VwGH vom 14.12.2000, 98/15/0039
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des VW in M, vertreten durch Fürst & Domberger, Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Mödling, Wiener Straße 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV - 006-05/02/97, betreffend u.a. Feststellung des Einheitswertes auf den , zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom führte das Finanzamt zum eine Nachfeststellung nach § 22 Abs. 1 BewG durch. Dabei wurde für ein unbebautes Grundstück mit einem Flächenausmaß von 4.495 m2 ein Einheitswert in Höhe von 449.000 S (sohin Wert je Quadratmeter 100 S) festgestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Nachfeststellung sei erforderlich gewesen, weil eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) gegründet worden sei.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Die Berufung richtete sich laut Schriftsatz vom gegen die Bewertung der Grundstücke als "unbebautes Grundstück" infolge Gründung einer wirtschaftlichen Einheit. Die Grundstücke seien bis September 1994 an Karl G verpachtet gewesen und vom Pächter im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes genutzt worden. Ab Oktober 1994 sei ein neuer Pachtvertrag mit Ludwig F geschlossen worden. Der jetzige Pächter nutze die Wiese ebenfalls im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes zur Ablagerung von Erdmaterial. Der überwiegende Teil der Wiese liege brach bzw. werde "als Pferdefutter" verwertet. Die Grundstücke könnten bedingt durch ein dazwischenliegendes Grundstück der Firma K nicht als Baugrund genutzt werden. Mehrere Verkaufsverhandlungen seien bisher erfolglos geblieben. Da die Grundstücke außer im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nicht verwertbar seien, sei die Bewertung mit einem Einheitswert in Höhe von 606.000 S (Anm.: d. i. der um 35 v.H. erhöhte Einheitswert) unzulässig. Es werde ersucht, die Grundstücke wie bisher als "landwirtschaftlichen Betrieb" zu bewerten.
In einer Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung gegen den Einheitswertbescheid zum insofern teilweise statt, als es nunmehr der Berechnung des Wertes des unbebauten Grundstückes einen durchschnittlichen Wert je Quadratmeter von 60 S zugrunde legte.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom machte der Beschwerdeführer geltend, die Bewertung als unbebautes Grundstück erscheine nicht gerechtfertigt, weil durch den Pächter F keine andere Nutzung erfolge als durch den vorherigen Pächter G. Der Umstand, dass von F eine Baubewilligung für die Errichtung eines Lagerplatzes auf einem geringen Teil des Grundstückes beantragt und diese bis heute nicht erteilt worden sei, begründe keine eigene wirtschaftliche Einheit.
In einem Vorhalt vom brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass die berufungsgegenständlichen Grundstücke laut Flächenwidmungsplan im Bauland-Betriebsgebiet ohne Bauverbot lägen. Nach im Vorhalt näher angegebenen Kaufpreisen erscheine der in der Berufungsvorentscheidung angenommene gemeine Wert von 60 S pro Quadratmeter (gegenüber dem Erstbescheid von 100 S/m2) als "zu tief gegriffen". In der Berufungsschrift werde angegeben, dass die Wiese im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes genutzt werde. Weiters sei angegeben worden, dass die Wiese zur Ablagerung von Erdmaterial genutzt werde, der überwiegende Teil aber brach liege bzw. "als Pferdefutter verwertet" werde. Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz werde ausgeführt, dass durch den Pächter F keine andere Nutzung erfolge als durch den bisherigen Pächter G. Zur Prüfung des Sachverhaltes sei am vom amtlichen Bodenschätzer ein Augenschein durchgeführt worden. Dabei sei eine Nutzung des Grundstückes, das im Westen an Industriebauten, im Osten an einen Lagerplatz grenze, (nach einer näheren Bezeichnung der Teilflächen) wie folgt festgestellt worden: Lagerplatz mit befestigtem Untergrund (Schotter und Kies), Wiese bzw. Grünbrache, Aufschüttung von Kies und Bauschutt (0,5 - 1 m), Mulde 0,5 - 1 m tief ausgehoben, Grünbrache verunkrautet sowie Sträucher und Bäume ca. 20 Jahre alter Bestand. Auf Grund dieser Erhebungen sei anzunehmen, dass spätestens zum angefochtenen Stichtag keine landwirtschaftliche Nutzung mehr gegeben gewesen sei. Für diese Beurteilung spreche auch, dass die Grundfläche nach dem vorgelegten Pachtvertrag um 11.000 S jährlich verpachtet werde. Dies ergebe einen Pachtschilling von 26.918 S pro Hektar, welcher für ausschließlich landwirtschaftlich genutzte Grundstücke niemals erzielt werden könne. Nach der Fragestellung, zu welchem Zeitpunkt die Grundfläche letztmals tatsächlich überwiegend landwirtschaftlich genutzt worden sei, enthielt der Vorhalt noch den abschließenden Hinweis, dass aus derzeitiger Sicht laut Aktenlage "eine Verböserung der Berufung denkbar ist".
