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VwGH vom 05.08.1993, 93/14/0107

VwGH vom 05.08.1993, 93/14/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Gemeinde X, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. 30.880-3/92, betreffend Umsatzsteuer 1983 bis 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem nach einer abgabenbehördlichen Prüfung im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid verneinte die belangte Behörde eine unternehmerische Tätigkeit der beschwerdeführenden Gemeinde und versagte ihr damit auch den Vorsteuerabzug

1. hinsichtlich einer Straßenkehrmaschine, weil diese, ohne daß Einnahmen erzielt würden, ausschließlich nur für die Trägerkörperschaft verwendet werde und zwar weit überwiegend zur Reinigung von Gemeindestraßen und -plätzen (reiner Hoheitsbereich) und nur fallweise zur Reinigung von Kanaleinlaufschächten (Unternehmensbereich der Gemeinde),

2. hinsichtlich eines Sportzentrums, weil dessen Vermietung an Sportvereine ein Scheingeschäft im Sinne des § 23 Abs 1 BAO darstelle.

Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Vorsteuerabzug verletzt, behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Straßenkehrmaschine:

Die Beschwerdeführerin meint, die Maschine diene im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/15/0100, ÖStZB 1986, 304, der Müllbeseitigung und daher einem Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 Abs 3 UStG. Daß die Gemeinde im Rahmen der Müllgebühren Einnahmen erziele, stelle auch die belangte Behörde nicht in Abrede.

Hiezu hatte diese auch keine Veranlassung. Daß die Straßenkehrmaschine nämlich im Rahmen jener Tätigkeit der Gemeinde eingesetzt werde, in der eine Müllbeseitigung gegen Gebühren betrieben wird, hat die belangte Behörde nicht festgestellt und wurde von der beschwerdeführenden Gemeinde auch nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Unrichtigkeit der betreffenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid trägt die Beschwerde nicht vor.

Geht man aber mit der belangten Behörde von dem insoweit durch die Beschwerde unbekämpft gelassenen Sachverhalt aus, die Straßenkehrmaschine werde überwiegend zur Reinigung von Gemeindestraßen und -plätzen ausschließlich für die Trägerkörperschaft verwendet und hiedurch würden keine Einnahmen erzielt, so ist die Beurteilung im angefochtenen Bescheid frei von Rechtsirrtum, daß es der beschwerdeführenden Gemeinde hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Straßenkehrmaschine an der Unternehmereigenschaft fehlt. Nur eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, mag auch die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlen, begründet nämlich gemäß § 2 Abs 1 UStG Unternehmereigenschaft, von welcher Voraussetzung § 2 Abs 3 UStG für Körperschaften öffentlichen Rechts hinsichtlich ihrer Betriebe gewerblicher Art keine Ausnahme macht. Ein ausschließlich für Eigenverbrauchszwecke arbeitender Betrieb ist nicht umsatzsteuerpflichtig.

Es ist daher nicht mehr entscheidend, daß der Verwaltungsgerichtshof in dem von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnis, das sich ausschließlich mit einem Privatunternehmer und dem ermäßigten Steuersatz (§ 10 Abs 2 Z. 22 UStG) befaßte, die Beantwortung der Frage, ob vom Gesetzgeber in dem hier allein relevanten § 2 Abs 3 UStG die Straßenreinigung als eine Art Müllbeseitigung angesehen wird, offengelassen hat ("... woraus man, wenn man wollte, wieder schließen könnte, daß der Gesetzgeber im UStG 1972 die Straßenreinigung als eine Art der Müllbeseitigung angesehen hat ..."). Schon deshalb läßt sich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom nicht für den Standpunkt der beschwerdeführenden Gemeinde ins Treffen führen.

2. Sportzentrum:

Die belangte Behörde hat festgestellt, daß die beschwerdeführende Gemeinde, die den Sportvereinen monatlich einen der vereinbarten Sportplatzmiete der Höhe nach entsprechenden Betrag als Subvention bezahle und auch die Betriebskosten trage, die nach dem Vertrag die Mieter zu bestreiten hätten, im Laufe der abgabenbehördlichen Prüfung offen zugegeben habe, daß es ihr Wille gewesen sei, das Sportzentrum den Vereinen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, um den Vorsteuerabzug nicht zu verlieren, jedoch über Anraten eines Rechtsanwaltes die Konstruktion gewählt habe, Mietentgelte zu vereinbaren, die als Subventionen wieder zurückfließen. Daraus zog die belangte Behörde den Schluß, daß tatsächlich keine Bestandverhältnisse beabsichtigt gewesen seien. Die Mietverträge seien daher nur zum Schein und zwar ausschließlich zur Erreichung eines steuerlichen Vorteiles (Vorsteuerabzug) errichtet worden. Tatsächlich sei aber mangels Entgeltlichkeit kein Bestandverhältnis im Sinne des § 1090 ABGB beabsichtigt gewesen bzw. vorgelegen. Bei den Mietverträgen handle es sich daher um Scheingeschäfte gemäß § 23 Abs 1 BAO, die für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung seien. Folglich fehle es an der Entgeltlichkeit, die einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 Abs 3 BAO begründen könnte.

