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VwGH vom 22.09.2000, 98/15/0035

VwGH vom 22.09.2000, 98/15/0035

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der N-KEG in A, vertreten durch Dr. Klaus Estl, Rechtsanwalt in Salzburg, Schanzlgasse 4a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. RV/129-08/03/97, betreffend 1) Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und 2) Zurückweisung der Berufung gegen den vorläufigen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte mit einem am beim Finanzamt eingelangten (am zur Post gegebenen) Schriftsatz mit näherer Begründung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 vom (Anm.: Es handelte sich dabei um einen nach § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassenen Bescheid). Dieser Antrag werde "unverzüglich nach Bekanntwerden des Umstandes der erfolgten rechtsgültigen Zustellung des Umsatzsteuerbescheides 1995 durch das Finanzamt" gestellt. Unter einem erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 vom .

Mit Zurückweisungsbescheid vom wies das Finanzamt den in der Eingabe vom gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 vom als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antrag genüge den Angaben über seine Rechtzeitigkeit iSd § 308 BAO nicht. Mit einem weiteren, ebenfalls mit datierten Zurückweisungsbescheid wies das Finanzamt die Berufung vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 gemäß § 273 Abs. 1 BAO wegen nicht fristgerechter Einbringung zurück.

Die Zurückweisungsbescheide vom wurden der Beschwerdeführerin am zugestellt.

Am langte beim Finanzamt neuerlich ein mit datierter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 vom ein. Auch in diesem Schriftsatz wurde zugleich Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 erhoben. Die am eingelangte Eingabe war wortgleich mit dem am bei der Behörde eingelangten Schriftsatz. Sie enthielt nur in einem gesonderten Absatz nähere Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages. So sei die Beschwerdeführerin am von ihrer Bank von einer zu Gunsten des Finanzamtes bestehenden Bankgarantie informiert worden. Im Zuge diesbezüglich näher durchgeführter Aufklärungen sei dem Beschwerdeführer die rechtsgültige Zustellung des Umsatzsteuerbescheides 1995 bekannt geworden. Somit sei mit diesem Datum das Hindernis zur Einbringung der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 weggefallen und werde der Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand innerhalb der gesetzlichen Frist eines Monats rechtzeitig eingebracht. - Der Schriftsatz vom nahm mit keinem Wort Bezug auf die Zurückweisungsbescheide des Finanzamtes vom .

Daraufhin erging seitens des Finanzamtes eine mit datierte Berufungsvorentscheidung betreffend "die Berufung vom gegen Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betr. die Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995". In der Begründung dieser abweisenden Berufungsvorentscheidung wird ausgeführt, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom sei als Berufung gegen die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom zu werten. Diese "Berufung" unterscheide sich vom ersten Antrag vom nur durch den letzten Absatz, der nunmehr Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages enthalte. Da es sich beim Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit um einen nicht verbesserungsfähigen inhaltlichen Mangel handle, könne dieser Mangel auch nicht in einer Berufung gegen die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung behoben werden.

Mit einer weiteren Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt "die Berufung vom gegen Zurückweisung der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995" als unbegründet ab. Auch hier wird in der Begründung ausgeführt, das Schreiben vom sei als Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 1995 zu werten. Da die "Berufung'' gegen "den Zurückweisungsbescheid betreffend des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen worden ist", sei auch die "Berufung" gegen den Zurückweisungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 1995 als unbegründet abzuweisen gewesen, weil sich bezüglich der Verspätung des Rechtsmittels vom keine Änderung ergeben habe.

In dem "Antrag auf Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde II. Instanz" vom vertrat die Beschwerdeführerin u.a. den Standpunkt, es sei ihr völlig unverständlich, warum der Antrag vom als Berufung gegen die Zurückweisung des Antrages vom gewertet worden sei. Warum dieser "zweite Antrag", welcher innerhalb offener Frist gestellt worden sei, als Berufung qualifiziert worden sei, sei nicht nachvollziehbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde über die "Berufung" der Beschwerdeführerin gegen die am zugestellten Bescheide des Finanzamtes dahingehend ab, dass die Berufung gegen den Bescheid über die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Berufung gegen den Bescheid über die Zurückweisung der Berufung gegen den vorläufigen Umsatzsteuerbescheid 1995 als unbegründet abgewiesen werden. Zur Begründung wurde im Wesentlichen - wie in der Berufungsvorentscheidung - die Ansicht vertreten, fehlende Angaben über die Rechtzeitigkeit könnten auch in der Berufung nicht nachgeholt werden. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, die Eingabe vom sei nicht als Berufung zu werten, sondern als neuerlicher Wiedereinsetzungsantrag, der nunmehr auch Angaben über die Rechtzeitigkeit enthalte, könne von der belangten Behörde nicht geteilt werden. Einem zweiten Antrag stünde nämlich das Hindernis der "res judicata" entgegen. Selbst wenn - so die belangte Behörde weiter im angefochtenen Bescheid - das Finanzamt "über den zweiten Antrag in der Sache selbst entscheiden hätte können", hätte diesem Antrag nach (näher begründeter) Ansicht der belangten Behörde kein Erfolg zukommen können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Schriftsatz vom bezog sich - wie erwähnt - mit keinem Wort auf die Zurückweisungsbescheide des Finanzamtes vom ; ihm war auch nicht andeutungsweise eine Gestaltung als Berufung gegen die Zurückweisungsbescheide zu entnehmen. Dieser Schriftsatz war damit von der belangten Behörde nicht als diesbezügliche Berufung zu werten, worauf die Beschwerdeführerin auch zutreffend in ihrem Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz aufmerksam machte. Ob der neuerliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolglos gewesen wäre oder ihm nach Ansicht der belangten Behörde auch das Hindernis der res iudicata entgegen gestanden wäre, rechtfertigt nicht seine Umqualifizierung in eine Berufung, für die zudem § 250 Abs. 1 BAO bestimmte Inhaltserfordernisse aufstellt. Mangels erhobener Berufung gegen die Zurückweisungsbescheide des Finanzamtes vom betreffend den Wiedereinsetzungsantrag vom und die zugleich erhobene - versäumte - Berufung gegen den (vorläufigen) Umsatzsteuerbescheid 1995 war die belangte Behörde aber zur Entscheidung über eine solche Berufung nicht zuständig (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0157).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994. Schriftsatzaufwand und der Ersatz der Pauschalgebühr von 2.500 S war nur einfach zuzuerkennen, weil der angefochtene Bescheid ungeachtet es Abspruches über mehrere erstinstanzliche Bescheide nur einen Verwaltungsakt darstellt (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, 707 f, sowie z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/09/0037) und die Eingabengebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG auch nur in einfacher Form zu entrichten war.

Wien, am