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VwGH vom 05.04.2001, 98/15/0099

VwGH vom 05.04.2001, 98/15/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der I GmbH in W, vertreten durch Dr. Jörg Jakobljevich und Dr. Christinan Grave, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Biberstrasse 3, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , GZ MD-VfR - I 9/97 und W 55/97, betreffend Vergnügungssteuer und Haftung für Vergnügungssteuer für den Zeitraum Juni 1993 bis August 1993 zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Haftung für Vergnügungssteuer betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war aufgrund einer mit dem G Verein abgeschlossenen Vereinbarung mit der Verwaltung und Nutzung eines Areals in W auf eigene Rechnung betraut. Aufgrund der ihr aus dieser Vereinbarung erwachsenen Rechte hat die Beschwerdeführerin der L Ges.m.b.H konkrete Grundflächen auf diesem Areal für die Veranstaltung von Publikumstanz ("Clubbings") gegen Entgelt zur Verfügung gestellt.

Mit Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz vom wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 4 des Gesetzes über die Besteuerung von Vergnügungen im Gebiete der Stadt Wien, LGBl. Nr. 43/1987 (nachfolgend: VGSG), als "Inhaberin der benutzten Grundstücke" zur Haftung für die durch die Veranstaltungen der L Ges.m.b.H auf dem vorerwähnten Areal in der Zeit von Juni 1993 bis August 1993 entstandene Vergnügungssteuerschuld samt Nebengebühren im noch aushaftenden Betrage von 415.131 S herangezogen.

Kraft ihrer Stellung als Verwalterin und Nutzungsberechtigte habe die Beschwerdeführerin der L Ges.m.b.H aufgrund des mit dieser geschlossenen Nutzungsvertrages vom die für die Tanzveranstaltungen notwendigen Flächen für bestimmte Termine überlassen. Aufgrund der im Vertrag mit dem G Verein getroffenen Aufgabenverteilung stehe fest, dass die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Zeitraum zumindest auch als Inhaberin anzusehen sei.

Da die Beschwerdeführerin auch Inhaberin der von L Ges.m.b.H. benützten Grundstücke gewesen sei, und die Rückstände bei der Primärschuldnerin nicht eingebracht werden könnten, sei die gesetzliche Voraussetzung für ihre Haftung- und Zahlungspflicht gegeben.

Die Beschwerdeführerin erhob sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gemäß § 193 Abs. 1 WAO gegen den Abgabenbescheid Berufung. Aufgrund der mit dem G Verein geschlossenen Vereinbarung sei sie im gegenständlichen Zeitraum lediglich zur wirtschaftlichen Verwaltung des Areals berechtigt und verpflichtet gewesen. Ihre Rechtsposition sei daher zum Abschluss des Nutzungsvertrages nur eine abgeleitete gewesen. Sie habe die überlassenen Grundstücke nur mittelbar für den G Verein inne gehabt. Der G Verein und nicht die Beschwerdeführerin als Verwalterin sei Inhaberin der Liegenschaft.

Gehe man von der von der Behörde getroffenen Annahme der Innehabung aus, die bestritten werde, so komme die Bestimmung des § 13 Abs. 4 VGSG zur Anwendung und sei der Haftungsumfang diesfalls auf den eines Verpächters einzuschränken. Eine sachliche Rechtfertigung für die aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 4 VGSG zu schließende unterschiedliche Haftung des Inhabers einerseits und des Pächters (richtig: Verpächters) andererseits liege nicht vor. Nachdem eine Haftungsbeschränkung nach § 13 Abs. 1 Z. 1 VGSG nicht in Betracht komme, sei die Haftung nach § 13 Abs. 1 Z. 2 VGSG mit der Höhe des Pachtschillings und somit 270.000 S zu beschränken.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gemäß der mit dem G Verein abgeschlossenen Vereinbarung sei die Berufungswerberin nicht nur Verwalterin, sondern auch Nutzungsberechtigte für all jene Bereiche, die über eine konkret genannte sportliche Abwicklung hinausgingen. Die Rechtsposition sei weit über die einer Verwalterin hinausgegangen. Die Beschwerdeführerin sei auch berechtigt gewesen, den Nutzungsvertrag mit der L Ges.m.b.H auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung abzuschließen. § 13 Abs. 4 VGSG treffe für die Haftung des Inhabers und des Verpächters unterschiedliche Anordnungen, gegen welche keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden.

Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Im Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides verminderte die belangte Behörde die Festsetzung der Abgabenschuld und schränkte deshalb die Haftung auf den Betrag von 373.710 S ein.