Dem hält die Beschwerdeführerin entgegen, ein Scheingeschäft (§ 23 BAO) liege nicht vor, weil die vereinbarten Mietentgelte tatsächlich entrichtet würden. Die Subventionszahlungen der Gemeinde an die Sportvereine änderten nichts an der Rechtswirksamkeit und tatsächlichen Durchführung der Bestandverträge. Mietentgelte und Subventionen würden aus verschiedenen Rechtsgründen geleistet. Erstere seien privatrechtliche Verträge, letztere hätten ihren Rechtsgrund in der Sportförderung im öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereich. Die Sportvereine hätten hierauf keinen klagbaren Anspruch, weil die Subventionsgewährung im freien Ermessen der Gemeinde liege. Ein Mißbrauch (§ 22 BAO) liege nicht vor, weil die Inanspruchnahme einer vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumten Gestaltungsmöglichkeit einen solchen nicht darstelle. Außerdem liege in der Möglichkeit rascher und unbürokratischer Anpassung der Subventionszahlungen an die aktuelle Bedarfssituation der Sportvereine einerseits und an die Budgetlage der Gemeinde andererseits ein wichtiger außersteuerlicher Grund, der Mißbrauch ausschließe.

Auf die Frage des Mißbrauchstatbestandes braucht nicht eingegangen zu werden, weil das Beschwerdevorbringen keinen Fehler in der Beurteilung der Mietverträge als Scheingeschäfte im Sinne des § 23 BAO aufzeigt.

Ausgehend von den durch die Beschwerde unbekämpft gelassenen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid wollte die beschwerdeführende Gemeinde den Sportvereinen das Sportzentrum in Wahrheit unentgeltlich zur Verfügung stellen. Über anwaltlichen Rat sei zur Erreichung dieses Zieles, um gleichzeitig den steuerlichen Vorteil des Vorsteuerabzuges nicht zu verlieren, zum Schein ein Bestandvertrag geschlossen und Subventionsleistung in Höhe des Bestandzinses vorgesehen worden.

Als Betriebe gewerblicher Art einer Körperschaft öffentlichen Rechts gelten gemäß § 2 Abs 3 UStG stets Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften. Ob Vermietung oder Verpachtung eines Grundstückes vorliegt, ist nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/15/0023). Dies schließt die Anwendbarkeit des § 23 BAO nicht aus, zumal auch nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes (§ 916 ABGB) Willenserklärungen, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben werden, nichtig sind.

Scheingeschäfte und Scheinhandlungen täuschen einen Tatbestand vor, der weder gewollt ist, noch tatsächlich besteht. Sie sollen also entweder Handlungen oder Geschäfte, die in Wirklichkeit gar nicht bestehen, vortäuschen, oder ein anderes Geschäft bzw. eine andere Handlung verdecken (vgl. Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, 123).

Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, gegen dessen gesetzmäßige Ermittlung in der Beschwerde nichts vorgetragen wird, haftet der rechtlichen Beurteilung als Scheingeschäft bzw. Scheinhandlung keine Rechtswidrigkeit an. Von den Vertragschließenden war danach keine entgeltliche Überlassung des Gebrauchs des Sportzentrums beabsichtigt, sondern eine unentgeltliche, die derart erreicht werden sollte, daß den Sportvereinen der von diesen an die Gemeinde bezahlte monatliche Mietzins durch monatliche Subvention in gleicher Höhe vergütet wird. Es wurde daher nur der Anschein eines Mietvertrages erweckt, um in den Genuß steuerlicher Vorteile, nämlich der Vorsteuerabzüge zu gelangen. Ein Mietvertrag war aber weder gewollt noch wurde er wirklich durchgeführt. Der Umstand, daß die Scheingeschäfte bzw. Scheinhandlungen unterschiedliche Rechtsgründe vorschützten (Mietverträge einerseits, Subventionen andererseits) ändert an der Beurteilung nach § 23 Abs 1 BAO nichts, sondern ist für derartiges Verhalten geradezu typisch. Wird der monatliche Mietzins unter dem Schein einer Subvention rückvergütet, so wird keine der beiden Rechtsgründe wirklich durchgeführt.

Die Beschwerde zeigt nicht auf, daß die Sportförderung im vorliegenden Fall durch einen Akt der Hoheitsverwaltung - also mittels Bescheides - erfolgte; es ist daher davon auszugehen, daß die Subventionen von der Gemeinde im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vergeben werden (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 42 f, sowie das Tiroler Landessportgesetz 1972, das keine im Bereich der Hoheitsverwaltung angesiedelte Sportförderung durch Gemeinden vorsieht). Mietvertrag und Subvention unterscheiden sich also nicht in der Rechtsform, sondern sind Handlungen im Bereich der Wirtschaftsverwaltung der Gemeinde (Art. 116 Abs 2 B-VG), die beide von den Grundsätzen der Privatautonomie bestimmt werden. Der nur im Bereich der Hoheitsverwaltung relevante Begriff "Ermessen" (Art. 130 Abs 2 B-VG) ist daher zum Nachweis einer unrichtigen Anwendung des § 23 Abs 1 BAO von vornherein ungeeignet. Da die Gewährung der Subvention kein Hoheitsakt ist, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch auf einen solchen der Begriff der Scheinhandlung iSd § 23 Abs 1 BAO anwendbar wäre.

Da eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung beabsichtigt war und auf die erwähnte Weise auch tatsächlich vollzogen wurde, war dieses verdeckte Geschäft für die Abgabenerhebung maßgebend. Daraus hat die belangte Behörde den zutreffenden rechtlichen Schluß gezogen, daß es an einer Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 2 Abs 3 UStG durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft und damit an der die Vorsteuerabzugsberechtigung vermittelnden Unternehmereigenschaft fehlt.

Es ließ daher bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die darin behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, sodaß die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.