VwGH vom 27.03.2006, 2002/10/0111
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatpräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Novak sowie Hofrat Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Ing. J R in R, vertreten durch Dr. Stefan Eigl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 33b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-290088/10/Bi/La, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.071,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (BH) vom wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, in der Zeit vom bis in R. auf dem Waldgrundstück 54/3 der KG R. Schotter abgebaut zu haben, obwohl die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verboten sei. Die (dem Beschwerdeführer mit Bescheid der BH vom erteilte) Rodungsbewilligung sei bis befristet gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches mit der Maßgabe bestätigt wurde, dass der Spruch wie folgt geändert wird: "Sie haben ... Schotter auf einer Fläche von 40 x 20 m und auf einer Höhe von ca. 10 m abgebaut ..."
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (ForstG), begangen.
Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 8 Tagen) verhängt.
Nach der Begründung - soweit für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung - stehe unbestritten fest, dass es sich beim genannten Grundstück um Wald im Sinne des Forstgesetzes handle. Dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid der BH vom (nach Durchführung einer Verhandlung am ) die Bewilligung zur Rodung von Wald im Ausmaß von ca. 1,5 ha auf dem genannten Grundstück für die Erweiterung der bereits genehmigten Schottergrube unter Bedingungen, Auflagen und Fristen erteilt worden. Die Rodungsbewilligung sei zum ausschließlichen Zweck der antragsgemäßen Verwendung zum Schotterabbau erteilt worden. Die angebotenen Ersatzaufforstungen würden als Wald im Sinne des Forstgesetzes gelten. Nach Punkt 9. sei die Rodungsbewilligung mit zehn Jahren (bis ) begrenzt worden. Aus der Verhandlungsschrift vom gehe hervor, dass dem Beschwerdeführer bereits zuvor mit Bescheid vom eine Rodungsbewilligung für das selbe Grundstück in einem geringeren Ausmaß erteilt worden sei. Bereits damals sei vom Beschwerdeführer eine Ersatzaufforstung auf einer großen Fläche angeboten und durchgeführt worden, sodass diese auch als Ersatzaufforstungsfläche für die mit Bescheid vom erteilte Rodungsbewilligung gewertet worden sei. Es sei daher im Zusammenhang mit der mit Bescheid vom erteilten Rodungsbewilligung keine Ersatzaufforstung explizit vorzuschreiben gewesen. Ein Antrag des Beschwerdeführers vom auf Erteilung einer Bewilligung für eine befristete Rodung auf dem genannten Grundstück sei von ihm wieder zurückgezogen worden. Bis heute sei keine weitere Rodungsbewilligung erteilt worden.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die Rodungsbewilligung vom sei als unbefristete Bewilligung anzusehen, weil die beantragte Verwendung nicht ausdrücklich als "vorübergehend" im Sinne des § 18 Abs. 4 ForstG erklärt worden sei, sei zu sagen, dass das Fehlen der Bezeichnung der Verwendung als "vorübergehend" keine Nichtigkeit der Entscheidung bewirke. Der Spruch sei vielmehr nach seiner Bedeutung auszulegen, wobei die Begründung heranzuziehen sei. Auf das Vorbringen, die Vorschreibung einer Ersatzaufforstung sei bei einer als unbefristet anzusehenden Rodungsbewilligung unzulässig, sei zu erwidern, dass die erteilte Bewilligung mit außer Kraft getreten sei. Eine nachträgliche Abänderung einer nicht mehr existenten Bewilligung sei unzulässig.
Die dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom erteilte Rodungsbewilligung sei bis befristet gewesen. Die Schotterentnahme in dem im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Zeitraum sei daher bewilligungslos erfolgt, da seither keine neue Rodungsbewilligung erteilt worden sei. Die vom Beschwerdeführer vorgenommene Auslegung der Rodungsbewilligung in einer für ihn günstigen Weise vermöge die Annahme eines Schuldausschließungsgrundes bzw. eines Rechtsirrtums nicht zu begründen, weil es Sache des Beschwerdeführers als Betreiber eines Kies- und Betonwerkes gewesen wäre, sich vor der Schotterentnahme über für ihn geltende gesetzliche Bestimmungen zu informieren.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 ForstG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 nicht befolgt.
Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.