Im angefochtenen Bescheid hielt die belangte Behörde fest, dass dem Ersuchen der belangten Behörde, die im Vorhalt vom gestellten Fragen zu beantworten bzw. zu den angeführten Punkten Stellung zu nehmen, trotz mehrmaliger telefonischer Fristverlängerung seitens der Kanzlei des steuerlichen Vertreters nicht nachgekommen worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen (damit auch die Bewertung der gegenständlichen Grundstücke wieder wie im Erstbescheid mit 100 S/m2 vorgenommen). Es sei strittig, ob die Grundstücke Nr. 223/1 und 225 eine eigene wirtschaftliche Einheit bildeten, oder ob die Grundfläche zusammen mit dem verpachteten
3.270 m2 großen Weingarten des Beschwerdeführers eine wirtschaftliche Einheit bilde. Beide seit an Ludwig F verpachteten Grundstücke seien spätestens zum angefochtenen Stichtag nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. Im Vorhalt vom sei dem Beschwerdeführer die vom amtlichen Bodenschätzer festgestellte Nutzung der Grundstücke vorgehalten und seitens der belangten Behörde ausgeführt worden, dass auf Grund des festgestellten Sachverhaltes anzunehmen sei, dass spätestens zum keine landwirtschaftliche Nutzung mehr vorgelegen sei. Da der Beschwerdeführer hiezu nicht Stellung bezogen habe, müsse geschlossen werden, dass er die in der Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen für richtig erachte und nicht in der Lage sei, die von ihm behauptete landwirtschaftliche Nutzung zu beweisen. Auch die Ansicht der belangten Behörde, wonach landwirtschaftlich genutzte Grundstücke erfahrungsgemäß nur rund 1/5 des vom Beschwerdeführer vereinnahmten Pachtschillings erzielten, habe vom Beschwerdeführer nicht widerlegt werden können. Damit seien aber gemäß § 52 Abs. 1 BewG die streitgegenständlichen Grundflächen dem Grundvermögen zuzurechnen. Auf Grund der im Vorhalt bekannt gegebenen Vergleichspreise müsse für Bauland-Betriebsgrundstücke ein Preis von zumindest 150 S/m2 erzielbar sein. Der im erstinstanzlichen Bescheid angenommene Preis von nur 2/3 des ortsüblichen Preises erscheine keinesfalls als zu hoch gegriffen.
In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht "auf richtige Einordnung und Bewertung des in seinem Eigentum stehenden Steuergegenstandes verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 1 BewG wird der Einheitswert für wirtschaftliche Einheiten (Untereinheiten), für die ein Einheitswert festzustellen ist, nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt 1. die wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) neu gegründet wird;
2. für eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) der Grund für die Befreiung von einer Steuer wegfällt.
Nach dem § 22 Abs. 2 erster Satz BewG werden der Nachfeststellung die Verhältnisse zugrunde gelegt, die auf dem Beginn des Kalenderjahres ermittelt worden sind, das dem maßgebenden Ereignis folgt (Nachfeststellungszeitpunkt).
Festzuhalten ist, dass Nachfeststellungsbescheide nach § 22 BewG anders als Fortschreibungsbescheide gemäß § 21 BewG nicht zur Fehlerberichtigung herangezogen werden können. Dies liefe nämlich auf einen unzulässigen Eingriff in die Rechtskraft des Hauptfeststellungsbescheides hinaus (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 84/15/0123, Slg. Nr. 6.103/F, sowie vom , 89/15/0011).
Eine Nachfeststellung nach § 22 Abs. 1 Z. 1 BewG auf den wäre somit im Beschwerdefall nur dann zulässig gewesen, wenn während des dem Nachfeststellungszeitpunkt vorangehenden Kalenderjahres (vgl. § 22 Abs. 2 erster Satz BewG) eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (etwa in Form einer Nutzungsänderung) dahin eingetreten wäre, durch die die bisher zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehörenden Grundflächen bewertungsrechtlich Grundvermögen geworden wären. Für eine solche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse konkret im Jahr 1993 finden sich aber weder im erstinstanzlichen noch im angefochtenen Bescheid, der nur auf eine "spätestens" zum "angefochtenen Stichtag " nicht mehr vorgelegene landwirtschaftliche Nutzung Bezug nimmt, Feststellungen. Damit erweist sich aber der angefochtene Bescheid, weil die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Annahme des von ihr bestätigten Nachfeststellungszeitpunktes nicht erkannt hat, als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen - in dem u. a. auch unter Hinweis auf den erst am abgeschlossenen Pachtvertrag die Annahme des Nachfeststellungsstichtages bereits mit bekämpft wird - weiter einzugehen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am