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VwGH vom 15.04.2005, 2002/12/0001

VwGH vom 15.04.2005, 2002/12/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der H in H, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. K4-L-1295, betreffend die Herabsetzung der Lehrverpflichtung nach § 44b des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht, nach einem mit November 1993 privatrechtlich begründeten Dienstverhältnis als vertragliche Hauptschullehrerin, seit als "Lehrerin an Hauptschulen" in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.

Am brachte sie ihre Tochter zur Welt. Über ihren Antrag vom bewilligte der Landesschulrat für Niederösterreich (im Folgenden kurz: LSR) am einen Karenzurlaub für die Zeit vom bis zum .

Mit Antrag vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Herabsetzung ihrer Lehrverpflichtung gemäß (den für sie als Vertragslehrerin nicht anwendbaren) § 44b LDG 1984 auf 12 Wochenstunden für den Zeitraum vom 1. Mai bis zum , um ihre Tochter betreuen zu können. In einem Vermerk vom hielt der LSR fest, dass er gegen die Teilbeschäftigung der Beschwerdeführerin "im Schuljahr 2000/2001 ab dem " keinen Einwand erhebe. Der Dienstantritt der Beschwerdeführerin (nach Beendigung ihres Karenzurlaubes) erfolgte am .

Noch vor Begründung ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gewährte der LSR der Beschwerdeführerin ohne Abführung eines weiteren Verfahrens mit Bescheid vom gemäß § 44b LDG 1984 Teilzeitbeschäftigung für die Zeit vom bis im Ausmaß von 12 Wochenstunden. Der Bescheid enthält eine Belehrung über die damit verbundenen gehaltsrechtlichen Auswirkungen, jedoch keine Begründung.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie darauf verwies, für die Zeit vom 1. Juni bis zum keinen Antrag gestellt zu haben, sodass Teilzeitbeschäftigung für diesen Zeitraum nicht gewährt werden dürfte. Ihr Antrag habe sich auf die Zeit vom 1. Mai bis zum bezogen und könne daher nur für diese Zeit behandelt, jedoch nicht inhaltlich abgeändert werden. Der LSR hätte die Möglichkeiten gehabt, antragsgemäß vorzugehen, oder, falls das nicht möglich sein sollte, sie rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass der Antrag anders zu stellen wäre, oder den Antrag in der vorliegenden Form abzulehnen. Sie beantragte daher die Aufhebung des Bescheides.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

In der Begründung führte sie nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens aus, gemäß § 44b LDG 1984 könne die Lehrverpflichtung des vollbeschäftigten Landeslehrers auf seinen Antrag u.a. zur Betreuung eines eigenen Kindes bis auf die Hälfte herabgesetzt werden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung werde die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder des Vielfachen eines Jahres oder bis zum Schuleintritt des Kindes wirksam. Gemäß dieser Bestimmung unterliege daher die Dauer der Herabsetzung der Lehrverpflichtung innerhalb eines Jahres nicht der Disponierbarkeit des Antragstellers, sodass die Teilbeschäftigung jedenfalls bis zum Ende des Schuljahres zu gewähren gewesen sei. Da die Entscheidung des LSR somit zu Recht erfolgt sei, sei der Berufung ein Erfolg zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unterbleiben der Gewährung einer nicht beantragten Herabsetzung ihrer Lehrverpflichtung nach § 44b LDG 1984 durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über das Ermittlungsverfahren und die Bescheidbegründung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 LDG 1984 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 519/1993 beträgt die Lehrverpflichtung der Lehrer an Volksschulen, mit Ausnahme der Religionslehrer (§ 53 Abs. 1), 23 Wochenstunden, bei zweisprachigem Unterricht 21 Wochenstunden. Die Lehrverpflichtung vermindert sich um eine halbe Wochenstunde für die Klassenführung und eine halbe Wochenstunde für Korrekturarbeiten; für eine Klasse darf nur jeweils eine halbe Wochenstunde im Sinne des vorstehenden Halbsatzes berücksichtigt werden.

