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VwGH vom 25.11.1997, 93/14/0193

VwGH vom 25.11.1997, 93/14/0193

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. P in S, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , 40.120-4/93, betreffend Jahresausgleich für 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Universitätsprofessor, machte für das Streitjahr ua Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Dieses Arbeitszimmer befindet sich in einem rund 35 km vom Dienstort entfernt gelegenen, dem Beschwerdeführer gehörenden Einfamilienhaus.

Das Finanzamt verweigerte die Anerkennung von Werbungskosten für das Arbeitszimmer mit der Begründung, nur jener Aufwand, der ausschließlich auf eine berufliche Nutzung entfalle und sich außerdem einwandfrei von den Ausgaben, die der privaten Lebensführung dienten, trennen lasse, könne als Werbungskosten berücksichtigt werden. Sei eine solche Trennung nicht einwandfrei durchführbar, gehöre der gesamte Betrag derartiger Aufwendungen zu den nichtabzugsfähigen Ausgaben.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, er benötige für seine Tätigkeit ein Arbeitszimmer, das er ausschließlich beruflich verwende, weswegen die hiefür angefallenen Aufwendungen Werbungskosten darstellten.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, einem Arbeitnehmer stünde in der Regel am Arbeitsort ein Arbeitsplatz zur Verfügung, weswegen ein häusliches Arbeitszimmer nicht erforderlich sei. Aufwendungen für ein solches Arbeitszimmer könnten grundsätzlich nur dann als Werbungskosten anerkannt werden, wenn dieses unbedingt notwendig und jede private Nutzung desselben als Wohnraum praktisch ausgeschlossen sei. Bloß gelegentliche berufliche Tätigkeiten führten nicht dazu, das betreffende Zimmer aus der Privatsphäre der einheitlichen Wohnung auszuscheiden. Das Vorhandensein eines Arbeitsplatzes außerhalb der Wohnung sei ein Indiz dafür, daß ein häusliches Arbeitszimmer nicht unerheblich privaten Zwecken dienen werde. Aufwendungen für die Lebensführung, welche die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Abgabepflichtigen mit sich bringe, dürften nicht von den Einkünften abgezogen werden, auch wenn diese Aufwendungen zur Förderung des Berufes des Abgabepflichtigen erfolgten. Sei eine Trennung der Aufwendungen in Werbungskosten und in Kosten der Lebensführung nicht einwandfrei durchführbar, gehörten diese Aufwendungen zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz erklärte der Beschwerdeführer, das Arbeitszimmer sei unbedingt notwendig. Bei Ausübung seiner Tätigkeit als Universitätsprofessor sei er weder örtlich noch zeitlich gebunden. Er benutze das Arbeitszimmer ausschließlich beruflich. Das Einfamilienhaus verfüge über genügend andere Räume, die für eine private Nutzung zur Verfügung stünden. Die dienstliche Stellung als Universitätsprofessor impliziere die Ausübung beruflicher Tätigkeiten (Vorlesungsvorbereitungen, wissenschaftliche Schreib- und Rechenarbeiten, Verwaltungsarbeiten für das Institut und Forschungsprojekte udgl) auch außerhalb der Räumlichkeiten des Institutes. Im Arbeitszimmer befände sich ein Schreibtisch, Sitzmobiliar, eine wissenschaftliche Bibliothek und eine PC-Anlage.

