VwGH vom 24.09.2002, 98/14/0198

VwGH vom 24.09.2002, 98/14/0198

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der ER in L, vertreten durch Dr. Heinz Buchmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Altstadt 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. RV86/1- 7/1998, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er über die Umsatzsteuer für das Jahr 1996 abspricht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorerst auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/14/0198-7, verwiesen, mit dem die vorliegende Beschwerde, soweit sie gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1996 gerichtet ist, als unbegründet abgewiesen wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die geltend gemachten anteiligen Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben anerkannt, ebenso wurde die darauf entfallende Umsatzsteuer nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Versagung des Vorsteuerabzugs ist § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a Umsatzsteuergesetz 1994 zu beachten, dem zufolge Lieferungen oder sonstige Leistungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinn des § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 sind. Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 sind Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nur dann abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet. Im Zuge des Strukturanpassungsgesetzes 1996 wurden somit innerstaatliche Regelungen getroffen, die eine Einschränkung der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bewirken.

Im Geltungsbereich des § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 konnten nämlich Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer steuerlich bereits dann berücksichtigt werden, wenn das Arbeitszimmer tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich betrieblich bzw. beruflich genutzt wird und die ausgeübte Tätigkeit ein ausschließlich beruflichen Zwecken dienendes Arbeitszimmer notwendig macht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/15/0070, mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall wurde von der belangten Behörde eine private (Mit-)Nutzung des Arbeitszimmers nicht festgestellt, weshalb - nach der Rechtslage vor der genannten Novelle und bei gegebener Notwendigkeit - die auf die Aufwendungen entfallende Umsatzsteuer im Rahmen des Vorsteuerabzuges hätte geltend gemacht werden können.

Gemeinschaftsrechtlich ist das Umsatzsteuersystem durch die

6. Mehrwertsteuer-Richtlinie 77/388/EWG vorgegeben. Nach Art. 17 Abs. 1 besteht das Recht auf Vorsteuerabzug. Nach Art. 17 Abs. 6 sind die Mitgliedsstaaten berechtigt, die bei Inkrafttreten der Richtlinie bereits innerstaatlich bestehenden Vorsteuerausschlüsse beizuhalten. Für nachträgliche (befristete) Erweiterungen der Vorsteuerausschlüsse regelt Art. 17 Abs. 7, dass diese aus konjunkturellen Gründen und vorbehaltlich Konsultationen beim Mehrwertsteuerausschuss im Sinn des Art. 29 der Richtlinie zulässig sind.

Mit einem nach § 41 Abs. 1 VwGG gefassten Beschluss vom sprach der Gerichtshof vorläufig aus, dass der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Ausschluss eines Vorsteuerabzugs - unter weiteren Voraussetzungen - nur dann gemeinschaftsrechtskonform sein könnte, wenn die in Art. 17 Abs. 7 der genannten Richtlinie vorgesehenen Konsultationen beim gemeinsamen Mehrwertsteuerausschuss gepflogen worden sind. Die den Parteien eingeräumte Frist, binnen vier Wochen dazu Stellung zu nehmen, wurde nicht genützt. Der Gerichtshof hat im genannten Beschluss darauf hingewiesen, dass er in Ermangelung gegenteiliger Behauptungen davon ausgehen würde, dass entsprechende Konsultationen nach Art. 17 Abs. 7 der genannten Richtlinie nicht stattgefunden haben.

Der Gerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von seiner im genannten Beschluss vom geäußerten Ansicht abzugehen, zumal keine Argumente vorgebracht wurden, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten.

Da die Richtlinienbestimmung des Art. 17 unmittelbar anwendbar ist, der angefochtene Bescheid im aufgezeigten Umfang dieser Bestimmung widerspricht und somit gemeinschaftsrechtswidrig ist, war er diesbezüglich wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am