§§ 44a, 44b und 44d LDG 1984 in der im Beschwerdefall wegen der zeitlichen Lagerung anzuwendenden Fassung des Art. VIII Z. 6 der Novelle BGBl. I Nr. 61/1997 lauten (auszugsweise):

"Herabsetzung der Lehrverpflichtung aus beliebigem Anlass

§ 44a. (1) Die Lehrverpflichtung des Landeslehrers kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, dass die verbleibende Unterrichtstätigkeit ganze Unterrichtsstunden umfasst. Die verbleibende Lehrverpflichtung

1. darf nicht unter der Hälfte der für eine Vollbeschäftigung erforderlichen Lehrverpflichtung und

2. muss unter der für eine Vollbeschäftigung erforderlichen Lehrverpflichtung

liegen.

(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Für einen Landeslehrer dürfen die Zeiträume einer solchen Herabsetzung insgesamt zehn Jahre nicht überschreiten.

(4) Die Lehrverpflichtung darf nicht herabgesetzt werden:

1. während einer Verwendung auf einem Arbeitsplatz an einer im Ausland gelegenen Dienststelle;

2. in den übrigen Fällen, wenn der Landeslehrer infolge der Herabsetzung der Lehrverpflichtung aus wichtigen dienstlichen Gründen weder im Rahmen seines bisherigen Arbeitsplatzes noch auf einem anderen seiner dienstrechtlichen Stellung zumindest entsprechenden Arbeitsplatz verwendet werden könnte.

Herabsetzung der Lehrverpflichtung zur Betreuung eines Kindes

§ 44b. (1) Die Lehrverpflichtung des Landeslehrers ist auf seinen Antrag zur Betreuung

1. eines eigenen Kindes,

...

bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabzusetzen. § 44a Abs. 2 und 4 ist anzuwenden.

(2) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder des Vielfachen eines Jahres oder bis zum Schuleintritt des Kindes wirksam.

(3) Eine solche Herabsetzung ist nur zulässig, wenn

1. das Kind dem Haushalt des Landeslehrers angehört und noch nicht schulpflichtig ist und

2. der Landeslehrer das Kind überwiegend selbst betreuen will.

(4) Der Landeslehrer hat den Antrag auf Herabsetzung der Lehrverpflichtung spätestens zwei Monate vor dem gewollten Wirksamkeitsbeginn zu stellen.

Beendigung der Herabsetzung der Lehrverpflichtung

§ 44d. (1) Die Zeit der Herabsetzung der Lehrverpflichtung endet mit Ablauf des Schuljahres, in dem die im § 44a Abs. 3 oder im § 44b Abs. 2 festgelegte Frist abläuft. Dies gilt nicht für solche Zeiträume, an die ohne Unterbrechung ein weiterer Zeitraum der Herabsetzung der Lehrverpflichtung nach den §§ 44a oder 44b anschließt. Die Zeit der Herabsetzung der Lehrverpflichtung nach § 44b endet jedoch in allen Fällen spätestens mit dem Schuleintritt des Kindes.

(2) Die Dienstbehörde kann auf Antrag des Landeslehrers eine Änderung des Ausmaßes oder die vorzeitige Beendigung der Herabsetzung der Lehrverpflichtung nach den §§ 44a oder 44b verfügen, wenn keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

...

(5) Eine Anwendung des Abs. 2 ist in den letzten vier Monaten des Schuljahres ausgeschlossen."

Die Beschwerdeführerin macht geltend, § 44b Abs. 1 LDG 1984 setze ihren Antrag voraus, sodass sich die Entscheidung, die den von ihr beantragten Zeitraum überschritten habe, als inhaltlich rechtswidrig erweise. Sollte der Antrag in dem von ihr gestellten Umfang nicht bewilligt werden können, hätte den LSR und zuletzt die belangte Behörde eine Anleitungs- und Aufklärungspflicht getroffen. Da diese nicht wahrgenommen worden sei, leide der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Zunächst gilt, dass die Übernahme der Beschwerdeführerin in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis (mit ) mangels allgemeiner Norm bezüglich der Weitergeltung von im Vertragsbedienstetenverhältnis erworbenen Rechten im öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis das Erlöschen der aus dem vertraglichen Dienstverhältnis bestehenden Rechte zur Folge hat. Die privatrechtlich begründete Teilzeitbeschäftigung hat somit (mangels entsprechender Anordnung im LDG 1984) keine Auswirkung auf das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis. Das trifft auch für den (ungeachtet des Zitates des § 44b LDG 1984 ausschließlich auf die Gestaltung des im Zeitpunkt der Antragstellung allein bestandenen Vertragsbedienstetenverhältnisses gerichteten) Antrag der Beschwerdeführerin vom zu, der für die Zeit des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (Juni 2001) keine Wirksamkeit entfaltet. Ein entsprechender Antrag der Beschwerdeführerin im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis geht aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens nicht hervor. Schon deshalb ist ein - für eine stattgebende Entscheidung erforderlicher - Antrag nach § 44b LDG 1984 bei der Konstellation des Beschwerdefalles zu verneinen.

