VwGH vom 15.02.1994, 93/14/0210
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde der E-GmbH & Co KG in T, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 6/105/3-BK/Ma-1993, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO und Gewerbesteuer für die Jahre 1987 bis 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An der Beschwerdeführerin (KG) ist eine Kommanditistin mit 25 %, ihr Ehemann mit 70 % als weiterer Kommanditist und eine GmbH als Komplementärin mit 5 % beteiligt. Einzige geschäftsführende und vertretungsbefugte Gesellschafterin ist die Komplementärin. Sie hat nach dem Gesellschaftsvertrag als Unternehmerlohn einen Vorwegbezug in der Höhe ihrer Aufwendungen für die Gehälter, Pensionen, sonstige Gehaltsnebenspesen und Tantiemen ihrer Geschäftsführer zu erhalten. An der Komplementär-GmbH sind das Kommanditistenehepaar und deren beide Söhne zu gleichen Anteilen beteiligt. Einziger Geschäftsführer dieser GmbH ist der Ehemann des Kommanditistenehepaares. Die KG betreibt die Malerei und Anstreicherei mit 30 bei ihr beschäftigten Personen, die die Maler- und Anstreicherarbeiten durchführen. Lediglich das Kommanditistenehepaar steht in einem Dienstverhältnis zur Komplementär-GmbH, und zwar der Ehemann als Geschäftsführer, die Ehefrau als von der GmbH bestellte Prokuristin.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde den Aufwendungen für Ersatz von Löhnen und Lohnnebenkosten der Komplementär-GmbH für die bei dieser angestellte Prokuristin (Kommanditistin der Beschwerdeführerin) die Anerkennung als Betriebsausgaben in Anlehnung an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/14/0203, ÖStZB 1990, 151, wegen Mißbrauchs gemäß § 22 BAO im Hinblick auf § 23 Z. 2 EStG 1972 bzw. 1988.
Laut der nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 1402/93-3, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde, erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den Bescheid der belangten Behörde in ihrem Recht auf Anerkennung der Dienstnehmerbezüge ihrer Kommanditistin als Betriebsausgaben verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdefall unterscheidet sich im Sachverhalt von dem dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom zugrundeliegenden nur darin, daß die bei der Komplementär-GmbH angestellte Kommanditistin Prokura der GmbH und nicht der KG erteilt war. Dabei handelt es sich um keinen wesentlichen Unterschied. Die Prokura ist nämlich eine Vollmacht mit einem durch das Gesetz vorherbestimmten Inhalt. Die aus ihr fließende Vertretungsberechtigung käme der Kommanditistin gleichermaßen zustatten, wenn sie von der Beschwerdeführerin dieser selbst und nicht von der Komplementär-GmbH erteilt worden wäre.
Entscheidend ist somit lediglich, ob das Dienstverhältnis der Kommanditistin zur Komplementär-GmbH ungewöhnlich und unangemessen zur Erreichung des von der Beschwerdeführerin angestrebten Zieles ist und es seine Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet.
Die Kommanditistin ist - wie die Beschwerde nicht bestreitet - die einzige mit Büroarbeiten beschäftigte Person gewesen. Das bei der KG angestellte Personal bestand nämlich aus 30 Personen, die sich nur mit der Durchführung der Maler- und Anstreicherarbeiten beschäftigten (Seite 3 der Beschwerde). Schon daraus folgt, daß die Kommanditistin allein Büroarbeiten in einem Umfang für die Beschwerdeführerin durchgeführt haben muß, wie sie üblicherweise in werbenden Unternehmen derartiger Größe anfallen müssen. Trotz hiezu mehrfach gebotener Gelegenheit, hat die Beschwerdeführerin keine Nachweise dafür erbracht, daß die Kommanditistin ungeachtet dieser Tatsache überwiegend für die Komplementär-GmbH tätig wurde, der allein die Geschäftsführung - also die Willensbildung (vgl. Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes5, 21) - oblag. Die Beschwerdeführerin macht der belangten Behörde daher zu Unrecht den Vorwurf, durch unzulängliche Aufklärung von Art und Umfang der Tätigkeit der Kommanditistin (Prokuristin der GmbH für die Komplementär-GmbH) Verfahrensvorschriften verletzt zu haben.
Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß es ungewöhnlich und unangemessen ist, Tätigkeiten, die dem überwiegenden Interesse der KG dienen, ohne nachvollziehbaren außersteuerlichen Grund durch die nur mit der Geschäftsführung betraute Komplementär-GmbH ausführen zu lassen. Die Ungewöhnlichkeit und Unangemessenheit dieser Vorgangsweise ist offenkundig, bedurfte also - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - weder des Nachweises durch repräsentative Umfragen noch durch statistische Erhebungen.
Sollte die Kommanditistin auch - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - in Abwesenheit des Geschäftsführers selbst Entscheidungen getroffen haben, die sonst dieser zu treffen gehabt hätte, ändert dies an der Richtigkeit der Beurteilung durch die belangte Behörde auch unter Berücksichtigung der durch die GmbH erteilten Prokura nichts. Zur Willensbildung berufen war nach dem Gesellschaftsvertrag nämlich nur der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Im inneren Verhältnis bedurfte die Kommanditistin daher zumindestens der nachträglichen Genehmigung der von ihr eigenmächtig getroffenen Entscheidungen durch den Geschäftsführer. Was das Verhältnis gegenüber Dritten anlangt, hätte aber dieselbe Vertretungswirkung durch eine von der KG selbst der Kommanditistin erteilte Prokura erzielt werden können.
Einen nachvollziehbaren außersteuerlichen Grund für die gewählte Vorgangsweise hat die Beschwerdeführerin trotz entsprechender Aufforderung durch die belangte Behörde im Verwaltungsverfahren nie dargelegt und ist auch für den Gerichtshof nicht erkennbar. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen zeigten vielmehr, daß sich die Kommanditistin in der Korrespondenz mit Dritten auf ihre Prokura durch die GmbH überhaupt nie berufen hat. Dem Offenlegungsgrundsatz (vgl. Straube, Kommentar zum HGB, Rz 26 zu § 48) wurde also gar nicht entsprochen.
Es war daher nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangte, das Dienstverhältnis der Kommanditistin mit der Komplementär-GmbH habe nur dazu gedient, die sich aus § 23 Z. 2 EStG 1972 und 1988 ergebenden steuerlichen Folge zu umgehen.
Dem angefochtenen Bescheid haftet daher keine Rechtswidrigkeit an, die die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten verletzt. Deshalb war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.