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VwGH vom 24.01.2006, 2002/11/0133

VwGH vom 24.01.2006, 2002/11/0133

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der H HandelsgmbH in F (BRD), vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. SanRL- 52538/26-2002-Tau, betreffend Errichtungsbewilligung für eine private Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom (eingelangt am ) beantragte die Beschwerdeführerin bei der Oberösterreichischen Landesregierung die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Zahnambulatoriums.

Mit am zur Post gegebenem (am eingelangtem) Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gemäß § 27 VwGG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Oberösterreichische Landesregierung. Diese Beschwerde wurde zur hg. Zl. 2001/11/0314 protokolliert.

Mit Verfügung vom , der Oberösterreichischen Landesregierung zugestellt am , wurde gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet. Die belangte Behörde wurde aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen, eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Mit Note vom erstattete die belangte Behörde eine "Äußerung", in der sie darauf hinwies, sie habe mit Schreiben vom die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG "ersucht", einen Auszug aus dem Handelsregister Traunstein (BRD) vorzulegen, durch den nach den deutschen handelsrechtlichen Bestimmungen nachgewiesen wird, dass der Zweck des gegenständlichen Unternehmens auch der Betrieb von Krankenanstalten ist, wobei eine Frist bis zur Nachreichung bis bestimmt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe diesem "Auftrag" zur Behebung des Mangels ihres schriftlichen Anbringens gemäß § 13 Abs. 3 AVG mit Schreiben vom , eingelangt am , entsprochen. Nach Auffassung der belangten Behörde liege erst seit dem ein vollständig mängelfreier Antrag vor, weshalb erst ab diesem Zeitpunkt die Frist von sechs Monaten gemäß § 27 Abs. 1 VwGG zu laufen begonnen habe.

Über Antrag der belangten Behörde wurde mit hg. Verfügung vom die gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz VwGG gesetzte Frist gemäß § 36 Abs. 2 zweiter Satz VwGG um drei Monate verlängert. Die Zustellung dieser Verfügung erfolgte am .

Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass die belangte Behörde den Bescheid vom , zugestellt am , erlassen hätte. Beigeschlossen war dieser Mitteilung eine Ausfertigung des Bescheides der belangten Behörde vom , mit dem das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom um Erteilung einer Errichtungsbewilligung gemäß dem Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetz 1997 für eine private Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an einer näher bezeichneten Stelle in Wels abgewiesen wird.

Mit hg. Beschluss vom , Zl. 2001/11/0314-8, wurde das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingestellt.

Gegen den zuletzt erwähnten Bescheid der belangten Behörde vom richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der u. a. ausdrücklich gerügt wird, die belangte Behörde sei zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist zur Entscheidung nicht mehr zuständig gewesen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen ihre oben erwähnte Äußerung wiederholte und darüber hinaus ausführte, sie habe ihre Entscheidung mit Bescheid vom sehr wohl "binnen der gesetzten Frist getroffen", es sei ihr eine frühere Bescheiderlassung nicht möglich gewesen. Nach Ansicht der belangten Behörde liege erst ab dem ein mängelfreier Antrag vor und habe erst mit diesem Zeitpunkt die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 27 Abs. 1 VwGG zu laufen begonnen. Da der angefochtene Bescheid vom am - also noch vor Ablauf der Entscheidungsfrist - abgesendet worden sei, habe ihn die belangte Behörde noch vor Ablauf der Entscheidungsfrist erlassen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es - anders als für die Geltendmachung der Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 2 AVG - für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ohne Belang, ob die Verzögerung auf ein Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen ist oder das Verhalten des Beschwerdeführers die Erlassung des versäumten Bescheides unmöglich gemacht hat (vgl. z. B. die hg. Entscheidungen vom , Zl. 85/18/0078 (= Slg. Nr. 12088/A), vom , Zl. 94/12/0298, vom , Zl. 97/07/0146, und vom , Zl. 98/05/0112). Entgegen der Auffassung der belangten Behörde lag im Hinblick auf die Einbringung des Antrages auf Erteilung einer Errichtungsbewilligung bereits am im Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde am Säumnis der belangten Behörde vor. Der in der Gegenschrift ins Treffen geführte Mängelbehebungsauftrag vom ist völlig irrelevant.

2.2. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, erfolgte die Erlassung (Zustellung) des angefochtenen Bescheides am (auf die Absendung durch die belangte Behörde kommt es dabei entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Auffassung nicht an) und somit jedenfalls erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten und einmal - mit hg. Verfügung vom - um drei Monate verlängerten Frist, die am geendet hatte.

2.3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bleibt bei der Säumnisbeschwerde die belangte Behörde zur Nachholung des versäumten Bescheides nur bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Frist des § 36 Abs. 2 VwGG zuständig. Nach Ablauf der Frist ist sie nicht mehr zuständig, den versäumten Bescheid nachzuholen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/09/0202).

Die belangte Behörde hat, wie aufgezeigt, den nunmehr angefochtenen Bescheid erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof im Säumnisbeschwerdeverfahren gesetzten Frist erlassen. Sie war dazu nicht mehr zuständig. Da die Beschwerdeführerin diese Unzuständigkeit der belangten Behörde ausdrücklich als Beschwerdepunkt geltend machte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (vgl. erneut das zitierte hg. Erkenntnis vom mwN).

Erst nach Aufhebung des nach Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist nachgeholten Bescheides wegen Unzuständigkeit ist die belangte Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungssache wieder zuständig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/07/0208).

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das offenkundig auf einem Rechenfehler beruhende Mehrbegehren war abzuweisen, weil es die Höhe des in der zitierten Verordnung festgelegten Schriftsatzaufwandes übersteigt.

Wien, am