VwGH vom 27.04.2000, 98/15/0012

VwGH vom 27.04.2000, 98/15/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des RS in W, vertreten durch Dr. Guido Held und Mag. Gottfried Berdnik, Rechtsanwälte in Graz, Schlögelgasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. RV 007-8/04/97, betreffend Einkommensteuer 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom über eine im Betrieb des Beschwerdeführers durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung ist hinsichtlich der

"Schadensfälle 1993" zu entnehmen, dass unter dieser Aufwandsposition ein Forderungsausfall in Höhe von 643.699 S geltend gemacht wurde. Dieser Aufwand sei durch einen Forderungsverzicht beim Ausscheiden des Beschwerdeführers als Gesellschafter aus einer GmbH entstanden. Nach Ansicht des Prüfers könne dieser Aufwand nicht berücksichtigt werden, weil diese Forderung nicht im Einzelunternehmen des Beschwerdeführers entstanden sei und auch kein kausaler Zusammenhang damit bestehe.

Gegen den auf der Grundlage dieser Feststellungen ergangenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Der Beschwerdeführer sei an der S & S Fassaden GmbH (im Folgenden: GmbH) beteiligt gewesen. Aus verschiedenen betriebsbedingten Gründen, insbesondere weil der Beschwerdeführer seine Tätigkeiten im Rahmen eines eigenen Einzelunternehmens habe entfalten wollen, aber auch weil sich die Zusammenarbeit mit dem einzigen Mitgesellschafter immer schwieriger gestaltet und sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ungünstig entwickelt habe, habe sich der Beschwerdeführer schließlich dazu entschieden, seine Tätigkeit in der Gesellschaft zu beenden, und seine Gesellschaftsanteile an den einzigen Mitgesellschafter abzutreten. Die Beendigung der Tätigkeit in der Gesellschaft und die Abtretung der Gesellschaftsanteile sei allein schon aus arbeitstechnischen Gründen unabdingbare Voraussetzung für die Eröffnung des Einzelunternehmens und somit unmittelbar mit der Eröffnung des Einzelunternehmens verbunden gewesen. Diese Maßnahmen hätten daher ausschließlich der Sicherung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Einzelunternehmen gedient. Daher habe insbesondere auch die Forderung an die GmbH, auf welche schließlich "verzichtet werden musste, um die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft nicht in Frage zu stellen", notwendiges Betriebsvermögen im Einzelunternehmen dargestellt. Auf Grund dieses Sachverhaltes sei die Forderung an die GmbH zum Zeitpunkt der Gründung des Einzelunternehmens offensichtlich in das Umlaufvermögen aufzunehmen gewesen. Die Teilwertberichtigung bzw. Ausbuchung der Forderung habe daher zu Recht den Verlust des Einzelunternehmens erhöht.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt darauf hin, die Beteiligung am Stammkapital der GmbH habe zum Privatvermögen des Beschwerdeführers gehört. Es bestehe keine Veranlassung, die Forderung aus der Anteilsveräußerung in die Bilanz der Einzelfirma aufzunehmen. Die Abtretung des Gesellschaftsanteiles sei keineswegs Voraussetzung für die Gründung des eigenen Betriebes gewesen. Außerdem sei der Forderungsverzicht bzw. Forderungsausfall bereits vor der "Einbringung" festgestanden. Selbst wenn die Aufnahme in die Bilanz zulässig gewesen wäre, hätte die Einlage nur mit dem Teilwert, also wertberichtigt, angesetzt werden dürfen.