Über Vorhalt der belangten Behörde erklärte der Beschwerdeführer, der allergrößte Teil seiner Publikationen sowie die Vorbereitung für die Vorlesungen würden zu Hause erarbeitet, weil nur dort ungestörtes Arbeiten möglich sei. Als Arbeitszimmer sei ein Raum gewählt worden, der im Erdgeschoß abseits der Wohnräume gelegen sei, um nicht durch seine vier Kinder gestört zu werden. Er besitze etwa 350 Fachbücher und beziehe laufend acht Fachzeitschriften. Der größte Teil davon befinde sich im Arbeitszimmer. Ein Teil befinde sich den jeweiligen momentanen Arbeitserfordernissen entsprechend im Institut. Er sei das ganze Jahr über etwa 30 Stunden wöchentlich im Institut anwesend. Den Rest seiner etwa 55 bis 60 Stunden umfassenden wöchentlichen Arbeitszeit verbringe er zu Hause. Bei dem zu leistenden Arbeitspensum und der Distanz von rund 35 km zwischen Wohn- und Dienstort sei es nicht sinnvoll und der Familie nicht zumutbar, noch größeren Aufwand an Zeit (Abwesenheit) und Kosten als unumgänglich nötig zu betreiben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab, wobei sie zur Begründung im wesentlichen ausführte, es sei davon auszugehen, daß einem Arbeitnehmer am Arbeitsort ein Arbeitszimmer zur Verfügung stehe, weswegen ein häusliches Arbeitszimmer nicht erforderlich sei. Aufwendungen für ein solches Arbeitszimmer könnten daher grundsätzlich nur dann als Werbungskosten anerkannt werden, wenn dieses unbedingt notwendig und jede private Nutzung als Wohnraum ausgeschlossen sei. Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 gehörten Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Abgabepflichtigen mit sich bringe und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Abgabepflichtigen erfolgten, zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung. Auf Grund der restriktiven Auslegung des Werbungskostenbegriffes sei bei Aufwendungen für "Arbeitsmittel" (Arbeitszimmer) neben der Frage der tatsächlichen Verwendung auch das "Notwendigkeitselement" zu prüfen. Denn bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sei die objektive Notwendigkeit zur Bestreitung beruflich veranlaßter Aufwendungen weitaus geringer als bei den übrigen Einkunftsarten. Der Beschwerdeführer habe angegeben, es sei seiner Familie nicht zumutbar, noch größeren Aufwand an Zeit und Kosten als unumgänglich nötig fern von seinem Zuhause zu betreiben. Damit habe er dargetan, daß es neben beruflichen auch private Gründe für das häusliche Arbeitszimmer gebe. Dem Beschwerdeführer stehe ein jederzeit zugängliches Arbeitszimmer im Institut uneingeschränkt zur Verfügung. Es dränge sich daher der Schluß auf, der Beschwerdeführer habe einen Teil seiner Tätigkeit nicht aus Notwendigkeit, sondern wegen des angenehmen häuslichen Milieus in das Arbeitszimmer seines Einfamilienhauses verlegt. Der Beschwerdeführer benutze das Arbeitszimmer in seinem Einfamilienhaus fast ausschließlich beruflich. Er habe jedoch die berufliche Notwendigkeit zur Haltung dieses Arbeitszimmers nicht genügend unter Beweis gestellt, weil er teilweise private Gründe für dessen Benützung angegeben habe (Rücksichtnahme auf seine Familie). Gemäß § 165 Abs 3 BDG 1979 sei ein ordentlicher Universitätsprofessor hinsichtlich der Wahrnehmung der Aufgaben der Forschung teilweise weder zeitlich noch örtlich gebunden. Es bestünde daher auch aus diesem Grund kein Erfordernis, ein häusliches Arbeitszimmer als unbedingt notwendig anzusehen. Hiezu komme noch, daß die Distanz von rund 35 km zwischen Wohn- und Dienstort nicht so groß sei, um nicht täglich zurückgelegt werden zu können.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aufwendungen, die in gleicher Weise mit der Einkunftserzielung wie mit der privaten Lebensführung zusammenhängen können, bei denen die Behörde aber nicht in der Lage ist zu prüfen, ob die Aufwendungen durch die Einkunftserzielung oder durch die private Lebensführung veranlaßt worden sind, darf die Behörde nicht schon deshalb als Betriebsausgaben bzw Werbungskosten anerkennen, wenn die im konkreten Fall gegebene Veranlassung nicht feststellbar ist. In Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahelegen, darf die Veranlassung durch die Einkunftserzielung vielmehr nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die betriebliche bzw berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verläßliche Indiz der betrieblichen bzw beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung (vgl das hg Erkenntnis vom , 93/14/0087, mwA).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß das häusliche Arbeitszimmer einer fast ausschließlich beruflichen Nutzung entsprechend eingerichtet ist. Ebenso ist unbestritten, daß dem Beschwerdeführer im Institut jederzeit ein zugängliches Arbeitszimmer uneingeschränkt zur Verfügung steht.

