VwGH vom 22.02.2001, 98/15/0027

VwGH vom 22.02.2001, 98/15/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der J und des M, beide in Graz, beide als Erben nach Dr. E, vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Schubertring 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. RVS1/1-5/02/95, betreffend u.a. den Einheitswert des Betriebsvermögens zum " bis ", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist der Ansatz von Honorarforderungen im Einheitswert des Betriebsvermögens des am verstorbenen Rechtsvorgängers, eines Zahnarztes, der Beschwerdeführer strittig. In der Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum war unter den Besitzposten der zahnärztlichen Ordination ein Betrag für Patientenforderungen in Höhe von S 22,740.212,-- ausgewiesen. Der unter dem selben Titel in den Einheitswerterklärungen zum und zum angegebene Betrag machte zum S 14 Mio. und zum S 14,074.000,-- aus. Die Veranlagung in den Einheitswertbescheiden zu den genannten Stichtagen erfolgte jeweils erklärungsgemäß (für die Stichtage und in Form einer Wertfortschreibung nach § 21 Bewertungsgesetz).

Eine im Jahr 1994 durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung kam zur Feststellung, dass der Forderungsbetrag unter den Besitzposten zum um S 427.416,--, zum um S 8,752.455,-- und zum um S 5,443.564,-- zu erhöhen sei (Tz 5.1 der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ). Das Finanzamt trug diesen Feststellungen Rechnung und erließ, jeweils nach Wiederaufnahme der Verfahren nach § 303 Abs. 4 BAO, zu den Stichtagen und neue Einheitswertbescheide. Zum führte die Wiederaufnahme des Verfahrens zur ersatzlosen Behebung des bisher ergangenen Einheitswertbescheides nach § 307 BAO, weil unter Zugrundelegung der Feststellungen der Betriebsprüfung die Wertfortschreibungsgrenzen für diesen Stichtag nicht überschritten seien (der bisherige Bescheid über den Einheitswert zum werde damit gegenstandslos, womit der auf Grund der Betriebsprüfung erlassene Bescheid zum auch Gültigkeit zum erlange).

Mit Schriftsatz vom brachte der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer u.a. gegen die Einheitswertbescheide " bis " (richtig wohl die nach Betriebsprüfung ergangenen Einheitswertbescheide zum und ) Berufung ein. Die Berufung richte sich gegen den "Ansatz der Patientenforderungen und der nicht abgerechneten Leistungen" zu den einzelnen Stichtagen. Zur Festsetzung dieser offenen Forderungen seien die Honorareingänge nach dem herangezogen worden, die nach dem Wechsel des Umsatzsteuersatzes von 10 auf 20 % in den Jahren 1989 und 1990 noch als 10 %ige Umsätze zu versteuern gewesen seien. Nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes seien jedoch diese per abgegrenzten Leistungen (Gesamtleistung noch nicht erbracht) mit einem wesentlich geringeren Wert (Selbstkosten) anzusetzen. Bei einem Reingewinnprozentsatz von rund 60 % in diesem Zeitraum seien die angesetzten Forderungen aus "Leistungsabgrenzung" im Gegensatz zur Vorgangsweise bei der Umsatzsteuer "absolut überhöht".

In dem ergänzenden Schriftsatz zur Berufung vom wurde ausgeführt, es seien aus den gesondert in Rechnungsbüchern erfassten 10 %igen Einnahmen der Jahre 1989 bis 1991 jene Honorarbeträge ermittelt worden, die Resthonorarzahlungen für Behandlungsjahre darstellten, die per geendet hätten (die sich dabei ergebenden Verhältnisse seien auch auf die folgenden Stichtage zu übertragen). Die weiteren Eingänge an 10 %igen Honoraren stellten "Leistungsabgrenzungen" per für Patienten dar, deren Behandlungsjahr im Jahr 1988 begonnen gehabt habe und bis 1989 gelaufen sei. Die Abgrenzung sei auf Grund der Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes vorzunehmen gewesen, weil der Steuersatz für ärztliche Leistungen ab dem auf 20 % erhöht worden sei. In der im Einzelnen dargestellten Schätzung der Patientenforderungen werden im Ergänzungsschriftsatz vom unter Abzug eines "Reingewinnprozentsatzes" für die "nicht verrechneten Arbeiten" die jeweiligen Wertansätze u. a. zu den Stichtagen und sowie ermittelt (unter Ansatz eines "Reingewinnsatzes" von 69,93 % bzw. 65,99 % ergaben sich dabei zu den Stichtagen und Verminderungen der Patientenforderungen in Absolutbeträgen von S 12,642.759,-- bzw. S 12,218.000,--). Insgesamt sollten die Patientenforderungen zum mit gerundet S 10,582.000,-- und zum mit S 7,957.000,-- angesetzt werden.

Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom keine Folge. Bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens seien Kapitalforderungen nicht mit ihrem Teilwert, sondern mit den sich nach den §§ 14 bis 17 Bewertungsgesetz ergebenden Werten zu berücksichtigen. Die Patientenforderungen seien demnach mit dem Nennwert nach § 14 Bewertungsgesetz anzusetzen, sofern nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründeten. Der Forderungsbetrag zum stehe laut Feststellungen der Betriebsprüfung in exakter Höhe fest, weil wegen der Änderung des Umsatzsteuersatzes alle nach dem vereinnahmten und zum bisherigen 10 %igen Steuersatz erklärten Beträge auf Leistungen zurückzuführen seien, die vor dem erbracht worden seien. Das Verhältnis der auf diese Weise errechneten offenen Forderungen zum in Höhe von S 23,237.628,-- zum Umsatz im Jahr 1988 habe einen Prozentsatz von 67,37 % ergeben, der konsequenterweise auch für die Folgezeiträume anzuwenden sei. In der Berufung werde auch in Abweichung von den eingereichten Einheitswerterklärungen ein den dargestellten Bewertungsmaßstäben "völlig fremder Selbstkostenbetrag" durch Abschlag eines Reingewinnsatzes errechnet. Die in der Berufungsergänzung vom enthaltenen Berechnungen seien nicht nachvollziehbar und beruhten offensichtlich auf einer unrichtigen Gesetzesauslegung.

Nach Stellung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom ersuchten die Beschwerdeführer unter "Modifizierung der bisherigen Anträge" den Ansatz der nicht abgerechneten Leistungen nach näher in einem Schriftsatz vom dargestellten Berechnungen vorzunehmen. Demnach reduziere sich das zu 90 % anzusetzende Betriebsvermögen zum Hauptfeststellungszeitpunkt um S 17,328.000,-- "bzw. bei Neuveranlagungen laut Tabelle". Im Schriftsatz vom wird im Wesentlichen die Ansicht vertreten, auf Grund nunmehr eingeführter EDV für die Patientenabrechnung bei den Rechtsnachfolgern sei der Sachverhalt wesentlich exakter als bisher zu erfassen. Nach Ansicht der Beschwerdeführer könnten die solcherart zum Todestag angestellten Berechnungen auch auf die streitgegenständlichen Stichtage zurückbezogen werden. Im Einzelnen wird dazu die Honorarverrechnung pro Behandlungsjahr (für Zahnregulierungen) erläutert und dazu die Ansicht vertreten, dass nur offene Honoraransprüche für Behandlungsjahre, die vor dem Stichtag geendet hätten, als Forderungen mit dem Nominale anzusetzen seien. Für laufende (zum Stichtag noch nicht beendete) Behandlungsjahre sei eine Bewertung zum Teilwert vorzunehmen, der den anteiligen Herstellungskosten (somit ohne Gewinnverwirklichung) in aliquoter Erfassung des Behandlungsjahres (vom Beginn des Behandlungsjahres bis zum Stichtag) entspreche. Zur Ermittlung des Teilwertes für die "unfertige Leistung für das laufende Behandlungsjahr nach Tagen aliquotiert" wurde eine "Gewinnquote" von rund 60 % in Ansatz gebracht. In einer weiteren Eingabe vom vertraten die Beschwerdeführer zur bewertungsrechtlichen Behandlung der "unfertigen Teilleistungen" zum u.a. auch den Standpunkt, im Sinne der Handhabung, bei Abbruch der Behandlung während eines Behandlungsjahres das Honorar zu aliquotieren, seien die offenen Forderungen "laut Erklärungen" in Durchschnittsbetrachtung zu halbieren (weil im Durchschnitt vom 12-monatigen Behandlungszeitraum 6 Monate verstrichen sein dürften) und dann nochmals die Gewinnquote von über 50 % abzuziehen, um auf den Teilwert (Herstellungskosten) zu gelangen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die belangte Behörde wies dazu nochmals auf die Bewertungsvorschrift des § 14 Bewertungsgesetz, nämlich den Ansatz des Nennwertes für die im gegenständlichen Fall zu beurteilenden Honorarforderungen, und auf die dazu schlüssige Ermittlung der offenen Forderungen zum durch die Betriebsprüfung hin. Das Vorbringen, wonach jene Forderungen, deren Behandlungsjahr über das Kalenderjahr (z.B. ) hinausgehe, mit dem Teilwert zu bewerten seien, lasse sich mit dem Gesetz nicht vereinbaren. Der Umstand, dass bedingt durch die große Anzahl von Patienten das Behandlungsjahr nicht mit dem Kalenderjahr exakt abgerechnet und daher eine Schätzung dieser Forderungen vorgenommen worden sei, ergebe keineswegs die Berechtigung, die bereits erbrachte ärztliche Leistung mit dem Teilwert zu bewerten. Dass eine Jahre später bei den Erben installierte EDV-Anlage eine genauere Abgrenzung zulasse, sei als Grundlage für eine andere Schätzungsmethode nicht geeignet. Dieses Verfahren lasse sich nicht auf bereits vergangene Jahre zurückprojizieren.

