VwGH vom 18.12.2001, 98/15/0095
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde der E und des A in G, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien I, Börsegasse 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. RV-010.97/1-8/97, betreffend Umsatzsteuer 1992 und 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer betreiben als Mitunternehmer (Gesellschaft nach bürgerlichem Recht) das Geschäft der Warenvermittlung ("Koordinator-CBS"). Nach den Feststellungen in der Tz. 16 einer abgabenbehördlichen Prüfung über die Jahre 1991 bis 1993 sei den Beschwerdeführern von der Partnerfirma CBS am das Firmenfahrzeug (Mercedes 230 E) kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Nach drei Jahren sei das Fahrzeug unentgeltlich an die Beschwerdeführer übereignet worden. Nach Ansicht des Prüfers sei dieser Vorgang als Teil der Gegenleistung für die Vermittlungsleistungen anzusehen und als solcher der Umsatzsteuer zu unterziehen. Für die Streitjahre 1992 und 1993 errechnete der Prüfer ausgehend von einem monatlichen Nutzungswert von 11.000 S eine Bemessungsgrundlage von 77.000 S 1992) und 132.000 S 1993).
Gegen die auf der Grundlage des Betriebsprüfungsberichtes ergangenen Abgabenbescheide erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Sie brachten vor, steuerbar sei ein Umsatz nur dann, wenn eine innere Verknüpfung zwischen der Leistung des Unternehmers und der Gegenleistung des Leistungsempfängers bestehe. Im Beschwerdefall sei der innere Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung jedenfalls kausal. Es könne wohl nicht bezweifelt werden, dass, "wäre der Abgabepflichtige nicht als CBS-Berater tätig, eine Nutzungsüberlassung eines Kfz nicht stattfinden würde (so angeführt im Nutzungsüberlassungsvertrag, Punkt VIII sowie Punkt VIII/I, in denen die Vertragspartner übereinstimmend festhalten, dass die Überlassung des PKW eine Anerkennung für besondere Leistungen von Conmeth-Geschäftspartnern darstellt, auf deren Gewährung allerdings kein Rechtsanspruch besteht)". Die Zurverfügungstellung des Kfz stelle somit einen nicht steuerbaren Vorgang dar, weil die innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung lediglich kausal sei. Anders wäre es bei einem finalen Zusammenhang, bei dem die Frage in den Vordergrund trete, ob eine Leistung deshalb erbracht werde, um eine andere Leistung zu erhalten. Es könne jedoch nicht unterstellt werden, dass der CBS-Berater nur deshalb seine Tätigkeit ausübe, um die Nutzungsmöglichkeit des betreffenden Kfz zu erlangen. Ein finaler Zusammenhang sei deshalb nicht konstruierbar, eine Konkretisierung der Leistung, die zum Erhalt der Gegenleistung (Nutzung des Kfz) führe, nicht durchführbar.
In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt u.a. darauf hin, dass die Beschwerdeführer gewusst hätten, dass sie bei Erreichen einer gewissen Punkteanzahl in das "Autoprogramm" fallen würden und damit den Vorteil der Zurverfügungstellung eines Pkw erlangen könnten. Die CBS-GmbH erbringe die unentgeltliche Zurverfügungstellung der Kfz im Rahmen des "Autoprogrammes" auch nur in Erwartung der Leistungen der begünstigten Geschäftspartner, im konkreten Fall der Beschwerdeführer.
In dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz betonten die Beschwerdeführer nochmals, dass die Kernfrage dahin gehe, ob bei dem strittigen Rechtsverhältnis zwischen den Beschwerdeführern und der CBS-GmbH ein kausaler oder finaler Zusammenhang bestehe. Der zur Steuerbarkeit einer Leistung notwendige finale Zusammenhang sei im Beschwerdefall nicht gegeben. In Bezug auf die Nutzungsüberlassung des Pkw sei das Verhalten der Beschwerdeführer von vornherein nicht entgeltorientiert, weil die geforderten Grenzen zur Erreichung der Nutzungsüberlassung eines Pkw nicht in der alleinigen Disposition der Beschwerdeführer stünden, sondern vielmehr von einer Reihe externer Faktoren abhingen (z.B. Trends in der Kosmetikindustrie, Mundpropaganda, etc.). Die Leistung der Beschwerdeführer (Produktevermittlung) als solche könne daher nicht auf den Erhalt eines Entgelts (Nutzungsüberlassung des Kfz) gerichtet sein (Finalität).