Inhaberin der Räume oder Grundstücke sei jemand, der faktische Herrschaft über diese ausübe (Hinweis § 309 ABGB) und daher selbst das Geschehen kontrollieren und von jeder einzelnen Veranstaltung Kenntnis und auf jede Einfluss nehmen könne. Diese Voraussetzungen würden auf die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Falle zutreffen.

Aus der zwischen der Beschwerdeführerin und dem G Verein geschlossenen Vereinbarung ergebe sich, dass diese zur wirtschaftlichen Verwaltung und Nutzung des gesamten Areals berechtigt und verpflichtet gewesen sei. Aufgrund dieser Rechtsposition habe die Berufungswerberin mit der L Ges.m.b.H einen Nutzungsvertrag abgeschlossen, der diese zur Veranstaltung von "Clubbings" auf dem Areal im Haftungszeitraum ermächtigt habe.

Die Verfügungsgewalt über die Grundstücke und baulichen Anlagen des Areals sei, von sportlichen Belangen im Zusammenhang mit konkret angeführten sportlichen Veranstaltungen abgesehen, ausschließlich bei der Berufungswerberin gelegen, sodass diese Macht im Sinne des § 309 ABGB über die zur Durchführung von Clubbings benützten Grundflächen und baulichen Anlagen ausgeübt habe. Die Berufungswerberin habe einen wirtschaftlichen Vorteil aus der "Vermietung" der in Rede stehenden Grundstücke und baulichen Anlagen an die L Ges.m.b.H gezogen.

Die Beschwerdeführerin sei von der Abgabenbehörde erster Instanz mit Recht als Inhaberin der Grundflächen und baulichen Anlagen angesehen worden, auf denen die L Ges.m.b.H die Clubbing Veranstaltungen durchgeführt habe.

Haftungsbeschränkungen seien nach dem VGSG nur für Verpächter, nicht jedoch für Inhaber der für die Vergnügung benützten Räume oder Grundstücke vorgesehen. Ob diese Schlechterstellung gleichheitswidrig sei, sei von der belangten Behörde nicht zu prüfen.

Da nach der Aktenlage eine rasche Einhebung der Steuerrückstände bei der L Ges.m.b.H nicht möglich sei, und mehrere Einbringungsversuche bei den zur Haftung herangezogenen Geschäftsführern unbestrittenerweise ergebnislos geblieben seien, entspreche die Geltendmachung der Haftung den im § 18 WAO normierten Ermessensrichtlinien der Zwecksmäßigkeit und Billigkeit.

Mit Beschluss vom , B 911/98, hat der Verfassungsgerichthof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof rügt die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, ihre wirtschaftliche Stellung gehe nicht über jene eines Verpächters hinaus, dass die belangte Behörde den Inhaberbegriff des § 13 Abs. 4 VGSG zu weit ausgelegt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 97/15/0087, festgestellt hat, ergibt sich aus der Gegenüberstellung von Inhaber und (nur beschränkt haftendem) Verpächter in § 13 Abs. 4 VGSG, dass diese Gesetzesbestimmung mit dem "Inhaber" den Fall der unmittelbaren Innehabung (im Wesentlichen Möglichkeit der Bestimmung des im Raum ausgeübten faktischen Geschehens) anspricht. Der Vermieter ist daher kein Inhaber iSd § 13 Abs. 4 VGSG.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass der zwischen der Beschwerdeführerin und der L Ges.m.b.H abgeschlossene Nutzungsvertrag diese zur Abhaltung von "Clubbing"-Veranstaltungen berechtigte. Die Beschwerdeführerin habe aus dieser Vermietung wirtschaftliche Vorteile gezogen. Die belangte Behörde ist daher zum Ergebnis gelangt, dass die Rechtsposition der Beschwerdeführerin gegenüber der L Ges.m.b.H in Hinblick auf das gegenständliche Areal jene einer Vermieterin gewesen sei. Bei dieser Sachlage sind aber die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 13 Abs. 4 erster Satz VGSG nicht erfüllt (vgl. nochmals das vorzitierte hg. Erkenntnis 97/15/0087, welches ebenfalls die Überlassung von Räumlichkeiten zur Veranstaltung von "Clubbings" zum Gegenstand hatte).

Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid erkennbar davon ausgegangen ist, dass auch der Vermieter einer Räumlichkeit oder eines Grundstückes als Inhaber im Sinne des § 13 Abs. 4 VGSG zu betrachten ist und die Beschwerdeführerin daher zur Haftung für die Vergnügungsteuerschuld der L Ges.m.b.H in voller Höhe herangezogen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid war somit, soweit er die Haftung für Vergnügungssteuer betrifft, wegen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58 Abs. 1 VwGG iVm § 47 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am