VwGH 05.05.2003, 2002/10/0216
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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RS 1 | Nach Aufhebung des nach Ablauf der gemäß § 36 Abs 2 VwGG gesetzten Frist nachgeholten Bescheides wegen Unzuständigkeit ist die belangte Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungssache wieder zuständig; zur Erlassung eines (Ersatz-)Bescheides steht ihr neuerlich eine Frist von sechs Monaten zur Verfügung. Die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 45 Abs 1 Z 5 VwGG kommt im Hinblick auf die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG nicht in Betracht (vgl den hg Beschluss vom , Zl 98/01/0277, VwSlg 14979 A/1998, sowie die hg Erkenntnisse vom , Zl 98/12/0406, vom , Zl 98/01/0442, vom , Zl 2000/02/0008, und vom , Zl 2001/12/0257). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der Ö Gesellschaft in W, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Renngasse 9, gegen den Bescheid des Bundeskanzlers vom , Zl. 213.947/002-II/1/2002, betreffend Betriebsgenehmigung nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. L-Gesellschaft reg. Gen.m.b.H.; 2. W-Gesellschaft für Urheberrechte GmbH, beide vertreten durch Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 25), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft beim Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst die Erteilung einer Genehmigung (mit näher umschriebenem Inhalt) zum Betrieb einer Verwertungsgesellschaft nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz (in der Folge ging die Zuständigkeit für die in Rede stehende Angelegenheit auf den Bundeskanzler über).
Am erhob die Beschwerdeführerin unter Hinweis darauf, dass über ihren Antrag bisher nicht entschieden worden sei, Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Verfügung vom wurde der belangten Behörde aufgetragen, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Dieser Beschluss wurde der belangten Behörde am zugestellt.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei abgewiesen. Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am zugestellt.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom wurde das Verfahren über die Säumnisbeschwerde infolge Nachholung des versäumten Bescheides gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingestellt.
Die vorliegende Beschwerde gegen den Bescheid vom macht unter anderem geltend, der angefochtene Bescheid sei "nichtig und schon deshalb aufzuheben", weil Unterschrift bzw. Beglaubigung fehlten. Die Beschwerde macht weiters Unzuständigkeit der belangten Behörde im Hinblick darauf geltend, dass deren Zuständigkeit zur Erlassung des Bescheides infolge Versäumung der vom Verwaltungsgerichtshof für die Nachholung des Bescheides gesetzten Frist auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist im Rahmen der Prüfung der Prozessvoraussetzungen auf das Vorbringen der Beschwerde einzugehen, mit dem die Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung bestritten wird; wäre nämlich die Beschwerde mit dieser Auffassung im Recht, wäre sie zurückzuweisen.
Die Beschwerdeführerin hat den oben wiedergegebenen Standpunkt bereits im Verfahren über die Säumnisbeschwerde vorgetragen. Der Verwaltungsgerichtshof ist dieser Auffassung im Beschluss vom im Hinblick auf § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 nicht gefolgt; des Näheren wird auf die Begründung dieses Beschlusses verwiesen. Es ist daher davon auszugehen, dass ein Bescheid als tauglicher Anfechtungsgegenstand der Beschwerde vorliegt.
Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Nach dem dritten Satz der zitierten Vorschrift in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 88/1997 ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen, wenn der Bescheid erlassen wird oder vor Einleitung des Vorverfahrens erlassen wurde.
Die belangte Behörde bleibt zur Nachholung des versäumten Bescheides bis zum Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist zuständig, verliert diese Zuständigkeit aber mit Ablauf der Frist. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof im Säumnisbeschwerdeverfahren gesetzten Frist erlassen. Diese Unzuständigkeit ist vom Verwaltungsgerichtshof im Bescheidbeschwerdeverfahren (nur) aufzugreifen, wenn sie in der Beschwerde ausdrücklich geltend gemacht wird. Dies ist hier der Fall; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (vgl. hiezu z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 2001/12/0257, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Für das fortzusetzende Verfahren wird bemerkt, dass nach der seit dem (zu § 36 Abs. 2 VwGG idF BGBl I 1997/88 ergangenen) Beschluss vom , Slg. Nr. 14.979/A, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach Aufhebung des nachgeholten Bescheides wegen Unzuständigkeit die belangte Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungssache wieder zuständig ist und ihr zur Erlassung eines (Ersatz-)Bescheides neuerlich eine Frist von sechs Monaten zur Verfügung steht. Die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG kommt im Hinblick auf die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 36 Abs. 2 dritter Satz VwGG nicht in Betracht (vgl. neben dem bereits erwähnten Beschluss vom weiters die Erkenntnisse vom , Zl. 98/12/0406, vom , Zl. 98/01/0442, vom , Zl. 2000/02/0008, und vom , Zl. 2001/12/0257).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Allgemein |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2003:2002100216.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAE-49841