Unter "Beschwerdepunkte" wird in der Beschwerde angeführt, durch den angefochtenen Bescheid "wird § 68 Abs. 1 Bewertungsgesetz (Bewertung der zu einem gewerblichen Betrieb gehörigen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert) verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 68 Abs. 1 Bewertungsgesetz sind die zu einem gewerblichen Betrieb gehörigen Wirtschaftsgüter vorbehaltlich der Abs. 2 bis 4 in der Regel mit dem Teilwert anzusetzen. Diese Bewertungsregel für Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert erfährt aber u. a. durch die in den §§ 14 bis 17 Bewertungsgesetz enthaltenen Bewertungsvorschriften für bestimmte Wirtschaftgüter eine Ausnahme. Gemäß § 1 Abs. 3 Bewertungsgesetz gilt diese Ausnahme auch bei der Bewertung des Betriebsvermögens, da die §§ 57 bis 68 Bewertungsgesetz keine Bestimmung enthalten, die die Anwendung der §§ 14 bis 17 Bewertungsgesetz ausschließen würde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 98/13/0149, m.w.N.).

Nach § 14 Abs. 1 Bewertungsgesetz sind Kapitalforderungen, die nicht im § 13 bezeichnet sind, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Solche besondere Umstände liegen etwa vor, wenn eine Forderung uneinbringlich oder voraussichtlich nur teilweise einbringlich ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/15/0037).

In der Beschwerde wird der Sachverhalt dahingehend geschildert, dass der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer im strittigen Zeitraum bis kieferorthopädische Behandlungen durchgeführt habe. Für diese Behandlungen sei mit den Patienten vereinbart worden, dass die gesamte Behandlung in Behandlungsjahre geteilt werde. Das erste Behandlungsjahr habe mit der Einleitung der Behandlung begonnen. Das Honorar für jedes Behandlungsjahr sei am Ende des betreffenden Behandlungsjahres zu zahlen gewesen. Sei die Behandlung vor Ablauf eines vollen Behandlungsjahres beendet worden, sei das pro Behandlungsjahr vereinbarte Honorar in der Regel je nach Dauer der Behandlung aliquotiert worden.

In der Beschwerde wird eingeräumt, dass das Honorar für vollendete Behandlungsjahre, das zum Stichtag noch nicht bezahlt worden sei, als Forderung bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens anzusetzen sei. Darin, dass für die zum Stichtag noch nicht abgelaufenen Behandlungsjahre lediglich der Ansatz der "unfertigen Leistungen" in Form des Teilwertes nach § 68 Abs. 1 Bewertungsgesetz (mit einer Bewertung zu den "Herstellungskosten") in Betracht käme, kann der Beschwerde nicht gefolgt werden. Für einer derartige Bewertung bietet sich in Ansehung der in § 14 Abs. 1 ausdrücklich enthaltenen Bewertungsregel für Kapitalforderungen nach dem Nennwert (somit dem vom Schuldner zu bezahlenden Betrag) keine gesetzliche Grundlage. Auch wenn bei einer - wie oben ausgeführt - Beendigung einer Behandlung vor Ablauf des vollen Behandlungsjahres für das pro Behandlungsjahr vereinbarte Honorar nur ein je nach Dauer der Behandlung aliquotierter Anspruch bestand, handelte es sich dabei auch um eine mit dem Nennwert zu bewertende Forderung und nicht um mit dem Teilwert nach § 68 Abs. 1 Bewertungsgesetz - unter Herausrechnung einer Gewinnspanne - anzusetzende "unfertige Leistungen".

Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit nicht zu erkennen, dass die Beschwerdeführer im Rahmen des in die Beschwerde allein bestimmt bezeichneten Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) in Bezug auf die Bewertung von Wirtschaftsgütern mit dem Teilwert in ihren Rechten verletzt worden wären. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang noch, dass die vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer auf Grund eigener Aufzeichnungen im ergänzenden Berufungsschriftsatz vom etwa für die Stichtage und errechneten Werte für Klientenforderungen in Höhe von S 10,582.000,-- und S 7,957.000,-- erhöht um den - wie erwähnt - zu Unrecht in Abzug gebrachten "Reingewinnsatz" (von S 12,642.759,--, bzw. S 12,218.000,--) ohnedies weitgehend den nach der Betriebsprüfung zu diesen Stichtagen angesetzten Werten von S 23,237.628,-- (zum ) und von S 22,752.455,-- (zum ) entsprechen.

Die Beschwerde war damit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am