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VwGH vom 15.01.1991, 90/11/0095

VwGH vom 15.01.1991, 90/11/0095

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 70-8/55/90, betreffend Verlängerung der Gültigkeit der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer wurde im Jahre 1960 die Lenkerberechtigung für die Gruppe D erteilt. Die Gültigkeit dieser Lenkerberechtigung wurde in der Folge wiederholt verlängert, zuletzt am bis zum .

Mit dem an die Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, gerichteten Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung der Gültigkeit seiner Lenkerberechtigung für die Gruppe D. Nach dem hierauf eingeholten amtsärztlichen Gutachten vom ist der Beschwerdeführer zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe D geeignet.

Am wurde dem Beschwerdeführer anläßlich einer Vorsprache bei der erstinstanzlichen Behörde sowie in einem Telefonat erklärt, daß eine "Verlängerung seiner Lenkerberechtigung" für die Gruppe D nicht möglich sei, weil diese bereits am erloschen sei, und daher nur eine Wiedererteilung der Lenkerberechtigung in Betracht komme. Der Beschwerdeführer beantragte hierauf die Erlassung eines schriftlichen Bescheides.

Mit Bescheid vom wies die erstinstanzliche Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf "Verlängerung der Lenkerberechtigung" für die Gruppe D ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß eine "Verlängerung der Lenkerberechtigung" nur vor Ablauf der Frist, für die sie erteilt worden sei, möglich sei. Nach Ablauf der Frist sei nur mehr die Wiedererteilung zulässig, was aber vom Beschwerdeführer abgelehnt worden sei. Da die amtsärztliche Untersuchung erst am durchgeführt worden sei, sei die Verlängerung nicht möglich gewesen.

In der dagegen erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer den Standpunkt, die Dauer des von der Behörde durchzuführenden Ermittlungsverfahrens könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Der in der Niederschrift vom enthaltene Hinweis, daß er drei Monate vor Ablauf der Frist um Verlängerung anzusuchen habe, dürfe nicht zu seinen Lasten verwendet werden, weil es für diese Frist keine gesetzliche Grundlage gebe. Die Behörde sei in der Weiterleitung an den Amtsarzt säumig geworden, wäre aber zur "Ausstellung eines neuen Führerscheines" sofort bereit gewesen. Er beantrage daher die Aufhebung des Bescheides und die "Verlängerung seiner Lenkerberechtigung" für die Gruppe D.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 68 Abs. 1 KFG 1967 darf die Lenkerberechtigung für die Gruppe D nur für fünf Jahre erteilt werden. Gemäß § 68 Abs. 2 leg. cit. darf die Gültigkeit einer Lenkerberechtigung für die Gruppe D nur verlängert werden, wenn durch ein ärztliches Gutachten festgestellt wurde, daß die geistige und körperliche Eignung ihres Besitzers noch gegeben ist. Die zur Erlangung dieser Verlängerung und dieses ärztlichen Gutachtens erforderlichen Schriften sind von Stempelgebühren befreit. Bei der Wiedererteilung einer Lenkerberechtigung für die Gruppe D innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Gültigkeit der bisherigen kann von der Einholung eines Gutachtens über die fachliche Befähigung (§ 67 Abs. 3) abgesehen werden, wenn bei der Behörde keine Bedenken darüber bestehen, ob der Antragsteller noch die erforderliche fachliche Befähigung besitzt.

Nach der dargestellten Rechtslage kann die Lenkerberechtigung für die Gruppe D nur befristet erteilt werden. Es bedarf der Antragstellung des Besitzers einer derartigen Lenkerberechtigung, um eine Verlängerung ihrer Gültigkeit zu erreichen. Bei einem darauf abzielenden Antrag handelt es sich um einen Antrag auf Erteilung der Lenkerberechtigung für eine Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der befristeten Lenkerberechtigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/11/0041). Unter diesem Gesichtspunkt besteht im Gegensatz zur Aufassung der belangten Behörde kein rechtlicher Unterschied zwischen einer Verlängerung der Gültigkeit und einer Wiedererteilung einer Lenkerberechtigung. Hat der Besitzer einer Lenkerberechtigung demnach vor Ablauf ihrer Gültigkeit die Verlängerung der Gültigkeit beantragt und wurde - aus welchen Gründen immer - bis zum Ablauf der Gültigkeit über diesen Antrag nicht entschieden, so bedeutet dies nicht - wie die belangte Behörde meinte -, daß die Kraftfahrbehörde den Antrag wegen Ablaufes der Gültigkeit der Lenkerberechtigung abweisen muß. Die Behörde hat vielmehr, ohne daß es eines weiteren Antrages der Partei bedarf, zu entscheiden, ob die Lenkerberechtigung wieder zu erteilen ist oder nicht, wobei für die Dauer von sechs Monaten nach Ablauf der Gültigkeit die Möglichkeit besteht, ebenso wie im Falle der Entscheidung vor Ablauf der Gültigkeit bei Fehlen diesbezüglicher Bedenken von der Einholung eines Gutachtens über die fachliche Befähigung abzusehen. Die Behörde hat demnach in derselben Weise vorzugehen wie im Falle der Antragstellung erst nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkerberechtigung.

Für den Standpunkt der belangten Behörde ist aus dem im erstinstanzlichen Bescheid zitierten Erkenntnis vom , Zl. 85/11/0030, nichts zu gewinnen, weil diesem Erkenntnis ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zugrundelag. In jenem Verfahren hatte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B unter "Nachsicht bzw. Abstandnahme von der Einholung eines Gutachtens über die fachliche Behfähigung (Lenkerprüfung)" gestelllt. Die im § 67 Abs. 4a KFG 1967 genannte Frist von 18 Monaten war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides schon verstrichen, weshalb der Verwaltungsgerichtshof mit jenem Erkenntnis die gegen den abweisenden Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abwies. Im vorliegenden Fall hingegen hat der Beschwerdeführer eine derartige Einschränkung seines Antrages nicht vorgenommen, sodaß die Abweisung seines Antrages nicht mit dem Hinweis auf jenes Erkenntnis begründet werden kann, ganz abgesehen davon, daß sogar noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Wiedererteilung der Lenkerberechtigung ohne Einholung eines Gutachtens über die fachliche Befähigung möglich gewesen wäre. Die belangte Behörde hat sohin ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Im fortzusetzenden Verfahren wird allerdings zu beachten sein, daß im Hinblick auf die mittlerweile verstrichene Zeit die Wiedererteilung der Lenkerberechtigung für die Gruppe D nur nach Einholung eines Gutachtens über die fachliche Befähigung des Beschwerdeführers in Betracht kommt.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren betreffend Stempelgebühren war abzuweisen, weil zur gehörigen Rechtsverfolgung die Vorlage nur einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides genügte.

Fundstelle(n):
VAAAE-49759