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VwGH vom 06.06.1990, 90/12/0105

VwGH vom 06.06.1990, 90/12/0105

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 2-Op, betreffend Versetzung in den Ruhestand

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Berufsschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien. Seine Dienststelle ist der Stadtschulrat für Wien.

Seit ist der Beschwerdeführer infolge Krankheit vom Dienst abwesend. Laut amtsärztlichem Gutachten vom ist die Dienstverhinderung des Beschwerdeführers gerechtfertigt. Aufgrund des Gesundheitszustandes des Lehrers lag nach diesem Gutachten völlige Dienstunfähigkeit vor. Die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit in einem absehbaren Zeitraum erschien zur Zeit der Gutachtenserstellung aufgrund der Befunde unwahrscheinlich.

Mit Schreiben vom teilte der Stadtschulrat für Wien dem Beschwerdeführer mit, es sei beabsichtigt, ihn aufgrund des genannten Gutachtens, nach welchem er als Lehrer dauernd dienstunfähig sei, in den Ruhestand zu versetzen.

In seiner Stellungnahme vom erklärte er sich - unpräjudiziell - mit einer Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit mit unter Zurechnung von 10 Jahren gemäß § 9 Pensionsgesetz 1965 einverstanden.

Mit Eingabe vom wiederholte er, vertreten durch den Zentralsekretär der Gewerkschaft öffentlicher Dienst seinen Antrag.

Die von ihm vorgelegte Vollmacht vom ermächtigt den Vertreter auch, Zustellungen aller Art anzunehmen.

Nach Untersuchung des Beschwerdeführers erstattete die Psychiatrische Universitätsklinik am ein Gutachten, wonach festgestellt wurde, daß eine Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben und deren Wiedererlangung in nächster Zeit unwahrscheinlich sei. Ob der Beschwerdeführer seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangen werde, könne nicht ohne weitere Untersuchungen festgestellt werden.

Die Wiener Landesregierung faßte in ihrer Sitzung vom folgenden Beschluß:

"Herr Berufsschuloberlehrer Ing. N, geb. am , wird gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes-LDG 1984, BGBl. Nr. 302/1984, in der derzeit geltenden Fassung, von Amts wegen in den Ruhestand versetzt."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Beschluß dem Beschwerdeführer gegenüber als schriftlicher Bescheid erlassen. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe der bereits genannten Gesetzesstelle ausgeführt, der Beschwerdeführer sei seit vom Dienst abwesend. Diese Dienstabwesenheit werde durch eine Krankheit verursacht. Laut amtsärztlichem Gutachten der Magistratsabteilung 15 vom und laut Gutachten vom der Psychiatrischen Universitätsklinik - AKH - bestehe beim Beschwerdeführer ein mittelschweres organisches Psychosyndrom mit frontalen Zügen etc. Es bestehe also auch Dienstunfähigkeit; der Sachverhalt gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 LDG 1984 liege vor. Gegen die schriftlich in Aussicht gestellte Versetzung in den Ruhestand habe der Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer selbst durch Hinterlegung am zugestellt. Eine weitere Ausfertigung des Bescheides wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst macht der Beschwerdeführer geltend, dem angefochtenen Bescheid mangle der Bescheidcharakter, weil Bescheidadressat nicht der Vertreter des Beschwerdeführers sei. Sei die Partei selbst der Adressat des Bescheides, dann könne eine wirksame Zustellung auch nicht dadurch herbeigeführt werden, daß ein solcher "Bescheid" in die Hände des Vertreters gelange. Dazu bezieht sich die Beschwerde auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2942/1979, Slg. N.F. Nr. 10.327/A).

Diese Auffassung des Beschwerdeführers entspricht nicht der geltenden Rechtslage. Gemäß § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, ist ein Zustellungsbevollmächtigter von der Behörde als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Da der Bescheid dem Vertreter des Beschwerdeführers vor Einbringung der Beschwerde tatsächlich zugekommen ist, liegt eine rechtswirksame Zustellung vor. Die gesetzwidrige Vorgangsweise der belangten Behörde ist durch das "tatsächliche Zukommen" an den ausgewiesenen Vertreter saniert, auch wenn er nicht als Empfänger der den angefochtenen Bescheid enthaltenden Sendung bezeichnet worden war. Da die durch das Zustellgesetz geschaffene Rechtslage sich diesbezüglich grundlegend von der zuvor nach § 26 AVG 1950 bestandenen Rechtslage unterscheidet, ist das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr heranzuziehen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 83/11/0221; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4 Rz 203).

In der Sache selbst ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf § 12 Abs. 1 Z. 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes-LDG 1984 gestützt hat. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Der Landeslehrer ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens ein Jahr vom Dienst abwesend gewesen und dienstunfähig ist."

Die Dienstunfähigkeit des Landeslehrers liegt nach § 12 Abs. 3 des genannten Gesetzes vor, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß eine mehr als einjährige krankheitsbedingte Dienstverhinderung des Beschwerdeführers zur Zeit der Bescheiderlassung vorlag. Der Beschwerdeführer bringt noch in der Beschwerde vor, er selbst empfinde seinen Gesundheitszustand subjektiv als äußerst schlecht. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde schon entschieden, weil es bei der im Gegenstand angewendeten Norm nicht darauf ankommt, ob die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers dauernd gegeben sein wird oder nicht. Dies ergibt sich eindeutig aus der im Beschwerdefall nicht maßgebenden Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984, die eine DAUERNDE Dienstunfähigkeit als Voraussetzung für die Versetzung in den Ruhestand fordert.

Dafür daß dem Beschwerdeführer ein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könnte, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande wäre, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Der Beschwerdeführer hat dies auch nie behauptet.

Auch aus der vom Beschwerdeführer herangezogenen Bestimmung des § 9 Abs. 1 PG 1965 ist für ihn nichts zu gewinnen. Nach dieser Gesetzesbestimmung hat dem Beamten seine - hier gemäß § 106 Abs. 2 Z. 4 LDG 1984 zuständige - Dienstbehörde aus Anlaß der Versetzung in den Ruhestand den Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenußbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch 10 Jahre, zu seiner ruhegenußfähigen Bundesdienstzeit zuzurechnen, wenn der Beamte ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden ist. Diese Bestimmung steht mit jener über die Versetzung in den Ruhestand in keiner solchen Verknüpfung, daß die Rechtmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand von der Entscheidung über die Begünstigung bei Erwerbsunfähigkeit abhängig wäre.

Ebensowenig ist für den Beschwerdeführer daraus zu gewinnen, daß er im Verwaltungsverfahren nur mit einer Ruhestandsversetzung zum sein Einverständnis erklärt hat.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist nach der dargestellten Rechtslage und dem unbestrittenen Sachverhalt als ausreichend zu erkennen, sodaß auch der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Begründungsmangel nicht vorliegt. Aber auch der geltend gemachte Mangel des Parteiengehörs zu dem in der Bescheidbegründung erwähnten Gutachten vom kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht bewirken, weil der Beschwerdeführer nicht ausführt, was er zu diesem Gutachten hätte vorbringen können und auch nicht erkennbar ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.