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge. In Punkt VIII/I des Überlassungsvertrages vom sei von den Vertragspartnern übereinstimmend festgehalten worden, dass die Pkw-Überlassung eine Anerkennung für besondere Leistungen von Conmeth-Geschäftspartnern darstelle, auf deren Gewährung allerdings kein Rechtsanspruch bestehe. Nach Punkt VIII/5 bekomme der Geschäftspartner einen Pkw Mercedes zur Nutzung, wenn er bestimmte Qualifikationserfordernisse und Umsatzvolumina erfülle. Da der Leistungsempfänger der Vermittlungsleistungen, die CBS-GmbH, bei Erfüllung der im Vertrag festgelegten Bedingungen bereit sei, den Beschwerdeführern zusätzlich zum Entgelt ein Kfz unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, sei die für das Vorliegen eines Leistungsaustausches notwendige innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben. Der Vorteil der tatsächlichen Überlassung des Kfz sei ein (zusätzliches) Entgelt für die erbrachten Vermittlungsleistungen. Würden die laut Überlassungsvertrag vereinbarten Umsatzgrenzen nicht erreicht und unterbleibe daher die Überlassung eines Kfz, dann erschöpfe sich das Entgelt in der vereinbarten Vermittlungsprovision. Zur Höhe der Bemessungsgrundlage sei in der Berufungsverhandlung zwar der angesetzte Wert von 11.000 S netto/monatlich (vgl. Punkt VIII/2 des Überlassungsvertrages) bestritten worden, ohne jedoch konkrete Gegenbehauptungen oder Beweisanträge vorzubringen. Der belangten Behörde erscheine eine Schätzung in Anlehnung an § 4 Abs. 1 der VO BGBl Nr. 642/1992 in Höhe von 7.000 S brutto/monatlich (5.833,33 netto) sachgerecht. Der Wert des Vorteils der Überlassung des Kfz betrage somit für 1992 insgesamt 40.833 S und für 1993 69.999 S.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuerpflicht. § 4 Abs. 1 UStG 1972 bestimmt, dass der Umsatz im Fall des § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 nach dem Entgelt zu bemessen ist. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. § 4 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 regelt, dass außerdem auch alles, was der Empfänger der Lieferung oder sonstigen Leistung freiwillig aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten, zum Entgelt gehört.
Zum Entgelt zählen Beträge, die in wirtschaftlicher Beziehung zu einer Lieferung oder sonstigen Leistung stehen. Die ausdrückliche Einbeziehung auch freiwilliger Gegenleistungen des Leistungsempfängers in den Entgeltsbegriff trägt dem Grundsatz Rechnung, dass unter den Entgeltsbegriff jede Gegenleistung des Leistungsempfängers fallen soll, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der erbrachten Leistung steht, wobei es gleichgültig ist, ob diese Gegenleistung auf einem Vertrag oder einem einseitigen Rechtsgeschäft beruht oder ohne rechtsgeschäftliche Grundlage erbracht wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/15/0172). Zum Entgelt gehören somit beispielsweise auch Zuzahlungen über das bedungene Entgelt hinaus wegen besonders zufrieden stellender Leistung und dgl. (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 84/15/0209, SlgNr. 6.105/F).
Bei ihren Beschwerdeausführungen, strittig sei, ob ein Leistungsaustausch im Sinn des § 1 Abs. 1 UStG 1972 vorliege, übersehen die Beschwerdeführer, dass der Streitpunkt in Wahrheit darin zu erblicken ist, ob der Vorteil aus der Kfz-Überlassung ein zusätzliches Entgelt für ihre der CBS-GmbH gegenüber erbrachten Leistungen bildet. Dass zwischen den Beschwerdeführern und der CBS-GmbH im Rahmen der von den Beschwerdeführern übernommenen (und mit Vermittlungsprovisionen honorierten) Vermittlungstätigkeit ein Leistungsaustauschverhältnis bestand, wird auch von den Beschwerdeführern nicht in Zweifel gezogen.
Wesentlich ist, dass die in der Beschwerde ebenfalls außer Acht gelassene Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 normiert, dass auch alles, was der Empfänger der Lieferung oder sonstigen Leistung freiwillig aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten, zum Entgelt gehört. Wenn - wie dies etwa die abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes formulierte - die CBS-GmbH die unentgeltliche Zurverfügungstellung des Kfz im Rahmen des "Autoprogrammes" in Erwartung der Leistungen der Beschwerdeführer gewährte, war darin nach der zitierten Bestimmung eindeutig Entgelt für die (Vermittlungs)Leistungen der Beschwerdeführer zu sehen. Die Einbeziehung der auch nach den Berufungsausführungen zweifelsfrei mit der Beratertätigkeit im ursächlichen Zusammenhang stehenden Nutzungsüberlassung des Pkw in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage der Beschwerdeführer war damit rechtens. Dass, worauf die Beschwerdeführungen im Wesentlichen hinauslaufen, die Beschwerdeführer ihre Leistungen nicht im Hinblick auf die mögliche Überlassung des Pkw, auf dessen Überlassung "wir keinen Rechtsanspruch hatten und welche Überlassung auch jederzeit widerrufen werden konnte", erbracht hätten, kam es bei der aufgezeigten Rechtslage nicht entscheidend an. Die vorgebrachten Hinweise auf Regelungen der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG (und Judikatur des EuGH) wären außerdem für die Streitjahre schon deshalb nicht von Relevanz, weil dieser Richtlinie für Abgabenzeiträume vor dem keine normative Bedeutung zukommt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/15/0023).
Soweit die Beschwerde der belangten Behörde im Zusammenhang mit dem - reduzierten - Schätzwert betreffend Nutzungsentgelt des Pkw eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorwirft, ist festzuhalten, dass die Beschwerde keinerlei Ausführungen dazu enthält, welchen Wert die Beschwerdeführer bei dem von ihnen vermissten Vorhalteverfahren als ihren Vorstellungen entsprechend angegeben hätten. Die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels wird somit nicht aufgezeigt (auf die bloße Bestreitung der Wertansätze durch die Beschwerdeführer in der Berufungsverhandlung weist außerdem schon der angefochtene Bescheid hin). Da die belangte Behörde ihre Wertermittlung durch die Bezugnahme auf den § 4 der VO BGBl Nr. 642/1992 offen gelegt hat, kann schließlich auch nicht gesagt werden, die Schätzungskriterien seien im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar dargelegt worden.
Die Beschwerde erweist sich damit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl Nr. 416/1994.
Wien, am