VwGH vom 28.10.1997, 93/14/0076
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
93/14/0077
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des G in F, vertreten durch Dr. Bernhard Waldhof und Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwälte in Innsbruck, Maximilianstraße 9/I, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl 40.002-4/92 betreffend Jahresausgleich für 1989 und Zl 40.174-4/92 betreffend Jahresausgleich für 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, welcher im Jahr 1989 sowie bis April 1990 als Betriebsprüfer bei einem Finanzamt und danach bei einer Bank beschäftigt war, machte im Wege von Jahresausgleichen für die Jahre 1989 und 1990 unter anderem erhöhte Werbungskosten geltend.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind diese insoweit strittig, als sie Reisekosten betreffen. Während der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren die Ansicht vertrat, daß die für Reisen im Sinn des § 16 Abs 1 Z 9 EStG maßgebende Entfernung von seinem Wohnort aus zu berechnen sei, weil er seine Reise von diesem Ort aus angetreten habe, ging die belangte Behörde in den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden davon aus, daß die maßgebende Entfernung vom Dienstort aus zu berechnen sei. Begründend führte die belangte Behörde aus, der in § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 verwendete Begriff "ausschließlich beruflich veranlaßte Reise" sei dem in § 4 Abs 5 leg cit verwendeten Begriff "ausschließlich durch den Betrieb veranlaßte Reisen" gleichzusetzen und nicht dem in § 26 Z 4 leg cit verwendeten Begriff "Dienstreise". Eine Reise im Sinn des § 4 Abs 5 EStG 1988 und des § 16 Abs 1 Z 9 leg cit liege nur vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit (zB Ort des Betriebes) entferne, ohne daß dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben werde. Eine derartige Reise liege weiters nur dann vor, wenn sie auf größere Entfernung über den Ortsbereich hinaus unternommen werde. Für das Vorliegen einer solchen Reise müsse nach der Rechtsprechung eine Strecke von etwa 25 km zurückgelegt werden, wobei die Entfernung nicht nach der Luftlinie, sondern nach jener Strecke zu berechnen sei, auf der die Fortbewegung unter Berücksichtigung der Geländeverhältnisse erfolge. Für den Anspruch auf die Tagesgebühren komme es daher auf die Überschreitung der erwähnten Entfernung von dem Ort aus an, der zur Erfüllung des dienstlichen Auftrages verlassen worden sei. Dies sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einer Reise eines Arbeitnehmers stets der Dienstort und nicht der Wohnort, zumal auch die Kenntnis des Arbeitnehmers über die kostengünstigste Möglichkeit der Verpflegung am Dienstort vorausgesetzt werden könne. Die in den die Grundlage der geltend gemachten Werbungskosten bildende EDV-Reiseaufstellung ausgewiesene Kilometeranzahl sei daher jeweils um die Distanzkilometer (38) zwischen Wohnort und Dienstort zu kürzen. Auch die Überprüfung der 25 km-Grenze bezüglich der Differenzbeträge zwischen den Sätzen des § 26 Z 4 leg cit und den Reisekostenersätzen gemäß den Reiserechnungen habe vom Dienstort aus zu erfolgen. Die belangte Behörde stellte die Höhe der danach zu berücksichtigenden Werbungskosten in Listenform dar, wobei sie Tag, Beginn, Ende, Ziel und Kilometeranzahl der Reisen des Beschwerdeführers anführte, soweit sich danach Differenzen zwischen den Reisekostenersätzen des Dienstgebers und den Reisegebühren gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 bei den Diäten oder den Kilometergelden ergaben.
Das Argument des Beschwerdeführers, der Vorstand habe durch seine Unterschrift auf den Reiserechnungen bescheinigt, daß die Reisen vom Wohnort aus angetreten und dort beendet worden seien, sei nach dem vorgedruckten Text des Bestätigungsvermerkes unbegründet. Dieser Aufdruck entspreche § 37 der Reisegebührenvorschrift 1955, wonach der Amtsvorstand lediglich die Reiserechnung einzusehen und auf ihr zu vermerken habe, ob ein amtlicher Auftrag für die Dienstreisen (Dienstverrichtung im Dienstort) oder eine Dienstzuteilung vorgelegen sei und ob die Bestimmungen dieser Verordnung eingehalten worden seien. Abs 2 dieser Bestimmung stelle dagegen eindeutig klar, daß es der Rechnungsleger sei, der für die Richtigkeit der Angaben in der Reiserechnung verantwortlich sei, während der Amtsvorstand die Richtigkeit des von ihm beigesetzten Vermerkes verantworte.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Bescheide zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom , B 2043, 2044/92, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter Kostenzuspruch.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vom Beschwerdeführer wird zunächst hinsichtlich des erstangefochtenen Bescheides unter dem Titel Recht auf Parteiengehör ausgeführt, daß sich der erstinstanzliche Bescheid auf Aufzeichnungen gestützt habe, welche dem Beschwerdeführer bis dahin nicht bekanntgegeben worden seien.
