VwGH vom 25.02.2003, 2002/11/0164

VwGH vom 25.02.2003, 2002/11/0164

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des E in P, vertreten durch Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten, 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA13B - 39 - 1844/02 - 1, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer wurde von der Erstbehörde im Juli 2001 eine (befristete) Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt.

Am wurde der Erstbehörde von der Bundespolizeidirektion Graz eine Benachrichtigung von der Beendigung des Strafverfahrens übersandt, nach deren Inhalt der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom unter anderem wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz - SMG zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten (davon 16 Monate bedingt nachgesehen) verurteilt wurde. Am forderte die Erstbehörde den Gerichtsakt vom Landesgericht für Strafsachen Graz an. Am langte bei ihr eine Ausfertigung des rechtskräftigen Urteiles vom ein, nach dessen Inhalt der Beschwerdeführer unter anderem wegen des in der Zeit von 1995 bis Mai 2000 begangenen Verbrechens nach § 28 Abs. 2 schuldig erkannt wurde.

Mit Bescheid vom entzog die Erstbehörde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1,§ 3 Abs. 1 Z. 2 und § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG die Lenkberechtigung "bis " und sprach gemäß § 25 Abs. 3 FSG aus, dass ihm vor Ablauf von zwei Jahren ab Zustellung des Bescheides keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe.

Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab und vertrat in der Begründung im Wesentlichen die Auffassung, die Erstbehörde sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer für die Dauer von zwei Jahren nicht verkehrszuverlässig sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2002) maßgebend:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...


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2.
verkehrszuverlässig sind (§ 7),
3.
gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
4. fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt sind (§§ 10 und 11)
und
...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. ...

(2) Als nicht verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 4) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden.

...

(4) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

...

5. eine strafbare Handlung gemäß § 12 Suchtgiftgesetz 1951, BGBl. Nr. 160/1952, begangen hat.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit


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1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.
..."
§ 24 Abs. 1 FSG erlaubt, wie schon seine Vorgängerbestimmung (§ 73 Abs. 1 KFG 1967), die Entziehung oder Einschränkung einer Lenkberechtigung nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung "nicht mehr gegeben sind". Daraus ist, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zu § 73 Abs. 1 KFG 1967 ausgesprochen hat, zu entnehmen, dass eine Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung nur dann in Betracht kommt, wenn seit ihrer Erteilung die Umstände in Bezug auf die Erteilungsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4 FSG sich entscheidend geändert haben. Aus der Rechtskraft der Erteilung der Lenkberechtigung folgt, dass bei im Wesentlichen unverändertem Sachverhalt in Bezug auf die Erteilungsvoraussetzungen die Lenkberechtigung nur als Folge einer Wiederaufnahme des Erteilungsverfahrens durch Abweisung des Erteilungsantrages oder Erteilung einer eingeschränkten Lenkberechtigung der Sache nach entzogen oder eingeschränkt werden kann (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/11/0279, und vom , Zl. 2001/11/0051, mwN).
Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG, auf die die belangte Behörde die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers gestützt hat, ist die Begehung des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 SMG - zufolge § 46 SMG ist der in § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG enthaltene Verweis auf § 12 Suchtgiftgesetz 1951 mit dem Inkrafttreten des SMG () auf § 28 SMG zu beziehen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/11/0235, mwN) -, nicht hingegen die Verurteilung wegen eines derartigen Verbrechens (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/11/0348). Der Beschwerdeführer hat die das Verbrechen nach § 28 Abs. 2 SMG darstellenden Tathandlungen in der Zeit von 1995 bis Mai 2000 gesetzt, also in der Zeit vor der Erteilung der Lenkberechtigung. In Ansehung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers hat sich somit der maßgebliche Sachverhalt seit der Erteilung der Lenkberechtigung nicht geändert, weshalb nach dem zuvor Gesagten nur die amtswegige Wiederaufnahme des Erteilungsverfahrens in Betracht gekommen wäre. Die auf § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG gestützte Entziehung der Lenkberechtigung erweist sich demnach schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig, sodass sich eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erübrigt.
Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am