Der Beschwerdeführer hält dem angefochtenen Bescheid entgegen, als ordentlicher Universitätsprofessor habe er Aufgaben, welche über die eines Arbeitnehmers hinausgingen und wegen der von ihm verlangten Kreativität den Charakter eines Werkvertrages trügen. Nicht Rücksichtnahme auf seine Familie sei der Grund für seine Arbeit im häuslichen Wohnungsverband gewesen. Dies sei vielmehr nur das Motiv für die Wahl des häuslichen Arbeitszimmers gewesen. Er habe das häusliche Arbeitszimmer wegen der Notwendigkeit der ungestörten beruflichen Tätigkeit genutzt.

Dieses Vorbringen zeigt die berufliche Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers nicht auf. Der Beschwerdeführer steht als ordentlicher Universitätsprofessor in einem Dienstverhältnis zum Bund, dem er seine Arbeitskraft schuldet. Inwiefern seine Tätigkeit auf Grund der von ihm verlangten Kreativität zur Annahme führen sollte, er sei nicht als Arbeitnehmer anzusehen, ist nicht einsichtig. Denn von jedem in gehobener Position tätigen Arbeitnehmer wird Kreativität verlangt. Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, verfügt der Beschwerdeführer in seiner Stellung als ordentlicher Universitätsprofessor uneingeschränkt über ein jederzeit zugängliches Arbeitszimmer im Institut. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren auch nicht dargetan, weshalb es ihm nicht möglich sein sollte, sämtliche Tätigkeiten in diesem Arbeitszimmer zu verrichten.

Damit ist auch der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe es unterlassen, etwa durch eine Anfrage beim Wissenschaftsministerium zu ermitteln, inwieweit er weder zeitlich noch örtlich hinsichtlich der Wahrnehmung der Aufgaben der Forschung gebunden sei, der Boden entzogen. Denn es oblag nicht der belangten Behörde zu ermitteln, ob und inwieweit der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, seine gesamte Tätigkeit im Institut auszuüben, sondern dem Beschwerdeführer darzulegen, weshalb ihm dies unmöglich gewesen wäre. Dies hat der Beschwerdeführer jedoch unterlassen.

Der Beschwerdeführer hält dem angefochtenen Bescheid weiters entgegen, die Distanz von rund 35 km zwischen Wohn- und Dienstort sei im Hinblick darauf, daß seine Tätigkeit durch Individualität und Spontanität gekennzeichnet sei, nicht gering. Eine Strecke von 70 km täglich ergebe einen Mehraufwand von 20.000 km jährlich, wobei die Wochenenden noch nicht einmal berücksichtigt seien. Dies bedeute nicht nur eine kostenmäßig immense Mehrbelastung, sondern auch eine Belastung der Umwelt.

Dieses Vorbringen zeigt nicht auf, weshalb es dem Beschwerdeführer nicht möglich sein sollte, seine gesamte Tätigkeit im Institut auszuüben. Individualität und Spontanität hindern den Beschwerdeführer nicht, eine Strecke von 70 km täglich zurückzulegen. Was den Mehraufwand betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer ohnedies 30 Stunden wöchentlich im Institut anwesend ist und ihm über den Verkehrsabsetzbetrag hinaus ein Pendlerpauschale zuerkannt wurde.

In der Nichtbesichtigung des häuslichen Arbeitszimmers ist keine Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erblicken, weil die belangte Behörde ohnedies davon ausgegangen ist, dieses werde fast ausschließlich beruflich genutzt. Mit den weiteren behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften (unterlassene Prüfung des Zeitaufwandes für Fahrten zwischen Wohn- und Dienstort, unterlassene Prüfung der Notwendigkeit des Transportes von Unterlagen zwischen Wohn- und Dienstort, unterlassene Aufteilung der im Institut und im häuslichen Arbeitszimmer tatsächlich geleisteten Arbeitszeit) zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern die belangte Behörde bei Durchführung dieser Ermittlungen zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid hätte kommen können.

Was schließlich die Ausführungen des Beschwerdeführers betrifft, er arbeite auch an Wochenenden, was die belangte Behörde unberücksichtigt gelassen habe, genügt es darauf hinzuweisen, daß diese Behauptung eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung darstellt. Die entsprechende Frage nach den Tätigkeiten am Wochenende im Punkt 3 des Vorhaltes der belangten Behörde hatte der Beschwerdeführer unbeantwortet gelassen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.