowie Ausbesserungen von Fehleintragungen und Rechenfehlern enthalten. Die Bargeldbewegungen seien zum Teil nur auf Notizzetteln ohne Datum und Unterschrift aufgezeichnet worden. Die von Jänner bis Dezember 1980 ausgewiesenen Kassastände stimmten auf Grund eines falschen Übertrages nicht. Der Prüfer habe den erklärten Verlust des Jahres 1980 von rund 324.000 S daher um eine Zuschätzung von 70.000 S vermindert. Hinsichtlich des Jahres 1982 habe der Prüfer festgestellt, daß bei Führung des Kassabuches laufend Überschreibungen, nachträgliche Eintragungen (auch mit Bleistift) sowie nachträgliche Ergänzungen auf den Durchschlägen erfolgt seien. Weiters hätten im Jahr 1982 153 Paragondurchschriften gefehlt. Der Prüfer habe den erklärten Verlust des Jahres 1982 von rund 214.000 S daher um einen Sicherheitszuschlag von 60.000 S vermindert. Die Bücher und Aufzeichnungen des Beschwerdeführers hätten somit solche formellen Mängel aufgewiesen, die geeignet gewesen seien, deren sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, weshalb die Grundlagen der Abgabenerhebung gemäß § 184 Abs 3 BAO zu schätzen gewesen seien. Der auf die Ausführungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 170-172/86-10, gestützten Ansicht des Beschwerdeführers, die Vortragsfähigkeit der Verluste aus den Jahren 1980 und 1982 sei gegeben, weil diese nach Korrektur der Buchhaltung durch den Steuerpflichtigen oder auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung ihrer Höhe nach hätten errechnet werden können, könne nicht gefolgt werden. Wenn ein Sicherheitszuschlag bzw eine Zuschätzung notwendig sei, um das Betriebsergebnis zu ermitteln, sei die Vortragsfähigkeit der Verluste, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 88/14/0001, ausgeführt habe, zu verneinen. Die jeweiligen Schätzungen seien zu Recht erfolgt, weil die Verstöße des Beschwerdeführers bei Führung seiner Bücher und Aufzeichnungen nicht nur geringfügig gewesen seien. Ob das Verschulden für die Mangelhaftigkeit der Bücher und Aufzeichnungen (Fehlen der Paragondurchschriften) beim Beschwerdeführer oder bei seiner Steuerberaterin gelegen sei, sei für Zwecke der Schätzung nicht maßgebend. Die Geringfügigkeit von Aufzeichnungsmängeln könne auch nicht aus allenfalls geringfügigen Zuschätzungen abgeleitet werden. Im übrigen habe die Zuschätzung im Jahr 1980 rund 22 % und im Jahr 1982 rund 28 % des jeweils erklärten Verlustes betragen, weshalb sie nicht als geringfügig bezeichnet werden könne.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit dem die Behandlung dieser Beschwerde ablehnenden Beschluß vom , B 621/92-11, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ab. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er erachtet sich in seinem Recht auf Anerkennung der Verlustvorträge aus den Jahren 1980 und 1982 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch die Nichtanerkennung der strittigen Verlustvorträge in den Jahren 1982 und 1984 kann der Beschwerdeführer schon deshalb nicht in seinen Rechten verletzt sein, weil das Einkommen dieser Jahre gemäß § 2 Abs 2 EStG 1972 bereits nach Abzug der übrigen Sonderausgaben Null beträgt, weshalb für einen Verlustabzug ohnedies kein Raum mehr bliebe. Die Beschwerde war - auf Grund des Beschlusses nach § 12 Abs. 3 VwGG im Fünfersenat - daher, soweit sie sich gegen die Einkommensteuer für die Jahre 1982 und 1984 richtet, zurückzuweisen.

Hinsichtlich der übrigen Streitjahre ist dem Beschwerdeführer zunächst zuzustimmen, daß der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G 170-172/86-10, in bezug auf § 18 Abs 1 Z 4 EStG 1972 ausgesprochen hat, daß ein Verlustvortrag für bilanzierende Einkommensteuerpflichtige immer dann zulässig ist, wenn der Verlust - allenfalls auch nach Korrektur der Buchhaltung durch den Steuerpflichtigen oder auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung - seiner Höhe nach errechnet werden kann und das Ergebnis auch überprüfbar ist.