Im Antrag auf Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies der Beschwerdeführer neuerlich darauf hin, dass die Anteilsabtretung unter Forderungsverzicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften im Rahmen seines Einzelunternehmens stehe, weil sie Voraussetzung für die Gründung des Einzelunternehmens gewesen sei. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der GmbH eine Vorleistung für die später (1993) erfolgte Eröffnung eines eigenen Einzelunternehmens dargestellt habe. Diese Vorleistung habe darin bestanden, branchenspezifische Erfahrungen zu sammeln, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für das Projekt G durchzuführen, etc. Die "Abtretung der Anteile und die Einlage und anschließende Teilwertabschreibung der Forderung" sei daher auf Grund der steuerrechtlich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht als eigentliche Einlage, sondern als Anfangsinvestition bzw. Anfangsverlust zu werten. Da der Forderungsverzicht folglich den Preis für die erlangten Kenntnisse im Bereich der Forschung und Entwicklung darstelle und somit der eigentliche Kern bzw. Beginn des Einzelunternehmens sei, sei auch aus diesem Grund eine private Veranlassung für den Forderungsverzicht auszuschließen. Die Berücksichtigung dieses Aufwandes habe formal nur als Einlage der Forderung und anschließende Teilwertabschreibung dargestellt werden können. Da jedoch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise "quasi ein Anfangsverlust" vorliege, könne nicht die Einlagenbewertung gemäß § 6 EStG zur Anwendung kommen. Die Nichtberücksichtigung des strittigen Aufwandes würde zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Unternehmen führen, welche die bei der Gründung eines mit wesentlichem Forschungsaufwand verbundenen Unternehmens typischerweise anfallenden Anfangsverluste steuerlich "sehr wohl berücksichtigen können".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Der Beschwerdeführer betreibe seit März 1993 einen Baustoffhandel. Vor Eröffnung dieses eigenen Gewerbebetriebes sei der Beschwerdeführer als Dienstnehmer bei der GmbH tätig gewesen, an der er auch einen Anteil von 25 % besessen habe. Das Finanzamt habe zu Recht ausgeführt, dass die Beteiligung am Stammkapital der GmbH zum Privatvermögen des Beschwerdeführers gehört habe. Gewinne oder Verluste aus dem Verkauf der Beteiligung seien daher der privaten Sphäre zuzurechnen. Es habe damit auch keine betriebliche Veranlassung bestanden, die Forderung im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung in die Bilanz des Einzelunternehmens des Beschwerdeführers aufzunehmen. Somit bleibe für eine Abschreibung derselben - aus welchem Titel auch immer - kein Raum. Dass der Beschwerdeführer, der auch Dienstnehmer der GmbH gewesen sei, seine Tätigkeit aus "arbeitstechnischen Gründen" habe beenden müssen, möge zutreffen, weil diese Doppelbelastung - gerade wenn man im Begriff sei, ein eigenes Unternehmen aufzubauen - in der Tat nur schwer verkraftbar wäre. Allerdings lasse sich daraus kein betrieblicher Zusammenhang dahingehend "konstruieren", dass damit die strittigen Aufwendungen ausschließlich der Sicherung der Einkünfte aus dem Einzelunternehmen gedient hätten. Das Sammeln von branchenspezifischen Erfahrungen bzw. der Erwerb von speziellen Kenntnissen in gleichartigen anderen Betrieben sei eine im Wirtschaftsleben durchaus übliche Vorgangsweise. Diese könne aber nicht zur Folge haben, "sämtliche damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen im Falle der Gründung eines eigenen Betriebes quasi als Anfangsverluste steuerlich unterzubringen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer seinen 25%igen Anteil an der GmbH nicht im Betriebsvermögen sondern im Privatvermögen gehalten habe, werde nicht bestritten. Es stehe fest, dass diese Beteiligung Privatvermögen darstelle und daher Gewinne oder Verluste aus dem Verkauf dieser Beteiligung der Privatsphäre zuzurechnen seien. Der Grund für die Abgabe des Forderungsverzichtes 1993 sei gewesen, dass sich die finanzielle Lage der GmbH ungünstig entwickelt habe und ein Beharren auf dieser Forderung zu einer Insolvenz dieser Gesellschaft geführt hätte. Der Beschwerdeführer habe der GmbH per Ende 1992 einen Betrag von 750.000 S zur Verfügung gestellt. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer durch die Zurverfügungstellung dieser Gesellschafterleistungen die Gesellschaft am Leben erhalten, um letztlich in der Lage zu sein, jene Forschungen und Entwicklungen weiterzuführen, die für die Gründung des Einzelunternehmens des Beschwerdeführers zwingend erforderlich gewesen seien. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise komme klar zu Tage, dass eine derartige Zurverfügungstellung von Gesellschafterleistungen "zumindest nicht apriori als betrieblich veranlasst ausscheidet".

Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass die darin enthaltene Behauptung eines zwingenden Zusammenhanges zwischen dem "am Leben erhalten" der GmbH und der Weiterführungsmöglichkeit der für die Gründung des Einzelunternehmens erforderlichen Forschungen und Entwicklungen, im Verwaltungsverfahren nicht aufgestellt wurde, und daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG unterliegt. Zudem unterlässt es der Beschwerdeführer ohnedies, den angesprochenen Zusammenhang näher zu konkretisieren.

Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs 4 EStG 1988 durch den Betrieb veranlasste Aufwendungen. Inwiefern dem Verzicht des Beschwerdeführers auf "die Rückforderung entsprechender Gesellschafterleistungen im Betrag von S 643.900,00" dieser Betriebsausgabencharakter im Rahmen seines Einzelunternehmens zukommen sollte, ist nicht erkennbar. Dagegen spricht schon der dafür angegebene primäre Zweck der Vermeidung einer Insolvenz der GmbH (deren Anteile im Privatvermögen des Beschwerdeführers gehalten wurden). Außerdem hat der Beschwerdeführer in keiner Weise dargestellt, welcher - für seinen Baustoffhandel notwendigen - Art die abgegoltenen Forschungen und Entwicklungen seien und inwiefern der Forderungsverzicht dafür einen nach kaufmännischen Überlegungen gebildeten Preis darstellte. Auch ist es nicht schlüssig, warum derartige Ausgaben für die Forschung und die Entwicklung zu einem sofort abschreibbaren Aufwand - und zu keinem Wirtschaftsgut - führen sollten.

Die Beschwerde zeigt insgesamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheide auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.

Wien, am