Im Übrigen ist, selbst bei Anlegung der vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht der belangten Behörde, anzumerken, dass das von der Dienstbehörde festgelegte Ausmaß der Herabsetzung der Lehrverpflichtung nach § 44b LDG 1984 in einem Antrag des Landeslehrers seine Deckung finden muss, das heißt, dass es nicht von dem beantragten Ausmaß abweichen darf. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 44b Abs. 1 LDG 1984, aus dem die Antragsbedürftigkeit klar hervorgeht (so auch das zur vergleichbaren Bestimmung des § 44a LDG 1984 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/12/0006).

Bestätigt wird das von den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle BGBl. I Nr. 61/1997, 631 Beilagen XX. GP, zu der dem § 44b LDG 1984 vergleichbaren, gleichzeitig neu gefassten analogen Bestimmung des § 50b BDG 1979 (= Art. I Z. 18 auf Seite 72). In diesen wird unter anderem ausgeführt, neu sei, dass auch hier - so wie im Fall des § 50a BDG 1979 (Anmerkung: vergleichbar also dem § 44a LDG 1984) - die regelmäßige Wochendienstzeit nicht mehr starr auf 50 % herabzusetzen sei, sondern dass diese je nach Antrag des Beamten auf eine beliebige Zahl voller Stunden im Ausmaß von 50 % bis 100 % der Vollbeschäftigung festgelegt werden könne.

Dass die Neufassung der Bestimmungen über die Herabsetzung der Lehrverpflichtung im LDG 1984 durch die Novelle BGBl. I Nr. 61/1997 analog zur (gleichzeitigen) Neufassung der §§ 50a bis 50d und § 213 BDG 1979 erfolgte, hebt auch die obzitierte Regierungsvorlage (zu Art. VIII Z. 6 auf Seite 99) hervor; sie verweist in diesem Zusammenhang auf die Erläuterungen zum BDG 1979.

Ebenso weisen die Ausführungen der genannten Regierungsvorlage zu dem § 44d LDG 1984 vergleichbaren § 50d BDG 1979 (631 BlgNR XX. GP, 72) in diese Richtung, indem sie festhalten, wenn keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen, sei nicht nur eine vorzeitige Beendigung der Herabsetzung, sondern je nach Wunsch des Beamten auch eine Änderung des Prozentausmaßes der Herabsetzung möglich.

Im Übrigen weist die Beschwerdeführerin zu Recht darauf hin, dass ihr Antrag - wie ihr erst später bewusst geworden sei - jedenfalls auf rechtlich Unmögliches (nämlich einen im Gesetz nicht vorgesehenen Zeitraum der Herabsetzung) gerichtet war. Die belangte Behörde wäre somit verpflichtet gewesen, ihr die - einleitend dargestellte - zutreffende Rechtsauffassung bekannt zu geben und ihr die Gelegenheit zu bieten, den Antrag zu stellen. Ein derartiger Antrag wäre jedoch (jedenfalls für den Zeitraum bis bzw. bis zum Ende des Schuljahres 2000/2001) nach der geltenden Rechtslage (vgl. § 44b Abs. 2 sowie § 44d LDG 1984) nicht zulässig gewesen.

Der angefochtene Bescheid war somit nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Eine EUR 180,-- übersteigende Pauschalgebühr wurde nach dem Akteninhalt nicht entrichtet, sodass schon aus diesem Grund ein Ersatz nur in dieser Höhe in Betracht kommt.

Wien, am