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VwGH vom 29.07.1997, 93/14/0117

VwGH vom 29.07.1997, 93/14/0117

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der C in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom , 6/98/1-BK/S-1992, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die Witwe eines am verstorbenen aktiven Rechtsanwaltes (idF Ehemann), erhielt im Streitjahr von der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich ein Sterbegeld von 200.000 S ausbezahlt. Die Rechtsanwaltskammer versteuerte dieses Sterbegeld gemäß § 67 Abs 6 EStG 1988 mit 6 %.

Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erfaßte das Finanzamt das Sterbegeld als Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, unter den Einkünften gemäß § 22 EStG 1988 seien nur solche aus selbständiger Arbeit wie etwa aus der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes zu subsumieren. Da sie nie die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes ausgeübt habe, könne das Sterbegeld nicht unter § 22 EStG 1988, sondern nur unter § 25 EStG 1988 subsumiert werden und sei gemäß § 67 Abs 6 EStG 1988 mit den festen Steuersätzen des § 67 Abs 1 EStG 1988 zu versteuern.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. § 22 Z 4 EStG 1988 sehe vor, daß Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit sie nicht unter § 25 EStG 1988 fielen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit seien. Aus den Erläuterungen zur ESt-Nov 1974 sei der Wille des Gesetzgebers ersichtlich, Bezüge, denen kein Pensionscharakter zukomme, als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu erfassen. Die Bestimmung des § 3 Z 3 EStG 1972, nach welcher Sterbegelder aus den Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen von der Einkommensteuer befreit gewesen seien, sei mit dem 3. Abgabenänderungsgesetz 1987 abgeschafft worden. Eine derartige Bestimmung finde sich auch im EStG 1988 nicht, weswegen solche Bezüge seit dessen Inkrafttreten nicht mehr von der Einkommensteuer befreit seien. Eine Besteuerung nach § 67 Abs 6 EStG 1988 komme nicht in Frage, weil nach dieser Bestimmung lediglich Bezüge, die bei oder nach der Beendigung eines Dienstverhältnisses anfielen, begünstigt zu besteuern seien. § 67 Abs 6 EStG 1988 sei daher mangels Vorliegens eines Dienstverhältnisses nicht anwendbar. Auch die in § 67 Abs 1 EStG 1988 geforderte Voraussetzung, die Bezahlung des sonstigen Bezuges müsse zusätzlich zum laufenden Arbeitslohn erfolgen, liege nicht vor. Aus den Bestimmungen der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich gehe hervor, daß das Sterbegeld in keinem Zusammenhang mit der Witwenpension stünde. Der Rechtsanwalt könne bestimmen, wer das Sterbegeld erhalten solle. Ob diese Person seine Witwe sei, liege allein in der Entscheidung des Rechtsanwaltes.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem nach dem ablehnenden Beschluß vom , B 1507/92-6, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in ihrem Recht auf Nichterfassung des Sterbegeldes unter den in § 2 EStG 1988 aufgezählten Einkünften bzw auf Erfassung des Sterbegeldes unter den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 2 Abs 3 Z 4 und § 25 EStG 1988 und dementsprechender Versteuerung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich (idF Satzung) regelt in ihrem II. Abschnitt Versorgungsrenten und in ihrem

III. Abschnitt die Sterbekasse. Der Sterbekasse gehören neben allfälligen anderen Mitgliedern sämtliche Kammermitglieder obligatorisch an. Gemäß § 15 der Satzung gebührt im Fall des Ablebens eines Mitgliedes der Sterbekasse der empfangsberechtigten Person ein Sterbegeld. Gemäß § 17 der Satzung kann jedes Mitglied der Sterbekasse durch schriftliche Mitteilung an den Ausschuß eine oder mehrere Personen bestimmen, an die das Sterbegeld auszuzahlen ist. Diese Bestimmung kann jederzeit geändert oder widerrufen werden. Ist im Zeitpunkt des Ablebens des Mitgliedes der Sterbekasse keine empfangsberechtigte Person bestimmt, oder sind die namhaft gemachten empfangsberechtigten Personen verstorben, so sind die Witwe bzw falls der Verstorbene keine Witwe hinterläßt die Erben im Verhältnis ihrer Erbteile empfangsberechtigt. Sind keine empfangsberechtigten Personen iSd Bestimmungen vorhanden, so gebührt ein zur Deckung der Begräbniskosten ausreichender Teilbetrag des Sterbegeldes demjenigen, der die Begräbniskosten getragen hat.

Im Fall des Ablebens eines Mitgliedes der Sterbekasse hat gemäß § 18 der Satzung die Rechtsanwaltskammer alle übrigen Mitglieder unverzüglich zu verständigen. Die Mitglieder sind verpflichtet, binnen acht Tagen nach Erhalt der Verständigung die in der jeweils geltenden Umlagenordnung vorgesehene Umlage zur Sterbekasse an die Rechtsanwaltskammer einzuzahlen.

Das Sterbegeld ist gemäß § 15 der Satzung in zwei Teilbeträgen auszuzahlen. Der erste Teilbetrag ist 30 Tage nach dem Ableben des Mitgliedes der Sterbekasse fällig und umfaßt die bis dahin eingegangenen Umlagenbeträge. Der zweite Teilbetrag umfaßt den Rest der Umlagenbeträge und ist erst fällig, wenn sämtliche Umlagen eingegangen sind. Unter bestimmten Umständen ist dabei die Auszahlung einer größeren Anzahl von Teilbeträgen bzw die Auszahlung von Vorschüssen möglich.

Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen sind, soweit sie nicht unter § 25 EStG 1988 fallen, gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Eine gleichlautende Regelung enthielt bereits § 22 Abs 1 Z 4 EStG 1972.

§ 3 Z 3 EStG 1972 sah bis zum 3. Abgabenänderungsgesetz 1987, BGBl Nr 606/1987, vor, daß Sterbegelder aus den Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen von der Einkommensteuer befreit waren. Wie sich aus 277 BlgNR 17. GP zum 3. Abgabenänderungsgesetz 1987 ergibt, war die Beseitigung der Steuerfreiheit für Sterbegelder erklärte Absicht des Gesetzgebers. Eine derartige Befreiungsbestimmung wurde auch in das EStG 1988 nicht aufgenommen.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen - soweit für den Beschwerdefall von Relevanz - gemäß § 25 Abs 1 Z 3 EStG 1988 bzw nach der in diesem Punkt gleichlautenden Bestimmung des § 25 Abs 1 Z 3 EStG 1972 Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung sowie gleichartige Bezüge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen.

Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen fallen lediglich dann unter § 22 Z 4 EStG 1988 bzw § 22 Abs 1 Z 4 EStG 1972, wenn ihnen kein Pensionscharakter iSd § 25 Abs 1 Z 3 EStG 1988 bzw EStG 1972 zukommt. Entscheidend ist dabei, ob es sich um den Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gleichartige Bezüge handelt (vgl das hg Erkenntnis vom , 91/14/0055, sowie das dort zitierte hg Erkenntnis vom , 79/13/1689, Slg Nr 5549/F, unter Hinweis auf die ErläutRV zu § 22 Abs 1 Z 4 EStG 1972, 1201 BlgNR 13. GP).

Damit ist das Schicksal der Beschwerde jedoch bereits entschieden, weil es sich beim Sterbegeld nicht um einen den Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gleichartigen Bezug handelt. Dem Sterbegeld kommt nämlich trotz der in der Regel zu erfolgenden Auszahlung in zwei Teilbeträgen mangels laufender Zahlungen durch einen längeren Zeitraum kein Pensionscharakter zu. Ferner entspricht das Sterbegeld infolge der freien Bestimmbarkeit der empfangsberechtigten Person durch das Mitglied der Sterbekasse nicht einer Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung.

Mit dem Vorbringen, das Sterbegeld unterliege mangels Erfassung unter den in § 2 EStG 1988 aufgezählten Einkünften nicht der Einkommensteuer und sei auch nicht unter § 22 Z 4 EStG 1988 zu subsumieren, weil die Sterbekasse weder eine Versorgungs- noch eine Unterstützungseinrichtung, sondern ein im Fall des Ablebens eines Mitgliedes der Sterbekasse auf Grund der Satzung aufgebrachtes Sammelvermögen darstelle, zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gemäß § 14 der Satzung unterhält die Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich im Rahmen der VersorgungsEINRICHTUNG eine Sterbekasse. Dieser gehören sämtliche Kammermitglieder obligatorisch an. Die Mitglieder der Kammer sind verpflichtet, die in der Umlagenordnung vorgesehene Umlage im Fall des Ablebens eines Mitgliedes der Sterbekasse einzuzahlen. Schon deshalb liegt kein Sammelvermögen (vgl zu diesem Begriff Koziol/Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts10 I, 72) vor. Für die Beurteilung, ob eine Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung iSd § 22 Z 4 EStG 1988 vorliegt, ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht entscheidend, ob das Sterbegeld - wie im Beschwerdefall - im Umlageverfahren oder durch laufende Beiträge aufgebracht wird.

Soweit die Beschwerdeführerin auf § 25 Abs 2 EStG 1988 verweist, wonach es bei den Einkünften nach § 25 Abs 1 EStG 1988 unmaßgeblich ist, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ist mit diesem Vorbringen für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen, weil die Anwendung des § 25 EStG 1988 auch unter dem Gesichtspunkt seines Abs 2 voraussetzt, daß Einnahmen vorliegen, die per definitionem unter Abs 1 subsumiert werden können (vgl das hg Erkenntnis vom , 1311/76, zur gleichlautenden Bestimmung des § 25 Abs 2 EStG 1972).

Wenn die Beschwerdeführerin dem angefochtenen Bescheid schließlich entgegenhält, sie selbst sei niemals freiberuflich tätig gewesen, sondern lediglich ihr verstorbener Ehemann habe Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezogen, weshalb das Sterbegeld generell nicht unter § 22 EStG 1988 subsumiert werden könne, zeigt sie damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Einkünfte iSd § 22 Z 4 EStG 1988 liegen auch dann vor, wenn der Tatbestand des § 22 Z 1 EStG 1988 nicht erfüllt ist.

Die Beschwerdeführerin rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, führt jedoch nicht aus, in welchem Punkt der festgestellte Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen werden soll, noch welche Ermittlungen vermißt werden oder welche der von der belangten Behörde angestellten Überlegungen unschlüssig wären, wodurch ein im Spruch anders lautender Bescheid hätte ergehen können. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht strittig war, erübrigte es sich, auf die nur behauptete, nicht jedoch ausgeführte Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.