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung des Parteiengehörs haftet dem angefochtenen Bescheid jedenfalls deshalb nicht an, weil dem Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen in der Beschwerde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die gewährte Akteneinsicht Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen gegeben wurde.
Zur Frage der Werbungskosten vertritt der Beschwerdeführer wie schon im Verwaltungsverfahren zunächst die Ansicht, durch die Unterfertigung der Reiserechnungen durch den Vorstand des Finanzamtes sei "anerkannt" worden, daß die jeweilige Dienstreise vom Wohnort aus angetreten worden sei, ohne sich mit der Begründung des angefochtenen Bescheides, warum dieser Umstand von der Genehmigung des Vorstandes nicht umfaßt gewesen sei, auseinanderzusetzen. Es genügt daher der Hinweis, daß der Gerichtshof die diesbezüglich im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Ansicht der belangten Behörde teilt.
Soweit der Beschwerdeführer bezugnehmend auf das im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Erkenntnis vom , 84/14/0037 (welches auch einen Fall eines Betriebsprüfers eines Finanzamtes betraf), meint, als Ausgangspunkt ausschließlich beruflich bedingter Reisen im Sinne des § 16 Abs 1 Z 9 EStG sei der Mittelpunkt der vom Arbeitnehmer entfalteten Tätigkeit anzusehen, ist ihm noch zuzustimmen. Nicht geteilt werden kann allerdings die im Ergebnis vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht, bei einem Betriebsprüfer eines Finanzamtes stelle der Wohnort den Mittelpunkt seiner Tätigkeit dar. Zu dieser Ansicht gelangt der Beschwerdeführer dadurch, daß er meint, als Mittelpunkt der Tätigkeit sei bei Arbeitnehmern, die regelmäßig ihre Dienststelle aufsuchen und von dort aus ihre Außendiensttätigkeiten antreten, die Dienststelle, hingegen hinsichtlich der Arbeitnehmer (insbesondere Vertreter), die ihren Außendienst regelmäßig vom Wohnort aus antreten, der Wohnort anzusehen. Nun bestimmt sich der Mittelpunkt der Tätigkeit eines Arbeitnehmers aber nicht danach, von wo aus er für den Fall einer Außendiensttätigkeit diese antritt. Vielmehr bestimmt sich der Mittelpunkt der Tätigkeit eines Arbeitnehmers danach, wo er für den Fall, daß kein Außendienst versehen wird, regelmäßig tätig wird. Dies ist aber bei einem Betriebsprüfer zweifellos seine Dienststelle beim Finanzamt, nicht aber sein Wohnort. Die diesbezüglich gerügte Rechtswidrigkeit haftet dem angefochtenen Bescheid daher ebenfalls nicht an.
Unbegründet ist auch die Rüge, die angefochtenen Bescheide seien auch deshalb rechtswidrig, weil einzelne Tage, für welche Reisegebührenrechnungen vorgelegt worden seien, in der Aufstellung der belangten Behörde überhaupt nicht mehr aufschienen, wobei mit keinem Wort erwähnt sei, weshalb "nur diese Tage nicht, andere Tage sehr wohl anerkannt" worden seien.
Hiezu ist darauf hinzuweisen, daß dem angefochtenen Bescheid deutlich zu entnehmen ist, daß in der in Listenform dargestellten "Aufstellung" der belangten Behörde über die anzuerkennenden Werbungskosten nur die Tage enthalten sind, bei welchen sich zwischen den Reisekostenersätzen des Dienstgebers (Diäten oder Kilometergelder) und den nach Ansicht der belangten Behörde anzuerkennenden Reisekosten Differenzen ergeben haben. Zu Recht hat die belangte Behörde aber Differenzbeträge nicht als Werbungskosten berücksichtigt, wo solche Differenzen nicht bestanden, weil bereits der Dienstgeber die Reisekosten in § 26 Abs 4 EStG 1988 entsprechender (oder übersteigender) Höhe abgegolten hat. Daß an den in der Beschwerde als fehlend gerügten Tagen Differenzbeträge angefallen wären, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.
Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß die Geltendmachung eines Verpflegungsmehraufwandes (Taggeld) im Grunde des § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 nicht mehr möglich ist, wenn sich der Steuerpflichtige - wenn auch mit Unterbrechungen - länger als eine Woche an einem Ort aufgehalten hat (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 93/13/0099). Insbesondere hinsichtlich der Aufenthalte an den Orten Nauders, Feichten, Lienz und Reutte hat die belangte Behörde über dieses Ausmaß hinaus Werbungskosten anerkannt.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.