Dem Beschwerdeführer ist hingegen nicht zuzustimmen, wenn er meint, nicht einmal die belangte Behörde bestreite das Zutreffen dieser Voraussetzungen im vorliegenden Fall. Die belangte Behörde hat vielmehr ausgeführt, die vom Prüfer festgestellten und unwidersprochen gebliebenen Mängel der Bücher und Aufzeichnungen seien nicht nur geringfügig. Unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung hat die belangte Behörde weiter ausgeführt, es könne bei unbestritten mangelhaften Büchern und Aufzeichnungen - ohne gegen die Denkgesetze zu verstoßen - angenommen werden, daß nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet worden seien (vgl das hg Erkenntnis vom , 88/13/0042), weshalb die Zuschätzung bzw der Sicherheitszuschlag notwendig gewesen seien.

Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen der vom Prüfer festgestellten Mängel der Bücher und Aufzeichnungen auch nicht, sondern wendet lediglich ein, das (ausschließlich das Jahr 1982 betreffende) Fehlen von 153 Paragondurchschriften könne nicht ihm angelastet werden, weil seine Steuerberaterin gegenüber der Finanzstrafbehörde einbekannt habe, daß dies auf eine "Schlamperei" ihres Büros zurückzuführen sei. Abgesehen davon, daß die Steuerberaterin des Beschwerdeführers, soweit aus den Verwaltungsakten ersichtlich, nie einbekannt hat, in ihrer Kanzlei seien Belege des Beschwerdeführers verloren gegangen (die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang stets genannte Stellungnahme seiner Steuerberaterin im Finanzstrafverfahren vom enthält lediglich Ausführungen zum Privatanteil der Autokosten sowie zur Abgrenzung von Zinsen), kommt es für das Vorliegen einer Schätzungsberechtigung der Behörde nicht darauf an, warum die Bücher und Aufzeichnungen mangelhaft sind. Wenn die belangte Behörde daher auf Grund der genannten, unbestritten gebliebenen Mängel, die sowohl im Jahr 1980 als auch im Jahr 1982 jeweils auf das gesamte Rechenwerk ausstrahlen, zur Ansicht gelangt ist, die Verluste dieser Jahre seien nicht vortragsfähig, so kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Bei dem im wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt kann nicht die Rede davon sein, daß die Verluste der Höhe nach errechnet werden konnten und das Ergebnis überprüfbar war (vgl das hg Erkenntnis vom , 91/14/0172, mwA). Die Zuschätzung von 70.000 S im Jahr 1980 bzw der Sicherheitszuschlag von 60.000 S im Jahr 1982 stehen im Verhältnis zu den erklärten Verlusten dieser Jahre überdies in keinem solchen Mißverhältnis, daß gesagt hätte werden können, sie hätten die anhand des Rechenwerkes ermittelten Verluste nur zu einem verhältnismäßig kleinen Teil geschmälert (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 227/91, sowie das bereits genannte hg Erkenntnis vom ).

Die Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend die Zuschätzung des Kaufpreises eines Autos im Jahr 1985 stehen mit der Frage der Vortragsfähigkeit der Verluste der Jahre 1980 und 1982 in keinem Zusammenhang.

Inwieweit durch die Nichtberücksichtigung der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer bzw dessen (teilweise) Einstellung auf Grund der Stellungnahme seiner Steuerberaterin im vorliegenden Verfahren wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden seien, ist nicht ersichtlich. Mit der wahllosen Aufzählung von Bestimmungen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, des Staatsgrundgesetzes, des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches sowie der Bundesabgabenordnung zeigt der Beschwerdeführer ebenso keine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Eine solche ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar.

Die Beschwerde erweist sich somit, soweit sie sich gegen die Einkommensteuer für die Jahre 1983, 1985 und 1986 richtet, insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.