VwGH vom 27.01.1998, 93/14/0190
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der I GesmbH in I, vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester und Dr. Paul Delazer, Rechtsanwälte in Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl 40.147-4/93, betreffend Haftung und Zahlung für Lohnsteuer und über Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für den Zeitraum bis , zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anläßlich einer bei der Beschwerdeführerin, einer Wirtschaftstreuhandkanzlei, durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde die Ansicht vertreten, daß eine einem Arbeitnehmer im Jahr 1988 gewährte Prämie für Verbesserungsvorschläge im Ausmaß von S 100.000,-- mangels gegenständlich vorliegender lohngestaltender Vorschrift im Sinne des § 68 Abs 2 lit a bis c EStG 1972 nicht im Sinne des § 67 Abs 7 EStG 1972 steuerbegünstigt behandelt werden könne. Das Finanzamt folgte dieser Ansicht und erließ einen Haftungs- und Zahlungsbescheid, in welchem ua aus diesem Titel Lohnsteuer nachgefordert wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung ab. Zwar werde in dem für Angestellte in Wirtschaftstreuhandkanzleien abgeschlossenen Kollektivvertrag die grundsätzliche Verpflichtung zur Belohnung von Verbesserungsvorschlägen festgelegt, die Höhe der zu gewährenden Belohnung werde aber weder bestimmt noch bestimmbar umschrieben, vielmehr werde die Höhe der Prämie einer erst zu treffenden Individualvereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unter Beiziehung des Betriebsrates, sofern ein solcher im Betrieb bestehe, überlassen. Gerade Individualvereinbarungen sollten aber, wie insbesondere aus § 68 Abs 2 lit c EStG 1972 hervorleuchte, keine steuerliche Begünstigung begründen. Eine - auch entsprechend zu publizierende - Betriebsvereinbarung liege im Beschwerdefall nicht vor. Die Prämienzahlung beruhe vielmehr auf einer am Ende des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegten, auch so bezeichneten und undatierten innerbetrieblichen Vereinbarung, somit auf keiner lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs 2 lit a bis c, wie sie im § 67 Abs 7 EStG 1972 gefordert werde, weshalb der Berufung "schon deshalb" nicht Folge gegeben werden könne.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht, daß "die geleistete Zahlung für Verbesserungsvorschläge als lohngestaltende Vorschrift im Sinne des EStG 1972" angesehen werde, verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter Kostenzuspruch.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 67 Abs 7 EStG 1972 gelten als sonstige Bezüge auch auf Grund lohngestaltender Vorschriften im Sinne des § 68 Abs 2 lit a bis c gewährte Prämien für Verbesserungsvorschläge im Betrieb.
§ 68 Abs 2 lit a bis c EStG 1972 lautet auszugsweise:
"Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie
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a) | ... | |||||||||
b) | durch Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigung abgeschlossen worden sind, oder | |||||||||
c) | durch Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden." |
Die nicht von der Verweisungsnorm des § 67 Abs 7 EStG 1972 erfaßte lit d des § 68 Abs 2 EStG 1972 lautet:
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"d) | innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden." |
In der Beschwerde wird die Ansicht vertreten, daß die gezahlte Prämie im Beschwerdefall unter § 68 Abs 2 lit b EStG 1972 falle, und zwar auf dem Kollektivvertrag selbst beruhe. Im Zusammenhang mit einer behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften - die belangte Behörde habe nicht erhoben, ob die Beschwerdeführerin über einen Betriebsrat verfüge - führt die Beschwerdeführerin aus, daß die entsprechende Bestimmung des Kollektivvertrages für Angestellte von Wirtschaftstreuhändern unter den gegebenen Umständen - die Beschwerdeführerin habe keinen Betriebsrat - der einzige Weg gewesen sei, "die geleistete Prämie als lohngestaltende Vorschrift einzustufen". Die fehlenden Bestimmungen über die Höhe der zu gewährenden Prämien hätten keinen Einfluß auf die "Qualifikation des Kollektivvertrages als lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs 2 lit b EStG 1972", da es geradezu unmöglich sei, den Wert eines Verbesserungsvorschlages im vorhinein festzulegen. Der Vorschlag müsse sich erst im betrieblichen Einsatz bewähren, die Überprüfung der tatsächlich eingesparten Kosten sei erst im nachhinein möglich. Die gebührende Prämie könne daher auch erst im nachhinein festgesetzt werden. Damit sei auch klar, warum der entsprechende Kollektivvertrag keine Bestimmungen über die Höhe der zu gewährenden Prämie enthalte.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf:
Zu Recht hat die belangte Behörde ihrer Beurteilung zugrunde gelegt, daß eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs 2 lit a bis c EStG 1972 Regelungen enthalten muß, welche die Höhe einer Prämie für Verbesserungsvorschläge zumindest bestimmbar festlegt (vgl auch das hg Erkenntnis vom , 817/69, in welchem entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin eine insoweit durchaus vergleichbare Rechtsfrage zu beurteilen war) und sie nicht von einem Übereinkommen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (allenfalls unter Beiziehung eines vorhandenen Betriebsrates) abhängig macht.
Daran kann auch die Ansicht der Beschwerdeführerin, daß die "gebührende Prämie" erst im nachhinein festgesetzt werden könne, weil erst dann deren Wert feststellbar sei, schon deshalb nichts ändern, weil selbst in der der Behörde vorgelegten, von der Beschwerdeführerin als Grundlage für die gegenständliche Prämie bezeichneten innerbetrieblichen Vereinbarung eine Prämie für Verbesserungsvorschläge in bestimmbarer Weise im vorhinein festgelegt wurde. Daß eine begünstigte Besteuerung für auf Grund von Individualvereinbarungen gewährte Prämien nicht zustehen soll, wird schon daraus deutlich, daß die Verweisungsnorm des § 67 Abs 7 EStG 1972 die lit d des § 68 Abs 2 EStG 1972 nicht einschließt. Der Umstand allein, daß die Beschwerdeführerin über keinen Betriebsrat verfügt, ist im Hinblick auf den Inhalt des § 68 Abs 2 lit c EStG 1972 unerheblich.
Da dem angefochtenen Bescheid die gerügten Rechtsverletzungen somit nicht anhaften, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGB Nr 416/1994.