"Rodung" ist die Umwandlung der Benutzung eines Waldgrundes für waldfremde Zwecke. Die Verwendung von Waldboden zur Schottergewinnung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Rodung anzusehen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 92/10/0374, mit Hinweis auf Vorjudikatur).
In der Beschwerde wird nicht in Abrede gestellt, dass der Beschwerdeführer in dem im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Zeitraum auf dem Grundstück Nr. 54/3 der KG R. Schotter entnommen hat. Der Beschwerdeführer vertritt jedoch - wie bereits im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, dass die mit Bescheid der BH vom erteilte Rodungsbewilligung nicht befristet gewesen sei. In diesem Bescheid sei weder von einer Befristung noch von einer Verpflichtung zur Wiederbewaldung nach § 18 Abs. 4 ForstG die Rede.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Der (mit "Rodungsbewilligung; Bedingungen und Auflagen" überschriebene) § 18 ForstG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lautete auszugsweise:
"§ 18. (1) Die Rodungsbewilligung ist erforderlichenfalls an Bedingungen zu binden und mit Auflagen zu versehen, durch welche gewährleistet ist, daß die Walderhaltung über das bewilligte Ausmaß hinaus nicht beeinträchtigt wird. Insbesondere sind danach
a) ein Zeitpunkt festzusetzen, zu dem die Rodungsbewilligung erlischt, wenn der Rodungszweck nicht erfüllt wurde
b) die Gültigkeit der Bewilligung an die ausschließliche Verwendung
der Fläche zum beantragten Zweck zu binden und
c) Maßnahmen vorzuschreiben, die zur Hintanhaltung nachteiliger Wirkungen für die umliegenden Wälder oder zum Ausgleich des Verlustes an Waldfläche (Ersatzaufforstung) geeignet sind.
(2) In der die Ersatzaufforstung betreffenden Vorschreibung ist der Rodungswerber zu verpflichten, dafür zu sorgen, daß die durch die Rodung entfallenden Wirkungen des Waldes für die nähere Umgebung der Rodungsfläche wiederhergestellt werden. Die Vorschreibung kann auch dahin lauten, daß der Rodungswerber auf dem Grundstück eines anderen Grundeigentümers in der näheren Umgebung der Rodungsfläche auf Grund einer nachweisbar getroffenen Vereinbarung die Aufforstung bis zur Sicherung der Kultur durchzuführen hat.
(3) ...
(4) Geht aus dem Antrag hervor, daß der beabsichtigte Zweck der Rodung nicht von unbegrenzter Dauer sein soll, so ist im Bewilligungsbescheid die beantragte Verwendung ausdrücklich als vorübergehend zu erklären und entsprechend zu befristen, ferner ist die Auflage zu erteilen, daß der Waldgrund nach Ablauf der festgesetzten Frist wieder zu bewalden ist (befristete Rodung).
(5) Die Bestimmungen der Abs. 2 und 3 finden auf befristete Rodungen (Abs. 4) keine Anwendung.
(6) Bestehen begründete Zweifel an
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a) | der Erfüllung einer vorgeschriebenen Auflage (Abs. 1) oder | |||||||||
b) | der Durchführung der Wiederbewaldung nach Ablauf der | |||||||||
festgesetzten Frist (Abs. 4), | ||||||||||
so ist eine den Kosten dieser Maßnahmen angemessene Sicherheitsleistung vorzuschreiben. Vor deren Erlag darf mit der Durchführung der Rodung nicht begonnen werden. Die Bestimmungen des § 89 Abs. 2 bis 4 finden sinngemäß Anwendung. |
(7) Es gelten
a) sämtliche Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für befristete Rodungen ab dem Ablauf der Befristung,
b) die Bestimmungen des IV. Abschnittes und der §§ 172 und 174 für
alle Rodungen bis zur Entfernung des Bewuchses."
Mit dem Bescheid der BH vom wurde dem Beschwerdeführer unter Berufung auf die §§ 17 und 18 ForstG die Bewilligung zur Rodung von Wald im Ausmaß von ca. 1,5 ha auf dem Grundstück Nr. 54/3 der KG R. für die Erweiterung einer bereits genehmigten Schottergrube unter Vorschreibung einer Reihe von Bedingungen Auflagen und Fristen erteilt. Die Rodungsbewilligung wurde dabei "mit zehn Jahren, das ist , begrenzt" (vgl. Pkt. 9. der Bedingungen, Auflagen und Fristen).
Demzufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem genannten Bescheid eine befristete Rodungsbewilligung erteilt. Dass der Bescheid entgegen § 18 Abs. 4 erster Satz ForstG die beantragte Verwendung nicht ausdrücklich als "vorübergehend" erklärt und entgegen § 18 Abs. 4 zweiter Satz ForstG keine Wiederbewaldung anordnet, bedeutet nicht, dass damit die Wirkung der ausdrücklich ausgesprochenen Befristung beseitigt wäre. Entgegen der Auffassung der Beschwerde liegt somit eine befristete Rodungsbewilligung im Sinne des § 18 Abs. 4 ForstG vor.
Schließlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, diese habe den Spruch des Straferkenntnisses der BH in einer Form abgeändert, dass er keinesfalls mehr eine Tat hinreichend konkretisiere: "Sie haben ... Schotter auf einer Fläche von 40 x 20 m auf einer Höhe von ca. 10 m abgebaut ...". Damit sei weder Tatzeit noch Tatzeitraum angegeben worden; auch im Hinblick auf den genauen Tatort fehle jegliche Konkretisierung.
Letzteres Vorbringen erweist sich im Ergebnis als zutreffend:
Zur Umschreibung der als "erwiesen angenommenen Tat" im Sinne des § 44a Z. 1 VStG gehört unter anderem die möglichst präzise Angabe des Tatortes. Eine Tatortumschreibung, die nicht ausschließt, dass der Beschuldigte wegen derselben Taten nochmals zur Verantwortung gezogen wird, entspricht dieser Anforderung nicht (vgl. etwa Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2 § 44a VStG E 241, 242).
Nun kennt das Gesetz keine Norm, die der Berufungsbehörde vorschreibt, im Spruch ihrer Entscheidung einen von der erstinstanzlichen Behörde ausreichend konkretisierten Bescheidspruch zu wiederholen. Nur insoweit, als der Bescheidspruch erster Instanz fehlerhaft ist, weil z.B. nicht alle Tatbestandsmerkmale genannt oder diese nicht hinreichend konkretisiert sind oder die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, ist die Berufungsbehörde verpflichtet, dies in ihrem Abspruch zu ergänzen bzw. richtig zu stellen. Es reicht dabei aus, wenn sie bloß jene Teile des Spruches, hinsichtlich welcher sie Konkretisierungen bzw. Richtigstellungen vornimmt, wiedergibt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0002).
Dem Spruch des angefochtenen Bescheides ist aber auch unter Bedachtnahme auf den von der Berufungsbehörde übernommenen Spruch des Bescheides erster Instanz lediglich zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer auf dem Grundstück 54/3 der KG R. auf einer Fläche von 40 x 20 m "auf einer" Höhe von ca. 10 m Schotter abgebaut habe. Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass für Teilflächen des Grundstückes 54/3 im Jahre 1975 eine unbefristete und im Jahre 1988 (diesfalls im Ausmaß einer in ihrer Lage nicht umschriebenen Teilfläche von 1,5 ha) eine befristete Rodungsbewilligung erteilt wurde. Auch der Bescheid der BH vom enthält keine Festlegung der Lage der Teilflächen des Grundstückes 54/3, für die eine (befristete) Rodungsbewilligung erteilt worden ist. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Ausführungen des forstfachlichen Sachverständigen in der Verhandlung vom zu verweisen, wonach "keine genaue Lage des derzeitigen Abbaustandes bzw. der Abbaufeld-Vermarkungen vorliegt bzw. die Planlage mit der Lage in der Natur mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht übereinstimmt". Der Sachverständige hat daher vorgeschlagen, eine Vermessung des derzeitigen Abbaustandes mit Lage und Höhenangabe des Urgeländes sowie der Abbauebenen der Behörde vorlegen zu lassen.
Entsprechende Ermittlungen wurden von der belangten Behörde nicht veranlasst. Dem gemäß fehlen auch im Spruch konkrete Angaben über die Lage der vom Schotterabbau in der fraglichen Zeit betroffenen Flächen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mangels einer konkreten, den Bestimmtheitsanforderungen entsprechenden Angabe des Tatortes mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-49718